Universitätsarchiv Wien, UAW Cod. Med 1.4 AFM 1558-1605
[19. Februar 1570] Februarii XIX congregatio. Cum juxta proximam conclusionem facultatis scriptum de apothecariis contra Viennenses perfecissem, convocavi ad hanc diem, ut in plena congregatione scriptum illud antea perlegeretur.
Fuit autem tale ut sequitur:352
Röm. Khay. Mt. Unsers allergenedigisten Herrn hochlöblich Statthalter, Cantzler, Regenten und Räth der N. Ö. Lande wolgeborn, edl, gestreng, hochgelertt und vesst.
Gnedig und gebietundt herrn. Als wir im negst verschinen neun und sechzigisten aus allerlay nottwendigen Ursachen und bedenckhen an die Röm. Khay. Mt. unsern allergenedigisten herrn umb unserer alt hergebrachten Statuten und freyhaiten Confirmation, Vernewerung und in ain offen Diploma einleibung gehorsamist suppliciert, ist von hochgedachter Ierer khay. Mt. selbst uns diese gnedigist andtwordt ervolgt: „Ego non tantum confirmabo antiqua statuta et privilegia vestra sed etiam alia, quibus opus erit superaddam“ und darauff das Diploma privilegiorum, so wier E. Gn. negst gehorsamblich in Originali fürgebracht, gegeben und ob denselben unsern Statuten und Ier Mt. ordnung mit E. Gn. hülff vesst und steiff zu halten mündtlich zu zwayenmmallen wider bevolhen worden, darzue uns auch Ier Mt. gnedigisten beystandt zuegesagt mit disen Worten: „probo vestrum zelum, facite dilligenter officium, ego vobis non deero.“
Hierauf ist uns bissher nichts höheres obgelegen gewest als disem Ier Mt. gnedigisten willen und ordnung auss vleissigist und gehorsamist nachzukhommen, haben auch siderher darinnen nit gefeirt sondern alsvill immer die gelegenhait der Zeit und anderer umbstendt gelitten, dasselb unser furnemen ins werckh [fol. 151r] und Execution zu bringen angefangen. Derwegen in unserm newen Dispensatorio, welchs wier billich für die nottwendigist arbaitt gehalten, auss Vleissigist fürgangen, auch dasselb nun zu Endt bracht, ettlich Apoteckher examiniert, auf die Compositiones Medicamentorum mittlerweil biss generalis visitatio beschehen mug, dermassen vleissig achtung geben, das wier darinnen große Irrungen und mangl gespürt. Wie wier dann bey ainem ain unrechten Theriackh, bey ainem andern ain unechten Methridat befunden und gmainem Nutz zue guetten verpotten, auch bay andern die gleichfals also misshandlen wollen, solche unzeitige und verpottne Compositiones abgestellt haben.
Als wier nun aus solcher erfahrung vernomen, das die Apoteckher vil wider ordnung und auf aignen Nutz handlen, die Leuth überschätzen, denen Doctoribus nit allain Ieren Gehorsamb und Vleis in operatione nit erzaigen, sondern auch derselben Recept und Ordinationen zw corrigiern nit mit geringer gfahr der Patienten sich undterstehen, ettlich auch selbs practiciern und erzney aussgeben und dardurch in denen officinis, die sy allain denen gsellen vertrawn, selten selbs betretten werden, haben wier fur ain grosse notturfft gehalten,sy für die Facultet zu fordern und Ier Jedlichen besonder seine mengl und Misshandlung fürzuhalten, Sy auch derwegen nach Verlesung derer zwayen hiebeigelegten Articl A und B aus der newen khay. Constitution und ordnung in unserm Diplomate begriffen, das sy denselben Articln, sovil die Khunst belangt und gar nit anderst oder weitter als Ier Mt. selbst solchen gehorsamb erstreckht, vleissig nachkhommen wollen, mit Mundt und Handt angloben lassen.
Dieser unser billichen und gantz nützlich fuergenomenen ordnung sein fünff Apoteckher (als Inen die vermelten Articl [fol. 151v] des Diplomatis furgelesen und Insonderhait daneben anzaigt worden, das mit solchem gehorsamb, so sy uns der Khunst halben zw thuen schuldig Ieren Personen, bürgerlichen guettern und gantzer bürgerlichen Iurisdiction gar nichts benommen sey) gehorsamblich nachkhommen, aber die andern sich gantz verwidert und sonderlich Abraham Sanger (welcher von uns dreymal erfordert und khaum ainmal erschinen) und Christoff Rapp zu denen herrn von Wienn gangen, Inen solch unser begern entdeckht, dieselben wider uns aufgewidert und die andern Apoteckher, so uns vleiss und gehorsamb erhaissen, dermassen bei ermelter statöbrikhait auch mit ungrundt angeben und verhetzt, das sy dieselben nit allain Inen sondern auch der ganczen Facultet, ja auch unser von der khay. Mt. gegebnen ordnung zw schmach und Spott Ins Gefenckhauss geschafft, darmit dan die Apoteckher Iren trutz und widerspennikheit der Facultet genuegsam erwisen haben.
Was nun solchs zu gmainem frid, ainikhait der Doctorn und Apoteckher Consenns, guetter Ertzney befürderung und aller schedlichen mengl Abstellung dienen soll, khunnen E. Gn. als die hochverstendigen selbst leichtlich ermessen, so die herrn von Wienn als die Jhenigen, die ob der Apotekcher vleis und gehorsamb den Doctoribus zuerzaigen ernstlich halten sollen, Inen nit allain solche widerspennikhait gestatten, sondern auch gegen denen, so uns gebürlich gehorsamb in der khunst ohn all Ierer Jurisdiction abbruch verhaissen mit leibsstraff verfahren wolten.
Das aber wolernente herrn von Wienn sich deshalben auf ain Articl in der newen Reformation, darin Inen diss Jurament der Apoteckher zugeschriben wierd referiren, sagen wir darauff, wiewol nit ohn ist und sy selbs bekhennen muessen, das sy und [fol. 152r] andere so nit Medici sein, dieser sachen der Apoteckher khunst belangent nit erfarnhait haben, noch davon judiciern khunnen, ob ain Medicamtum recht und mit Vleis componiert, die Materien frisch und würckhlich sein, ob quid pro quo vermischt oder geirt, auch wie hoch jedes Recept taxiert werdt und dergleich und das solches Indicium je billicher peritis in arte zuesteht, Jedoch ist uns nit zwider, sovers die höher Obirigkhait also für gueth ansicht, das die Apoteckher Inen derhalb auch geschworen sein, dann solche zway Juramenta nit allein nit schedlich oder widereinander, sonder auch wol nüczlich und von nötten sein, auff das wann die Apoteckher durch unser objurgation oder straff nit coerciert werden, dest mehr auff die bürgerlichen höhere guett und leibstraffen, so uns nit gebüren sorg haben und Ier Ambt baiden thaillen vleissiger verrichten.
Was aber die Facultet Medicorum besonder antrifft, ist solches fürnemblich und zum höchsten nottwendig, allen Patienten ganntz nützlich und an andern orthen, do auch wol nit hohe Schuellen sein, breuchig, das die Apoteckher sovil die khunst belangt denen Medicis undterworffen und gehorsamb sein sollen und solches aus nachvolgundten Ursachen. Dann die Doctores der Facultet sollen in die Apoteckhen Iere Recepta schreiben, medicamenta ordinieren, dieselben nach des Patienten notturfft vleissig, zu Zeitten auch eillendt auf die oder andere weis zu praeparieren bevelhen.
Item sy sollen der Apoteckher officinas (ausser der dreyer Visitatorn, so auf die particularia Ier Acht haben) selbs offt im Jar generali Visitatione besuechen, dieselben auch, worinn sy mengl befinden reformiern, lautt obeingezognes Articls A aus dem newen Diplomate, auch hiebeygelegtes Articls C aus khay. Maximilan des Ersten der Facultet gegebnen Diplomate, welchen alten Articl die jetzig khay. Mt. nit ohn sondere bewegnus hochster noturfft [fol. 152v] halben repetiert, confirmirt und specifice auf die Facultet declariert hatt. Zw dem sollen sy als die, so Medicamtorum Compositiones und Ingredientia auch deselben Balorem verstehen, ain billiche tax aller ertzney seczen, dawider die patienten noch Jemandt ander nit beschwärdt werde, wie dann wol bissher beschehen und E. Gn. selbs wegen des Abraham Sangers und anderer Überscheczung der Facultet bevelch zuegeschickht haben.
Item die Facultet soll zw hohem gmainen nutz und abstellung viller gefahr ain gmain dispensatorium omnium medicinarum denen Apotekchern, darnach sy sich all richten muessen, fürschreiben, wie sy dann dessen bevelch und nunmallen vollendet hat. So soll auch gedachte facultet, als die es allain verstehn und judiciern khan alle errores, unnlesige Operation, vermischung oder verwechslung der Medicament und dergleichen schedliche mengl, so sich in den Apoteckhen zuetragen, erkhennen, judiciern und corrigiern, dann je die taglich erfahrung gibt, das sich vil dergleichen fähl und Irrthumb in denen Officinen zuetragen, als dann neulich auch beschehen, das pro speciebus confortativis starckhe purgantes, pro electuario unguentum und pro syrupo digestivo ain Purgiertränckl durch die apoteckher gegeben und verwechslet worden.
So erfahren wier auch darneben, das die Apoteckher nit allain aus Irrtumb solche fähl begehen, sondern auch offt selbs fürseczlich der Doctorn Recept zu ändern und zu verpessern sich undterstehen, so sy doch die qualitet der khranckhait, der Person, Complexion, Medicamentorum vires und dergleichen circumstantias weder wissen noch verstehen, wie wier dann vil neuliche exempla fürzubringen wissen und E. Gn. selbst negst ettliche dergleichen angezaigt haben. Solches alles khumbt aus khainer andern Ursach als das die Apoteckher denen doctorun khain gehorsamb erzaigen und auf sy,. als die es verstehen khain sorg haben. [fol. 155r]
Wie khan aber die Facultet Medicorum solche oberzelte und Inen bevolchne werckh treulich und nutzparlich furnemen und allen Patienten zw guettem vleissig darob halten, wie wollen wier in denen Officinis die mengl abstellen, unechte oder falsche medicamenta vertilgen, auf billiche tax und schätzung der Ertzneyen auffmerckhen und die armen Patienten, so derhalben zu uns lauffen vor der Apoteckher beschwärung und Überschatzung defendiern. Was nucz soll das gmain dispensatorium bringen, wann jeder Apoteckher auff ainen gesondern modum den Doctorn zuwider und den khranckhen zu verderben, die Composita dispensiern wolt. Daraus dan solche Ungleichait volget, das ain ainiges Electuarium oder Medicamentum in ainer Apoteckhen sterckher und gefährlicher, in der andern schwecher und unwürckhlicher, welches dem doctori unbewisst praepariert wurdt. Und in Summa, was vleis, trew, befurdernus der Khranckhen in grosser noth und khunstlicher rechter operation sollen sich die doctores zw denen Apoteckhern versehen khunne, wann bey Inen khain gelüb noch gehorsam sondern widerwertikhait, khain vleis sondern gefährliche Irrthumb, ja auch wol trutzige nachlässigkhait (wie dann aus der vergangnen handlung volget) erzaigt wurdt und sonderlich wan nun ain Apoteckher obgehörter massen bey ainem Patienten ainen groben und gefährlichen errorem begieng (wie dan dergleichen Irrthumb und fähl denen Doctoribus selbst, welche dardurch unbillicher weis gezigen werden zu schmach undt schandt raicht und die Patienten nit allain umbs geldt, welches vergeben ist, sondern auch umb leib und leben bringen khan). Soll man alsdann in solcher not erst die herrn von Wienn darinnen rath haben und bey Inen khlagen,die es doch gewiss wider zu den erfarnen [fol 153v] in arte überschickhen und dieselben davon judiciern muessten lassen?
Desgleichen, wie khunt ain armer Patient aines jedlichen uberschetzten Recept halben wider den Apoteckher ain ordenliche Clag und Process vor denen von Wienn fueren? Vill weniger aber wurdt es denen Doctoribus selbst leidlich oder müglich sein, von jedliches der Apoteckher begangnen Irrthumb fähl oder mengls wegen bey denen herrn von Wienn fürzukhomen, sonderlich weil ohnedem die Doctores gnueg mit den Empiricis, Juden und Landtfahrern zu thuen und diselben auch nach der bey denen von Wienn fürgebrachter Clag noch nit vertriben oder abgeschafft werden.
Solche und dergleichen ansehenliche auch zu gmainem nucz und aller khranckhen Personen befürderung des gsundts raichunde Ursachen sollen allain billich unser mit den Apoteckhern gepflegte handlung, do wiers auch für uns selbs fürgenomen hetten, gnuegsam approbiern khunnen. So haben wier aber über diss alles der Röm. Khay. Mt. new Constitution und Ordnung, darin solch der Apoteckher gehorsamb uns zu erzaigen so lautter und specifice ausgedruckht, das ohn Zweifel E. Gn. darwider zu disputiern niemandt gestatten, sondern uns genedickhlich dabey schüczen und handthaben werden, in gnedigem bedenckhen, das die Khay. Mt. uns wie obgemelt, nit allain die alten Statuta confirmiert sonder auch newe zu geben gnedigist verwilligt und darinen die vorigen und alten repetiert und declariert, das auch aus diesem apoteckherischen glübd der gantzen Facultet und allen Doctoribus Insonderhait nit das wenigist zu aignem nucz sonder auch zue der Patienten wolfart und befurderung des gsundts auch zu gmainer guetter ordnung alles raichen [fol. 154r] thuet, welches so wier nit so vleissig bedachten und ain guette Zeit her, was die notturfft zum hochsten erfordert, gesehen und gespuert hetten, wolten wier uns auch wol lieber fridt und Rhue machen und solcher mueh und feindtseligen arbaitt entladen. Aber wir sein mit guetem gwissen anders nichts bedacht als dasjhenige, was uns Gott selbs in unser Vocation und die khay. Mt. zu handlen auferlegen, aufs treulichist zuverrichten.
Langt derwegen hierauff an E. Gn. unser In gehorsamb vleissig und nottwendig bitten, E. Gn. wollen uns bey dem Jhenigen, was uns die khay. Mt. in der Apoteckher visitiern, examiniern, dispensiern Tax und ander Stuckhen, so allain die khunst angengig gnedigist zuegeaignet bevolchen und in diesem Diplomate confirmiert und declariert hat, auch gnedikhlich handthaben und defendiern, auch denen Apoteckhern aufferlegen, das sy sich derwegen zur Facultet, in dem so sy uns der Khunst halben zu thuen schuldig gehorsamb erzaigen und darüber (laut angeregtes Articls B aus der khay. Constitution, so nach der Apoteckherordnung aussgangen) mit mundt und handt anglüben.
Wier verhoffen darneben, die herrn von Wienn werden selbst gegen den Jhenigen Apoteckhern, so sich unsers gehorsambs verwidert und die andern unschuldiger weis also hinangeben und in schmach gebracht, mit gleicher ernstlicher straff fürgehen, sonderlich weil sy also vor einem ersamen rhat mit Ungrundt fürkhomen, als hetten wier in allen Sachen völligen gehorsamb von Inen begert, welches die Facultet nie gedacht, auch fur gewiss sagen dürffen, sy hetten denen herrn von Wienn der Khunst halben vorlangst ainen Aidt gethan, so doch solches wie sy selbs hernach andern bekhannt nie beschehen, auch nit sein hat khunnen, wie sy khain testimonium [fol. 154v] examinis von der Facultet gehabt, khan auch noch (vermug des andern Articl in der Apoteckherordnung) vor verrichtem Examine nicht beschehen. So sy nun sich nit schemen, vor gesessnem ersamen Rhatt als Ierer ordenlichen Öbrikhait solche ungegrundte wort fürzubringen und das Jhenig zu bestätten, so wissentlich anderst, Ist daraus leichtlich abzunemen, was man sonst Ieren wordten und thuen vertrawen khunn,wann sy nit auf ain statts guetts aufmerckhen der Doctorn sorg haben.
Letzlich wöllen auch E. Gn. bey denen von Wienn verfuegen, das sy die Apoteckher zw solcher Reverenz, gehorsamb und vleissiger Operation denen Doctoribus zu erzaigen ernstlich halten und nit davon selbs abwenden. Auch das sy sonst in abschaffung der Landtfahrer, Empiricorum, Juden und dergleich leuttverderber hinfüran etwas schleiniger fortgehn und auff unser anzaigen, welches zu treuisten gemaindt wierdt, fürderlich Execution und aussrichtung thuen.
Hiermit wierdt allerseitts guette ordnung und gmainer aller patienten nutz befürdert, auch schedliche Irrthumb, fähl und betrug zum fueglichisten abgestellt.
Thuen hierüber E. Gn. uns zu gnedigem Beschaidt gehorsamblich bevelchen.
E. Gn. gehorsame
N. Decanus und die Facultet Medicorum alhie. [fol. 155r]353
Hoc scriptum ita ordine perlectum a tota facultate adprobatum est, quare illud sequenti die h. e. 20. Februarii magnifico domino cancellario Austriaco tradidi, qui se mature hoc negotium expediturum promisit. Copiae hujus scripti nostri sunt in arca lit. N.
In hac congregatione proposuerunt etiam quidam d. doctores in facultate, empiricum illum Jacob Khürbiss von Strassburg, qui proxime in oculorum cura examinatus erat, multis modis hinc inde homines circumvenire et pecuniis emungere, plura etiam, quam in examine professus est attentare. Quare jussit facultas, illum ad proximam congregationem vocari sed quesitus in urbe non est inventus.
- Acta Facultatis Medicae Universitatis Vindobonensis Vol. 4, Leopold Senfelder, 1908
Notes:
Acta facultatis medicae Vindobonensis 1.4.331, in: Monasterium.net, URL </mom/AFM/1.4.331/charter>, accessed at 2024-11-24+01:00
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