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Charter: Tower zu London und Exchequer zu Westminster, 1844 (Google data)  JVS. XVI.
Signature:  JVS. XVI.

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Das Jahr 1207 ist durch ein Bündniss Otto's mit Däne mark, durch vergebliche Fricdensunterhandlungen mit Phi lipp und durch treuloses Verfahren des Papstes gegen Otto bezeichnet. Auch kam zwischen beiden Gegenkönigen ein Waffenstillstand auf ein Jahr zu Stande. Einige Zeit vor Ablauf desselben, 1208 den 21. Juni, wurde Philipp, wel cher schon ein mächtiges Heer aus allen Theilen des Reichs gegen Otto gesammelt hatte, durch den Pfalzgrafen Otto von Witteisbach im Palaste zu Bamberg ermordet. Das Heer lösete sich auf, Heinrich, Pfalzgraf bei Rhein, kehrte bei der Todesnachricht in sich und entsagte dem Bruder- hasse. Er wandte sich nach Otto's eigenem Zeugnisse ihm ganz wieder in Liebe zu und versäumte nicht, in Allem, selbst ohne Wissen des Bruders, nach Kräften ihm förder lich zu sein. Der Papst heuchelte, nie treulos gegen König Otto verfahren zu haben, die in Aussicht gestellte Hcirath des Königs mit Beatrix, Tochter des ermordeten Philipp, Hess eine Aussöhnung der streitenden Parteien hoffen, und die bedeutendsten Fürsten Deutschlands kehrten auf dem Fürstentage zu Halberstadt zum Gehorsam zurück. Erfreu liche Nachrichten genug, um König Otto zu veranlassen, eine Gesandtschaft nach England zu schicken, dessen König
Source Regest: Die Welfen Urkunden des Tower zu London und des Exchequer zu Westminster, Nr. JVS. XVI. , S. 39
 







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    Die Welfen Urkunden des Tower zu London und des Exchequer zu Westminster, Nr. JVS. XVI. , S. 39




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      zu gleicher Zeit eine Aufforderung vom Papste erhielt, er möge nun aufhören, mit seiner Hülfe sich gegen Otto hart und geizig zu zeigen. Die Gesandtschaft des Königs langte im October 1208 in England an und bestand aus Bernhard von Horstmär, Conrad von Wilre, königlichem Seneschal, und mehreren Anderen. Sie waren auf einem Schiffe, Kauf leuten aus Rotenburg gehörig, also wahrscheinlich ans der Weser nach England abgesegelt. Aus Liebe zu seinem Neffen Otto und zu den Gesandten ertheilte Johann den Eigenthümern des Schiffes und Denjenigen, welche es ge führt hatten, die Freiheit, auf jenem Schiffe mit ihren Sachen und Waaren zum Handel ungefährdet nach England zu kommen und daselbst zu verweilen, Alles gegen Ent richtung der gesetzlichen Abgaben.

      Bernhard, Edelherr von Horstmar, welchen König Otto dieses Mal zu seinem Gesandten gewählt hatte, war einer der ausgezeichnetsten Helden seiner Zeit. Er folgte 1195 dem Herzoge Heinrich von Sachsen und Pfalzgrafen bei Rhein zum Kampfe gegen die Saracenen. Vor der Stadt Baruth, deren Einwohner geflohen waren und die Feste in den Händen der Saracenen zurückgelassen hatten, zeigte sich zuerst seine Tapferkeit (1197). Eine Schaar des Fein des erschien auf freiem Felde und forderte zum Kampfe heraus. Die Kreuzfahrer fürchteten Hinterhalt und ver- schmäheten zu fechten. Nur Adolph, Graf von Schauen- burg, und Bernhard von Horstmar traten hervor. Adolph rennt den feindlichen Anführer vom Pferde, dieser erhebt sich wieder, schwärmt immer kämpfend um ihn her, wird aber endlich von seinem Gegner erstochen. Während die ses Zweikampfes nimmt Bernhard es mit den übrigen Fein den allein auf und schlägt einen nach dem anderen zu Bo den. Der Feind flieht in die Feste zurück; beide Sieger werden von ihrem Heere mit Jubel empfangen, und der Name Horstmar erscholl seitdem in den meisten Schlach ten. Eine andere weit herrlichere That Bernhards bezeugen die Gefilde bei Bouvines in Flandern, wo Kaiser Otto IV am 27. Juli 1214 dem Könige von Frankreich eine Schlacht lieferte. Im Gewühle des Kampfes drängt sich Peter von

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      Mauvoisin an den Kaiser und hängt sich mit nerviger Hand in die Zügel des Pferdes. Scorpha von Barres eilt hinzu und richtet einen wüthenden Hieb gegen den Kaiser, den seine Rüstung schützt. Ein zweiter Hieb dringt dem Pferde durchs Auge ins Gehirn. Es bäumt sich, reisst sich los, und von rasendem Schmerze gepeinigt rennt es davon und trägt den Kaiser aus dem Getümmel. Hier stürzt es und wirft mit sich den Reuter zu Boden. Bernhard sieht es, reitet im gestreckten Galopp hinzu, steigt ab, überlässt sein Pferd dem Gebieter und eilt zu neuem Kampfe dem Scorpha von Barres entgegen. Nach der Schlacht war auch Bern hard wohl mit Ruhm nicht mit Unehre unter den Gefange nen. Er starb als Held in der Schlacht bei Coevorden 1227, wo er auf der Seite Otto's, Bischofs von Utrecht, focht und die münsterschen Truppen anführte. Das Heer hatte sich von dem des Ortes kundigen Feinde in die Sümpfe leiten lassen und wurde gänzlich aufgerieben. Als Alles um ihn fällt oder flieht, hält Bernhard allein Stand. Um festen Boden zu gewinnen, wirft er seinen Schild vor sich hin, tritt darauf und legt um sich her die Feinde zu Haufen nieder. Aber die eindringende Menge erdrückt ihn, er versinkt in dem Sumpf, wo ihn die Wasser und die Geschosse begraben. Sein Körper, bald nachher hervor gesucht, wurde zu Horstmar in der väterlichen Gruft bei gesetzt.

      Der gleichzeitige französische Dichter, welcher die bei Bouvines bewiesene Treue Bernhards nicht genug bewun dern und preisen kann, sagt von ihm: „Keiner unter den Deutschen war tapferer als er, noch grösser an Körper und Herzen; sein Ruhm kam in Sachsen dem Ruhme Kaisers Otto gleich." Von König Richard Löwenherz, für welchen er gefochten, erlangte er das Lob der Kühnheit und Tapfer keit. Vier Kaiser und mehrere Päpste, denen er gedient, liebten und ehrten ihn; er erwarb sich den Namen: der Achill Westphalens.

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      JVo. XVII bis XX. Auf dem Fürstentage zu Frankfurt, den 11. November 1208, war Otto allgemein als König anerkannt und seine Vermählung mit Beatrix, Philipps Tochter, beschlossen, mit welcher er ausser grossen Reichthümern 350 Schlösser empfangen sollte. Ein ungewöhnlicher Frieden herrschte in Deutschland, so dass Otto im folgenden Jahre zu Hage- nau im Elsass einen Zug nach Italien, um sich vom Papste zum Kaiser krönen zu lassen, verabreden konnte. Inno- cenz III. aber forderte grosse Bewilligungen. Ausser der freien Wahl der Prälaten, geistlichen Gerichtsbarkeit und vielem Anderem verlangte er, dass ihm nicht nur die von ihm schon eingezogenen, sondern noch einzuziehenden ita lienischen Herrschaften und seine Ansprüche auf Sicilien bestätigt würden. Bevor Otto am 22. März zu Speier die sen Forderungen nachgab, schickte er seinem Oheim Jo hann nach Eugland eine Gesandtschaft, deren Aufgabe es sein sollte, diese Angelegenheit mit ihm zu berathen, be sonders aber ihn zur Nachgiebigkeit gegen den Papst zu bewegen, welcher wegen einer bei Gelegenheit der Erwäh lung eines Erzbischofs von Canterbury ausgebrochenen Streitigkeit Johanns mit der einheimischen Geistlichkeit das Interdict über England im März des Jahres 1208 verhängt hatte und sich schon anschickte, den Bann über Johann auszusprechen. Leicht hätte der Papst aus seinen Zwistig- keiten mit Johann einen Vorwand gegen Otto, dessen Ver bündeten und Neffen, entnehmen können; es musste diesem desshalb daran gelegen sein, eine Aussöhnung zwischen beiden herbeizuführen. Desshalb ermahnte er seinen Oheim in einem besonderen Briefe, welchen er den Gesandten mitgab, um eigener Ehre willen und um der drohenden Gefahr zu entgehen, mit dem Erzbischof von Canterbury und der Geistlichkeit seines Reiches eiligst Frieden zu schliessen. An seiner königlichen Ehre würde er nichts verlieren, wenn er Gott gäbe, was Gottes sei, und Dasjenige wieder gut machte, worin er voreilig gefehlt habe. Diese Angelegenheit war dem Könige Otto von so grosser Wich

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      tigkeit, dass er neben dem Seneschal Conrad von Wilre und dem Cämmerer seinen Bruder Heinrich, Herzog von Sachsen, zu seinem Gesandten wählte. Auch gab er ihnen Briefe mehrerer deutschen Fürsten mit, welche dem eng- lischeu Könige in gleichem Sinne schrieben; es waren die Erzbischöfe von Mainz, Köln, Magdeburg und Trier, die Bischöfe von Speier, Lüttich, Cambray, Würzburg, Strass- burg, Metz, Halberstadt, Münster, Hildesheim und Utrecht, die Aebte von Fulda und Herzfeld, die Herzöge (Bernhard) von Sachsen, Brabant, Zähringen, Bayern und Oestreichj der Landgraf von Thüringen, und die Markgrafen von Istrien, Meissen und Brandenburg. Die Gesandten segeilen von Utrecht nach England ab und langten gegen den 14. März 1209 dort an. Bei ihrer Ankunft bewilligte Johann den Bürgern von Utrecht aus Liebe zu ihrem Bischofe, einem Grafen von der Lippe, und aus Liebe zu Heinrich, Herzog von Sachsen, Handelsfreiheit in England.

      Ueber den ihm von den deutschen Fürsten erlheillcn Rath pflog Johann Verhandlungen mit seinen Getreuen und diese bewogen ihn, den Vorschlägen in so weit nachzuge ben, als es ihnen sein Recht zu gestatten schien. Mit die ser Nachricht entsandte er seinen Bruder, Wilhelm Grafen von Salisbury, Raymund, den Prior der Templer in Eng land, Adam von Portu, Archidiaconen von Worcester, und Heinrich, Archidiaconen von Staffbrd, damit sie dem Könige und den Fürsten Deutschlands ausführlicher berichteten, in wie weit er ihren Rath annähme. Dabei bat er die Für sten schriftlich, um Gottes und eigener Ehre willen bei ihrem gegenwärtigen Vorsatze (der Treue) zu beharren und dahin zu sehen, dass Dasjenige geschehe, was ihrem Könige und ihnen selbst am meisten zur Ehre gereiche. So bald er zur Regierung gelangt sei, habe er oft zum eigenen Nachtheile seinem Neffen vielfach beigestanden, weil ihm dessen Erhebung am Herzen läge. Jetzt, fährt er fort, um den König und die Fürsten für sich gegen den Papst zu gewinnen, jetzt sei es Zeit, solches zu vergelten und sich gegenseitig beizustehen, da das früher zwischen ihm und seinem Neffen errichtete, durch Briefe und Eide

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      bekräftigte Bündniss rechtlicher Weise nicht könne gebro chen werden.

      Am 24. März, demselben Tage, wo er Obiges schrieb. Hess er seinem Neffen Heinrich, Herzog von Sachsen, 1000 Mark thcils zum Geschenk, theils von seinen englischen Lehen zustellen, ausserdem dem Heinrich von Vor, einem einheimischen Vasallen, als Sold für Kriegsknechte und Armbrustschützen 170 Mark auszahlen. Zugleich nahm er den Seneschall Otto's, Conrad von Wilre, nebst seinen Gü tern, Leuten und Besitzungen in England, welche derselbe für seine Kriegsdienste in Deutschland zu Lehen erhalten hatte, mit all dem Seinen in besonderen Schutz und be freite ihn und seine Besitzungen für die Dauer dieses Kriegdienstes von dem Grafendinge und allen Lasten der Shires.

      Herzog Heinrich soll auch für seinen Bruder, König Otto, grosse Summen aus England mitgebracht und seine Rückkehr beeilt haben. Wahrscheinlich trat die Gesandt schaft bald nach dem 24. März die Abreise an; von Hein rich wenigstens ist bekannt, dass er am 15. Mai wieder in Braunschweig war.

      JVS. XXI bis XXVI. Sobald König Otto (1209 am 4. October) in Rom zum Kaiser gekrönt war, unterwarf er die italienischen Herr schaften nicht dem Papste, sondern dem Reiche, weil er hierzu durch einen den Fürsten bei der Wahl geleisteten und bei der Kaiserkrönung wiederholten Eid verpflichtet war, und Hess dem Papste sagen, wenn er ungerechtes Gelüste nach Reichsgütern hege, so möge er ihn des Eides entbinden, welchen er ihm bei der Krönung abgenommen habe.

      Den König Friedrich von Sicilien, Sohn des Kaisers Heinrich VI., vertrieb er aus den vom Papste, erhaltenen Lehen Apulien und Calabrien und hoffte sich dadurch an dem Könige von Frankreich für die seinem Oheim Johann

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      entrissenen Länder zu rächen. Der Papst that wegen aller dieser Vorgänge den Kaiser in den Bann und wiederholte denselben nach fehlgeschlagenen Versöhnungsversuchen. Sein Legat, Sifried Erzbischof von Mainz, scheute sich nicht, den Bann auch in Deutschland über den Kaiser aus zusprechen, wofür Herzog Heinrich von Sachsen und der Herzog von Brabant das Erzbisthum verwüsteten. Der König von Böhmen aber, die Herzöge von Oestreich und Bayern und der Landgraf von Thüringen schritten zur neuen Königswahl und wählten den obengenannten Friederich, König von Sicilien. Auf diese Nachrichten verliess der Kaiser Apulien, kam im März 1212 vor Friederich nach Deutschland und suchte sich hier gleich durch ein Bünd- niss mit dem Markgrafen von Meissen und dem Herzoge von Bayern (20. März) die Treue derselben zu sichern. Dann war er darauf bedacht, seinen und seines Oheims Feind, den König Philipp August, im eigenen Reiche zu beschäftigen, damit derselbe nicht Zeit und Mittel fände, während dieser dem Kaiser gefahrvollen Zeit sich in die Angelegenheiten Deutschlands zu mischen. Desshalb for derte er alle seine Lieben und Getreuen auf, unter welchen hier besonders einige Grosse in den Niederlanden und an den Grenzen Frankreichs zu verstehen sind, seinem Oheim Johann zur Wiedererlangung seines Rechts nach Masse seiner Liebe zu ihm Hülfe zu leisten, und versprach solche als ihm selbst erwiesen anzusehen. Dieser öffentliche Auf ruf war um so nothwendiger, als einige von des Kaisers oder Johanns Leuten, aller Wahrscheinlichkeit nach mit französischem Gelde bestochen, in Thouars, Bourges, An- gouleme und überhaupt in Poitou das Gerücht verbreitet hatten, der Kaiser habe eine Gesandtschaft des Königs von Frankreich angenommen. Die Absicht dieser Verleumdung ist nicht zu verkennen, den König Johann nämlich mit dem Kaiser zu entzweien und die Anhänger des ersteren in sei nen französischen Besitzungen zu enimuthigen. Auch wurde das Gerücht dem Könige von seinen Beamten in Frank reich hinterbracht und dieser stellte darüber den Kaiser zu Rode. Ein Zerwürfniss mit seinem Neffen hatte auch

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      Johann jetzt sehr zu scheuen; denn er befand sich nicht weniger als der Kaiser in misslicher Lage. Ein Waffen stillstand mit Frankreich war 1207 abgelaufen und Johann selbst 1209 über den schon erwähnten Streit reit der Geist lichkeit in den Bann gerathen, dessen Veröffentlichung in England nur durch die grösste Wachsamkeit an den Häfen verhindert wurde. Johanns Hass und Zorn gegen den Papst war durch die Excommunication des Kaisers nur noch mehr gereizt; dennoch konnte er sich nicht verheh len, dass dem Banne seine Entthronung folgen müsse und dass Philipp August, welcher im Besitz der meisten erober ten Länder geblieben war, nur den günstigen Augenblick zu einem Hauptschlage abwarte.

      Um seinen Oheim durch feierliche Versicherung seiner Treue und Anhänglichkeit über die falschen Gerüchte zu beruhigen und ihn von verderblichen Massregeln abzuhal ten, welche der Feind durch seine Verleumdung hervor zurufen beabsichtigte, entliess der Kaiser Ende April 1212 eine feierliche Gesandtschaft nach England, welche dem Könige eine mit goldener Bulla bekräftigte Urkunde über bringen sollte. Durch diese versprach der Kaiser, dass er aus allen Kräften, wie und wann es seinem Oheim behebe, ihm beizustehen bereit sei.

      Dem kaiserlichen Aufgebot zur Hülfe Königs Johann folgte Reginald von Dammartin, Graf von Boulogne, reisete an der Spitze der kaiserlichen Gesandtschaft nach England und überreichte dem Könige ausser jener Urkunde einen Creditiv-Brief des Kaisers, worin dieser feierlichst die Treue des Grafen betheuerte, zugleich aber die Urheber des boshaften Gerüchtes für Lügner und Verräther erklärte, weil er ohne Wissen und Willen Johanns nie eine franzö sische Gesandtschaft annehmen werde, und endlich bat, dass auch sein Oheim sich nie ohne ihn in Unterhandlungen mit Frankreich einlasse.

      Der Graf huldigte darauf im Mai 1212 dem Könige, als seinem Lehensherren, und gelobte, so lange er lebe, ihm gegen Jeden treu zu dienen. Er sowohl als der König verpflichteten sich gegenseitig, dass Keiner ohne den An

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      dorn Frieden oder Waffenstillstand mit dem Könige Philipp August und dessen Sohne Ludwig schliessen sollte. Diese Huldigung geschah zu London vor der daselbst zusammen berufenen Menge der Grafen und Barone. Durch eine solche Oeffentlichkeit beabsichtigte der König, seine Anhänger zu erfreuen und seine Feinde einzuschüchtern. Zu Letzteren musste er auch viele der bei der Huldigung anwesenden Grafen und Barone zählen, da überhaupt der zunehmende Missmuth der Grossen seines Reiches ihn schon seit langer Zeit beunruhigte. Er sorgte daher dafür, den gegenwär tigen günstigen Wechsel seines Geschicks zur öffentlichen Kunde und dadurch die über ihn gehenden bösen Gerüchte zum Schweigen zu bringen, wesshalb er Alles, was der Kaiser kürzlich für ihn gethan, dem Vicegrafen von Thouars, dem Seneschal in Poitou und einigen Anderen in Angou- lcme und Bourges berichtete und ihnen auheim gab, die Nachricht davon weiter zu verbreiten.

      Das erneuerte Bündniss mit dem Kaiser und die Hul digung des Grafen von Boulogne, welcher noch im Mai ein Bündniss mit den Grafen von Flandern und von Lim burg vermittelte, richteten alle Hoffnungen Johanns wieder auf. Er hielt sich nun in Kurzem stark genug, mit Gottes und der Freunde Hülfe seine Länder wieder zu erobern, rief seine Anhänger in Poitou, sie mit den erfreulichsten Gerüchten, welche sie bald vernehmen würden, vertröstend, zum standhaften und männlichen Kampfe für ihn auf und ermahute sie, über ihre Lage und den Zustand seines Lan des ihm fleissig Nachricht zu ertheilen, sich aber vor Hugo von Baucay zu hüten, der nach dem Schutzamt der Stadt Thouars strebe.

      Die kaiserlichen Gesandten hatten Anfangs Mai den englischen Boden betreten. Johann entliess dieselben, vor sichtige und bescheidene Männer, wie er sie nannte, am 24. oder 25. Mai, nachdem er auf Bitten seines Neffen, des Kaisers, dem zu der Gesandtschaft gehörenden Johann von Wek am 11. Mai eine Zahlung von 200 Pfund, wahrschein lich Subsidiengelder, geleistet hatte. Ihnen ordnete er seine Gesandten bei, nämlich seinen Kanzler Walter von Gray,

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      S. von Quency, den Grafen von Winchester, seinen Drosten oder Seneschal Wilhelm von Cantilup und Robert Trcsgos. Sie waren die Ueberbringer eines Briefes an den Kaiser, worin der König für die ihm mitgetheilten guten und an genehmen Nachrichten, auf welche er grosse Hoffnung baue, lebhaft dankte, die kaiserlichen Gesandten besonders lobte und in Betreff der eigentlichen Antwort auf die münd liche Mittheilung der Ueberbringer des Briefes verwies.

      Nur zehn Mark hatte Johann seinem Seneschal für die Ausgaben der kaiserlichen Gesandten auf ihrer Rückreise mitgeben können, erliess aber an den Vicegrafen von Suffolk und Norfolk den Befehl, so lange jene in seiner Grafschaft sich aufhielten, auf Erfordern des Seneschals das nöthige Geld herbeizuschaffen.

      Zu gleicher Zeil entliess er seinen Bruder, den Grafen Wilhelm von Salisbury, und G. von Löwen als Gesandte an Heinrich, Herzog von Löwen oder Brabant, dessen Treue gegen den Kaiser ihm von diesem sicherlich gerühmt war. Der Herzog hatte ihn, wie schon erwähnt, an dem Erz bischof von Mainz gerächt und sich darauf nach Lüttich gewendet, um den Bischof Hugo Pierrepont zu züchtigen. Diesem war nämlich nach dem Tode des Grafen von Mohaut die Grafschaft als Geschenk des letzten Besitzers zugefallen. Der Herzog aber machte wegen einer Schuld forderung Anspruch an dieselbe und griff auf Geheiss des Kaisers, dessen Vermittelung wegen des auf ihm lastenden Bannes der Bischof nicht hatte anerkennen wollen, Lüttich an, hausete grässlich, machte sich bei der Geistlichkeit be zahlt und liess die Bürger der Stadt dem Kaiser huldigen. Vor seinem Abzuge schrieb er dem Könige Johann. Es scheint übrigens nicht, dass er dem Aufrufe des Kaisers und dem Beispiele der Grafen von Boulogne, Flandern und Limburg gefolgt sei; denn ihn hierzu zu bestimmen, war eines Theils der Zweck der Gesandtschaft Johanns. In seinem Schreiben dankte ihm der König für den seinem Neffen geleisteten Beistand, drückte sich jedoch so aus, als sei der Herzog durch Bitten des Königs und aus Liebe zu ihm dazu bewogen worden. Dann ersuchte er ihn, wo

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      möglich zum Kaiser zu reisen und zugleich mit der Ge sandlschaft bei ihm einzutreffen, oder wenigstens schrift lich durch seinen Rath und seine Bitten den Kaiser zur Anaahme der (vermuthlich einen gemeinsamen Angriff gegen Frankreich betreffenden} Pläne zu bewegen, mit welchen er, der König, sowohl seine eigene als des Kaisers Ehre und Vortheil bezwecke. Durch die Gesandten wünschte er zu erfahren, welche Hülfe er in seinen eigenen Ange legenheiten vom Herzoge zu erwarten habe, und, eine ihm geleistete Lehens- oder Soldzahlung andeutend, machte er ihm bemerklich, dass er seiner lange geschont, auch ganz kürzlich nach der Ankunft des Herzogs von Boulogne sei ner gedacht und ihm sein Recht keinesweges geschmälert noch verzögert habe. In einem anderen Schreiben bat er ihn, zu gestatten, dass die brabanter Ritter und Kriegsleute bei dem Grafen von Boulogne englische Dienste nähmen, erlicss auch einen Befehl an den Seneschal des Herzogs, mit wohl berittener und bewaffneter Mannschaft unverzüg lich nach England zu kommen.

      JVo. XXVII und XXIX.

      Zu der Zeit, als Otto ohne Nebenbuhler in Deutschland stand (1209), befanden sich in seinem Gefolge viele Eng länder, sowohl Geistliche als Laien, denen er, wo irgend passende Stellen und Aemter erledigt wurden, ungeachtet mancher von der schwäbischen Partei darüber erhobenen Klagen, dieselben ertheille. König Johann bezeigte nur seine Dankbarkeit dafür, wenn er 1212 dem Wilhelm von Wallcton, Geistlichen des Kaisers, die Pfarre zu Haies schenkte und dem Seneschal von Poitou auf Bitten des Kaisers den Befehl erlheilte, dem kaiserlichen Diener Peter Jordan die Tochter Wilhelms Gumbald, falls sie noch ledig sei, zur Ehe zu geben mit all ihrer Habe.

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      JVä XXVIII und XXX. Die Angelegenheiten des Kaisers gestalteten sich der Art, dass man eine glückliche Beendigung derselben er warten durfte. Der treulose König von Böhmen wurde 1212 am 10. Mai auf einem Fürstentage zu Nürnberg ab gesetzt, der deutsche Orden für den Kaiser gewonnen, der Landgraf von Thüringen bald darauf gezüchtiget und ihm die Schlösser Rotenburg und Salzungen genommen. Dann wandte sich der Kaiser mit 2500 Mann gegen Weissensee, um dem Landgrafen auch dieses Schloss zu entreissen und verband sich hier mit dem Markgrafen Albert von Branden burg. Während der Belagerung reisete der Kaiser nach Northausen und feierte daselbst am 7. August seine Ver mählung mit Beatrix, Tochter seines früheren Gegners Phi lipp, welche schon seit viertehalb Jahren seiner in Braun- schweig gewartet hatte. Das Freudenfest wurde bald in eine Todtenfeier verwandelt, denn nur vier Tage überlebte Beatrix den Tag ihrer Verehelichung. Der Kaiser kehrte zur Belagerung Weissensees zurück, aber die Schwaben und die Dienstmannschaft des Reichs hielten das Band, welches sie an ihn gebunden hatte, durch den Tod der Kaiserinn für aufgelöset. Sie verliessen ihn mit den Bayern, und auch das übrige Heer ging wegen Geldmangel aus einander. Zu eben der Zeit war der zum römischen Kö nige erwählte Friederich, König von Sicilien, von italieni schen und deutschen Fürsten unterstützt, auf dem Wege nach Deutschland begriffen. Eine geheime Botschaft Königs Johann an seinen Neffen Heinrich, Herzog von Sachsen, mochte auf alle diese Vorgänge Bezug haben und von grosser Wichtigkeit sein, denn er traute sie nicht des Her zogs heimkehrendem Diener Philipp an, obgleich er ihm 50 Mark als einjährige Leheneinkünfte für den Herzog mit gab, sondern entsandte damit einen Vertrauten, seinen ge treuen Tierrik den Deutschen. Bald darauf landete in Eng land auch der Seneschal Conrad von Wilre, als Gesandter des Kaisers, um von Johann Subsidiengelder zu holen. König Friederich war nämlich schon bis Basel gekommen,

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      wo er 500 Mann unter dem Bischofe von Strassburg an sich zog und dem Könige Ottokar von Böhmen und dem Markgrafen Heinrich von Mähren durch Abtretung von Schlössern und Ertheilung bedeutender Freiheiten seine Dankbarkeit bezeugte. Er zog darauf in den Elsas ein und näherte sich Hagenau. Der Kaiser, ohne bedeutendes Heer und Hülfsgelder, konnte ihm kein Treffen liefern und wandte sich um Unterstützung an seinen Oheim Johann. Dieser hätte seinen Neffen gern in Frankreich für sich fechten sehen, hegte aber wenig Lust, die Kosten des Krieges in Deutschland zu tragen. Obgleich er von den seit 1202 eingelaufenen Beiträgen der Geistlichkeit noch 10,000 Mark, für den Kaiser bestimmt, im Verwahrsam der Tempelherren liegen hatte, so konnte er sich doch nicht entschliessen, davon mehr als 1000 Mark dem kaiserlichen Seneschal ein händigen zu lassen. Durch seinen Geiz beförderte er die Fortschritte Friederichs, die noch durch Aufbieten massiger Mittel zu hemmen gewesen wären. Während Friederich an der einen Seite des Rheins hinunter zog, musste der Kai ser sich darauf beschränken, an der anderen zu ziehen, und sah sich endlich zu einem Rückzuge nach Köln gc- nölhigt.

      JVS. XXXI. Sobald Friederich, König von Sicilien, zu Hagenau an gelangt war, hatte er (am 5. October 1212) seine Frei gebigkeit gegen die Bischöfe von Mainz und Worms durch Verzichtleistung auf ererbte Rechte bewiesen und dem Her zoge Friederich von Lothringen 3200 Mark als Subsidien- gelder versprochen. Dann verbündete er sich am 19. No vember mit dem Könige von Frankreich gegen den Kaiser und den König von England, und trat am 1. December zu Frankfurt seine Regierung an. Zu Anfang des Jahres 1213 zahlte Philipp August ihm 20,000 Mark Subsidiengelder, weil ihr Bündniss gegenseitige Unterstützung forderte, und Friederich liess unter den ihm anhängenden deutschen

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      Fürsten das Geld vertheilen, wodurch er auch die Hülfe des durch besonderen Vertrag dem Kaiser verbündeten Her zogs von Bayern erkaufte.

      Von Köln hatte sich der Kaiser in die Niederlande be geben und belehnte zu Nimwegcn am 13. Januar 1213 den Grafen Wilhelm von Holland mit den Rcichslehen, wodurch er freilich diesen für sich gewann, den Grafen von Loon sich aber entfremdete. Die schnelle Zahlungsleistung, womit der König von Frankreich seinen Verpflichtungen gegen seinen Bundes genossen nachkam, mahnte den Kaiser, sich gleichfalls an seinen Verbündeten, den König Johann, zu wenden und die versprochenen Subsidiengelder nochmals zu fordern. Er sandte desshalb von Gent aus einen Kaufmann Gerhard von Rodes und seinen Seneschal, Conrad von Wilre, mit seinem Geistlichen Iwan nach England. Sie trafen den König am 28. Januar in den nördlichen Theilen des Rei ches (Wales), wo er, um wieder ausgebrochene Unruhen dortiger Grossen zu dämpfen, verweilte. Er beiheuerte zwar, dass ihm die Gesandtschaft, welche ihm der Kaiser anmeldete, bestehend aus dem Pfalzgrafen Heinrich, dem Grafen von Boulogne und dem eben durch die Belehnung gewonnenen Grafen Wilhelm von Holland, willkommen sein solle, und dass er ihnen nach Wiederherstellung der Ruhe entgegeneilen werde. Als Subsidiengelder zahlte er aber nur 9000 Mark, den Rest jener für den Kaiser bestimmten Summe von 10,000 Mark, womit freilich eine Freigebigkeit, wie König Friederich den deutschen Fürsten mit französi schem Geldc gezeigt hatte, nicht ausgeführt werden konnte. Ausserdem ging von diesen Geldern die Schuldforderung eines jüdischen Handelsmannes aus Gent, Simon Saphirs, ab, so dass nur 8500 Mark zum Kaiser gelangten. Gegen eine von diesem geforderte Zahlung an den durch ihn an gemeldeten Grafen von Boulogne und dessen Bruder er klärte sich König Johann entschieden und man sieht seiner Antwort den Unmuth an, welchen er über des Kaisers ge rechte Forderung empfand.

      Conrad von Wilrc und Gerhard von Rodes warteten in England auf die Ankunft des Pfalzgrafen und der Grafen

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      von Boulogne und Holland, welche jedoch erst im März 1213 landeten, als der Papst auf eine Vorstellung der eng lischen Prälaten den König Johann seines Thrones für ent setzt erklärt hatte und der König von Frankreich, vom Papste aufgefordert, grade ein mächtiges Heer rüstete, um in England einzufallen. Unter so misslichen Umständen schloss Johann am 20. März zu London durch Vermitteluno1 der beiden anderen Gesandten ein Bündniss mit Wilhelm, Grafen von Holland. Dieser nämlich empfing vom Könige ein jährliches Lehen von 400 Mark, huldigte ihm dafür und wurde sein Vasall. Als solcher verpflichtete er sich, dem Könige nach England zu Hülfe zu kommen, wenn derselbe in England selbst von fremden Völkern angegriffen würde, und stellte ihm Schiffe und ein Heer von 1500 Mann zur Verfügung.

      JVo. XXXII und XXXIII.

      Die meisten Fürsten Deutschlands huldigten am 2. Fe bruar 1213 dem Könige Friederich IL, und der einzige Vor- llieil, welchen der Kaiser zu Anfang des Jahres über ihn davon trug, war die Wiedereroberung der Harzburg und die Gefangennahme des münsterschen Bischofes in Köln, worüber die treue Stadt in den Bann des Papstes gerieth.

      Zwischen England und Frankreich war der Krieg wie der begonnen. Philipp August hatte sich vor Boulogne mit einem mächtigen Heere gelagert und Johann, obgleich seine Kriegesunternehmungen glücklichen Fortgang gewannen, zu Dover am 15. Mai dem Papste, als seinem Lehensherren, wegen England und Irland gehuldigt. Innocenz III. gebot nun dem Könige von Frankreich Einhalt. Wegen seiner Weigerung gerieth Philipp August in einen Streit mit Fer- rand, Grafen von Flandern, welchen er aus seinem Lande verjagte, wurde darauf aber vom Kaiser und Grafen von Holland zum Rückzuge gezwungen.

      So auffallend der Schritt ist, zu welchem sich Johann gegen den Papst bequemte, so wahrscheinlich ist es doch,

      dass er, nachdem derselbe geschehen war, sich davon viel für seinen Neffen, den Kaiser, versprach. Er sandte ihm den Bischof von Norwich, seinen Bruder, Wilhelm Grafen von Salisbury, und Walter Briwer mit einem am 25. Juli geschriebenen Creditiv-Briefe, worin er ihn bat, den Mit theilungen, welche er ihm über ihren gemeinsamen Vortheil durch die Gesandten machen lasse, vollen Glauben zu schenken. Dass sich Friederich II. beeilt hatte, dem Papste zu willfahren und ihm am 12. Juli, vierzehn Tage vor der Abreise der englischen Gesandtschaft nach Deutschland, alle von ihm in Anspruch genommenen, aber vom Kaiser seit vier Jahren aufgehobenen Rechte zugestanden hatte, konnte Johann noch nicht erfahren haben, und mochte der Ansicht sein, dass der Kaiser, als sein Neffe und Bundes genosse, bei einiger Willfährigkeit gegen den Papst, sich mit demselben würde aussöhnen können.

      Die Gesandtschaft des Königs segelte wahrscheinlich auf einem Bremer Schiffe nach Deutschland ab, denn Jo hann erlheilte einen Tag nach Abfassung des Briefes, wel chen die Gesandten seinem Neffen überbringen sollten, den Leuten des Kaisers aus Bremen auf unbestimmte Zeit unter den gewöhnlichen Bedingungen und gegen jedesmalige Vor zeigung eines vom Kaiser Otto ausgestellten Passes Han delsfreiheit in England. Da der Kaiser schon zu Ende Ja nuar aus den Niederlanden nach Braunschweig zurückge kehrt war, so konnten die Gesandten keinen kürzeren Weg zu ihm, als über Bremen nehmen.

      JVS. XXXIV und XXXV.

      Der Kaiser hatte im Verein mit England den gemein samen Feind zugleich in Deutschland und Frankreich be kämpfen wollen, Johann aber eigennützig gleich anfangs seine Blicke unverwandt gegen Frankreich gerichtet und erwartet, der Kaiser werde, seine deutschen Angelegen heiten nicht berücksichtigend, allein gegen Frankreich ope- riren. Einen Kcichsgrafen nach dem andern sandte der

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      Kaiser, treu seinem Bündnisse, in die Dienste seines Oheims gegen Frankreich; dieser aber hielt engherzig die Sub- sidiengelder zurück, wenn sie für den Krieg in Deutsch land verwandt werden sollten. Als unter solchen Umstän den die Unternehmungen des Kaisers im Reiche erfolglos blieben, sah er sich allerdings nach zweijährigem Zögern gezwungen, die Pläne seines Oheims auszuführen und den Krieg ganz nach Frankreich zu versetzen. Denn er selbst besass nicht Hülfsquellen genug, aus denen er Fürsten und Krieger besolden und ihnen Dienstlehen ertheilen konnte; wohl vermochte dies sein Oheim Johann, welcher zwar nicht abgeneigt war, deutsche Fürsten in seinen Sold zu nehmen, sie aber nur für einen Krieg gegen Frankreich mit Einkünften belehnen wollte. Auch konnte der Kaiser durch einen solchen Krieg dem Könige Friederich IL emp findlichen Schaden zufügen, denn derselbe war besonders wegen des französischen Geldes vielen deutschen Fürsten willkommen und dem Kaiser gefährlich. Der Herzog von Brabant, die Grafen von Boulogne, Flandern, Limburg, Hol land, Namur und viele andere Fürsten, welche dem Auf gebote des Kaisers vom Jahre 1212 folgten und sich an England anschlossen, stellten ein Heer von mehr als 100,000 Mann ins Feld, mit welchem der Kaiser gegen Frankreich aufbrach. Sein Oheim Johann zog aus Poitou durch die Bretagne ihm mit einem anderen Heere entgegen. Ehe beide sich vereinigen konnten, kam es auf einem Sonntage, den 27. Juli 1214 in Flandern bei Bouvines zwischen Dor- nick und Ryssel zu einer Schlacht zwischen dem deutschen und dem französischen Heere. Den Kaiser sah man mit seinem einschneidigen Schwerte von ungeheuerer Schwere, welches er mit beiden Händen führte, bei jedem Hiebe einen Feind zu Boden strecken; dagegen Philipp August die Schande erlebte, durch die Lanzen und Haken deut scher Kriegsknechte vom Pferde gezerret zu werden. Nur seine Rüstung rettete ihm das Leben. Aber trotz der Tapfer keit des Kaisers, welchen nur sein verwundetes Pferd hin derte, eigenhändige Rache an der Person des Königs von Frankreich zu nehmen, trotz der Tapferkeit der übrigen

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      deutschen Heerführer siegte das französische Heer. Diese Wendung des Kriegsglücks benutzte Friederich II. augen blicklich, setzte mit starkem Heere über die Mosel und Maas und bedrohete den Herzog von Brabant. Neue Sub- sidiengelder waren erforderlich; um sie zu fordern, sandte der Kaiser seinen Geistlichen Iwan nach England. Johann beschenkte denselben mit einem jährlichen Lehen oder den Einkünften einer geistlichen Pfründe und eutliess ihn am ersten September mit einer Summe von 2000 Mark für den Kaiser. Vor Ankunft des Geldes aber hatte der zu sehr geschwächte Herzog von Brabant schon dem Könige Fric- derich II. Treue geloben müssen, und auch Johann selbst sah sich noch im September gezwungen, mit dem Könige von Frankreich einen Waffenstillstand auf fünf Jahre zu schliessen. Dem Kaiser und dem Könige Friederich II. wurde es frei gestellt, sich in demselben aufnehmen zu lassen. Johann behielt sich übrigens das Recht vor, seinem Neffen im Reiche beizustehen, falls derselbe dem Waffen stillstande nicht beitreten würde, und ein Gleiches wurde dem Könige von Frankreich in Beziehung Friedrichs //. bewilligt.

      JVS. XXXVI und XXXVII.

      Der Kaiser zog sich nach Köln zurück und schickte von hier zwei Geistliche und einen gewissen Heinrich von Köln nach England. Man weiss nur, dass König Johann ihnen die gewöhnlichen Geschenke am 17. November 1214 reichen liess; Zweck und Erfolg der Gesandtschaft ist übri gens unbekannt. Es folgte bald ein Beauftragter von Kauf leuten aus Gent, welche sich für eine dem Kaiser gelie hene Summe von 200 Mark beim Könige bezahlt machen wollten. Weil dieser selbst den Auftrag zum Darlehen cr- theilt hatte, so weigerte er auch die Zahlung nicht. Wahr scheinlich war das Geld zu der früheren Rüstung gegen Frankreich verwandt worden.

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      JVo. XXXVIII und XXXIX. Ende November 1214 erschien wieder ein Abgesandter des Kaisers, sein Diener Peter, am englischen Hofe und forderte den Wein, welcher dem Kaiser in Poitou entrich tet wurde. Johann sandte ihn weiter zum Seneschal der Grafschaft mit dem Befehle, auf königliche Kosten zwei leere Schiffe zu miethen, um dem Kaiser den ihm gebüh renden Wein zuzuführen. Zugleich befahl er, auf seine eigene Kosten 80 Fässer Wein einzukaufen, ein noch in gutem Stande befindliches Schiff zu miethen, dasselbe mit dem Weine zu beladen, und die drei Schiffe dem kaiser lichen Abgesandten zu überantworten. Diesem aber, selbst aus Poitou gebürtig, schenkte er auf Bitten des Kaisers ein der königlichen Cammer durch Hcirathsfall eröffnetes Lehen- gut in Poitou.

      JVo. XL bis XLII. Als der Kaiser im Mai des Jahres 1214 sich gegen Frankreich rüstete, vermählte er sich mit Maria, Tochter des Herzogs Heinrich von Brabant, welche ihm schon vor 16 Jahren versprochen und damals mit ihm gekrönt war. Der Kaiser hoffte unstreitig, durch diese Ehe an dem mäch tigen Herzog, ivelcher sich kurz vorher mit Frankreich ver bunden hatte und zu Brüssel durch die Grafen von Flan dern und Holland das Bündniss aufzugeben gezwungen war, einen treuen Bundesgenossen zu erwerben. Nach der unglücklichen Schlacht bei Bouvines verweilte Maria mit ihrem kaiserlichen Gemahle zu Köln, soll aber einer Nach richt zufolge in Glücksspielen, denen sie ergeben war, grosse Schulden zu Köln gemacht haben. Im Januar des Jahres 1215 sandte sie den Seneschal Conrad von Wilre nach England, und König Johann, obgleich durch die Ver schwörung seiner Grossen, welche ihm bald nachher die magna Charta abnöthigten, hart bedrängt, blieb nicht un empfindlich bei der Verlegenheit und den Bitten seiner

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      Nichte, sondern ertheilte dem Gesandten zum Geschenk für die Kaiserinn 100 Mark, schickte den Tempelherren Rotger von Warneford nach Gent und liess durch ihn bei dortigen Kaufleuten noch 700 Mark aufleihen, um damit die Schul den der Kaiserinn zu tilgen. Den Kaufleuten versprach er gegen Vorzeigung einer von der Kaiserinn ausgestellten Quitung die Wiederbczahlung und bat einen derselben für dieses Versprechen bei den anderen Bürgschaft zu leisten.

      JVS. XL1II. Im November des Jahres 1215 hielt Innocenz III. ein Concil, um in dem Streite zwischen dem Kaiser und dem Könige Friederich II. zu entscheiden. Der Kaiser bot hier das Acusserste auf, sich das Reich zu erhalten. Aber der Markgraf von Montferrat wusste durch nichtige Beschuldi gungen alle Bemühungen desselben zu vereiteln. Die Ge sandten fast aller Könige und Fürsten waren auf dem Con cil zugegen und auch König Johann entsandte dahin einen Geistlichen, Peter von Cressy, für welchen er bei allen kaiserlichen Beamten um freies Geleit bat. Der Zweck die ser Sendung war unfehlbar, sowohl den Papst für den Kai ser zu gewinnen, als auch die päpstliche Hülfe zur Besei tigung der magna charta zu suchen.

      JVo. XLIV und XLV. Der Graf Ludwig von Loon hatte anfangs dem Gegen könige Philipp von Schwaben eifrigst beigestanden, wandte sich aber 1202 durch Heinrich, Herzog von Brabant, be wogen, der Partei Otto's zu. Als Dicderich, Graf von Hol land , ein Jahr danach starb, hielt sich Ludwig, weil er Adela, die Tochter desselben, heirathete, für den recht mässigen Erben der Grafschaft. Graf Wilhelm aber, Bruder des Verstorbenen, sammelte ein Heer und jagte Ludwi" 18 Tage nach der Vermählung aus Holland hinaus, raubte

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      ihm seine Gemahlinn und hielt sie in Friesland gefangen. Sic floh 1207 nach England, und Graf Ludewig erkaufte hier ihre Freiheit dadurch, dass er im November dem Kö nige Johann, als seinem Lehensherren, huldigte. Wahr scheinlich wurde aber dadurch nur ein früheres Lehens- verhältniss erneuert, denn der König hatte schon im Mai 1206 dem Seneschal des Grafen Sold zahlen lassen. Der Kaiser entfremdete sich 1213 den Grafen, welchem es an Gütern, Macht und Freunden nicht fehlte, dadurch, dass er die Grafschaft Holland dem Grafen Wilhelm zu Lehen er- theille. Dieser, bei Bouvines 1214 in französische Gefan genschaft gerathen und nur mit dem Versprechen, nie wie der gegen Frankreich zu dienen, seiner Haft entlassen, wurde bald darauf von Philipp August in ein Bündniss gegen England gezogen und brach die Treue gegen König Johann. Die englischen Grossen riefen den Prinzen Ludwig von Frankreich nach England, um mit seiner Hülfe Johann zu entthronen und boten ihm, weil er mit dessen Nichte ver mählt war, die Krone an. Ihrem Rufe folgend, schiffte er sich auf einer Flotte von 680 Segeln nach England ein; ihn begleitete Graf Wilhelm von Holland mit der holländi schen Ritterschaft. Die Flotte landete am 30. Mai bei Sand wich und Ludewig zog am 2. Juni in London ein.

      König Johann, aufgebracht über die Treulosigkeit des Grafen Wilhelm, hoffte ihn durch den Kaiser zu bestrafen, glaubte auch vielleicht, letzterer würde in Norddeutschland sehr an Macht gewinnen, wenn er sich mit dem Grafen von Loon versöhnte und dieser wieder zum Besitze von Hol land gelangte. Daher ertheilte er dem Grafen Ludewig die Weisung, zur Treue und zum Dienste des Kaisers in Unter- Ihäuigkeit zurückzukehren, meldete solches am 8. Juni dem Kaiser und bat ihn, den Grafen wieder zu sich zu rufen und in Gnaden aufzunehmen. Um ihn dazu geneigt zu machen, erinnerte er ihn daran, wie sie beide von allen Seiten bedrängt und verfolgt würden, wie dagegen ihrer beider Ehre und Vortheil durch die Rückkehr des Grafen gewinnen müsse. Der Rath, welchen er ihm ertheile, käme nicht nur von ihm, sondern von vielen anderen unter sei

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      nen Getreuen, auch von Walter Bertrand, welchem der Kaiser, wie es scheint, besonders Zutrauen schenkte. Jo hann erbot sich im Falle kaiserlicher Bevollmächtigung dazu, sich bei dem Grafen zu verbürgen, dass ihm sein Recht an der Grafschaft Holland und an allem Anderen, was ihm rechtlich gebühre, wiedergegeben werde, und zweifelte unter solchen Bedingungen nicht an der Bereit willigkeit des Grafen, zur Treue gegen den Kaiser und in seine Dienste zurückzukehren.

      Die Noth Johanns erforderte Eile, und so wurde Walter Bertrand, ohne die Erklärung des Kaisers abzuwarten, zum Grafen Ludewig, für dessen Huldigung er sich 1207 beim Könige verbürgt hatte, geschickt und forderte ihn zur Treue gegen den Kaiser auf. Der König verbürgte sich dem Grafen für die Gewährung seiner Forderungen und ver sprach seine thätige Vermittelung bei dem Kaiser, falls dieser die Bestätigung verweigerte. Walter Bertrand aber hatte den Befehl erhalten, die Urkunde mit der Bürgschaft des Königs nur nach vollzogener kaiserlicher Belehnung mit Holland und nach geleisteter Huldigung dem Grafen einzuhändigen.

      Der weitere Verlauf der Sache ist unbekannt. Johann starb ein halbes Jahr darauf, ohne den Rückzug des Feindes aus England zu sehen, und musste es noch erleben, dass ihm bei einem feindlichen Ueberfall die Reichsinsignien, seine Juwelen und Schätze, unter welchen auch die von Richard seinem Neffen Otto vermachten Kleinodien, geraubt wurden.

      M. XLVI. Als Kaiser Otto IV. am 19. Mai 1218 gestorben war, nahm sein Bruder Heinrich, Herzog von Sachsen und Pfalz graf bei Rhein, die Reichsinsignien zu sich, welche er dem Testamente des Kaisers zufolge 20 Wochen bewahren und nur dem durch die Fürsten einstimmig und auf gültige Weise zum Könige Erwählten, oder dem Könige Friede-

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      rieh II., wenn für dessen Wahl die Fürsten sich einstimmi«- erklärten, und sonst keinem Sterblichen unter dem Himmel überliefern sollte. Obgleich die bestimmte Zeit verstrichen' war und der Papst ihn ermahnte, die Insignien dem Könige Friederich II. nicht länger vorzuenthalten, so zögerte Hein rich doch noch immer, denn der verstorbene Kaiser hatte ihm gestattet, ihr beiderseitiges Erbtheil von dem recht mässigen Könige gegen die Insignien zu erlauschen. Zu Anfang des Jahres 1219 sandte Heinrich seinen Geistlichen Rudolph von Birmingham nach England, wahrscheinlich um mit den Räthen Königs Heinrich III., welcher 1216 in sei nem elften Lebensjahre seinem Vater Johann auf dem eng lischen Throne gefolgt war, die in dieser Angelegenheit zu ergreifenden Massregeln zu verabreden. Endlich am 13. Juli 1219 auf dem Fürstentage zu Goslar überreichte er dem Könige Friederich II. die Reichsinsignien. Er gewann dadurch zwar, so viel man weiss, nicht an Land, aber der König, welcher einen Zug nach Italien beabsichtigte, um sich zum Kaiser krönen zu lassen, bezeigte seine Dank barkeit dadurch, dass er für die Dauer seiner Abwesenheit aus Deutschland den Herzog zum Reichslegaten des nörd lichen Deutschlands einsetzte, während das südliche Deutsch land dem Herzoge Ludewig von Bayern als Reichslegaten anvertraut wurde.

      JVo. XLVII. Obgleich der zehnjährige Heinrich auf den Wunsch seines Vaters, Königs Friederich IL, im April 1220 zum römischen Könige gewählt wurde, so vertrat Herzog Hein rich von Sachsen doch als Reichslegat fortwährend die Stelle des Königs im nördlichen Deutschland. Bei dem Vertrauen, welches Friederich IL in ihn als seinen Legaten setzte, konnten ihm die geheimeren Verhandlungen des königlichen und päpstlichen Hofes nicht fremd bleiben; und es scheint, dass von denselben bei Gelegenheit der bevorstehenden Kaiserkrönung im Herbste des Jahres 1221

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      Verhandlungen mit oder über Frankreich gepflogen wurden, welche ihn hoffen Hessen, dass die der Krone England geraubten französischen Fürstenthümer, welche Prinz Lude wig, als er 1217 England räumte, bei seiner Thronbestei gung zurückzugeben versprochen hatte, schon jetzt für England wiedergewonnen werden könnten. Bei dieser Rück gabe waren wegen Poitou und Guyenne auch Herzog Hein rich und seines Bruders Wilhelm Sohn Otto, Herzog von Lüneburg, betheiligt. Beide schickten im September 1221 ihre Gesandten, worunter ein Freund des verstorbenen Kai sers Otto IV., an den englischen Hof. Aus einem Briefe Herzogs Heinrich an den englischen Vice-Canzler erhellet, dass ihm einige hohe und geheime Angelegenheiten zur Kunde gekommen waren, welche dem Reiche England, dem ganzen Stamme des königlich englischen und herzog lich weifischen Hauses zum unendlichen Vortheile gerei chen könnten. Der König von England entliess die Ge sandten mit den gewöhnlichen Geschenken am ersten Oc- tober 1221.

      M. XLVIII bis LH. Heinrich, Herzog von Sachsen und Pfalzgraf bei Rhein, überliess seinem Neffen Otto, Herzog von Lüneburg, 1223 sein Herzogthum und die übrigen sächsischen Güter mit der Stadt Braunschweig. Nach des Pfalzgrafen Tode 1227 erhob König Heinrich Namens seines Vaters, des Kaisers Friederich IL, unter dem Vorwande, dass derselbe diese Lande von Irmengard, Markgräfinn von Baden, ältesten Tochter des verstorbenen Pfalzgrafen, gekauft habe, An sprüche daran. Nachdem es dem Herzoge Otto noch im selben Jahre gelungen war, die Anhänger des Kaisers aus der Stadt Braunschweig zu vertreiben, wandte er sich gegen den Grafen Heinrich von Schwerin, um seinen Oheim, Kö nig Waldemar von Dänemark, an demselben zu rächen. Der Graf hatte den König in Friedenszeiten auf seinem eigenen Gebiete treuloser Weise 1223 gefangen genommen,

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      ihn und den gleichfalls gefangenen Prinzen Waldemar nach Danneberg ins Gefängniss geführt. Der Drohungen des Papstes achtete er nicht, und da Albert Graf von Orlamünd, einstweiliger Regent in Dänemark, die Vermittelung des römischen Königs wegen zu hoher Forderungen zurück wies und die Entscheidung lieber dem Schwerte überliess, nahm er auch ihn 1225 in der Schlacht gefangen und brachte ihn nach Danneberg. Weil Graf Heinrich aber dieses im Gebiete Herzogs Otto gelegene Schloss nicht für sicher genug hielt, versetzte er die gefangenen Fürsten nach Schwerin, wo sie unter den härtesten Bedingungen und für ungeheures Lösegeld ihre Freiheit erkauften. Der Papst verlangte zwar vom Grafen Heinrich, dem König die Erfüllung seiner eidlichen Verpflichtung zu erlassen; statt dessen aber reizte dieser den Grafen Adolph von Schauen- burg gegen Dänemark, bis endlich der König, von der Ver bindlichkeit des ihm abgezwungenen Eides durch den Papst freigesprochen, im Bunde mit seinem Neffen, Herzog Otto, zu Bornhövede am 22. Juli 1227 dem Grafen Heinrich eine blutige Schlacht lieferte. Für den Grafen fochten der Erz bischof von Bremen, der Graf von Schauenburg, Albert, Herzog von Sachsen und mehrere Andere mit ihren Schaa- ren. Den rechten Flügel des vereinten dänisch-braun- schweigischen Heeres führte Herzog Otto an; ihm gegen über an der Spitze des linken feindlichen Flügels stand Herzog Albert von Sachsen. Durch die Treulosigkeit der Ditmarsen verlor der König die Schlacht und entging kaum der Gefangenschaft; Herzog Otto aber gerieth in die Hände der Feinde. Seine Gefangennahme glaubten König Hein rich und Otto, Herzog von Bayern, welcher als Gemahl von Agnes, der jüngsten Tochter des Pfalzgrafen, auf Braun schweig Ansprüche erhob, benutzen zu müssen. Sie sahen aber ihre Pläne an der Treue der Braunschweiger schei tern und mussten sich begnügen, in Göttingen eine Be satzung zurückzulassen. Nach dem Tode des Grafen Hein rich von Schwerin 1228 widersetzte sich der Freilassung des Herzogs Otto nur Albert von Sachsen und gab endlich auf kräftige Ermahnungen des Papstes Gregor IX., der in

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      seinem Hasse gegen den Kaiser die Gefangenschaft des Herzogs nicht gleichgültig ansehen konnte, gegen Abtre tung Hitzackers seine Einwilligung, worauf Otto, ohne Schaden an seinem Körper genommen zu haben, wie uns die Nachricht ausdrücklich berichtet, aus den Banden und Fesseln des Gefängnisses entlassen wurde. Kaum in Frei heit gesetzt, hatte er mit seinen eigenen Dienstmannen, welche von dem Kaiser oder dessen Sohne, dem Könige Heinrich, zur Empörung verleitet waren und denen sich die Bischöfe von Magdeburg und Halberstallt zugesellten, harte Kämpfe zu bestehen. Durch Hülfe der Markgrafen von Brandenburg, deren Schwester er zu Ende des Jahres 1228 heirathete, trug er hier den Sieg davon.

      Die erfreuliche Nachricht seiner Befreiung meldete Otto im Februar 1229 seinem Vetter, dem Könige Heinrich III. von England, durch seinen Geistliehen, den Magister Gal fried, welcher für ihn schon einmal 1221 als Gesandter nach England gereiset war, und bat ihn, dem Herzoge von Anhalt oder Sachsen, welcher sich um die Schwester des Königs bewarb, die Prinzessinn zu verweigern, weil der selbe (wie vorhin erwähnt) und seine Verwandten sich ihm als die bittersten Feinde während der Gefangenschaft bewiesen hallen.

      Als König Heinrich III. den Brief seines Vetters erhielt, rüstete er sich grade, von seinen Uuterthanen in Poitou, Guyenne und Normandie um Schutz angerufen, zu einem Angriffe Frankreichs in der Bretagne. Der vorige König von Frankreich nämlich, Ludewig VIII., war bei seinem Regierungsantritt 1223 soweit entfernt gewesen, seinem Versprechen gemäss die an sich gerissenen englischen Für stenthümer zurückzugeben, dass er vielmehr 1224 auch Poitou besetzt hatte; nur Gascogne wurde von den Eng ländern verlheidigt. Mit jugendlicher Freude überblickte der englische König schon die Erfolge des Zuges, für wel chen er rüstete, und antwortete in einer solchen Stimmunff am 6. März 1229 seinem Vetter, dem Herzog Otto. Er trö stet ihn über das für seine Befreiung abgetretene Land mit dem unschätzbaren Besilze der Freiheit und crthcilt ihm.

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      auf die französischen Fürstenthümer deutend, die Hoffnung, dass sie beide in kurzer Zeit wieder zum Besitze ihres durch die Gewalt des gemeinsamen Feindes ihnen früher entrissenen Erbtheils gelangen werden; denn der Herr, auf den er traue, lasse nicht zu Schanden werden, die auf ihn hoffen. Schon des Sieges gewiss redet er von Gerüchten, welche den Herzog bald erfreuen werden, weil sie ihren gemeinsamen Vortheil und Ehre betreffen. Er verspricht, ohne Willen und Wissen seines Vetters in der Vermählungs angelegenheit des Herzogs von Anhalt nichts zu entschei den und auch sonst seinem Rathe stets zu folgen. Ueber- haupt, da ihrer beider Ehre und Vortheil zu eng verbunden sei, so gelobt er auch für immer die grösste Bereitwillig keit, den Vortheil und "die Ehre seines Vetters zu beför dern.

      Zu gegenseitiger Mittheilung ihrer Lage und ihrer Ent schlüsse schickte Herzog Otto auf Verlangen seines Vetters um Pfingsten wieder einen Gesandten nach England und bat, in dankbarer Erinnerung dessen, was der Papst Gre gor IX. während der Gefangenschaft für ihn gethan hatte, den König, auch sein besonderes Dankschreiben desshalb an den Papst zu erlassen. Heinrich glaubte aber bei die ser Gelegenheit noch mehr thun zu dürfen. Obgleich er sich 1227 in Unterhandlungen mit dem Sohne des Kaisers eingelassen und 1228 eine Versöhnung zwischen Papst und Kaiser herbeizuführen sich bemühet hatte, so waren doch Friederich II. und sein Sohn seit 1226 und 1227 mit Frank reich verbündet, dabei feindlich gegen seinen Vetter, Her zog Otto, gesinnt. Er verschmähete es daher nicht, in einem befreundeten und verwandten Fürsten Deutschlands dem Kaiser einen Nebenbuhler zu erwecken, und hoffte um so mehr auf Gelingen, weil Gregor IX., welcher seit dem Tode des Papstes Honorius III. 1227 den päpst lichen Stuhl bestiegen halle, sich noch eifriger zeigte, einen Gegenkönig in Deutschland hervorzurufen. Honorius uämlich hatte die Krone des durch den Bann zum Kreuz zuge gezwungenen Kaisers schon dem Prinzen von Dä nemark angetragen, dieser aber das Anerbieten abge-

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      lehnt, weil er sich nicht stark genug fühlte, dem Kaiser entgegenzutreten.

      In seinem Briefe vom 4. April 1229 an den Papst dankte also König Heinrich III. ihm nicht nur für seine eifrige Verwendung zur Befreiung Otto's, sondern empfahl ihm auch seinen Vetter mit so dringenden Bitten, als er es in seinen eigenen Angelegenheiten nur vermocht hätte, er suchte ferner den Papst, aus Rücksicht für ihn die bewie sene Gunst seinem Vetter, dem Herzoge, zu erhalten und zu mehren, und durch Empfehlungsschreiben an die deut schen Fürsten dessen Erhebung zu bewirken; denn, weil der Herzog seine Befreiung dem päpstlichen Stuhle allein zuschreibe, würde unter allen Reichsfürsten kein dankba rerer Sohn der Kirche zu finden sein.

      Um aber diese Angelegenheit am päpstlichen Hofe ge hörig zu betreiben, sandte er Galfried, des Herzogs Geist lichen, nach Rom, weil er dieses Mannes Ergebenheit und Treue erprobt und sich überzeugt hatte, dass keiner eifri ger sich für den Herzog bemühe. Auch beschenkte er auf des Letzteren Bitten diesen treuen Diener mit 5 Mark jähr lich bei der königlichen Cammer zu hebender Einkünfte, bis er ihm eine geistliche Pfründe höheren Betrages würde verleihen können. Galfried erhob bei seiner Abreise nach Rom dieses Geschenk und 100 Schillinge Reisegeld.

      Zu gleicher Zeit antwortete der König seinem Vetter Otto, und drückt dabei wiederholt seine Freude aus, dass der Höchste während der Angst gnädig auf ihn gesehen und ihn aus derselben erlöset habe. Dann macht er ihn mit den eben genommenen Massregeln bekannt und wünscht von Herzen, dass die für ihn eingelegte Bitte so günstig vom Papste aufgenommen werde, dass dieselbe zum un sterblichen Ruhme des Herzogs beitrage, ihm, dem Könige, aber Veranlassung zum Frohlocken gewähre.

      Die Bewerbung des Königs für seinen Vetter hatte so guten Erfolg, dass der Papst demselben die Krone antrug. Herzog Olto aber in der frischen Erinnerung, welchen Raub an den kaiserlichen Rechten sich die Päpste für ihre Be günstigungen erlaubten, welche Verluste sein Haus dem

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      heiligen Vater und der Geistlichkeit verdanke, und welches Geschick seinem Oheim, Kaiser Otto IV., durch sie bereitet sei, wies die Krone, um welche er sich nicht beworben hatte, mit der Antwort zurück: er gedenke nicht zu ster ben, wie sein Oheim, Kaiser Otto. Es blieben ihm auch Güter genug, die er ruhig besass, und für die streitigen Besitzungen durfte er hoffen vom Kaiser, wenn er nichts gegen ihn unternahm, sonderm ihm Treue bewahrte, Bestä tigung zu erhalten. Er blieb desshalb dem Kaiser, obgleich derselbe ihn seitdem härter, als früher, behandelte, auch Göttingen noch immer besetzt hielt, dennoch ergeben und suchte zur Aussöhnung mit ihm die Vermittelung des Pap stes. Zudem hatte er sich die Liebe aller Fürsten Deutsch lands in dem Grade erworben, dass sie 1234 eine Gesandt schaft an den Kaiser nach Italien mit dem Gesuche, dem Herzoge die Länder seines- Oheims, des Pfalzgrafen, wie derzugeben, schickten. Der Kaiser durfte keine abschlägige Antwort ertheilen und liess sich die Entscheidung mehrerer Fürsten gefallen. Dazu kam, dass er am 20. Juli 1235 sich zu Worms mit Isabella, Schwester Königs Heinrich III. von England, vermählte, und der König wahrscheinlich die Wie dereinsetzung seines Vetters in seine Rechte als Bedingung der Einwilligung zur Vermählung forderte. Wenige Tage nach der hochzeitlichen Feier verzichtete der Kaiser zu Mainz aller Ansprüche an die Erbschaft des Pfalzgrafen, erhob die Stadt Braunschweig und Feste Lüneburg mit ih ren Zubehörungen zu einem Herzogthum Braunschweig und belehnte damit den Herzog Otto von Lüneburg.

      JVo. LIII. Sieben Jahre bevor sich die Angelegenheiten Herzogs Otto so günstig gestalteten, hatten sich, wie schon erwähnt, während seiner Gefangenschaft die Bischöfe von Magde burg und Halberstadt mit der braunschweigischen Dienst- mannschaft gegen ihn verbündet. In Folge der Fehde wurde das Schloss Wallbck zerstört und in dem Frieden,

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      wozu Otto die geistlichen Herren 1229 zwang, mussten sie ihm geloben, dasselbe nicht wieder aufzubauen. Im Sep tember desselben Jahres schickte er den Vogt des Schlos ses, Namens Cäsar, den Rudolph von Rolstedt und den Geistlichen Wilkin als Gesandte nach England, wahrschein lich um sich zu erkundigen, welchen Fortgang die Rüstung sreffen Frankreich nähme. Die Gesandtschaft traf den Kö- nig Heinrich III. aber äusserst verstimmt und im grössten Missmuth. Die ausgerüstete Flotte hatte sich als zu klein erwiesen und konnte kaum die Hälfte des Heeres aufneh men. Die Expedition, von welcher der König sich die glänzendsten Siege versprochen hatte, wurde auf das fol gende Jahr verschoben und die Gesandtschaft mit 50 Mark Reisegeld und wohl nicht mit erfreulicher Botschaft ent lassen.

      JV5. LIV bis LVI. Im Mai des Jahres 1230 fiel Heinrich III. in Frankreich ein, drang bis Nantes vor und liess sich in Gascognc hul digen, führte jedoch den Krieg nicht mit gehörigem Ernste. Während der Abwesenheit des Königs reisete Herzog Otto nach England hinüber, fast sollte man glauben, um als naher Verwandter und verbündeter Fürst die Regentschaft zu führen. Er landete Mitte Juli in England. Von den Feierlichkeiten des Empfanges und den Belustigungen bei Hofe sind keine Nachrichten vorhanden; jedoch hatte der König durch desshalb erlassene Befehle für die Freuden der Jagd im Walde zu Windsor und in wie ausserhalb des Parkes zu Havering-Bower gesorgt, wo die königlichen Gebäude zur Aufnahme des Herzogs eingerichtet wurden. Es scheint, dass Otto die Rückkunft des Königs, welcher am 2fi. October aus Frankreich wieder anlangte, abwartete; denn am 10. November erwirkte er von ihm für den Han del der Bürger Braunschweigs nach England, wie er ihnen schon 1228 Handelsfreiheit in Dänemark verschafft hatte, ein Privilegium in der gewöhnlichen Art und unter der Be-

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      dingung, dass sie ausser demselben einen von ihm ausge stellten Pass bei sich führten. Vermuthlich ist dies Privi legium kurze Zeit vor der Abreise des Herzogs nach Deutschland erthcilt worden.

      JVS. LVII. Bei der Menge päpstlicher Präcisten, welche zu gros sem Unwillen der einheimischen Geistlichkeit England über schwemmten, war es dem Könige Heinrich III. nicht mög lich gewesen, dem Magister Galfried, Geistlichen Herzogs Otto, eine reichliche Pfründe zu verleihen, wie er ihm 1229 versprochen hatte.. Anderthalb Monate vor dem Tode des Herzogs 1252 sieht man seinen treuen Diener in Eng land anlangen, um sich die Rückstände seiner jährlichen 5 Mark bei dem Exchequer zu holen. Der König vertrö stete ihn auch jetzt mit einer Pfründe, die er ihm verlei hen wolle.

      JVo. LVIII bis LXV. Nach dem Tode seines Vaters, des Herzogs Otto, 1252, übernahm Albert der Grosse, Herzog von Braunschweig für sich und als Vormund seiner Brüder die Regierung. An dem Kriege, welchen Sophie, Herzoginn von Brabant, eine thüringsche Princessinn, wegen der erledigten, bisher mit Hessen vereinigten Landgrafschaft Thüringen gegen Hein rich den Erlauchten, Markgrafen von Meissen, 1258 führte, nahm Herzog Albert wegen doppelter Verwandtschaft Thcil. Er war nämlich mit Elisabeth, Tochter des Herzogs Hein rich von Brabant, vermählt und seine Schwester Adelheid mit dem Prinzen Heinrich, Sohn der Herzoginn Sophie, für welchen Thüringen und Hessen gegen den Markgrafen ver- theidigt werden sollte, verlobt. Albert zog 1259 in Thürin gen ein, belagerte mit Hülfe der Hessen die Stadt Kreuz burg, nahm sie ein und bauete gegen die Stadt Eisenach

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      das Castell die Klemme, gegen die Wartburg aber die Eisenacher-Burg, die Fraucnburg und den Mittelstein. Ein Jahr nach dem Tode seiner 1261 kinderlos verstorbenen Gemahlinn Elisabeth bewarb er sich um die Hand der Markgräfinn Alaisia oder Adelheid von Montferrat, einer Nichte der Königinn Elconora von England. Zum Braut werber wählte er König Heinrich III. von England, der wegen Streitigkeiten mit den Grossen seines Reichs über ihren Freiheitsbrief sich zu der Zeit veranlasst sah, den König Ludewig IX. von Frankreich, welchen sie zum Schieds richter hatten bestellen wollen, zu besuchen. Mit ihm tra fen die Gesandten Herzogs Albert am französischen Hofe zusammen. In Gegenwart des Köuigs und der Königinn von Frankreich schloss der obschon erkrankte König Hein rich III. den Ehevertrag ab. Der Herzog hatte es dem Gutdünken desselben überlassen, den Brautschatz zu be stimmen. Ohne hierüber irgend eine Entscheidung zu er- theilen, meldete ihm der König aus St. Germain am 6. Oc- tober 1262 den Abschluss des Ehevertrages und lud ihn durch die heimkehrenden Gesandten auf Ostern des Jahres 1263 ein, nach London zu kommen, um von dort die fürst liche Braut heimzuführen. Nach seiner Rückkunft in Eng land und nach wiedergewonnener Gesundheit machte sich der König Vorwürfe, die Bestimmung des Brautschatzes, ohne die Erwartungen des Herzogs dieserhalb zu kennen, übernommen zu haben, zumal da die Finanzen Englands in sehr übeler Beschaffenheit und ein Gegenstand der Zwi- stigkeiten mit den Grossen des Königreichs waren. Er er suchte daher am 18. December 1262 den Herzog, sich deut licher hierüber zu erklären, damit Alles, was auf diese An gelegenheit Bezug habe, klar und abgemacht sei, bevor sie beide ihre Zusammenkunft hielten.

      Während dieser Zeit verweilte Herzog Albert in Däne mark, wo ihm die Königinn Margarete, nachdem sie und ihr Sohn, der junge König Erich, durch seine Vermittelung aus der Gefangenschaft des Herzogs von Schleswig befreit waren, die Vormundschaft ihres Sohnes und die Regentschaft übertragen hatte. Seine Reise nach England verzögerte

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      sich dcsshalb. Er wurde jedoch im Herbste des Jahres 1263 am englischen Hofe erwartet, wesshalb König Hein rich für die nah bevorstehende Vermählungsfeier auf dem Markte zu Winchester seiner Nichte, der Markgräfinn, eine goldene Krone für 20 Mark kaufen liess. Bald darauf, am 26. October setzte er ihr als Brautschatz, ohne dem Her zoge den Werthbetrag zu nennen, 1000 Pfund Sterlinge aus, welche er vor Ablauf eines Jahres in zwei Terminen bezahlen wollte.

      Als Herzog Albert sich endlich zur Fahrt nach England anschickte, begann der thüringische Krieg von neuem. Der Markgraf Heinrich von Meissen brach die von Albert erbauten Schlösser und nahm Eisenach ein. Statt nach England zur Vermählung zu reisen, zog der Herzog im Bunde mit den Grafen von Anhalt, Schwerin und Eberstein nach Thüringen und drang, da er wenig Widerstand fand, bis in die Stifter Nauenburg und Merseburg vor. Der Mark graf war nach Böhmen geflohen, seine Söhne aber und Rudolph Schenk von Vorgola überfielen die Verbündeten bei Besenstädt an der Elster, schlugen sie und nahmen den schwer verwundeten Herzog Albert gefangen. Ueber an derthalb Jahre wurde er seiner Freiheit beraubt und musste sich 1265 durch Abtretung der Städte Eschwege und Wizen- hausen, der Schlösser Fürstenstein, Arnstein, Bischofstein, Wanfried, der Burg bei der Stadt Oldendorf an der Werra und für 8000 Mark Silber freikaufen. Seine Macht war aber dadurch so wenig geschwächt, dass er bald darauf dem deutschen Orden gegen die heidnischen Preussen zu Hülfe ziehen konnte.

      Endlich im Spätherbste des Jahres 1266 liess sich Al bert, wie es scheint von Hamburg, nach England hinüber schiffen, und feierte zu Kenilworth, wo der König von Eng land, aus der Gefangenschaft des bei Evesham gefallenen Grafen von Leicester befreit, die ersten 14 Tage des Mo nats November mit dem Hofe verweilte, seine Vermählung. Nach der heftigsten Erschütterung der öffentlichen Ruhe in England und nach der grössteu Unordnung der Staats angelegenheiten war sowohl durch die Tapferkeit als das

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      weise Benehmen des Prinzen Eduard Frieden im Reiche hergestellt. Die ungeheuren Summen aber, welche in den vorhergehenden Zeiten verschwendet waren, konnte der Staat so bald nicht wieder ersetzen, und so sah sich Kö nig Heinrich gezwungen, nur bedingungsweise Verpflich tungen einzugehen, als er am 2. November dem Herzoge Ehrengeschenke aussetzte. Von Ostern 1267 an sollte der Herzog durch seine Geschäftsführer alle Jahr in zwei Ter minen so lange Zahlungen vom Könige erheben, bis er sich für befriedigt erklären würde; die Summe jedesmaliger Zah lung: aber sollte sich nach dem Zustande des Reiches Ena- land und des Königs richten, so dass sie bald mehr, bald weniger betragen würde.

      Die Reise nach England und sein Aufenthalt daselbst kosteten dem Herzoge grosse Summen, und da er kurz vor her sich theuer die Freiheit hatte erkaufen müssen, sah er wegen dieser neuen Ausgaben sich genöthigt, in und ausser halb London mehrere Schulden zu machen. Der König aber vergass die gute alte Sitte der Gastgeschenke nicht und schenkte ihm am 7. November zur Tilgung dieser Schul den 1000 Mark, zu deren Zahlung er die von der Stadt London als Strafe für ihre Empörung zu erhebenden Gelder bestimmte.

      Bevor der Herzog aus England schied, bat er für sei nen Edelknaben um die Ehre, dass Prinz Eduard zu North- ampton denselben mit dem Gürtel der Ritterschaft schmücke. Weil schon Alles zur Abreise bereit war und die ritter schaftlichen Ehrenzeichen in Northampton nicht vorräthig waren, musste der Hof-Garderobenkäufer auf königlichein Befehle dieselben dem Edelknaben zum Geschenke in aller Eile zusenden.

      Die Hin- und Rückfahrt zur See machte Herzog Albcrl wahrscheinlich auf einem Schiffe der seit 1258 mit ihm verbündeten Stadt Hamburg; denn am 10. November, dem Tage, an welchem er vermuthlich von England abreisete, erwies auf seine Bitten der König den Kaufleuten des Her zogs zu Hamburg die besondere Gunst, dass er ihnen ge stattete, ihre eigene Hanse für immer in seinem Reiche zu

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      haben. Im Allgemeinen hatle er schon 1260 den deutschen Kaufleuten Handelsfreiheit in England ertheilt und ihre Gildehalle in London in seinen Schutz genommen.

      Der jungen Herzoginn Alaisia oder Adelheid fiel die Trennung von allen, die sie liebten, sehr schwer. Der König, die Königinn und der Prinz Eduard wiederholten auch ihr bei der Abreise die Zusage, welche sie wegen des Brautschatzes dem Herzoge gemacht hatten.

      JYo. LXVI und LXVII. Die durch eigenen Senat regierte Stadt Lübeck hatte sich von Dänemark während der Gefangenschaft des Kö nigs Waldemar freigemacht und dem Kaiser sich unter worfen, war aber 1258 zu schwach, sich gegen den Gra fen Johann von Holstein und Schauenburg zu vertheidigen, und rief desshalb 1259 den Herzog Albert von Braunschweig herbei, indem sie dessen Schutzherrschaft anerkannte. Auf Bitten der Stadt verwandte er seinen Einfluss bei König Heinrich III. dahin, ihr Handelsfreiheit in England zu ver schaffen. Der König willfuhr der Bitte am 23. December 1266 und befahl, dass die Bürger und Kaufleute der Stadt und ihre Güter, wo sie auch in seinem Reiche gefunden würden, wegen unverbürgter Schulden nicht angehalten werden sollten. Dieses Vorzuges waren übrigens diejenigen Schuldner nicht theilhaftig, welche nicht zur Commune der Stadt gehörten, deren dieselbe also nicht mächtig war, welche auch nicht Besitzungen genug hatten, um theilweise oder vollständig ihre Schulden zu decken. Ebenso wurden diejenigen Bürger der Stadt ausgenommen, welche den Unterthanen des Königs nicht zu Rechte stehen wollten. Ferner sollten die Bürger und Kaufleute von Lübeck wegen Vergehen ihrer Diener ihre bei diesen gefundenen oder durch dieselben irgendwo niedergelegten Waaren und Güter nicht verlieren, falls sie ihrEigenthum genugsam beweisen könn ten. Der König verzichtete auf alle Prisen von ihren in sein Reich kommenden Waaren, es sei denn, dass er ihnen

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      oder ihren Dienern billigen Ersatz gleich leiste, vorbehalt lich jedoch sein Recht auf die althergebrachten, schuldigen Prisen.

      Dieses war eine wichtige Bestimmung, weil die an den fünf Häfen angestellten königlichen Beamten während der Staatsunordnung eine Art Seeräuberci trieben und willkür lich Prisen erhoben, wogegen schon 1242 nur ein Geleits brief des Königs schützen konnte.

      Jene Freiheiten ertheilte König Heinrich nur für die Dauer seines Lebens, erneuerte sie aber am 5. Januar auf so lange Zeit, als die Bürger und Kaufleute Lübecks die Herrschaft und den Schutz Herzogs Albert anerkennen würden, und gestattete ihnen ausserdem unter Vorbehalt der gewöhnlichen Abgaben, nach Art der Stadt Köln, näm lich gegen Entrichtung von fünf Schillingen, in England ihre Hanse auszuüben. Diese Vergünstigung ertheilte er aber nach seiner ausdrücklichen Bemerkung nur, so viel ihn betraf, weil nach einer Bestimmung vom 2. April 1266 festgesetzt war, dass kein ausländischer Kaufmann ohne Erlaubniss des Prinzen Eduard im Reiche England handeln sollte.

      JVo. LXVIII bis LXX. Ungeachtet König Heinrich nach dem Siege bei Eves- ham (den 4. August 1266) ajis allen Theilen Englands un geheure Strafgelder bezog, ungeachtet der Papst ihm durch seinen Legaten Ottoboni am 15. Juni 1267 den Zehnten aller geistlichen Einkünfte in England für drei Jahre be willigte, fand der König sich doch nicht im Stande, dem Herzog Albert die volle Zahlung des versprochenen Braut schatzes zu leisten. Nur 500 Mark waren darauf entrichtet. Er hatte dieselben nebst einigen Geldern für andere Zwecke von Dyncanc, Kaufmann seiner Gemahlinn geliehen und schuldete demselben davon im Jahre 1269 noch 200 Mark. Weil eine wiederholte Anweisung für diese Summe auf den Zehnten der Bisthümer Winchester und Salisburry vergeblich

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      blieb, bestimmte der König die Zahlung ans dem Zehnten des Bisthums Llandaf. Auch dieser Befehl wurde nicht im geringsten beachtet, wesshalb der König, um den Dyn- canc zu befriedigen, die Summe von seinem Kaufmanne Hugo Pope entlehnte, dann aber 1271 den Bischof von Llandaf ernstlich ermahnte, letzterem dies Darlehen zu er setzen. Ausserdem beschied er ihn, Michaelis vor ihm zu erscheinen, um über den seit drei Jahren rückständigen Zehnten der geistlichen Pfründe Rechenschaft zu geben und drohele ihm mit dem Erzbischof von York, Primas des Reichs.

      Wegen so unregelmässiger Entrichtung des ihm bewil ligten Zehnten wies der König für den Brautschatz andere Einkünfte des Reiches an, rückständige Gelder nämlich, welche ihm 1269 durch den Tod der Gräfinn Marshai heim fielen. Wilhelm Graf Marshai und Graf von Pembrok hatte seinem Bruder Richard 123l viele Besitzungen in Leinster und die Schlösser Kilkeny, Odoch, Wexford, Ros, Dumas, Katerloch, Kildare und Kerry, alle in Irland gelegen, hinter lassen; als nun auch Richard 1261 starb, erhob seine Wittwe Eleonore bei dem königlichen Exchequer jährlich als Witwengeld 40 Pfund, welche von den Erben des Grafen in Irland dem Exchequer ausbezahlt wurden. Bei dem Tode der Wittwe 1269 fand sich ein Rückstand von drei Jahren. Der König befahl, denselben bei den Erben des Grafen, wie früher, heben zu lassen und damit dem Herzoge Albert von Braunschweig auf die 1200 Mark, welche er ihm noch von dem Brautschatze schulde, eine Stück zahlung zu leisten. Es ist jedoch sehr zu bezweifeln, so wohl dass jene 120 Pfund, als auch überhaupt dass diese 1200 Mark dem Herzoge gezahlt seien.

      JVS. LXXI. Einige Kaufleute aus Lübeck und Dortmund, welche unter dem Schutze Herzogs Albert von Braunschweig stan den und als solche ihre Hanse in England zu treiben,

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      befugt waren, missbrauchten die ihnen zugestandenen Frei heiten und hatten sich auf dem Markte St. Botulphi 1272 ccsren das Gesetz in einen Handel mit Kaufleuten ans Flandern eingelassen, ohne königliche Erlaubniss ein Schiff mit englischer Wolle befrachtet und mit einem Lombarden einen Vertrag geschlossen, nach welchem sie ihm den Sack Wolle für 12 Schillinge lieferten. Ihre Wolle und ihre Waaren wurden desshalb von den Beamten des Königs mit Beschlag belegt. Die Kaufleute wandten sich darauf mit einem Gesuche an die Königinn Eleonore und diese ver mochte ihren Gemahl, die ihm davon gebührenden Straf gelder den Kaufleuten zu erlassen und den Befehl zu er- theilen, dass ihnen die 103 Sack Wolle und ihre anderen Waaren, mit Ausnahme der schon unter der Schutzmacht (auf den Schiffen) des Grafen von Flandern befindlichen, zum beliebigen ferneren Erwerb zurückgegeben und sie wegen ihrer Uebertretung der Gesetze unbekümmert gelas sen wurden.

      JVo. LXXII. König Heinrich III. von England starb am 2. April 1272. Prinz Eduard, sein Nachfolger, kam von einem Kreuzzuge nach Palästina, welchen er 1270 angetreten hatte, im Herbste 1273 nach Europa zurück, besuchte das durch ihn berühmte Tournier zu Chalons und huldigte dem Könige von Frankreich wegen Guyenne 1274; dann reiseteer nach England und wurde am 19. August zu Westminster gekrönt. Adelheid, Herzoginn von Braunschweig, hoffte bei der Nach richt seiner Rückkehr, endlich ihren Brautschatz zu erhal ten, zu dessen Entrichtung ihr Oheim Heinrich die Mittel nicht hatte finden können. Ihrem Vetter wegen seiner Rückkehr Glück wünschend, schrieb sie ihm im November 1275, erinnerte ihn daran, dass er selbst zu der bei der Vermählung ihr schriftlich versprochenen Mitgift seine Zu stimmung ertheilt habe, und bat, ihrem Gemahlc jetzt we nigstens eine Stückzahlung zu leisten, da er augenblicklich

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      derselben bedürfe. Der König würde sie gewiss bedauern wenn er wüsste, wie häufig ihr, nicht von ihrem Gemahlc dem Herzoge, wohl aber von seinen Freunden vorge rückt würde, dass noch nichts von ihrem Brautschatze be zahlt sei.

      König Eduard I. aber, welcher zu einem Kriege gegen Wales Geld brauchte und zur Erlangung desselben den Fünfzehnten im Reiche erheben Hess, mochte ihr antwor ten, dass es ihm an barem Gelde fehle. Sie schrieb ihm desshalb wieder und bat ihn bei der Liebe, welche sie zu ihm hegte, er möchte ihr sein Herz nicht verschliessen, sondern der Zusage gedenken, welche seine Eltern mit ihm zugleich ihr gegeben hätten, als sie von ihnen abrei- sete und Alle, welche sie liebte, verlassen musste. Weil jene Zusage in keiner Weise erfüllt sei, habe sie mannig fache Unwillfährigkeiten ihrer Unterthanen erdulden müssen und erdulde sie noch, wie er sich von dem Ucberbringer des Briefes könne erzählen lassen. Wenn er ihr mit ba rem Gelde nicht helfen könne, so möge er ihr, um sie nicht gänzlich zurückzusetzen, einige Einkünfte in seinem Reiche anweisen, welche sie durch ihre Gesandten jährlich beziehen wolle. Widrigenfalls werde ihr Gemahl ihr kein Witthum verschreiben, wodurch sie nach seinem Tode in grosse Bedrängnisse würde gestürzt werden.

      Um dieselbe Zeit 1276 schrieb auch Herzog Albert zwei Briefe an König Eduard I. In dem einen bat er um freies Geleit in England für einen Kaufmann aus Bremen und dessen Waaren. In dem anderen forderte er vom Kö nige Gerechtigkeit für die Bürger der Stadt Bremen, welche schon seit 14 Jahren auf ihren Reisen nach England vom Lord Mayor und den Bürgern Londons gefährdet und be einträchtiget wurden. Die Feindseligkeiten hatten damit begonnen, dass die Stadt London von Bremer Bürgern, welche sich nur für einige Zeit als Fremde in London auf gehalten hatten, Beiträge zu den Strafgeldern forderte, in welche die Stadt für ihre Empörung gegen den König ver- urtheilt war. Statt die billigen Anerbietungen der Stadt Bremen anzunehmen, hatten die Bürger von London die

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      Gesuche der letzteren an den König unterschlagen und mit Drohbriefen geantwortet. Herzog Albert bat den König, den Feindseligkeiten der Stadt London gegen die Stadt Bremen ein Ende zu machen und den Bürgern der letzteren die frühere Sicherheit in seinem Reiche zu gewähren; aber der grossen Schuld, in welcher der König sich gegen ihn befand, verschmähete er zu erwähnen.

      Ungeachtet des guten Vorurtheils und festen Vertrauens, welches die Herzoginn zu König Eduard I. hegte und des sen sie ihn aufrichtig versicherte, ungeachtet ihrer drin genden Bitten erfüllte er ihre gerechten Forderungen nicht. Denn nach dem am 15. August 1279 erfolgten Tode ihres Gemahls, welchen sie ihrem Vetter, dem Könige, meldete, erinnerte sie ihn 1280 am 8. Mai nochmals daran, wie sie ihrem verstorbenen Gemahle verlobt und zur Ehe gegeben, wie aber Dasjenige bezahlt worden sei, was ihm als ihre Mitgift versprochen war.

      Und dennoch mischte sie sich, auf des Königs Rath und Beistand honend, in die von mehreren Fürsten geführte Vormundschaft ihrer Söhne, um dieselben ihm anhänglich zu erhalten und sie von dem Einflusse anderer Fürsten zu entfernen; auch bat sie ihn desshalb, sein Wohlwollen und den daraus erwachsenden Vortheil ihre Söhne fühlen zu lassen, und bewog den ältesten derselben, Prinzen Hein rich (den Wunderlichen), seine und seiner Brüder Dienste dem Könige anzubieten.

      Im selben Jahre heirathete Herzoginn Adelheid, wel cher die Harzburg als Witthum verschrieben war, den Grafen Gerhard von Schauenburg und zerfiel mit Conrad, Bischof von Verden, ihres verstorbenen Gemahls Bruder, welchen er auf seinem Todtenbette ihr und ihren Kindern zum Vormund bestimmt hatte. Sie klagte ihn im Novem ber 1280 bei ihrem Vetter, dem Könige Eduard I., an, der selbe behandele sie und ihre Kinder so schändlich und hässlich, dass sie das Uebermass dieser Behandlung nicht beschreiben könne. Bischof Conrad sorgte übrigens nur für das Beste seiner Neffen, wenn er sie von einer nähe

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      ren Verbindung mit England, woher für sie nichts zu hoffen war, fern hielt.

      M. LXXIII und LXXIV.

      Des schon erwähnten Herzogs Heinrich (des Wunder lichen) Sohn war Heinrich, welcher wegen seiner Reise nach Griechenland und Palästina den Namen de Graecia erhielt Unter des Letzteren Söhnen zeichnete sich beson ders Otto durch Kühnheit, Tapferkeit und ritterliche Thaten aus. Er focht unter König Johann von Böhmen in Italien, hielt sich lange bei seinem Verwandten, dem Markgrafen Johann von Montferrat auf, und vertheidigte nach dessen Tode als Vormund der hinterbliebenen Kinder im Bunde mit dem Grafen von Savoyen die Stadt Asti gegen den Vice-Grafen von Mailand und Pavia.

      Heinrich, Herzog von Lancaster, früher Graf von Derby, welcher in der Seeschlacht gegen die Spanier 1350 dem Prinzen von Wales, oder dem schwarzen Prinzen, das Le ben gerettet hatte, war bei den fortwährenden Kriegen Englands gegen Frankreich auch nach Köln gekommen und hatte im Dome daselbst vor dem Markgrafen von Jülich, vielen Rittern und Knappen und im Beisein der Bürger von Köln sich gegen einen Priester über Herzog Otto am Frei tage nach Ostern 1352 geäussert. Seine Worte wurden dem Letzteren hinterbracht, waren aber durch den Bericht erstatter entstellt worden. Herzog Otto säumte nicht, sei nem vermeintlichen Verläumder einen Herausforderungsbrief zu schreiben (in welchem er sich Sohn des grossen Her zogs von Braunschweig und wegen der Erbschaftsgerecht same, welche er durch seine Grossmutter, eine thüringsche Prinzessinn, besass, Herr zu Thüringen nannte). Er er klärte die böswillig und ehrlos gesprochenen Worte des Herzogs Heinrich für Lügen und erbot sich dies mit Gut und Blut gegen ihn zu verfechten, wie es einem guten und ehrlichen Ritter gegen einen schlechten und ehrlosen Men schen zu zeigen gezieme. Der König von Frankreich solle

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      einen Platz zwischen dem Castell Guines und St. Omer oder sonst irgendwo ihnen anweisen, wo sie die Sache ausmachen wollten; auch werde derselbe dem Herzoge und den Seinen sicheres Geleit verleihen, wesshalb er nicht zögern möge. Schliesslich verlangte er von seinem Be leidiger, dass er dem Ueberbringer des Briefes Antwort unter seinem eigenen Siegel mitgäbe.

      Herzog Heinrich bat und erhielt darauf von dem Kö nige Johann von Frankreich sicheres Geleit für seine Ge sandten, welche dann in der Marien-Kirche zu Paris mit Herzog Otto und seinen Freunden in Gegenwart des Kö nigs zusammentrafen. Sie waren die Ueberbringer eines Briefes, in welchem Herzog Heinrich die Herausforderung zum Zweikampfe annahm. Den Fehdehandschuh, welchen ihnen Herzog Otto darauf hinwarf, nahmen sie nicht auf, weil sie von ihrem Herren zu weiter nichts ermächtigt waren, als den Brief zu überbringen und Bericht zu er statten. Sie kehrten daher nach England zurück. Herzog Heinrich aber verlangte nun Urlaub von König Eduard III. zu einer Reise über See, um sich von den Vorwürfen Her zogs Otto zu reinigen. Obwohl der König seinen Vetter ungern vermisste, ertheilte er ihm doch am 23. August den Urlaub auf unbestimmte Zeit und gestattete ihm, mit einem Grafen, 60 Rittern und Knappen, ihren Pferden und Harnischen frei und unbekümmert die Reise anzutreten.

      Statt aber selbst zu reisen, schickte Herzog Heinrich, welcher dem Anscheine nach überhaupt gern den Zwei kampf vermieden hätte, nochmals seine Gesandten, welche am 4. September, als dem dazu bestimmten Tage, mit dem Herzoge Otto in Gegenwart Königs Johann von Frankreich eine neue Zusammenkunft zu St. Denis hielten. Hier war fen die Gesandten im Namen ihres Gebieters dem Her zog Otto den Fehdehandschuh hin. Dies gab Veranlas sung darüber zu streiten, wer der Herausforderer und wer der Geforderte sei, bis das Kampfgericht den Her zog Otto für den Herausforderer erklärte. Nachdem der König von Frankreich die streitenden Parteien durch den König von Navarra und den Dauphin noch zu versöh

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      neu vergebens versucht hatte, beraumte er endlich den 4. December zum Tage des Zweikampfes an. Beide Her zöge erschienen am bestimmten Tage auf dem Kampfplatze, einer Wiese vor Paris, wohl beritten und gerüstet. Der Zweikampf sollte beginnen und beide hatten schon die Lanzen eingelegt, als der König sich zum Schiedsrichter anbot. Das Anerbieten wurde angenommen; der Gross- Conuetable führte die Herzöge vom Kampfplatze zum Kö nige; dieser Hess sich von beiden auf ihre Ehre treu die Worte vorsagen, welche den Streit hervorgerufen hatten, und es fand sich, dass dieselben ganz anders gesprochen, als berichtet waren. Der König erklärte nun, dass beide Herzöge sich als gestrenge, tapfere und treue Ritter be wiesen, ihre Schuldigkeit gethan und ihre Ehre bewahrt hätten; worauf beide mit einem Handschlag ihm gelobten, die Sache sich gegenseitig nicht nachzutragen.

      Ein Jahr darauf vermählte sich Herzog Otto mit Jo- landa, Wittwe des Königs von Majorca, und nach deren Tode mit Johanna, Königinn von Neapel, 1376. Durch diese Heirath wurde er Fürst von Tarrent und Graf von Azerra. Er starb 1398 zu Foggia in Apulien.

      M. LXXV. In den Jahren 1588 und 1589 hatte die für den Krieg «-egen Spanien gebauete englische Flotte einem Kaufmanne Wilhelm Lubbing, gebürtig aus Lüneburg, und seinen Brü dern, weil sie nach Spanien handelten, grossen Schaden zugefügt. Um Ersatz zu erlangen, kamen sie bei Herzog Ernst von Braunschweig und Lüneburg mit dem Gesuche ein, dass der Herzog sich bei der Königinn Elisabeth für sie verwenden möchte. Er willfuhr ihren Bitten, und die Königinn versprach ihm in ihrer Antwort, dass seinen Un- terthanen Gerechtigkeit widerfahren solle; auch wurde zu Gunsten derselben in England ein Urtheil gefällt. Auf aber malige Bitten der Kaufleute suchte der Herzog zu zwei Malen ihnen die Zollfreiheit für nicht verbotene in England

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      gekaufte Waaren zum Handel nach Spanien und Deutsch land zu erwirken, um seinen Unterthanen dadurch Gelegen heit zu crtheilen, dass sie für ihre Verluste sich schadlos machten. Neue Klagen derselben, dass ihnen weder Scha denersatz noch Zollfreihcit ertheilt sei, veranlassten den Herzog am 17. Mai 1594, die Königinn zu ersuchen, sie möge dieser hoffentlich nicht ungerechten Sache seiner Un terthanen sich selbst annehmen und dafür sorgen, dass das früher für dieselben gefällte Urtheil in Kraft gesetzt und ihnen Schadenersatz geleistet werde.

      L i t e r a e.

      C

       
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