Neben Kriterien, die sich darauf beziehen, wo der Dekor angebracht ist (Initiale / Bildfeld bzw. Miniatur / Randbereich) und der Unterscheidung, ob die Darstellungen sich auf den Inhalt beziehen, gibt es auch der technischen Differenzierungen: Wurde Farbe verwendet oder nicht, wurde mit der Feder oder einem Stift gearbeitet (also gezeichnet) oder mit dem Pinsel (also gemalt).
Bei Beispielen vor 1300 überwiegt die Zeichnung, nach 1300 überwiegt die Malerei deutlich.
Die im Juni 2018 unter den gemalten Urkunden erstgereihte, markiert einen Höhepunkt, eine „Einzelminiatur“ im schönsten rheinischen Zackenstil (1258, vor), deren „Urkundencharakter“ freilich einer genauen Prüfung nicht standhält.
In den 20 Jahren von 1328 bis 1347 finden sich im Juni 2018 187 gemalte Urkunden, ein Drittel des Gesamtbestandes (nicht 674 wie angezeigt, sondern weniger, da bei lombardischen Urkunden sowohl der deutsche als auch der italienische Eintrag gezählt wird). Eine Werkstatt in Avignon, die Ablassplakate massenweise herstellt (siehe Bischofsammelindulgenzen), ist für die dichte Produktion dieser Jahre verantwortlich.
Auch die zweite „Massengruppe“, die Wappenbriefe, weist vor allem gemaltes Material auf. Ein weiterer sowohl qualitativer als auch quantitativer Schwerpunkt ist – auch wegen der ziemlich vollständigen Aufarbeitung – bei den illuminierten Produkten der Lombardei (Urkunden der herzoglichen Kanzlei) zu suchen: frühestes Beispiel derzeit von 1407 August 22.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Gruppe der Kardinalsammelindulgenzen. Sie werden mit bloss konturiertem Namen des Erstausstellers und breiten Rändern behändigt. Ab den 1470er Jahren malen unterschiedliche (vornehmlich römische) Werkstätten vielfach prunkvolle, oft dreiseitige Bordüre um den Text: ein frühes Beispiel: 1472 November 3.
Martin Roland