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Heraldische Begriffe

ausklappenDie Randzone

Unterkapitel von Ikonographische Diversifizierung

Die Bordürenfelder oben und aussen bei Avignoner Bischofsammelindulgenzen, die frühestens ab Juni 1328 mit Bildfeldern, Figuren oder Schmuckrahmen versehen sein können.

Ein stehender Bischof unterhalb der Initiale ist im bekannten Material ein erstes Mal 1328 Juni 7 für Zoutleeuw nachweisbar. Hier erscheint der hl. Leonhard links unterhalb der Initiale und darunter der namentlich bezeichnete Bittsteller Johannes de Sceverstene ohne ein Bildfeld. Dieser Ablass lotet experimentell die Möglichkeiten aus, wie man die Urkundenränder in den Dienst der Historisierung stellen kann. Ein ebenso wie das Layout von Zoutleeuw singulär gebliebener Versuch ist bei 1330 September 1 für Dinant unternommen worden: Dort wird der Textspiegel von einem Schmuckband aus ausgesparten Kreuzblumen gerahmt. Die Position des Leonhard beim Ablass für Zoutleeuw wird 1332 September 1 für Zürich für den bestätigenden Bischof genutzt. Durch sein Schriftband „Ratificamus et confirmamus“ wird auf einzigartige Weise ein rechtlicher Akt im Zusammenhang mit der Indulgenz im Bild verdeutlicht.

Es ist wahrscheinlich, dass dieser Ablass für Zürich eine vorher vollzogene Entwicklung im erhaltenen Material wiederspiegelt, denn bereits einen Monat später, 1332 Oktober 15 für Lahnstein, findet sich der voll ausgeprägte Rahmentyp. Dabei wird der Bischof unterhalb der Initiale beibehalten, er findet sich auch 1333 Februar 23 für das Johannesstift in Osnabrück, 1333 Dezember 19 für für Santa Maria della Palude in Sterzing, 1333 Dezember 20 für Freiberg (Sachsen), 1334 Juni 24 für die Burgkapelle zu Stein, 1334 November 10 für Halberstadt, 1336 April 8 für Het Rondeel, 1336 Mai 6 für Mondsee u.s.f. Diese Figur scheint zunächst den ratifizierenden Bischof gemeint zu haben, doch erhält er – obwohl mit Schriftband – ab 1332 Oktober 27 für St. Jakob in Hohenberg einen Nimbus. Häufig genug ist es nicht möglich, diese Gestalt mit einem Heiligen zu identifizieren. Darüber hinaus folgt er weitestgehend der bereits für Zürich verwendeten Vorlage. Ein letztes Mal ist er im bisher bekannten Material 1337 Mai 12 für Rottweil nachzuweisen. In den 1340er Jahren verschwindet er aus dem Repertoire der Randleisten, die auch ab 1342 Jänner 2 für Fröndenberg, wohl unter dem Einfluss eines neuen Mitarbeiters in der Werkstatt der Avignoner Bischofsammelindulgenzen nach einem neuen Layout gestaltet sind.

Vergleichsweise seltener erscheinen an dieser Stelle andere Heilige – oder im Ausnahmefall der Indulgenz 1335 Jänner 11 für Kloster Burtscheid der Bittsteller Gerardus Chorus. Meist sind es die Indulgenzen, die nur einzelne Bildfelder am Rand zeigen, also keinen vollständig ausgeprägten Rahmentyp darstellen; auch da gibt es eine Ausnahme, 1332 November 2 für Niederlana. Dort erscheint an dieser Stelle im voll ausgeführten Bildrahmen die hl. Katharina; sie findet man ebenfalls im Bildfeld unterhalb der Initiale bei 1335 Juni 17 für Wels und 1340 Oktober 20 für Heilbronn. Ihre Wahl ist nicht durch ein bestimmtes Patrozinium bedingt; vielmehr ist sie wohl wegen ihrer allgemeinen Beliebtheit gewählt worden. Für zumindest drei Urkunden mit nur einzelnen Bildfeldern am Rand befindet sich unterhalb der Initiale der Patronatsheilige der begünstigten Kirche: 1333 Mai 31 ist der Täufer für die Johanneskirche des Klosters Schildesche, 1336 März 8 für Heusenstamm ist es die Patronatsheilige Cäcilie und 1337 Jänner 4 für Münnerstadt der hl. Georg für die gleichnamige Kapelle in Münnerstadt. Das Erscheinen des hl. Stephanus bei 1332 November 15 für die Georgskirche in Arnsdorf ist zumindest durch sein Vorkommen im Formular gerechtfertigt.

Ebenso wie der Bischof beim Rahmentyp der 1330er Jahre meist links am Rand unterhalb der Initiale in einem Bildfeld erscheint, sind für den Bildstreifen oberhalb des Textspiegels die Köpfe oder Büsten von Christus gerahmt von Peter und Paul nahezu kanonisch. Man findet sie auf den meisten Indulgenzen des Rahmentyps; dabei ist der Christuskopf aus der Vorlage der Christusbüste entwickelt. Zu den Ausnahmen gehören 1335 Jänner 11 für Kloster Burtscheid und 1336 April 8 für Het Rondeel, die eher an die Darstellungen der Vera Ikon erinnern. Diese Dreiergruppe kann wie bei 1332 November 2 für Niederlana um weitere Köpfe ergänzt werden; äusserst selten findet sich eine ikonographische Abweichung wie 1333 Februar 23 für das Johannesstift in Osnabrück, wo Christus als Schmerzensmann von den trauernden Maria und Johannes flankiert wird. Wie auch im Fall der Binnenfeldilluminierung mit dem Volto Santo 1333 April 5 für Lucca erweist sich diese Urkunde bei der Bordürengestaltung als Ausnahme, mit einem Gekreuzigten oben und einem liturgischen Kreuz links am Rand.

Das schon bei der Illuminierung der n-Initiale beobachtete Phänomen, dass Althergebrachtes gewissermassen als typologisches Rudiment bei Innovationen weitergetragen wird, lässt sich bei 1343 Juli 18 für S. Maria del Ponte beobachten, denn Christus, flankiert von Peter und Paul erscheinen dort als Büsten im oberen Rand. 1347 Jänner 12 für Hirsau greift die drei Büsten oben inmitten von Blattranken wieder auf, dort freilich mit dem durch das Patrozinium bedingten hl. Aurelius und nur Peter und Paul, die sich – in Ermangelung des gewöhnlich in ihrer Mitte befindlichen Christus – anschauen.

Die rechte Bordürenzone ist von der ikonographischen Belegung her etwas freier, doch kann man hier eine Häufung der Darstellung von Johannes dem Täufer feststellen (1333 Februar 23 für das Johannesstift in Osnabrück, 1333 Dezember 19 für für Santa Maria della Palude in Sterzing, 1334 November 10 für Halberstadt, 1335 Jänner 11 für Kloster Burtscheid, 1335 Juni 17 für Wels, 1336 April 8 für Het Rondeel, 1336 Mai 6 für Mondsee, 1337 Mai 12 für Rottweil u. s. f.). Je nachdem, ob man den rechten Randstreifen in ein oder zwei Bildfelder aufteilte, konnte man zusätzlich zu diesem allerorts verehrten Heiligen noch weitere aufnehmen.

Nur zwei erhaltene Urkunden in den 1340er Jahren dokumentieren den vollendeten Rahmentyp mit reichhaltiger ikonographischer Vielfalt: 1342 Jänner 2 für Fröndenberg gibt aussen je ein grösseres Bildfeld für Gabriel und Maria der Verkündigung sowie 12 kleinere für die Apostel. 1342 März 22 für Maaseyck räumt für den das Textfeld rahmenden Bildstreifen aussen je zwei und oben sieben Bildfelder ein. Als künstlerisch wohl überlegter Sonderfall hat Rahmentyp 1347 Juli 5 für Borken zu gelten; dort ist der Randstreifen zumindest um die Miniatur herum, die das Initialfeld besetzt, als architektonische Szenerie gestaltet. Wie schon bei 1333 Februar 23 für das Johannesstift in Osnabrück erscheint im oberen Bildstreifen dann Christus als Schmerzensmann, flankiert von Maria und Johannes. Weniger durch künstlerische Überlegung als durch hierarchische Platzierung ergibt sich, dass bei 1344 April 4 für Zwettl ein betender Mönch am linken Rand erscheint (sein Abt hat den wichtigeren Platz im rechten Buchstabenschaft erhalten).

Es fallen wenige Urkunden mit kompositorischen Innovationen in der Gestaltung der Randzone in den 1340er Jahren auf, doch können sie als äusserst bemerkenswert gelten: Allen voran ist es 1343 Jänner 22 für den Wiener Stephansfriedhof. Dort wird der Bildraum im Binnenfeld der Initiale zum Rand hin erweitert. Während Christus im Binnenfeld auf dem Ölberg als eigenartiger Weise stehender Beter seine einsame Hoheit präsentiert, erscheinen die Jünger links am Rand auf einem Rasenstück und überschneiden dabei die Initiale deutlich. Das Bittstellerpaar hat seinen angestammten Platz im rechten Buchstabenschaft (vgl. Petent), und ist so auf angemessene Weise vom Heilsgeschehen abgetrennt. Eine eigenartige Vermischung von sakraler und weltlicher Sphäre wird auf dem Ablass 1345 November 28 für Cividale auf einem Randstreifen präsentiert. Diese Urkunde erhält an den Aussenseiten und oben einen farbig markierten Streifen, dessen Linien oben links und rechts aussen ein quadratisches Abteil bilden. Im Linken befindet sich dort ein Weihrauch schwenkender Engel; rechts aber ist ein weiterer Engel auf dem Streifen zu sehen, die auch die Flagellanten beschreiten. An ihrer Spitze beugt sich einer mit einem Kreuz in der Hand zum Christuskind in der Initiale, das mit einer grüssenden Geste sich ihm entgegen reckt.

Solche, auch inhaltlichen Verknüpfungen von Bildstreifen und Initiale sind bisher seltene Einzelbeispiele. Ähnlich unikal ist der Architekturaufbau auf der Initiale bei 1346 September 18 für San Zoilo in Caseda, der an die Westfassade einer Kirche erinnert. Ein Baum am linken Rand lässt auf eine rudimentäre Landschaftsdarstellung schliessen. Letztlich baut auf der Idee der die Initiale überfangenden Architektur 1347 April 15 für Kazimierz auf, wo in einem aus Säulen gebildeten Raum Petrus als Bischof thront und ein Petent kniet. Doch kann hier erst nach einer Autopsie des Originals entschieden werden, ob diese Darstellung tatsächlich schon in Avignon verfertigt wurde.

1340 Oktober 20 für die Michaelskapelle in Heilbronn wird erstmals das Layout aufgegriffen, was letztlich bereits 1328 Juni 7 für Zoutleeuw mit dem knienden Bittsteller ohne ein Bildfeld probiert worden war: Am Rand aussen erscheinen hier wie auch bei 1342 April 12 für Pusarnitz, 1343 April 6 für Creglingen, 1344 Juni 27 für Baumgartenberg und 1344 November für Kloster Schildesche die Heiligen vor dem Pergamentgrund ohne Standfläche oder Bildrahmen. Sie möchten als Weg zum vollendeten Blattrankentyp zu verstehen sein, denn 1347 Jänner 12 für Hirsau zeigt, wie die vor Pergamentgrund stehenden Heiligen durch die Ranke, die runde Bildfelder für Brustbilder für Aurelius, Peter und Paul schaffen, zu einem das Textfeld umgreifenden Bordürenstreifen geeint werden.

Gabriele Bartz

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