Charter: Urkunden (1058-1899) 1497 IV 20
Signature: 1497 IV 20
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[1497 vor April 20], Göttweig
Abt Mathias I. von Göttweig erstattet König Maximilian I. Bericht über die Vorfälle bei der Visitation des Bischofes Christophorus von Passau zu Göttweig.Source Regest: FUCHS, Göttweig III (=FRA II/55, Wien 1902) S. 314, Nr. 2151
Copie in Cod. 894 (rothe nr.), Pap.
Allerdurchleuchtigster kunig, allergnadigster herr! Ich bitte euer k. g. mit aller unterthaenigkeit, wollet gnaediglich vernehmen, wie und aus was grund sich die jaegersuppen mit dem bischof von Passau erhebt hat auf das kuerzeste: anfaenglich hat der von Passau ein official zu Wienn gehabt mit nahmen Kaltenmarckhter, derselbig mich gebetten seinen notario ein pfarrkirchen zu verleihen. Nachdem aber dieselbig kirchen eingeleibt ist meinem gottshaus, ist nie gemeint gewesen solche kirchen zu verleihen. Auf solches ist er bewegt wider mich und offentlich geredt, soll es ihm vill gestehen, er woll sich raechen an mir, als er dan gethan hat, wie e. g. hernach vernehmen werden. Indem hat sichs gefuegt, das mich ein gelder angesprochen hat um 100 fl., so er weillend mein verreisa hinausgelihen hat, dargegen ich mich verpfandet hab auf ein tag zu bezahlen vor demselbigen official, also am dritten tag nach den bestimmten tag das geld geschickt, den an sct. Michelstag (Sept. 29) hab ich solches geld von meinen armen leuthen allenthalben an diensten eingebracht. Alda wolts der official nit annehmen und suspendirt mich ab ingressu ecclesiae, aber der, dem solches geld zugehoeret, war content und quittirt mich und der official wolte kein anders, ich mus suspendirt seyn. Also schicke ich zu dem von Passau und erklagt mich solcher unbild. Der von Passau schreibt dem official, verechtet das und wolt sein nicht thuen, also must ich gen Rom zihen1 in hoffnung mich derer und anderer beschwaehrden zu entladen, wie e. g. hernacher vernehmen werden. Also brachte ich von Rom etliche conquest auf des von Passau leuth, die nicht klein, sondern grosen nachtheil zuzihent mein arm gottshaus in zehend dienst und sonst. Solches beklagte ich mich alles vor dem von Passau nemlich ueber ein pfleger zu Mauttern mit namen Hans Stainer. Derselbig fuehrte mir vier fueder weizen freffentlich und mit gwald weck, auch brennt er ein marchbaum bey naechtlicher weil ab, auch wolt er von des von Passau gruenden kein zehend geben es sein aeckker oder weingaerten und viel anderr beshwaehrung, die wir taeglich von ihm leiden muesen, klagt ich dem von Passau, aber ich kunt nichts erlangen, sondern das er mir zum viertenmal zueschrieb und allweg ein tag zur verhoer seczet, und so solch tag kommen, dan so stellet es der von Passau wieder ab. Darum mag e. g. die schreiber verhoeren lassen. Indem kam ich einsmals gegen Crems zu den von Passau und begehrt um end der sachen auf sein worth. Des von Passau erzcanzler mit mir redet und sprach, er wolte mir rathen in treuen, das ich den bischof einmal zu haus auf den Gottweig liede, das wurd mir grosen glimpf bringen. Ich that ihm folge. Also luede der prior den an meiner stadt, in dem schreibt mir der prior zu hand nach laut der zettel. Auf solches schickhte ich mich zum besten den bischof zu empfangen, und da der bischof einreitt, komen gleich von Sanct Gotthard 3 botten zusammen jedlicher ein besondere stras. Also blieben wir bis an den 3. tag bey einander und lies kein ungnad noch unbilliches gegen mir erscheinen, sondern dan der von Passau sprach: er hoeret vil sagens, wie ich das gottshaus verderbet. Mein antworthet [er]b(id est: ego respondi) moege das convent wohl darum fragen. Da sprach der bischof. wolte in beÿwesen mein und in der gemein fragen, wie alle sach ein gestalt haette und begehrt darauf zu fordern den convent. Es geschach! Also fragt er den convent, ob es ihr will waere, das er sich erfraget auf die sag, so er laut maehr hoeret. Der convent antworth, was mir als ihren praelaten gefiele, waer ihnen auch ebens. Als lies er sie alle ausgehen. Ich gedachte, die frag haet ein end. Aber zu morgen fordert sein gnad ausserhalb mein wissens einen jeden und begehrt zu schwoehren ein aÿd in beÿwesen vieler und ieglicher persohnen und hueb also an zu fragen beÿm aÿd wider alle ordnungen der geistlichen recht. Am 3. tag hueb er mir auf, was er dan aus der visitation geschoepft hatte, und sagt, er sehe gern, das er die sach nicht also faende, als sein gnad murbeln gehoert hatte, und sprach, er waere allein mir zu ehren und zu gut kommen, und versprach mir viel tausend ziegl und schindel von Passau zu schicken, von probst von Neueburg etliche wein, und weiter sprach sein gnad, ich haette ihm in einem vertraut, ich solt ihm auch in dem vertrauen. Also hueb er sich und gieng in ein kammer und der probst von Neuburg, auch der von Maria-Zell und ich blieben in einer stuben. Also thaet ich fragen den von Neuburg, was meines herrn von Passau begehren waere. Da sagt der von Neuburg, er begehrt die abbteÿ an mich und mit viel eintrag und pacten, der von Passau begehrt nit der meinung, das er die abbteÿ behalten wolte, sondern er wuerd mir's am dritten tag widerum geben. Indem sagt ich, ich wils ehe behalten, so er mir's wider will geben. Da sie nichts an mir kunten erlangen, sagten sie wider dem bischof. Der bischof gieng wieder aus der kammer und sprach: wie herr abbt wolt ihr uns nit vertrauen? Ich sprach: und ob ich immer die abbtey schon aufgeben wolte, das ich nicht bedacht bin, so gestatten es mein convent nicht. Also hies mich der bischof auch in die kammer gehen und sein gnad gieng mit samt den probsten und abbt zu Sanct Maria-Zell zu dem convent und bestelt vier wehrhafte maenner, die mich in der stuben verhueteten, also wolte ich aus der stuben in mein zimmer gehen. Da stiesen mich die vier hinten und wolten mich nicht heraus lassen. Indem gieng der Wolf, des von Passau pfleger, wider zu seinen gesellen, als ersah ich meinen dienner einen und rueft ihn zu mir und sprach: hais mir mein haubtmann kommen zu stunden. Bestellet der Wolf alle thuer zu verhueten und da mein haubtman mit einem knaben zu mir gehen wolte, da sties ihn der Wolf und ander. Unterdess da war der haubtmann auch darnach gericht mit seinen gesellen und trangen die von allen thueren, bis sie kamen an den gemach, da der bischof und wir bey einander waren und hueben da an stuermen. Der bischof erschrack und floh in ein kammer und stuben. Also lies man den haubtmann in das churhaus zu mir und redeten genug mit einander. Wie sich der bischof bedacht und hueb zu ruffen: herr haubtmann, etlichmal, indem meldt sich der haubtmann. Der bischof sprach: was begehrt ihr, soll ich euer gefangener seyn? Ich habe meines herrn begehrt, will euer gnaden was thaeting, mit ime mag euer gnaden herausgehen. Da sprach der bischof: bin ich sicher und all die mein? Der haubtman sprach: ihr seyd sicher. Der bischof wolt ihn nit vertrauen und begehrt mich zu hoeren. Also meldete ich mich und sagte ihn mitsamt den haubtmann sicherhait zu. Also gieng der heraus und nahm mich beÿ der hand und sagt, wie solches nit sein will gewesen seÿ und wolt die sein darum straffen. Da hueb der haubtman an und sprach: ich meint, ich waere haubtmann hie zu Gottweig, so ist euer gnaden haubtmann und wolt sie alle in gluebd genommen haben. Also begehrt er an dem von Passau ain verschreibung laut der abgeschrift.2 Demnach hueben wir an zu essen. In der zeit kame aber der haubtmann mitsambt den pfleger und sprach: gnaedige herrn, ob jemand beleidiget waere worden in der aufruhr geistlicher, darum kommen wir in den pann, warumb so bitten wir euer gnaden uns zu absolviren. Also fraget der von Passau an den andern tischen sein kanzler und capellan, ob jemand bluthrinst waere. Die sagten: nein. Da hueb der von Passau offenbarlich sein hand auf und absolviret uns alle. In dem liefen sie im frieden weck der mehrere theil. Derowegen kam der Kaltenmarckhter und wolte sich an mir raechen und seczt etlich meiner herren, der regenten zu Wienn drein oder unsere sach in sonderheit auf ein orth, das nit zu schreiben und nimmer zu mir bracht soll werden. Also werd ich solches erinnert und rueff meine herrn die regenten um ein verhoerstag, wolt mich selbst verantworthen, als ichs dan ob gott woll gethan hab. Aber der Kaltenmarckhter, der wolt sein nit gestehen und laugnet. Da sagt [ich]b ihm etliches unter die augen, was er geredt hat. Als schreibt der Khaltenmarckhter dem von Passau. Der von Passau lies brief wider mich anshlagen zu Crems, Stain und Mauttern und citirt mich und haelt mir meine munich wider ihrer seel heyl auf und fuerdert in ihr bosheit, das sie umlaufen, wo sie wollen, daraus nit klein, sondern gros spott, schand und laster erstehet und mich und mein convent der kirchen monathlang zeit entbehrt wieder alle billichkeit und ungeschafft von e. k. g., auch von regenten bishero verachtet. Das ist mein hohe beschwaerde, bitt darauf e. k. g. mit aller unterthaenigkeit und durch gottes willen wolle mit gedachten von Passau schaffen, das er mir den Kaltenmarckhter zu recht halte, auch sein gnad solche schwehre zehrung, so ich deshalben gegen Insprug3 und her gethan habe, widerkehr und abtrage zusambt dem spott und nachtheil, so ich der sachen halben nit klein genommen hab. Solches wil ich mitsambt meinen convent alle zeit gegen gott willkuehrlich und gern verdienen und um e. k. g. lang leben und glueckseligkeit treulich bitten.||
E. g. demuthiger caplan Mathias, abbt zum Gottweig.
E. g. demuthiger caplan Mathias, abbt zum Gottweig.
Source Fulltext: FUCHS, Göttweig III (=FRA II/55, Wien 1902) S. 315-319
Comment
Vgl. nr. 2143. Die von Hormayr aufgestellten einseitigen Behauptungen (Taschenbuch N. F. 1, 112 f.) finden durch diesen Bericht die nothwendige Ergänzung und Klärung. Der ganze Sachverhalt wird durch Vergleichung beider Berichte in ein wesentlich anderes Licht gestellt.Language:
Notes:
1 nr. 2117.
2 Diese Verschreibung, welche in Abschrift dem Kaiser übersandt wurde, ist verloren und darum ihr Inhalt nicht bekannt.
3 Diese Reise ist in der Rechnung v. 1497 verrechnet: auf meines g. hern rais zw unserm hern kunig gen Insprugkh verzert 40 lb. d. Sie inuss zwischen dem 3. Jänner und 20. April 1497 angesetzt werden, da der Abt vor derselben am 3. Jänner 1497 (erichtag vor trium regum) wegen des Kaltenmargkhter eine Reise nach Wien machte (Kosten derselben = 20 lb. d.) und nach derselben am 20. April 1497 (am phinstag nach iubilate) abermals nach Wien reiste, wo er fast vier Wochen verweilte (Kosten = 20 lb. d.). Da aber diese zweite Reise nach Wien in obiger Beschwerdeschrift nicht erwähnt wird, so ist anzunehmen, dass ihre Verfassung vor den 20. April 1497 fällt und etwa in den Monat April verlegt werden kann.
a Statt vorfahr.
b Ergänzt.
Places
- Göttweig (GB KR)
- Innsbruck (GB I)
- Klosterneuburg (GB KN)
- Krems (GB KR)
- Mautern (GB KR)
- Stein (GB KR)
- visitation
geographical name
- churhaus
- Regular Form: Churhaus (?) im Stift Göttweig
Persons
- Christoph von Schachner, Bischof von Passau (1490 - 1500)
- Hans Steiner, Pfleger des Bistums Passau in Mautern
- Kaltenmarkter, Offizial des Bischofs von Passau in Wien
- Kanzler des Bischofs von Passau
- Kleinmariazell (GB BN)
- Matthias I., Abt des Benediktinerstifts Göttweig (1489 - 1507), Aussteller
- Propst des Augustiner-Chorherrenstifts Klosterneuburg
- Wolf, Pfleger des Bischofs von Passau
Göttweig, Stiftsarchiv, Urkunden (1058-1899) 1497 IV 20, in: Monasterium.net, URL </mom/AT-StiAG/GoettweigOSB/1497_IV_20/charter>, accessed at 2024-11-22+01:00
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