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Charter: Illuminierte Urkunden 1402-07-04_Koeln
Signature: 1402-07-04_Koeln
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1402-07-04 (Dienstag nach Heimsuchung), [Köln]
Die Herren vom Grünen-Fischmarkt (hieren van deme groenen vysch marte) geben bekannt, dass sie eine Gesellschaft und Bruderschaft zu Ehren Gottes und der heiligen Jungfrau Katharina in Köln gestiftet (haen overdragen einer geselschaft ind einer broderschaft in ere goetz ind in der eren der heilger junfrouwen sante Katherynen) und dabei folgende Satzungen festgelegt haben:
[1.] Jährlich sollen die Herren und Brüder (herren und broderen) zwei Meister erwählen, denen das Geld [der Bruderschaft] anvertraut wird und die fortan entscheiden, was für die Bruderschaft am besten ist. Zur Verwaltung des Geldes werden zwei Bürgen (burgen) beauftragt, die über die Ausgaben und die Einnahmen bestimmen können.
[2.] Am Dienstag nach Ostern werden jährlich zwei neue Meister [als Bruderschaftsvorsteher] gewählt. Die bisherigen Vorsteher sollen bei der Wahl [vor der Bruderschaftsöffentlichkeit] die Rechnung vom vergangenen Jahr legen. Die Kassa muss den beiden neuen Vorstehern (meister) anschließend binnen zwei Wochen nach Ostern übergeben werden.
[3.] Wenn die Kassa innerhalb dieser Zeit nicht übergeben wird, dann gelten die vorherigen Bruderschaftsvorsteher als wortbrüchig (meineidich) und treulos.
[4.] Sowohl die Vorsteher (meister) als auch die Bürgen sind dazu verpflichtet, den Bruderschaftsmitgliedern – sofern diese das verlangen – nach alter Gewohnheit in einer Herberge innerhalb Kölns zu Essen und zu Trinken zu geben, und zwar so lange, bis denselben um deren Geld ein Genüge getan ist. Wenn jedoch ein Vorsteher (meister) oder ein Bruderschaftsmitglied (broeder) jemanden um sein Geld betrügt, dann gelten diejenigen, die das getan haben, als wortbrüchig und treulos. Dem Geschädigten steht es zu, den Täter um dieses Geld bei einem geistlichen oder weltlichen Gericht zu verklagen. Obendrein wird der Beschuldigte aus der Bruderschaft ausgeschlossen.
[5.] Die Meister sollen das schuldige Geld nicht an einen Pfänder, einen Bürgen noch an einen Mitschuldner (schultgemar) weisen, sondern den Brüdern das Geld direkt und bar geben.
[6.] Wenn einer der Bruderschaftsvorsteher (meister) innerhalb seiner Amtszeit stirbt oder die Stadt verlässt (wurde ... uzlendisch), so soll innerhalb der nächsten zwei Wochen eine Neuwahl stattfinden, wie oben beschrieben [siehe Art. 1]. Im Falle des Todes eines Bürgen muss ein Bruderschaftsvorsteher einen anderen Bürgen innerhalb von zwei Wochen an dessen Stelle bestimmten; sollte er dem nicht nachkommen, so muss als Strafe ein Einlager [wie in Art. 4] abgehalten werden, wie es Gewohnheit ist.
[7.] Wenn ein Bruderschaftsmitglied (broder) stirbt, sollen die beiden Vorsteher (meister) acht Pfund Wachs aus dem gemeinschaftlichen Geld der Bruderschaft zahlen.
[8.] Am Tag des Begräbnisses sollen alle Bruderschaftsmitglieder (broder) den Leichnam am Morgen bewachen. Bei der anschließenden Messe müssen alle Anwesenden zwei Schilling abgeben; sollte jemand die Feierlichkeiten verlassen, bevor der Leichnam begraben ist, so muss dieser einen alten [Frankfurter] Turnos (einen alden turnois) zahlen, außer er hat für seinen frühen Aufbruch gute Gründe bzw. die explizite Erlaubnis der Bruderschaftsvorsteher (meister) oder der Raitleute. Derjenige, der überhaupt nicht an den Feierlichkeiten teilnimmt, ist zu einer Strafzahlung von einem halben Pfund Wachs verpflichtet.
[9.] Weiters wird bestimmt, dass jegliche Bruderschaftsmitglieder (broeder) bei ihrem Eid einem toten Mitbruder jeweils fünf Seelenmessen innerhalb von vierzehn Tagen lesen lassen sollen, ebenso wie die Bruderschaftsvorsteher (meister). Letztere sind darüberhinaus jeweils dazu verpflichtet, einem toten Mitglied (broeder) 25 Seelenmessen vom gemeinschaftlichen Geld der Bruderschaft lesen zu lassen. Wer dies nicht tut, der soll sich selbst an seinen Eid erinnern, 20 Heller als Strafe zahlen und danach die Messen trotzdem lesen lassen.
[10.] Bei Bruderschaftsversammlungen sollen sich die Anwesenden vorbildlich und gut benehmen, ansonsten ist eine Strafzahlung von zwei Schillingen fällig. Weiters darf dabei nur nach dem gemeinschaftlichen Willen der Versammelten gehandelt werden, die Entscheidungen werden nach Stimmenmehrheit gefällt. Wenn jemand diesen allgemeinen Regeln widerspricht, dann erwartet ihn die höchstmögliche Strafe.
[11.] Wenn ein Mitglied aus der Bruderschaft aus schändlichen Gründen ausgeschlossen worden ist und sich aber gebessert hat, so soll dieser gegen eine Zahlung von fünf Mark und von einem Viertel des besten Weins wieder aufgenommen werden.
[12.] Bevor ein neues Mitglied in die Bruderschaft aufgenommen wird, soll der Anwärter den Eid schwören, diese vorliegende Urkunde [mit den Bruderschaftsbestimmungen] zu befolgen und allen mit der Mehrheit der Bruderschaftsversammlung getroffenen Entscheidungen der Vorsteher (meister) zu gehorchen.
[13.] Auch wird bestimmt, dass man keinem Mitglied – seinem Eid entsprechend – die festgelegten Strafen erlassen soll.
[14.] Beim Eintritt in die Bruderschaft muss das neue Mitglied fünf Mark zahlen, die eine Hälfte sofort und die andere Hälfte nach einem Jahr, sowie den anderen Mitgliedern ein Viertel Wein und einen Schöffenkuchen (scheffenkoiche) [ein besonders hochwertiger Kuchen, unter anderem mit dem Siegel eines Schöffen bzw. des Schöffenkollegiums versehen, vgl. dazu Deutsches Rechtswörterbuch 12 Sp. 1047] geben.
[15.] Jeder Vorsteher (meister) ist dazu verpflichtet darauf zu achten, dass die Mitglieder (broeder) nach alter Gewohnheit ausreichend mit Essen und Trinken versorgt werden.
[16.] Wenn der Bote der Bruderschaft stirbt, sollen die Vorsteher (meister) vier Pfund Wachs aus dem gemeinschaftlichen Geld der Mitglieder bezahlen.
[17.] Diejenigen Fische, die am St. Katharinentag an die Bruderschaft fallen, soll der Bote seinem Eid entsprechend verkaufen und dafür von einem Schilling einen Pfennig bekommen. Sollte der Bote nicht gehorsam sein, dann muss er eine Strafzahlung von drei Schillingen leisten.
[Es folgt eine Liste von Namen der Bruderschaftmitglieder in drei Spalten, großteils sind diese Namen durchgestrichen. Lediglich die äußerste linke Spalte ist noch gut lesbar, die anderen beiden sind stark verblasst.]

[Nachträge, Regest nach Edition, da diese auf dem Foto des Originals nicht mehr sichtbar sind]:
a) Nachtrag [1443]:
Beim Tod eines Bruderschaftsmitglieds sollen alle anderen Mitglieder (broeder) ihrem Eid entsprechend jeweils fünf Pfund [oder sechs Pfund, die Zahl ist nicht mit letzter Sicherheit lesbar] Wachs zu den Vorstehern bringen, wovon die Seelenmessen abgehalten werden. Als Strafe für eine unterbliebene Abgabe muss das betroffene Mitglied 20 Heller zahlen und danach trotzdem die fünf Pfund [Wachs] geben.

b) Nachtrag [Mitte des 15. Jahrhunderts]:
[Speisefolge beim Dienst der Meister:] Als erstes Hammelfleisch mit Stachelbeeren (groisselrich) [Grimm, Deutsches Wörterbuch 9 532] und catten [?], dann gebratene Hühner (hoinre) in zwei Schüsseln mit einer Schüssel Fladen.

c) Nachtrag [2. Hälfte 15. Jahrhundert]:
Die Vorsteher (meister) und Mitglieder (bruedere) der Bruderschaft legen fest, dass die Söhne verdienter Meister – so wie bisher üblich – nur die halbe Eintrittsgebühr, nämlich 15 Weißpfennige (wijspenninke), zahlen müssen, um die Bruderschaftsmitgliedschaft zu erlangen.
Markus Gneiss
Source Regest: FWF Projekt P 26706-G21 "Illuminierte Urkunden"
Bearbeitungsstand: HOCH
 

Original
Current repository
Köln, Historisches Archiv der Stadt Köln (Stadtarchiv), Bestand 95 (Zunft), Zunftakten 271 (seit ca. 1970 verschollen)

kein Siegel vorhandenMaterial: Pergament


    Graphics: 
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    • Materielle Beschreibung: 
      Deckfarbeninitiale I(n Goedes namen) vor Goldgrund und Streifen mit figürlichen Darstellungen pberhalb des Schriftspiegels.
    • Links überhalb eines horizontalen Ausläufers der Initiale, von den narrativen Szenen abgehoben die „andachtsbildartig“ stehende hl. Katharina mit Rad und Schwert. Den Bodenstreifen auf dem die Heilige steht setzt sich fort und rechts anschliessend entwickelt sich eine dreiteilige „Narratio“ ihres Martyriums und der wundersamen Grablegung:
    • Zuerst (1) das fehlgeschlagene Radmartyrium: in der Mitte der Pfosten mit dem oben montierten Marterrad, links davon der auf dem scheuenden Pferd zurückweichende Kaiser, rechts die mit gefalteten Hände kniende hl. Katharina. In der Mitte des Streifens (2) die Enthauptung der knienden Heiligen. Links der Kaiser mit Zepter, rechts der Scharfrichter mit schwungvoll erhobenem (Krumm-)Schwert. Der rechte Teil des Bildstreifens ist (3) der und der wundersamen Bestattung vorbehalten: der Kopf wird von einem, der restliche (kopflose) Körper von zwei schwebenden Engeln aufgehoben. Ganz links legen vier Engel den Leichnam in einen prunkvoll dekorierten, räumlich dargestellten Sarkophag.
    • Stil und Einordnung: 
      Die in buchschriftlicher Textualis formata mundierte Urkunde markiert sowohl stilistisch als auch stadtgeschichtlich einen entscheidenden Angelpunkt in der Kölner Entwicklung:
    • Historisch steht es nach der 1288 erfolgten Vertreibung des Erzbischofs aus der Stadt (der ab da ausserhalb residierte) und der 1396 erfolgten unblutigen Zunftrevolution (die 22 Gaffeln [Zünfte] etablieren sich als entscheidende politische Kraft) am Beginn einer neuen Zeit.
    • Stilistisch bildet der 1402 fest datierte Bildstreifen der Urkunde das erste Auftreten der Internationalen Gotik in Köln. Sowohl die kanonbildartige Miniatur im Handbuch der Provisoren der Universität (Köln, Historisches Archiv, Best. 150 (Universität), A 2, fol. 25v: 1395) als auch die (ebenfalls eine dreifigurige Kreuzigung darstellende) Hauptillustration des Eidbuches des Zunftrates (Köln, Historisches Archiv, Verfassung und Verwaltung 8) um 1398/1400 sind stilistisch noch ganz der Tradition des späteren 14. Jahrhunderts verhaftet (Vor Stefan Lochner, 1974, S. 141f., Kat.-Nr. 82f., jeweils mit Farbabbildung auf S. 193 bzw. 195).
    • Die folgende Stilstufe wird durch den sogenannten „Meister der hl. Veronika“ bestimmt. Zusammenfassend behandelt von Stange, Dt. Malerei der Gotik 3: Norddeutschland, 1938, S. 53–64, mit Abb. 61–64 und 68. Stange setzt die fest datierte Urkunde von 1402 ganz bewusst an den Beginn seiner (in der Abfolge sicher nicht mehr ganz aktuellen) Zusammenstellung. (Seit die Urkunde im Original nicht mehr zur Verfügung steht, geriet sie aus dem Fokus der Darstellungen [im entscheidenden Katalog von 1974 (Vor Stefan Lochner) fehlt sie und wird nur S. 84 als Vergleich eher beiläufig erwähnt].)
    • Namengebend ist ein, innerhalb der Gruppe spät, vielleicht um 1420 zu datierendes Gnadenbild einer das Sudarium zeigenden Veronika (München, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 11.866: Stange 3, S. 56f.; Vor Stefan Lochner, 1974, Abb. S. 36); die beiden Gruppen adorierender Engel sind sehr gut mit den Gewandstrukturen der beiden knienden Katharinenfiguren der Urkunde zu vergleichen, der Engelstyp ist mit jenem der Urkunde identisch.
    • Der kleine Kalvarienberg im Wallraf-Richartz-Museum in Köln (Inv.-Nr. 16: Vor Stefan Lochner, Kat.-Nr. 16: um 1400) bietet mit den im Vordergrund stehenden Frauen gute Vergleichsmöglichkeiten zu der stehenden Katharina der Urkunde. Das weich fliessende Gewand der sehr schlanken Figuren und die unprätentiös am Boden ausschwingenden Gewänder sind hier zu nennen. Dasselbe gilt auch für die beiden Flügelfiguren der Madonna mit der Wickenblüte im Wallraf-Richartz-Museum in Köln, Inv.-Nr. 10: Vor Stefan Lochner, 1974, Kat.-Nr. 21). Zu deren Frühdatierung auf Grund des Vergleiches mit der Urkunde siehe Wallrath, Madonna mit der Wickenblüte, 315f. Die Figur der stehenden Katharina mit Rad und Schwert bleibt im ikonographischen Gedächtnis der Kölner Malerei erhalten und wird im Kreuzaltar der Familie Rost von Cassel nahezu identisch widerholt (nach 1409: Darmstadt, Hessisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. GK 22: Vor Stefan Lochner, 1974, Nr. 38).
    • Nachdem das Original nicht zur Verfügung steht, ist man bei der technischen Beschreibung auf die Literatur beziehungsweise den Augenschein der alten Abbildungen angewiesen. Jerchel, S. 70, beschreibt die Illustrationen als leicht kolorierte Federzeichnungen. Der Augenschein scheint eher für Malereien zu sprechen, deren Hauptkonturen mit Federzeichnungen nachgezogen wurden. Dies entspricht auch eher der Initiale, die ja offenkundig über Goldgrund verfügt.
    • Im unteren Drittel des Blattes sind – ähnlich wie bei der Urkunde der Kölner Lupusbruderschaft von 1246 – die Namen der 15 ersten Brüder angeführt. Die Liste wurde später fortgesetzt und auch neue Bestimmungen angefügt (Loesch, 2, S. 112f.). Gerade dieses Fortschreiben innerhalb des gelebten Alltags der Zunft macht die Bedeutung dieser Urkunde aus, denn es macht verständlich, warum man so viel Mühe in die künstlerische Ausstattung dieses Stückes legte: Es ist als Identifikationsstück der hier auftretenden Personengruppe zu verstehen.
    • Martin Roland
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    • Deutschland
      • Type: Region
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      • Type: Empfängerort
    • Nordrhein-Westfalen
      • Type: Region
    • [Köln]
      • Type: Ausstellungsort
     
    Keywords
    • Illuminated Charters: Niveaus:
      • N1: historiated
      • N1: Initials
      • N1: Borders
      • N1: painted
      • N1: with Additional Colours
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