Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Nr. 33, S. 129
Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Nr. 33, S. 129
Kr. 28. (zu derselben Zeit?)
Melanchthon's Bedenken über die Mißbräuche in der katholischen Kirche.
Aus der eignen Handschrift des Verfassers im gemeinschaftlichen Archive zu Weimar lieg. L. lol. 37. Kr.2. Die Blätter sind unten mit den Zahlen 44, 45, 154 und 155 versehen. Diese Zersplitterung hat in der Unkunde desjenigen ihren Grund, welcher dieses Actenbün- del vielleicht schon vor Jahrhunderten zu ordnen hatte. Sie kommt in denselben Acten leider noch öfter vor. — Das Kreuz im Anfange ist ein sicheres Zeichen, daß noch etwas zu diesem Bedenken gehörte, des sen Verlust gewiß sehr zu beklagen ist. Das erste Blatt (45) ent halt nichts als von anderer Hand die Aufschrift: „Bedencken der ge leiten der Mißbreuch halb In der Cristennlichen tirchen. 1530. Augsv.« Demnach gehörte dieser Aufsatz nach Augsburg, und zwar ohne Zweifel in den ersten Monat des Aufenthalts Melan chthon's in Augsburg. Aber wer weiß, wann diese Aufschrift dazu geschrieben ist, und wie leicht war hier ein Irrthum von Seiten des Schreibers möglich! Die Verwandtschaft mit den vorigen Be denken führt uns zu der Vermuthung, daß auch dieser Aufsatz gleich zeitig mit jenen entstand. Sollten wir irren, so ist er doch höchstens nur wenige Wochen später niedergeschrieben worden, und auf jeden Fall ist auch er als eine Vorarbeit der Augsburgischen Confession zu betrachten.
-s- meniglich weyß, das viel grosser vnd schedlicher mis, breuch In der Kirchen, christliche lahr vnd ander geistliche fachen belangend, lange zeytt gewesen. Darüber viel hoher vnd treffen, licher leut vor diser Zeit seer geklaget haben, wie sich K. M. gne, diglich wirt wissen zu erinnern, das zu Worms auss yhr M. gehaltem reychstag solcher mißbreuch viel zu samen getragen vnd yhr M. von stenden zugestaltt sind. So halt nachmals Bast <»c) Adrianus durch eyn legalen für des reychs stenden zu Nor», berg Meldung da von thon lassen, vnd vertröst, gedachte miß, breuch, so viel möglich, zu endern vnd zu bessern.
litt . März.
und ist vnter andern mißbreuchen ') der furnemist gewesen, das man fast In allen schulen, clöstern vttd tirchen wenig von hcmbtstuten christliches glawbens geprediget vnd gelart halt, son, der dem voll viel schedlicher lahr furtragen von falschen gots dienst, da durch die gewissen hoch vnd seer bcswert worden, vnd wurden menschliche satzungen, orden, Heyligen dienst, walfalten, In- dulgemien vnd ander unnötige vnd vntuchtige ding mehr vnd heftiger getrieben zu verderbung der seelen, denn was das Euan« gelium leret, ') die gewissen zu trösten, Dazu wurden teglich newe misbreuch vmbs geniess willen, newe stifftungen, newe mis- breuch der messe, newe heylgen vnd andere erdacht, ^) vnd vbeten die mönch solch Tyranney, das nicht alleyn geringe leut, sonder auch Bischöne vnd andere vrelaten dazu muszten stiller sweygen, da durch der gross vnwill erstlich wider die mönch jn viel leuten erwachsen. Denn mann weyß, wie sich die fachen von den Indulgemien erstlich zu getragen haben, welche vrsach geben von allerlei) miszbreuchen zu reden, Denn da man solch vnchristlich ding leret, wenn das geltt Ins Hecken fiel, so füre die seel gehn himel vnd ander unschickliche rede viel, nicht alleyn zu wider göttlichem wo«, sonder auch Bebst» lichem rechten, halt sich geburet, das pfarner vnd Prediger die leut von solchen sachen unterrichten, denn ob schon *) davon theyn christlicher vnterricht wcyter geschehen were, hellen solch öffent« liche lugen doch müssen vallen, vnd were christlich religio« In Verachtung thomen, so gott nicht rechte vnd bestendige lahr da<
1) vnter andern mißbreuchen) M. schrieb dafür zuerst: „vnter anderm bösen Ergerniß", durchstrich aber diese Worte und machte die obige Abänderung.
2) Nach „leret" schrieb M. zuerst: ..zu trost«, durchstrich es
aber dann.
3) An den Rand schrieb M. bei dieser Stelle: „ das christliche reli,
gion nicht viel andere gestallt hatte, denn heydnische religio« mitt so viel heylgen vnd gottern vnd bauch gott". Auch dies« Bemerkung hat W. wieder gestrichen.
4) ob schon) zuerst schrieb M. dafür: ..so".
März. II,
gegen geben hette. ') Als nu Luther dises vngeschickt pre« digen vnd auszschreyben von Indulgentien, wie ehr schuldig ge, wesen, mitt eyner turtzen lateinischen predigt gestrafft halt, vnl) doch Bebstlicher gewallt allenthalb mitt allem vleys verschonet, haben die Widersacher so hart vff yhn gedrungen mitt lateinischen und teutfchen schmeschrifften, das ehr styner meynung grund vnd vrsach halt müssen anzeygen. Darin» ehr von vielen grossen vnd wichtigen fachen solchen bericht gethan, wie man die gewissen durch glawben an Christum trösten solle, das viel gelarter vnd redlicher leut seyn lahr für christlich ^) vnd «steige geHalden und befunden) das man zu uor viel falscher vnd unrechter lahr von diesem stuk, wie man gnad vnd Vergebung der sund erlangen soll, geprediget vnd geschriben halt, so doch dises stuk In der chri- stenheit die furnemist predig vnd lahr seyn soll von der gnade Cyristj. ') So hatt auch Luther erstlich") theyne andere mißbreuch anruret, ^) sonder alleyn dieses haubtstut getrieben, welchs furnemlich nott ist zu wissen allen christen. ^) Aber die Widersacher haben nicht abgelassen, sonder für vnd für widern Luther mitt citirn, ') Bannen vnd »«schicklichen schrissten ge fochten , vnd viel mehr ^) mißbreuch erregt, vnd durch yhr eygne unschicklicheyt ^) ynen selbs eynen solchen abfall gemacht, das
1) so gott nicht — geben hette) dafür schrieb M. zuerst:
«so nicht — aussgereicht were".
2) christlich) Zuerst hatte M. „christlicher" geschrieben.
3) von der gnade Christa Zuerst hieß es: „von vordienst
Christi vnd der gnade ".
4) Nach „erstlich« schrieb M. ursprünglich: „nicht gehandelt
oder geschrieben."
5) anruret) Zuerst hieß es: „wollen anruren".
6) Aber) Diesen Satz sing M. zuerst also an: „vnd nicht«.
Beide Wörter hat er aber wieder gestrichen.
7) citirn) zuerst schrieb M. dafür: „bullen".
8) mehr) Zuerst hieß es: „ andere ".
9) Nach dem Worte: ,. vnschiklicheyt« fuhr Mel. zuerst also fort:
., mit gemeynem ". Dieß ist aber gestrichen.
112 März.
enderung ann viel orten gevolget, darinnen sich doch Luther also geHalden, das ehr vntüchtige lahr vnd vnnltige Enderung vff das hefftigest geweret halt. Denn es haben auch vor Lue »Hern etliche andere nicht alleyn der geistlichen leben, sonder viel dogmata angefochten, daraus viel grosser vnlust gevolget wehre, so Luther nicht geweret hette.
Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg (1530), ed. Förstemann, 1833 (Google data) 33, in: Monasterium.net, URL </mom/ReichstagAugsburg/46ba16fb-fb2a-4fd9-a5e7-41c0ab7dc27d/charter>, accessed at 2024-12-12+01:00
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