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- Stiftsgeschichte
- Bestandsgeschichte
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Berchtesgaden, fürstliches Stift in Oberbayern (gegründet 1109), gehörte von 1803 bis 1805 nach Salzburg, mit welchem es an Österreich kam[Zuvor war es durch viele Jahrhunderte eine eigenes Reichsfürstentum - seit 1558/59 war der Propst von Berchtesgaden Reichsfürst und hatte Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat]. Seit 1810 gehört es nach Bayern.1393-1404 war dieses Stift dem Erzstift Salzburg einverleibt, seit 1437 unter dem Schutze der Herzoge von Österreich. Bei der Aufhebung 1803 wurden die berchtesgadischen Herrschaften in Österreich dem Großherzog von Toskana zugewiesen. Auch in Krems a. D. besaß das Stift schon lange vor 1401 einen Hof (zur Eisentür), desgleichen in Klosterneuburg (bis 1910 im Besitze des Freiherrn v. Helfert).
Gemäß dem Art. 10 des Preßburger Friedens vom 26. Dez. 1805 fiel Salzburg mit Berchtesgaden, das ja seit 1803 zu Salzburg gehörte, an Österreich. Die Archive wurden abgefordert und man ging sogleich daran, sie dem StA. einzufügen. Die beiden "jungen, fachkundigen" Beamten Emmert und Knechtl, die das StA. von Salzburg mit übernahm, erhielten den Auftrag, die Akten und Urkunden chronologisch zu verzeichnen und einzuteilen. Es entstand aber damals offenbar nur das bis 1300 reichende, von Knechtls Hand geschriebene Repertorium, das die Urkunden der Salzburger Kammerbücher, des Domkapitels und der geistlichen Abteilung des erzstiftlichen Archivs in einer chronologischen Reihe enthält (heute AB. 366). Denn schon 1809 wurde bekanntlich Salzburg wieder an Bayern abgetreten und durch den Friedensschluß die Auslieferung der Salzburger Archive binnen zwei Monaten angeordnet; eine diesbezügliche Weisung des Staatsarchivdirektors Hormayr erging am 6. Nov. 1809 an Knechtl nach Temesvár, wohin damals mit dem gesamten StA. auch die Salzburger Archivalien geflüchtet worden waren. Man ließ jedoch die Sache "liegen", die Auslieferung erfolgte in der Tat nicht, und als nach wenigen Jahren, 1814, Salzburg an Österreich zurückkam, war ihr die Grundlage entzogen. Im Münchener Vertrag vom 14. April 1816 beschränkten sich die Ansprüche Bayerns auf die Archivalien, die die ehemals salzburgischen Enklaven in Bayern betrafen, das waren die nunmehr bayrischen Gerichte Waging, Tittmoning, Teisendorf und Laufen sowie überhaupt das ehemals salzburgische Gebiet am linken Ufer der Saalach und Salzach. Das Archiv des nun zu Bayern gehörenden Berchtesgaden hingegen mußte jetzt natürlich fast vollständig ausgeliefert werden; hier wurden umgekehrt nur die Archivalien zurückbehalten, die sich auf die ehemals berchtesgadenschen Besitzungen in Österreich und die österreichische Vogtei über Berchtesgaden beziehen. Die "Documenta communia", die bei der ersten Auslieferung berchtesgadenscher Archivalien noch zurückbehalten worden waren, wurden im Jahr darauf auch ausgeliefert, während von den "Instrumenta communia" des salzburgischen Archivs nur Abschriften ausgefolgt wurden; Salzburger Originalurkunden wurden nur ausgeliefert, wenn ihr Inhalt ausschließlich die früher aufgezählten an Bayern abgetretenen Gebiete betraf. Die Auslieferungen erfolgten, von Knechtl geleitet, in dem Zeitraum von 1817-1821, und zwar verteilen sie sich auf die einzelnen Jahre wie folgt: 1817 wurden etwa 50 Urkunden nach München ausgeliefert, welche Verträge zwischen Salzburg und Berchtesgaden oder zwischen Salzburg und Bayern über den Salzbau am Dürnberg, die dortigen Wälder und die Grenzen zwischen Salzburg und Berchtesgaden sowie die salzburgischen Schwarz- und Zinswaldungen im oberen Saalachtal enthalten. Und zwar handelt es sich hier fast immer um bilaterale Verträge, die, wie meist das Eschatokoll selbst angibt, in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigt wurden, z.B. die Salinenverträge zwischen Salzburg und Berchtesgaden von 1198 (Salzburger Urkundenbuch Bd. 2 n. 520), 1211 (sogar drei Originale, ebenda Bd. 3 n. 648), 1585 oder 1628. Die Berchtesgadener Exemplare wurden ausgeliefert und befinden sich heute im Hauptstaatsarchiv in München, die Salzburger liegen noch heute im StA. (Rep. IX, Geistl. Abt. [AB. 384], Status 21). Ähnlich ist es, wenn z. B. die dem Salzburger Domkapitel von Berchtesgaden erteilte Bewilligung zum Salzbau zu Schozris vom Jahre 1271 in Wien blieb, während der Salzburger Revers hierüber in München liegt. In einigen Fällen, wo nur eine Urkunde vorhanden war und ist (1195 Cölestin III. an den Erzbischof von Salzburg betreffend Streit mit Berchtesgaden, 1208 Innozenz III. ernennt Kommissäre zur Entscheidung des Streites, 1365 Erzbischof Ortolf an Propst Peter von Berchtesgaden), befindet sich diese in Wien. (Reg. des StA. Z. 5/1817, Verzeichnis III.) Im selben Jahre, 1817, wurden dann auch die Hauptmasse des Berchtesgadener Archivs - 315 Urkunden (Übernahmsbestätigung vom 10. Juli) (Reg. des StA. Z. 5/1817, Verzeichnis I.) - und endlich auch noch über 30 Urkunden aus dem Salzburger Domkapitelarchiv ausgeliefert. (Reg. des StA. Z. 8/1817.) 1818 folgten noch über 50 Berchtesgadener Urkunden - die bisher zurückbehaltenen "Documenta communia" sowie 30 Salzburger Urkunden. (Reg. des StA. Z. 19/1818.) 1820 wurden 203 Salzburger Urkunden abgegeben, darunter Urkunden Ottos I. von 959, Ottos II. von 976 und Heinrichs IV. von 1062; fast alle stammen aus dem Archiv des Domkapitels (Repertorium XI = AB. 386), nur einzelne aus der Geistlichen Abteilung (Repertorium IX = AB. 384, z. B. die Urkunde Erzbischof Eberhards vom 24. Febr. 1218 über die Errichtung des Bistums Chiemsee). (Reg. des StA. Z. 16/1820.) 1821 endlich erfolgte die letzte Auslieferung von über 100 Salzburger Urkunden. (Reg. des StA. Z. 12/1821; Zettelkatalog jetzt bei Z. 72/1912.) Im ganzen wurden also etwa 370 Berchtesgadner und etwas über 350 Salzburger Urkunden augeliefert. Die ausgelieferten Urkunden der salzburgischen Archive sind in den Repertorien (VIII-XI = AB. 383-386) durch ein beigefügtes "Extradirt" kenntlich gemacht. Vom Berchtesgadener Archiv besitzt das StA. heute nur mehr einen kärglichen Rest, kaum 20 Stück (eben die die berchtesgadenschen Besitzungen in Österreich und die österreichische Vogtei über Berchtesgaden betreffenden Urkunden); im Jahre 1912 wurden 21 Urkunden - dabei aber auch einige Stücke aus dem Wiener Schatzgewölbe (Putsch = AB. 333 2. Bd. Abt. Berchtesgaden) - zur Auslieferung vorbereitet, schließlich aber nicht ausgeliefert; sie sind heute wieder in die Allgemeine Urkundenreihe eingeteilt. (Dazu kommen noch einzelne Berchtesgadener Urkunden, die ins erzbischöflich Salzburgische Archiv (Geistliche Abteilung, Nr. 21, "Stift Berchtesgaden") hineingeraten waren, wie 16. Sept. 1323 Ludwig der Bayer bestätigt die Freiheiten der Kirche zu Berchtesgaden oder Ansuchen der Erzbischöfe an die Pröpste wegen Holzaushilfe zu dem Bergbau am Dürnberg 1362 und 1365.) Im übrigen ist der am Anfang des 19. Jahrhunderts übernommene Urkundenbestand des Salzburger Archivs mit 13.042 Urkunden fast ungeschmälert im StA. Er umspannt den Zeitraum von (789) 816-1806 und besteht aus vier Abteilungen, der Politischen Abteilung mit 4921 Urkunden (Repertorium VIII = AB. 383), der Kameralabteilung mit 3522 Urkunden (Repertorium X = AB. 385), der Geistlichen Abteilung mit 1423 Urkunden (Repertorium IX = AB. 384) - diese drei Abteilungen enthalten die Urkunden des erzbischöflichen Archivs (9866 Urkunden) - und den 3176 Urkunden des Archivs des Domkapitels (Repertorium XI = AB. 386). Die Geistliche Abteilung umfaßt 31 Status, von denen in Bezug auf Berchtesgaden als besonders wichtig hervorzuheben ist: Status 21 Stift Berchtesgaden, über 200 Urkunden vom (11.) 12.-17. (18.) Jahrhundert (hier finden sich auch die Salzburger Exemplare der ausgelieferten Verträge mit Berchtesgaden; ferner z. B. 1401 Bestätigung der Rechte Salzburgs über Berchtesgaden durch König Ruprecht, 1402 Bestätigung der Inkorporation Berchtesgadens zur erzbischöflichen Tafel durch Bonifaz IX., 1496 und 1528 Angelobungen der Pröpste als "Hallinger" zum Schellenberg an den Erzbischof, 1541 Bitte der Kanoniker an den Erzbischof um Bestätigung der Propstwahl; hie und da stoßen wir auch auf ein Stück von Berchtesgadener Herkunft, vgl. S. 91 Anm. 2). Es sei nun hier an Hand der Registratur des Staatsarchivs kurz das Schicksal dargestellt, das die Berchtesgadener Manuskripte seit ihrer Einlieferung ins StA. erfahren haben. Die Berchtesgadener Handschriften, die mit den salzburgischen nach Wien gekommen waren, wurden zwecks Auslieferung an Bayern schon im Jahre 1810 - alsbald nach der Rückkehr des geflüchteten Archivs aus Temesvár - wieder verpackt und bereitgelegt, so daß sie bei der eben damals vorgenommenen Durchnummerierung der Handschriftenabteilung "Salzburg und Berchtesgaden" gar nicht mehr berücksichtigt erscheinen. Sie sind daher auch im alten Handschriften-Repertorium AB. 446 nicht mehr verzeichnet. Ihre tatsächliche Abgabe an Bayern erfolgte allerdings erst wesentlich später, in den Jahren 1818-1821. Nur von einem dieser Bände, dem alten Traditionsbuch der Abtei, besitzt das StA. heute noch eine, wenn auch unvollständige Abschrift. Es ist der Band Böhm 351, dessen Entstehungszeit Böhm ins 18. Jahrhundert verlegt, der aber, wie aus dem Geschäftsstück der Reg. des StA. 50/1813 hervorzugehen scheint, tatsächlich erst in Wien angefertigt worden ist, denn es heißt dort: "von dem liber antiquissimus ist für das hiesige Archiv eine Abschrift fertig". Der Band ist demnach als Provenienz StA. anzusprechen, und so ergibt sich, daß die Abteilung "Salzburg und Berchtesgaden" der Handschriftensammlung in Wirklichkeit niemals Manuskripte Berchtesgadener Provenienz enthalten hat.
Paul Kletler: Die Urkundenabteilung bzw. Fritz Antonius: Die Handschriftenabteilung, in: Inventare österreichischer staatlicher Archive. V. Inventare des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs. 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs. Dritter Band des Gesamtinventars. Wien: 1938, S. 89-92, 210 und 213.
Alfons Zák: Österreichisches Klosterbuch. Statistik der Orden und Kongregationen der katholischen Kirche in Österreich. Wien, Leipzig: 1911, S. 45.
HHStA, Repertorium XIV/1.