Eine von der Textschrift durch ausschliessliche Verwendung von Majukeln, Grösse und/oder Hinzufügung von spezifischen Zierelementen unterschiedene Schrift, die vor allem das erste Wort / den Textanfang / die erste Zeile hervorhebt.
Zierschriften (zierschriftliche Elemente) sind ein zentrales Motiv, das Urkunden zu einem Schauerlebnis machen. Das Spektrum reicht von einfachen Formen über urkundenspezifische Formen (Elongata: z. B. 1005 August 25) bis zur Chrysographie (dem Schreiben mit goldener Tinte); z. B. im Ottonianum von 962 Februar 13.
Die Zusammenstellung, die hier versammelt ist, kann als herausragendes Hilfsmittel sowohl für die paläographische als auch für die kunstgeschichtliche Forschung gelten.
Ein Beispiel von 1248 Mai illustriert, zu welch hervorragenden Leisteungen auf dem Gebiet der Zierschriften kommen kann: das Schriftband ist von hervorragendem Fleuronnée hinterblendet. Manche Lösungen wirken wie modernes Schriftdesign (vgl. 1253 Februar 6).
Die Kanzlei Kaiser Ludwige des Bayern, namentlich der Notar Leonhard von München, hält einige hervorragende Beispiele auf dem Gebiet der Zierschrift bereit, die von künstlerischer Raffinesse nur von den Produkten der Kanzlei Karls V. von Frankreich (Charles le Sage) übertroffen werden. Formal ganz anders sind die Ergebnisse, die von den Mundatoren der päpstlichen Kanzlei in den Jahren von 1380 an geleistet wurden (Stefano de Aquila, Jeronimo de Ferentino, Barthélemy Poignare, Baptista Palavicinus).
Martin Roland