• Materielle Beschreibung: 
  Litera cum filo serico (Bulle im engeren Sinn) mit Initiale M(artinus) mit nicht besonders präzise ausgeführten vor allem floralen Aussparungen, mit Papstnamen in Zierschrift, die Lombarden-Formen verfremdet, und dem Rest der ersten Zeile in Elongata-artiger Zierschrift, mit cadellenartig erweiterten Schäften der langen "s" in der ersten Zeile. Bei allen Dekorformen, vor allem aber über dem Papstnamen, als Fadenfortsatz links der Initiale und über der Lombarde A(d perpetuam) graphischer Dekor (Fadenranken in Medaillonsform). Skriptorenvermerk mit Fleuronnée.
• Stil und Einordnung: 
  Der Skriptor Johannes Stalberg (siehe unten) ist in der Sammlung "Illuminierte Urkunden" bisher unter anderem mit einer frühen Urkunde von 1405 Jänner 13 vertreten, deren Dekor abgesehen von der Tatsache, dass auch dort der Skriptorenvermerk mit Fleuronnée dekoriert ist, keine Vergleiche zulässt, mit einer schmucklosen Littera cum filo canapis (1418 Juli 27), deren Skriptorenvermerk jenem der hier besprochenen Urkunde von der Schrift und vom Dekor unmittelbar vergleichbar ist und keinen Zweifel lässt, dass dieselbe Hand tätig war, und mit einer Littera cum filo serico von 1422 Juli 29, deren Dekor schon in vielen Dingen gut vergleichbar ist.
• Die Reihe an Urkunden zeigt anschaulich, wie sich der Dekor des Skriptors entwickelt. Die Urkunde von 1422, die schon Vorstufen zu den hier auftretenen bemerkenswerten Medaillons zeigt, macht einsichtig, wie der Dekor in das Umfeld der (Zier-)Schrift und der Initialen ausgreift und damit Tendenzen wiederbelebt, die aus der Kanzlei Papst Bonifaz IX. in den 1390er Jahren wohl bekannt sind. Auf demselben Niveau wie die hier behandelte urkunde ist bereits ein Stück von 1422 Juli 29.
  Charakteristisch sind die nachlässigen Aussparungen im Buchstabenkörper. Die Blattformen wirken amorph und und unsauber. Dies steht in erstaunlichem Widerspruch zu den sorgfältig und mit feiner Feder gezeichneten Fleuronnée-Formen, die grossformige Perlenreihen zeigen, wie bei der J-Majuskel des Skriptorenvermerks der hier behandelten Urkunde, bei den Oberlängen der langen "s" der Urkunde von 1422; dieses charakteristische Motiv tritt dort auch beim Besatz im Binnenfeld der Hauptinitiale und beim Skriptorenvermerk auf.
  Wie genau man beim Vergleich von Motiven ist, macht eine Urkunde von 1424 Jänner 18 deutlich, die beim Skriptorenvermerks, sehr verwandte stilistische Züge zeigt (Link). Diese Littera cum filo canapis wurde freilich von einem anderen Skriptor, Johannes de Montemartis, mundiert.
• Martin Roland

• Nelissen, Roegiers, Van Mingroot, Stichtingsbul, 2000. (Volltitel auf Zotero): https://books.google.at/books?id=X5Ju16j5O40C
• http://www.flandrica.be/flandrica/items/show/457 (mit Link zu Digitalisaten)
• http://abs.lias.be/Query/detail.aspx?id=636173

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