Charter: Illuminierte Urkunden 1336-12-29_Nuernberg
Signature: 1336-12-29_Nuernberg
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1336-12-29, Avignon
Bischofsammelindulgenz
(9 Aussteller) für das Heilig-Geist-Spital in Nürnberg:Erzbischof Guillelmus von Bar (Antibarensis) sowie die Bischöfe Alamannus von Soana (Suanensis), Ricardus von Scurschi (Cerceonensis), Thomas von Lavata (?, Lavacensis), Johannes von Terralba (Terrealbensis), Philipp von Salona (Salonensis), Raimundus von Kotor (Catharensis), Nikolaus von Karpathos (Scarpatensis) und Gorzias von Belluno-Feltre ([Feltrensis]) erteilen all jenen einen Ablass von 40 Tagen (misericorditer in Domino relaxamus), die das in der Diözese Bamberg gelegene
1337-02-24, Bamberg
Bischof Leopold von Bamberg bestätigt die vorliegende Indulgenz und fügt weitere 40 Tage Ablass hinzu.
Markus Gneiss
Source Regest:
FWF Projekt P 26706-G21 "Illuminierte Urkunden"
Bearbeitungsstand: HOCH
FWF Projekt P 26706-G21 "Illuminierte Urkunden"
Bearbeitungsstand: HOCH
Current repository:
Nürnberg, Stadtarchiv, Urkundenreihe (A1), sub dato
Nürnberg, Stadtarchiv, Urkundenreihe (A1), sub dato
- Materielle Beschreibung:
Zu Textbeginn sieben Zeile hohe, in den Schriftspiegel eingerückte Deckfarbeninitiale U(niversis); der linke Rand mit Fehlstellen (weggerissene Teile). Die Initiale als Figureninitiale gestaltet; der linke Schaft besteht aus zwei einander umarmenden Männern, einem jungen in altrosa Gewand gekleidetem mit modischen Details (Stofflappen am Ellbogen) und einem älteren, bärtigen in graublauem langen Gewand. Der rechte Schaft ist aus einem grünen, altrosa geflügelten Drachen gebildet, aus dessen detailliert wiedergegebenem Kopf, recte aus dem Maul, ein kurzer Blattfortsatz spriesst. - Im Binnenfeld ein messelesender Priester bei der Elevatio (rechts) und hinter ihm ein kniender Messdiener, der eine lange Kerze hält. Bemerkenswerter Weise ist der Messdiener als geflügelter Engel wiedergegeben. Noch bemerkenswerter, aber wegen der Kleinheit nicht ganz zu erkennen, ist die nimbierte Figur (bekleidetes Christuskind?), die auf der erhobenen Hostie steht und von einem Engel, der aus den Wolken kommt, einen Gegenstand (einen Kranz?) gereicht bekommt. Der Grund des Binnenfelds und das orthogonale Initialfeld mit quadriertem Goldgrund (Pinselgold?). Einfacher roter Rahmen mit feinen rot gezeichneten Häkchen und Blättchen an den Ecken. Die Initialen der ersten, in vergrösserter Textualis geschriebenen Zeile mit ausgesparten Blattmotiven im Binnenfeld in eckigen Initialfeldern.
- Stil und Einordnung:
Die kleinen Initialen der ersten Zeile entsprechen dem Gebrauch der in Avignon tätigen Werkstatt. Die Hauptinitiale hingegen widerspricht der dort geübten Praxis dametral und muss daher als vom Empfänger beauftragt angesprochen werden. Wir müssen die Initiale daher der Nürnberger (mittelfränkischen) (Buch-)Malerei zuordnen. Der Stil entspricht durchaus dem zeitüblichen, die Mode (etwa der Gewandlappen am Ellbogen) bestätigt die Datierung; er ist schon vorhanden, aber noch nicht so lang wie ab der Jahrhundertmitte. - Die wird durch die Miniaturen des Gundekarianums bestätigt, die - in Blöcken ergänzt - Darstellungen von Eichstätter Bischöfen zeigen. Eine stilistisch einheitliche, demnach nach 1344 und vor 1351/54 entstandene Gruppe umfasst die Bischöfe Gebhard von Graisbach bis Albrecht (Albert) von Hohenfels. Auch das Bild des Berchtold von Zollern, Burggraf von Nürnberg (1351-1365) folgt noch demselben Stil, der zwar allgemein durchaus jenem unserer Initiale entspricht, von der Mode aber einheitlich deutlich moderner ist.
- Bisher stellt diese Urkunde einen Sonderfall dar; sie hat Avignon ohne eine dekorierte U-Initiale verlassen, wohl aber mit ausgemalten Initialen in der ersten Zeile und im Textfeld. 1335 April 8 für Wimpfen zeigt eine vergleichbare Ausmalung, für die der gleiche Schreiber verantwortlich war. Die Nürnberger Dekoration ist zweifelsohne von einem professionellem Buchmaler ausgeführt worden; zu ausgefeilt ist die Ikonographie. Sie bezieht sich konkret auf die erstgenannte Ablassgelegenheit, die Corpus-Christi-Prozession an der Fronleichnamsoktav, bei der die bleibende Gegenwart Christi im Sakrament gefeiert wird. Dabei wird - anders als bei der berühmten Indulgenz für Herkenrode - nicht die Prozession, sondern die heilige Messe in den Vordergrund gerückt. Warum der Nürnberger Buchmaler aber seine U-Initiale seitenverkehrt in das Feld platziert hat, muss offen bleiben.
- Für das Heilig Geist-Spital in Nürnberg wurden zumindest vier Sammelablässe ausgestellt: 1335 Juli 6, der hier vorliegende Ablass, 1348 März 5 und schliesslich 1358 April 7.
- Martin Roland, Gabriele Bartz
Bibliography:
- http://online-service2.nuernberg.de/stadtarchiv/dosuche.FAU?sid=57FC84088=2=1 (Suchbegriffe "Ablass" und "1337").
- Bilderpracht und Seelenheil, 2019, S. 49, 52 (Gabriele Bartz), 60, 63 (Markus Gneiss), 84, 90 (Peter Fleischmann, Martin Roland), 110, 116, 137 (Martin Roland), 138 (Gabriele Bartz, Markus Gneiss, Martin Roland), 142f. (Nr. B 3: Markus Gneiss, Martin Roland), 144 (Markus Gneiss, Martin Roland), 146, 148 (Gabriele Bartz, Markus Gneiss). (Volltitel auf Zotero)
- Herrn Dr. Bauernfeind sei sehr herzlich für den Hinweis auf dieses Stück gedankt.
Comment
Arenga (Incipit): Quoniam, ut ait ... . Zum vollständigen Text der Urkunde vgl. 1337
April 29, Bamberg. Die fehlenden Textteile wurden aus dieser Urkunde
übernommen. Die vorliegende Indulgenz stellt - der Ausstattung der Initiale
entsprechend (siehe kunsthistorische Beschreibung) - ganz das Corpus Christi in den
Mittelpunkt der Ablassbedingungen. Die übliche Reihung in der Dispositio (die
einzelnen Tage, an denen der Ablass gewonnen werden kann, werden vor den weiteren
Ablassbedingungen aufgezählt) wird hier umgedreht: Nach dem üblichen
Cupientes igitur und der Nennung der begünstigten
Institution werden zunächst Frömmigkeitsübungen in Bezug auf den Leib Christi und das
Fronleichnamsfest bzw. die Fronleichnamsprozession im Allgemeinen genannt, erst dann
scheinen die einzelnen Festtage auf. Der historische Kontext macht dieses Vorgehen
nachvollziehbar, war doch Nürnberg die erste süddeutsche Stadt ohne Bischof, die um
1336/40 die Fronleichnamsprozession einführte. Treibende Kraft dahinter war der
Spitalstifter Konrad Gross, damals auch Schultheiss Nürnbergs. Dem Heilig-Geist-Spital
kam dabei eine zentrale Rolle zu, da es am Beginn der Prozession stand (vgl. Weilandt, Sebalduskirche, 2007, S. 104). Die Gebete für den Stifter des
Spitals werden ebenfalls als Ablassbedingung vorgereiht. Die allgemeinen
Ablassbedingungen werden nach der Nennung der konkreten Ablasstage allerdings
fortgeführt und betreffen die eigentlichen Zahlungen für die Kirchenfabrik und die
karitativen Tätigkeiten für die Spitalinsassen.
Markus Gneiss
Places
- Avignon
- Type: Ausstellungsort
- Bayern
- Type: Region
- Deutschland
- Type: Region
- Frankreich (Kurie)
- Type: Region
- Nürnberg
- Type: Empfängerort
Persons
- Alamannus von Soana
- Gorzias von Belluno-Feltre
- Guillelmus von Bar
- Johannes von Terralba
- Leopold von Bamberg
- Nikolaus von Karpathos
- Philipp von Salona
- Raimundus von Kotor
- Ricardus von Scurschi
- Thomas von Lavata
Keywords
- Illuminated Charters: Niveaus:
- N1: historiated
- N1: with Additional Colours
- N1: Initials
- N1: painted
- Illurk-Urkundenart:
- Bischofsammelindulgenz
Illuminierte Urkunden 1336-12-29_Nuernberg, in: Monasterium.net, URL </mom/IlluminierteUrkunden/1336-12-29_Nuernberg/charter>, accessed at 2024-12-23+01:00
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