- Stiftsgeschichte
- Bestandsgeschichte
- Editionskritik
- P. Marian, Geschichte der ganzen österreichischen, weltlichen und klösterlichen Klerisey beyderley Geschlechts. Aus den Sammlungen Josephs Wendt von Wendtenthal.- Wien, Schmidt 1780-88.
- Antonius Boczek, Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae. Olomucii 1836-1903.
- Link, Annales Zwetlensis.
- Monumenta Boica
- Abschriften von Hieronymus Alram OPraem
- Zur Person Theodor Mayers
Das Prämonstratenserstift Geras ist eine Gründung der Grafen von Pernegg. Für die Entstehung dieser Institution waren um die Mitte des 12. Jahrhunderts zwei aufeinanderfolgende Generationen verantwortlich. Der Beschluss, ein Kloster zu gründen, geht auf Ulrich I. von Pernegg zurück, aber erst sein Sohn Ulrich II. setzte diesen schließlich um. Nachdem der Stiftungsbrief verlorengegangen ist, ist das genaue Gründungsjahr nicht zu eruieren und wird - einer Haustradition entsprechend - mit 1153 angenommen.
Es entsprach der Sitte des Prämonstratenserordens, mit jedem neu gegründeten Männerkloster auch ein Frauenkloster zu errichten. Waren diese beiden Einrichtungen zunächst räumlich vereint, so entschloss man sich ab dem fortlaufenden 12. Jahrhundert, Frauen- und Männerkonvente räumlich voneinander zu trennen. Geras wurde von der böhmischen Abtei Selau, das zu Geras gehörende Frauenkloster Pernegg vom ebenfalls böhmischen Launevic her besiedelt. 1188 wurde Geras zu einer selbständigen Abtei erhoben. Den Nonnen von Pernegg wurde ein vom Geraser Abt bestellter Propst vorgesetzt, dem eine Meisterin (später Priorin) zur Seite stand. Im Jahr 1188 übergab Eckbert von Pernegg seine Stiftung der Gewalt Bischof Theobalds von Passau. Damit wurde Geras ein passauisches Eigenkloster.
Aufgrund ihrer exponierten Grenzlage hatten beide Klöster - Geras wie Pernegg - gleichermaßen unter Grenzstreitigkeiten, Thronwirren und Fehdewesen zu leiden. Beide Häuser wurden mehrmals in ihrer Geschichte niedergebrannt und geplündert. Im 15. Jahrhundert wurden sie des öfteren Opfer der Hussiteneinfälle. Als eines der Hauptprobleme kristallisierte sich im 16. Jahrhundert, nicht zuletzt durch die allgemein herrschenden religiösen Unsicherheiten, der immer bedrückender werdende Nachwuchsmangel heraus. In Pernegg kam es 1585 sogar zum vollständigen Aussterben der Nonnen. Pernegg wurde daraufhin von Geras aus mit Chorherren beschickt und damit zu einem Männerkloster umfunktioniert. Besonders schlimm waren die Auswirkungen des 30-jährigen Krieges auf Stift Geras, das mehrmals geplündert und niedergebrannt worden ist. Dabei ging unter anderem auch ein bedeutender Teil des Urkundenbestandes verloren. Die Wiederaufbauarbeiten begannen bereits während des Krieges (1625), und es gelang in jahrzehntelangem Bemühen, dem Kloster wieder eine stabile wirtschaftliche Grundlage zu geben. Ausdruck des Aufschwunges war der barocke Ausbau im 18. Jahrhundert, welcher untrennbar mit den Namen des Architekten Josef Munggenast und des Malers Paul Troger verbunden ist.
Die kirchenpolitischen Reformen des aufgeklärten Absolutismus unter Kaiser Joseph II. brachten das Ende der Pernegger Chorherren. Das Stift Pernegg wurde per 25. August 1783 aufgehoben. Das Stift Geras musste nunmehr die seelsorgerischen Aufgaben Perneggs mit übernehmen. Das Klostergebäude selbst blieb leer und verfiel immer mehr. Die napoleonischen Kriege und die mit ihnen verbundenen Silberablieferungen sowie die Geldentwertung lasteten schwer auf dem Kloster. Parallel dazu war seit dem Ende des 18. Jhdts. auch eine zunehmende Verweltlichung des Klosterlebens zu bemerken. Die Bischöfe von St. Pölten versuchten das Klosterleben zu reformieren und die materielle Misere - 1827 hatte das Stift über 76.000 Gulden Schulden - in den Griff zu bekommen. Bis 1850 wurde die weltliche Verwaltung des Stiftes vom Melker Abt wahrgenommen. 1854 entschied Kaiser Franz Josef, dass das Stiftungsgut des aufgehobenen Klosters Pernegg dem Stift Geras intabuliert werden sollte. Die Äbte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellten die für den Prämonstratenserorden traditionell strenge Klosterdisziplin wieder her und führten das Kloster auch wirtschaftlich sehr korrekt. Das leerstehende und verfallene Klostergebäude von Pernegg wurde renoviert und einer Schwesternkommunität zur Verfügung gestellt. Die politischen Umwälzungen des Jahres 1918 und die damit verbundenen ökonomischen Schwierigkeiten gingen auch an Geras nicht spurlos vorüber. Die wirtschaftliche Stabilität des Stiftes wurde durch die zunehmende Geldentwertung und durch die geleisteten Kriegsanleihen schwer erschüttert. Während des 2. Weltkriegs wurde das Stiftsgebäude 1940 beschlagnahmt und als ein Umsiedelungslager verwendet. Der Konvent war gezwungen, das Kriegsende in einer Schule zu erwarten.
Das Stift Geras präsentiert sich heute, 850 Jahre nach seiner Gründung, als ein vitales und hochaktives Stift, das die Zeichen der Zeit erkannt hat. Als ein Kunst- und Bildungszentrum hat sich das Stift den Ruf des „größten Kreativzentrums Europas“ erworben. Die in den 90er Jahren von Geras gegründeten Priorate Fritzlar (Hessen/D) und Itinga (Bahia/Brasilien) gehören heute nicht mehr zu Geras, da Fritzlar 2010 aufgelöst und Itinga zu einer unabhängigen Kanonie umgewandelt worden ist.
Die Urkundenreihe des Stiftes Geras beginnt mit dem Jahr 1188 und reicht bis in die unmittelbare Gegenwart (1992). Trotzdem ist davon auszugehen, dass der heute erhaltene Bestand nur einen Bruchteil der Urkunden darstellt, die das Stift Geras besessen hat. Das Kloster wurde im Verlauf seiner Geschichte des öfteren geplündert und nachweislich im 13. und im 17. Jahrhundert vollkommen zerstört. Die Stiftungsurkunde dürfte bereits im Jahr 1240 nicht mehr vorhanden gewesen sein.
Eine erste Bestandsaufnahme des Stiftsarchivs lieferte der Geraser Chorherr Hieronymus Josef Alram (1754-1825). Er verfasste u.a. sowohl eine dreibändige Stiftsgeschichte von Geras als auch eine zweibändige über Pernegg. (Werke: Die Analen Alrams, 3 Bde. Manuskript, Stiftsarchiv Geras; Geschichte des Stiftes Pernegg, Manuskript, 2 Bde. Bis 1783; Geschichte der Pfarre Eibenstein aus Urkunden des Stiftgeraserischen Archives, 1801).
Im Jahr 1849 veröffentlicht der Melker Bibliothekar Theodor Mayer eine erste Edition der Geraser Urkunden. Die Zusammenstellung umfasst 44 Urkunden des Zeitraumes zwischen 1188 und 1416. Die erfassten Urkunden sind im Volltext abgedruckt, die meisten mit Kopfregesten versehen.
Helmuth Feigl fasste den gesamten Urkundenbestand von Geras in 358 Kopfregesten zusammen, wobei er sich bis auf wenige Ausnahmen auf Originalstücke stützte. Diese Zusammenstellung deckt die Zeit zwischen 1188 und 1992 ab. Die Arbeiten Mayers und Feigls ergänzen einander. Es fehlen Feigl im Zeitraum zwischen 1188 und 1416 15 Urkunden, welche Mayer 1849 beschrieben hatte. Andererseits hat Feigl im selben Zeitraum 75 Urkunden erfasst (Originale), welche bei Mayer fehlen.
In der MOM Datenbank wurde diesen Umständen insofern Rechnung getragen, als die oft rudimentären Kopfregesten Mayers - wo dies möglich war - durch jene von Feigl ersetzt worden sind. Wo dieses geschehen ist, verweist ein Zitatfeld auf diesen Umstand. Der wiedergegebene Volltext der Urkunde stützt sich auf die Edition Mayers.
Bedingt durch oftmalige Zerstörungen weist der Geraser Urkundenbestand heute nur mehr einen Bruchteil der ursprünglich vorhandenen Urkunden auf. Trotzdem ist das Stiftsarchiv für die Periode der Frühen Neuzeit als durchaus reichhaltig zu bezeichnen. Das von Helmuth Feigl erstellte Inventar des gesamten Stiftsarchivs ist online unter kirchenarchive.at abrufbar.
Mit dem Erscheinungsjahr 1849 gehört die Edition der Geraser Urkunden von Theodor Mayer zu den ältesten ihrer Art. Diesem Umstand muss bei seiner Verwendung stets Rechnung getragen werden, da Mayers Zusammenstellung von modernen Editionen in Stil und Erfassungsart wesentlich abweicht. Die Kopfregesten, welche den meisten Urkunden vorangestellt wurden, bestehen oft nur aus wenigen Worten und erfassen den Inhalt der betreffenden Urkunde nur unvollständig und oberflächlich. Von den 44 behandelten Urkunden sind jene 32, welche Mayer im Original zu Verfügung hatte, im Volltext abgedruckt. 9 Urkunden sind nur durch ein Kopfregest vertreten. Bei diesen stützte sich Mayer auf bereits vorhandene kopiale Überlieferungen in:
Bei der Wiedergabe der Urkundentexte trifft man immer wieder auf eine recht willkürliche Handhabe. Bei der Nummer XL (S. 50), die Mayer im Original vorgelegen ist, beginnt er im Stil einer Volltextwiedergabe, wechselt aber dann mitten im Text zu einer inhaltlichen Paraphrasierung. Diese setzt sich aus Bruchstücken des Originaltextes und eigenen Formulierungen zusammen, wobei diese Teile äußerlich - etwa durch Art oder Größe der Buchstaben - nicht unterschieden werden. In der Anmerkung stellt er dem Benutzer die rhetorische Frage: „Wozu solche Sachen ganz abdrucken?“ Ganz ähnlich verhält es sich bei Nummer XLIII. (S. 51), wobei hier die kopiale Quelle ungenannt bleibt. Die letzte Nummer (XLIV, S. 52) gilt als Anhang und beinhaltet einen Auszug einer Urkunde, welcher er „weiß nicht wo“ nur unvollständig abgeschrieben hat.
Ergänzend zur Edition Mayers, die wahrscheinlich auch mit dem Umstand verbunden ist, dass zur Zeit ihrer Entstehung die Wirtschaft des Stiftes Geras von Melk aus administriert wurde, wurden Kurzregesten verwendet, die von Helmuth Feigl (Niederösterreichisches Landesarchiv) im Rahmen der Neuordnung des Stiftsarchivs angefertigt wurden. Diese, ursprünglich als reine Findhilfen gedacht, können auch im Rahmen der vorliegenden Datenbank nichts anderes sein, als das. Ihre Funktion kann daher nicht als allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügend angesehen werden, sondern als bloße Hilfe bei der Auffindung der Originale sowohl digital in vorliegender Datenbank als auch physisch im Stiftsarchiv. Als solche, aber auch als Grundlage für weitere Bearbeitungen, können sie daher durchaus nützliche Dienste erweisen.
Theodor Johann Mayer wurde am 2. Februar 1788 in Wien geboren. Seine Einkleidung erfolgte am 1. Jänner 1806 und seine Profess nahm er am 5. Februar 1809. Seine Primiz feierte er am 22. Juni 1810. Mayer war Professor am Stiftsgymnasium Melk und unterrichtete Griechisch und Latein. Seine Lehrtätigkeit nahm er auch an den theologischen Hauslehranstalten von Melk (Kirchengeschichte) und Göttweig (Moral) und an der bischöflichen Lehranstalt in St. Pölten wahr. 1825 wurde er Direktor des Stiftsgymnasiums in Melk und war maßgeblich an dessen Umgestaltung zu einer 8-klassigen Schule beteiligt. Seit 1817 stand Mayer der Melker Stiftsbibliothek vor, deren Leitung er 1860 Ignaz Keiblinger übertrug. Des weiteren war Theodor Mayer Ehrenmitglied des Kärntner Geschichtsvereins. Er verstarb am 2. Juni 1861 in Melk.
(Quelle: Österreichisches Biographisches Lexikon (Wien 1975) Bd. 6, S. 1-2.)