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ausklappenU-Initiale

Seit 1329 kann man eine ikonographische Diversifizierung bei der Illuminierung von Avignoner Sammelablässen beobachten. Die seit 1328 Juni 7 für Zoutleeuw erstmals zur Illuminierung genutzte Christusbüste mit erhobenen Händen im Binnenfeld tritt zunehmend in den Hintergrund, stattdessen beherrschen Sujets die U-Initiale, die meist auf das Patrozinium der Kirche Bezug nehmen, die den Ablass erbeten hat. Beim ersten Fund einer Christusbüste (1328 Juni 7 für Zoutleeuw) wird der Titularheilige der Kirche, Leonhard, noch am Rand dargestellt (Layout). Diese Urkunde ist somit der erste Beleg für die Christusbüste und gleichzeitig der erste Beleg für die (im Grunde gegenläufige Tendenz) der ikonographischen Diversifizierung.

alternativText 1329 Oktober 24 für Benninghausen taucht erstmals eine thronende Maria mit Kind auf. Für die Forstwaldkapelle (1330 Oktober 8) sieht man zum ersten Mal eine stehende Maria mit Kind. Die Kirchen von Benninghausen und Dinant (1330 September 1) wie die Forstwaldkapelle sind Maria geweiht; demnach richtete sich die Wahl des Sujets nach dem Patrozinium. Sicher hat die Urkunde 1331 Mai 12 für St. Laurenz in Wien auch schon vor ihrer „Restaurierung“ im 15. Jahrhundert einen heiligen Lorenz – und damit den Kirchenpatron – im Binnenfeld gezeigt. Für die Marienkirche in Cembra (1331 September 15) kommen neben einer thronenden Maria mit Kind erstmals zwei stehende Heilige in den Schäften hinzu. Warum man die beiden Johannes‘ wählte (die auch in weiterer Folge zu den häufiger dargestellten Heiligen gehören), lässt sich nicht ermitteln.

Einen Sonderfall stellt der Ablass 1335 Juli 5 für Kloster Zeven) dar, wo in einem wie ein Sakralbau überdachtem Bildfeld eine Schutzmantelmadonna steht, 1342 März 27 für Pergkirchen ist es ein Martin als Mantelteiler zu Pferde. 1335 Oktober 22 für das Berner Spital kommt als Sujet für das Binnenfeld der Salvator mundi hinzu.

alternativText Mit dem Rahmentyp ergab sich eine Möglichkeit, die Bildgelegenheiten und mit ihnen die Sujets zu erweitern. So findet man im ersten erhaltenen Beispiel dieses Typs, 1332 Oktober 15 für Lahnstein, einen Gnadenstuhl in der Initiale sowie eine Marienkrönung 1332 November 2 für Niederlana. Michael bei 1332 November 15 für Arnsdorf erweitert das ikonographische Programm der Werkstatt der Avignoner Bischofsammelindulgenzen.

Zum ersten Mal wird Buchstabenschaft und Binnenfeld für eine Szene, die Verkündigung, im Ablass 1333 April 6 für das Stift Pfalzel zur Aktionsfläche. Mit der Darstellung von Heiligenmartyrien kommen weitere narrative Szenen in das Binnenfeld, erstmals 1333 August 18 für St. Lorenz in Köln. 1334 Juni 1 für St. Leodegar bei Buchsweiler findet sich erstmals der hl. Leodegar im Binnenfeld. Einen gewissen erzählenden Charakter erhält die Darstellung im Binnenfeld 1335 Jänner 15 für die Ägidiuskapelle in Aachen, wo der Benediktinermönch mit seiner Hirschkuh erscheint. Mit viel Geschick werden die in der Werkstatt der Avignoner Bischofsammelindulgenzen vorhandenen Vorlagen variiert, um den Bestellerwünschen nach unterschiedlichen Heiligen gerecht werden zu können. Diese Vorlagen wurden von verschiedenen Illuminatoren genutzt, weshalb man davon ausgehen kann, dass sie in einer Werkstatt tätig waren.

Bedingt durch die Entwicklung des Rahmentyps mit seinen den Textspiegel umgreifenden Bildleisten gerät die Lesbarkeit der U-Initiale stärker in den Hintergrund. Stattdessen gilt es, auch bei einfachen Ausführungen, die Schäfte als Bildräume zu erobern (vgl. z. B. 1335 April 8 für Wimpfen oder 1337 August 3 für Göttweig). Zwangsläufig werden die Blattwerkaussparungen dann entweder durch monochrome oder einfach gemusterte Gründe ersetzt. 1338 September 11 für das Hospital und die Kirche von S. Luca in Lucca begegnet erstmals der Evangelist Lukas (?) und ein Gekreuzigter. Die Käuferinteressen bestimmen zunehmend die Wahl der Sujets, etwa die Abbildung der Heiligen des Kirchen-, Kapellen- oder Altarpatroziniums, dabei stellt der Ablass für die Bruderschaft des Volto Santo in Lucca (1339 April 5)bisher ein Unikum dar, weil hier ein Gnadenbild abgebildet wird.

alternativText Ähnlich wie dekoratives Beiwerk sind auf den letztlich pragmatisch auf den Zweck hin illuminierten Avignoner Sammelablässen nur selten Engel zu finden: herausgehobenes Beispiel ist die nicht mehr zu datierende (1335-1340) Indulgenz für Santa Maria delle Giummare (Fragment). Dort flankieren stehende Engel, die auf Palmwedeln stehen, eine stehende Muttergottes. 1335 April 8 für Wimpfen kniet im linken Schaft, gewissermassen als himmlisches Pendant zum Petenten rechts, ein Engel. Eine interessante Vermischung unterschiedlicher Erzählwelten sind die weihräuchernden Engel zu Seiten des Gerichtschristus bei 1342 Jänner 2 für Fröndenberg: Sie übernehmen Dienste der Ministranten im Gottesdienst und behandeln so den Gerichtschristus im Binnenfeld letztlich wie ein Kultbild. Weniger radikal, weil dort die Engel in Halbfigur von oben hereinschweben, sind die himmlischen Boten 1345 April 3 für Lüttich aufgefasst.

Anfang der 1440er Jahre ist ein Innovationsschub in der Werkstatt der Avignoner Bischofsammelindulgenzen zu verzeichnen. Neue Vorlagen werden verwendet und auch die Gestaltung der U-Initiale wird überdacht. Nenkersdorf (1342 Februar 12) zeigt den Petenten im rechten Schaft über einem Akanthusblatt schwebend. 1343 Jänner 22 für die Magdalenenkapelle auf dem Wiener Stephansfriedhof bringt einen stehenden Christus mit Schriftband, das ihn auf dem Ölberg befindlich charakterisiert, die dazu gehörigen Apostel werden links am Rand gezeigt (vgl. Layout). Fortan folgen die Figuren nicht mehr ausschliesslich den bis dahin in der Werkstatt der Avignoner Bischofsammelindulgenzen strikt genutzten Vorlagen, sondern wirken wie aus einem Repertoire an Mustern jeweils neu zusammen gesetzt. Dadurch entsteht – auch durch die grössere Beweglichkeit der Figuren – eine spürbare Verlebendigung. Besonders schön ist das an den Darstellungen der thronenden Maria mit Kind zu beobachten: das Christuskind wird gesäugt bei 1343 Juli 18 für S. Maria del Ponte, steht als Kleinkind auf Mariens Schoss bei 1344 Jänner 11 für Linz, wendet sich den Flagellanten im oberen Bordürenstreifen bei 1345 November 28 für Cividale zu oder zeigt sich als künftiger Weltenherrscher mit Segenshand und Globus 1346 April 27 für Mörsdorf.

Gabriele Bartz

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Illuminierte Urkunden  (Collection)
Date:1335-06-17
Bischofsammelindulgenz (16 Aussteller) für die Pfarrkirche des heiligen Evangelisten Johannes in Wels:Die Bischöfe Salmannus von Worms (Wormaciensis), Bartholomäus von Cloyne (Clofensis), Bernardus vo...

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