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Charter: Illuminierte Urkunden 1435-07-19_Padua
Signature: 1435-07-19_Padua
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1435-07-19, Basel
Notariatsinstrument des Giovanni de Rocapetri über einen Wappenbrief:
Pfalzgraf Johannes Franciscus Transelgardus de Capiteliste et Forzate (Giovanni Francesco Capodilista) stellt einen Wappenbrief für Manfredo Dal Cortivo (viro nobili Manfredo a Cortivio), der aus Padua stammte, und dessen Söhne Bartolomeo, Giovanni, Lodovico, Rolando und Filippo, die beiden letzteren Studenten der Rechte, und die Erben aller Genannten aus. Den Petenten wird altadelige patrizische Abkunft (esse antiquos et nobiles cives patricios et de nobilibus parentibus oriundos) bestätigt und ein Wappen verliehen, das neben dem alten Stammwappen der Familie auch zwei Besserungen enthielt: Dem alten roten Seelöwen in Blau (leonem rubeum medium cum cauda galli in campo lazuro) wurde eine goldene Krone, dem Schild ein Schildhaupt mit dem explizit als kaiserlich (im Sinne des capo dell’impero als ghibellinisches Parteizeichen) apostrophierten, jedoch einköpfig dargestellten schwarzen Adler in Gold (cum aquila desuper imperiali nigra in campo aureo) hinzugefügt. Als Zeichen der besonderen Geneigtheit verlieh der Aussteller den Empfängern weiters die „uralte“ Helmzier (cimerium) seiner eigenen Familie der Transelgardi, Capodilista und Forzatè, nämlich einen aus dem Helmwust wachsenden bärtigen türkischen (? - teukischen [= Hinweis auf Troja]: militem Teucrum [?] barbatum) Krieger mit Krummsäbel, der in seinen Händen eine Räderuhr (rologium [!]) mit der Inschrift Memento quod cito labitur (als Beischrift des Objekts auch im Bild) hält.
Source Regest: 
FWF Projekt P 26706-G21 "Illuminierte Urkunden"
Bearbeitungsstand: HOCH
 

Original
Current repository
Padua, Biblioteca Civica, B. P. 1641/III





    Graphics: 
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    • Materielle Beschreibung: 
      Mittig ist ein leicht hochrechteckiges, tintenfarbig gerahmtes Bildfeld ohne farbigem Grund ausgespart, das mit dem gebesserten Wappen und der üppigen Helmzier in Deckfarbenmalerei gefüllt ist.
      Die Vornamen des Ausstellers (Johannes Franciscus) in stark vergrösserter Textualis (Textura). Die Initiale J links des Schriftblocks nach unten vergrössert und mit reichem Flechtwerkdekor in Cadellenform kalligraphisch hervorgehoben.
      Neben dem Notarsvermerk unter dem Haupttext das monstranz-förmiges Notarssignet des Giovanni de Rocapetri.
    • Stil und Einordnung: 

      Zur Räderuhr als Helmzier
      Bei der als Helmzier dargestellten Räderuhr handelt es sich um eine sehr frühe Wiedergabe dieser technischen Errungenschaft und dabei freilich schon um die zweite auf einer illuminierten Urkunde. Die älteste bekannte Darstellung findet sich auf einer Urkunde des Abtes Robert von Saint-Sauve in Montreuil-sur-Mer aus dem Jahr 1377 Mai 15. Das Stück von 1377 gibt – so wie hier – eine Uhr noch ohne Zifferblatt, aber mit deutlich erkennbaren Zahnrädern und dem Geläut wieder. Die Darstellung hat unmittelbaren Bezug zum Inhalt der Urkunde, in der es um die Errichtung dieser technischen Errungenschaft geht.
      Odenweller, S. 257-269, weist darauf hin, dass mechanische Uhren zum Zeitpunkt der Entstehung von Capodilista-Codex (siehe unten) und Dal Cortivo-Wappenbrief in Padua wegen der Wiedererrichtung einer öffentlichen Uhr stark in Diskussion standen. Die vermuteten Verbindungen zum Astrarium des Giovanni de'Dondi sind - da auch von der Mechanik offensichtlich abweichend - nicht wahrscheinlich. Auch die an der Piazza dei Signori vorhandene mechanische Uhr de'Dondis wurde bereits 1390 zerstört, kommt also als unmittelbares Vorbild ebenfalls (natürlich auch wegen des Formats) nicht in Frage. Was jedoch zweifellos einen Zusammenhang hat, ist die Diskussion in Padua, wieder eine Stadtuhr zu errichten, die dann 1437 auch fertiggestellt werden konnte (Odenweller, S. 264f.).
    • Zum Stil
      Der Buchschmuck wohl in Basel ausgeführt (Mantovani, Jékely, Scott), was freilich nichts über die Stilheimat der Ausstattung aussagt. Die Qualität der Ausführung ist beachtlich, und es stellt sich die Frage nach dem ausführenden Künstler, dessen Verhältnis zu den Miniaturen der Familiengeschichte der Capodilista (Padua, Biblioteca Civica, BP 954. Zur Handschrift vgl. Capodilista, De viris illustribus, 1972).
    • Die Helmzier, die ja jener der Capodilista entspricht, lässt einen unmittelbaren Vergleich mit fol. 3r der Familienchronik zu. Es geht hier einerseits um bis ins Kleinste gehende (mitunter bloss ornamentale) Motivübernahmen, andererseits vor allem um die Art und Weise, wie die Helmdecke fein strichelnd modelliert wird. Die demgegenüber erstaunlich graphische Durchbildung des Gesichtes und des Bartes des türkischen Kriegers ist in beiden Fällen so ähnlich, dass kein Zweifel an der Identität des ausführenden Künstlers bestehen kann.
    • Schwieriger zu beantworten ist die Frage nach der regionalen stilistischen Prägung zu beantworten. Die Vermutung Mario Salmis aus dem Jahre 1972, es könnte sich um einen österreichischen Künstler in Basel handeln, kann man aufgrund der nun stark ausgeweiteten Kenntnis des österreichischen Materials definitiv zurückweisen.
    • Vielmehr dürfte es sich um einen Buchmaler oberitalienischer Prägung handeln, der stark im Ornamentalen verhaftet ist (man vergleiche etwa die Pferdeschwänze bei den Miniaturen im Codex), der grosse Schwierigkeiten hat, räumliche Zusammenhänge darzustellen und dessen Figuren daher, trotz der feinen Modellierung im Kleinen, jegliche körperliche Präsenz vermissen lassen. Man wird derartige Persönlichkeiten am ehesten in der Handschriftenproduktion aus dem Bereich der bürgerlich-städtischen Selbstdarstellung finden, etwa bei illustrierten Chroniken.
      Als weitgehend beliebiges Beispiel nennen wir: Parma, Biblioteca Palatina, Ms. 1194, Antonio Baldana, De magno schismate; vgl. P. Guerrini, Iconografie di liturgie nella cronistica europea del XV secolo, in: Rivista di storia della miniatura 11 (2007) S. 203–212; dies., Propaganda politica e profezie figurate nel tardo medioevo (1997) S. 47–64, Fig. 72–96. Die chronikale Darstellung reicht bis ins Jahr 1419, bald danach wird der Codex mit seinen Illustrationen entstanden sein.
    • Familienchronik und Urkunde
      Odenweller weist auf S. 231 sehr zu Recht darauf hin, dass die Ausstellung der Urkunde in der Familiengeschichte ganz prominent (fol. 1v) erwähnt wird: „Millessimo quadringentessimo trigessimo quinto, die martis, decimo nono julii, in civitate Bascilee, confirmavi ex mandato imperiali, nobilitatem nobilis viri Manfredi a Cortivo de Padua et suorum, declarando eos esse et fuisse nobiles Patavos, confirmando eciam illis, auctoritate imperiali, antiqua eorum insignia et addiciendo leoni coronam et aquilam de super imperialem, donavi eciam illis cimerium antiquum nostrum militis teucri.“ Bezeichnend ist, dass der Aussteller, also Giovanni Francesco selbst in der ersten Person berichtet. Er legt auch offen, dass er die Urkunde dem Sohn des Empfänders namens Rolando, der mit ihm in Basel sei, übergeben habe. Die beiden Männer waren (zumindest bis 1439) eng miteinander verbunden (Odenweller, S. 231f., 269).
    • Zur Provenienz
      Das hier behandelte Notarsinstrument und der "Codex Capodilista" gelangten 1856 gemeinsam aus dem Besitz des Notars Antonio Piazza (1772-1844) in die Biblioteca Civica von Padua (Odenweller, S. 231). Dies ist zwar kein Beweis aber doch ein starker Hinweis, dass beide Stücke immer in demselben Besitz blieben, nämlich jenem der Familie Capodilista und von dort gemeinsam in den Beitz Piazzas gelangten. Dies ist einigermassen bemerkenswert, war doch Manfredo Dal Cortivo der Begünstigte des Adels- und Wappenbriefes. Gab es vielleicht ein "Original", das in Dal Cortivos Hände gelange, während die notarielle Abschrift bei Capodilista verblieb? Oder bewirkte das persönliche Naheverhältnis der Beiden, dass der Nachlass Dal Cortivos in den Besitz der Capodilistas gelangte?
    • Martin Roland
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    Bibliography

    Comment

    Der Aussteller Giovan Francesco Capodilista war ab 1433 als venezianischer Diplomat am Konzil von Basel und wurde dort von Kaiser Sigismund am 6. April 1434 zum ‚conte palatino’ ernannt; damit u. a. das Recht verbunden Wappenbriefe auszustellen (siehe ausführlich Roland, Zajic, Illuminierte Urkunden, S. 372–375). Die Wappenbesserungen stellen einen Bezug zum Kaiser und zu dem ausstellenden Pfalzgrafen her. Capodilista starb nach 1452 (1459?): zu biographischen Angaben siehe https://it.wikipedia.org/wiki/Giovan_Francesco_Capodilista bzw. Mirella Tocci, in: Dizionario Biografico degli Italiani 18 (1975), S. 638-640: http://www.treccani.it/enciclopedia/giovan-francesco-capodilista_(Dizionario-Biografico)/.
    Der Empfänger, Manfredo Dal Cortivo, war wohl, wie die Ähnlichkeit des Namens wie des Wappenbildes nahelegen, ein Verwandter der Nürnberger patrizischen Familie Imhoff (Roland, Zajic, S. 374). Hier wird auch auf einen am 5. März 1367 in Padua verstorbenen Manfredo dal Cortivo hingewiesen, dessen Grabplatte (Padua, Santa Maria del Carmine, Kreuzgang) ein identisches Wappenbild (Seelöwe) zeigt: CORPUS DELL’EPIGRAFIA MEDIEVALE DI PADOVA: http://cem.dissgea.unipd.it/catalogazione%20corpus.pdf, 76 S. M. del Carmine 5.
    Odenweller, S. 231f. hat darauf hingewiesen, dass weniger der Vater als Dal Cortivos Sohn Rolando mit Capodilista über Jahre eng verbunden war.
    Der Notar, Johannes (Giovanni) (de) Rocapetri, der das Notarsinstrument ausstellte, ist ab 1432 als Skriptor des Konzils von Basel nachweisbar: siehe Gustav Becksmann, Concilium Basiliense VI: Protokolle des Concils vom Dezember 1436 - Dezember 1439, Basel 1926, S. XXXIXf.; vgl. auch Frenz, Conspectus, Littera "I" unter "Iohannes Rocapetri" (1432-1440 am Konzil, bis 1449 an der Kurie).
    Wir kennen Rocapetri als einen der (Ersatz-)Schreiber der von Becksmann edierten Konzilsprotokolle. Dort bedient er sich freilich einer Kursive: Solothurn, Zentralbibliothek, Cod. S I 175, z. B. fol. 726v-733v - vgl. die Beschreibung von Ian Holt und das Digitalisat auf e-codices.ch: https://www.e-codices.unifr.ch/fr/list/one/zbs/SI-0175/), sodass paläographische Vergleiche nicht möglich sind.
    Rocapetri erhielt von Capodilista selbst 1435 Dezember 16 einen (offenbar nicht erhaltenen) Wappenbrief; vgl. Elbel, Zajic, Zwei Körper, 2012/13, 16/1, S. 151.
    Martin Roland
    Places
    • Basel
      • Type: Ausstellungsort
    • Deutschland
      • Type: Region
    • HRR
      • Type: Region
    • Padua
      • Type: Empfängerort
    • Schweiz
      • Type: Region
    Persons
    • Manfredo Dal Cortivo
      • Pfalzgraf Johannes Franciscus Transelgardus de Capiteliste et Forzate (Giovanni Francesco Capodilista)
        Keywords
        • Illuminated Charters: Niveaus:
          • N1: historiated
          • N1: Panels
          • N1: painted
          • N1: with Additional Colours
          • N1: Coat of arms
          • N2: Display script (with decorative character)
          • N2: Initials
          • N3: Signum notarile
        • Illurk-Urkundenart:
          • Notariatsinstrument
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