Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus, Nr. 197. , S. 26
197.
1436, April 30. bis Dezember 21.
Des Grafen von Toggenburg Tod und die nächsten Folgen dieses Ereignisses.
A. Aug der sogen. Klingenberger Chronik (Henne S. 226.)
Anno d. MCCGGXXXVj an dem mai abent«) starb Graff Frid- rich der hindrostl) von Toggenburg, mit dem ward schilt vnd helm begraben, vnd was der mechtigost von Toggenburg an lüt vnd land, der vnder sinem geschlecht je was gesin.
It. derselb von Toggenburg hatt sich fast gesetzt wider die herr- schaft von Oesterich, vnd hat doch der mertail, was er hat, von derselben herrschafft.
It. er was burger ze Zürich XXXVj jar gesin, do er starb, vnd hat mit der von Zürich hilff dem Hertzogen vil lüt vnd land abge brochen, das er mit gewalt inn hat.3)
1) 30. April. l) letzte. 3) Als Herzog Friedrich 1415 in die Reichsacht erklärt wurde, gewann Graf Friedrich die Grafschaft Feldkirch und das Rheinthal.
n
It er war burger ze Zürich vnd landman ze Schwitz nach sinem tod fünf jar, mit sinen lüten vnd mit sinem land, es war sin pfand oder sin aigen.
It er war ain vnfridlich man vnd sinen armen lüten ain herter herr, wan er straft si an lib vnd an guot, si wärint sin pfand oder aigen, vnd hatt kain erbermd 4) über sine armen lüt, was guot an traf, wan er was daruf genaigt. Wo er guott wisst, da was kain erbermd vnd half och kain bitt. Also tat er den sinen grossen trang an, vnd hat si och in grosser meisterschafft, als sich das nach sinem tod bewisst; doch hatt er die sinen sunst in guotem frid vnd schirm vor andren lüten.
It. der selb von Toggenburg hatt in pfandwisse inne, das alles der herrschaft von Oesterreich war, diss nachgeschrieben herrschaften: die graffschafft mit aller zuogehörd, Veldkilch, Ranggwil, Walgöw, Bregenzerwald, Montfort, Torrenbüren, Foussaich. 6)
It. die herrschaft ze Rinegg mit aller zuogehörd, Altstetten vnd das Rintal.
It. die graffschaft ze Sangans mit aller zuogehörd. It. die herrschafft ze Frödenberg.G) It. die herrschafft ze Nidberg. 7)
It. die herrschafft ze Windegg, Walenstatt, Wesen, vff Ammon, den Gastern vnd was ze Windegg gehört.
It. diss nachgeschrieben was als ») sin aigen: Tafas, Brätti- gow, Maienfeld, Marschlintz, Vtznach, Grynow vnd die Obermarch, Liechtenstaig vnd das Turtal, Starchenstain,9) Sant Johannertal1ü), Lütenspurg, ßatzenhait vnd das Neckertal. Diss alles hat er inn für sin aigen guot.
It. als nun diser von Toggenburg gestarb, da hat er sin wib, die was ain geborne gräfinn von Mätsch ") zuo ainem erben gemacht über als sin guot vnd über land vnd lüt, wan er nit näher erben hatt, vnd hatt das getan bi sinem lebendigen lib vnd etwa menig 12) jar vor, ee er gestarb, vnd hatt och dess vrlob vnd bestätung von dem Römischen kaiser. Aber do er gestarb, do sprachent die
*) Erbarmen. 5) Dornbirn, Fussach. 5) Freudenberg bei Ragaz. ') bei Mels. ») alles. 9) Burg oberhalb Starkenbach. 10) der oberste Theil des Toggen- burgs. ") im Etschlande. ") manches.
18
herren darin vnd meinten, si söltint dess von Toggenburg erben sin, wan si jm zuogehortint von sibschaft13) wegen, dess sich aber die von Toggenburg »*) wart,16) vnd ward also etwa menig tag darunder gelaist.
It. die von Zürich brachtent den von Toggenburg darhinder,16) dass er sin wib zuo ainem erben nam, wann die von Zürich wolten ain wissen von jm han, wer nach sinem tod ir burger war, vnd hatten das etwa lang mit jm getriben. Also gab er inen sin wib zuo einem erben.
Vnder disen dingen, als die von Toggenburg vnd die herren mit ainander tagoten vnd vmb das erb hadroten vnd zankoten, da versprachent17) sich die lender vnd die lüte zesamen, ainander ze helfen, war dass si jeman vberziehen welt in ir land, oder si welt schadgen, dass si da ainandern wöltint helfen lib vnd guot retten.
Also versprachent sich die von Walenstatt vnd vss Sanganser- land zuo denen von Wesen vnd vss dem Gastel, die och des Her tzogen von Oesterreich waren.
It. die von Vtznach vnd was darzuo gehört, versprachent sich zuo denen von Liechtenstaig vnd zuo dem Turtal, die och des von Toggenburg gesin warent-
Also band sich jederman nach dem vnd jm gelegen was, vnd satzten och vnder jnen hoptlüt vnd rät, vnd schwuoren denen och also gehorsam ze sin.
It. in disen dingen, als sie nun sassen vnd ir hoptlüt vnd ir rät geordnet hatten als sie wolten, vnd inen darzuo nieman nüt darin sprach, vnd inen och nieman kain laid tät, do mochten si nit fryd noch ruowe haben, vnd wolt ainer hin, der ander her, ainer wolt gen Schwitz, der ander gen Glaris, ainer gen Zürich, dass jedermann ein besunders wars, also dass die von Zürich etwa dick ir bottschaft in dem Gastern vnd in Sanganserland hatten, vnd mit inen antruogen, ob si zuo inen schweren weltin, das och ain tail gern gesechen vnd getan hett; doch so welt der mertail allweg nit schweren, si wolten an der herrschaft von Oesterreich beliben, der si och von recht waren vnd sin soltent.
") Verwandtschaft. ") die Gräfin-Wittwe. 1S) wehrte. ") dazu. ") ver abredeten.
19
Also ward in disen dingen etwa manigs geworben vnd ange tragen, das nit als aigenlich hie geschriben stat; doch so markt1») vnd verstuond man wol, was si joch wurben oder taten gegen den Hertzogen oder anderschwo, dass ir mainung vnd all ir fürsatz was, dass si gern herren für sich selb wärint gesin vnd kainem herren nüt pflichtig noch gebunden wolten sin, wie si das zewegen kunden han bracht,19) vnd burgent*) es dannocht fast wo si kunden oder mochten. Es warent ouch vil vnder jnen, die gern an ir alten stammen, der herrschaft von Oesterrich gesin wärint vnd es darbi hettint lassen beliben. .
Also wurdent die lüt ob dem Wallensew vnd darunder mit ainander ze rat, dass si ir bottschaft zuo dem Hertzogen gen Yns- sprugg schickten vnd an den wurben, dass er si von der Toggenburg losste, dass si wider zuo sinen handen kämint, so wellten si jm hulden vnd gehorsam sin, als from lüt irem natürlichen herren von recht vnd billich pflichtig sin söllent, wan si doch von alter her vnd von recht dem hus ze Oesterrich zuogehortint. Also hatten die vss dem Gastal vnd vss Sanganserland etwa dick ir bottschaft bi dem Hertzogen von Oesterrich ze Ynnsprugg.
It. als nun dis lüte so ernstlichen wurbent an den Hertzogen von Oesterrich, vnd och ir bottschaft etwa dik bi jm ze Ynnsprugg hatten, vnd jn ermanten, das si von alter vnd recht dem hus zuo Oesterrich zuogehortint, darbi si och gern beliben wöltint, vnd sterben vnd genesen als all ir altvordren je vnd je getan hettint, vnd och kaines herren anders begerten denn sin, wär och sach, dass sich die von Veldkilch oder ander wider jn wöltin setzen oder helfen vngehorsam sin, so wöltint si jm mit lib vnd guot helfen vnd dieselben gehorsam machen.
It. si hatten och dem Hertzogen für, wie die von Zürich hettind erworben, als si maintint, von dem Römischen küng Sig mund, dass si die selben pfand möchtint zuo ir statt handen lössen, Windegg mit aller zuogehörd vnd Sarganserland, vnd hättint sölich frihaiten bi des von Toggenburg ziten erworben, 3o) vnd baten den Hertzogen trülich, dass er ain solichs fürkäm,2l) vnd dass er si nit von sinen handen liess, als sie jm das wol getruwtind, so wöl-
1S) merkte. ") zu Stande hätten bringen können. *) verbargen? 20) Vergl. Nr. 191. ") dem zuvorkäme.
20
tint si lib vnd guot mit jm vnd durch sinen willen wagen, wan si forchtint,22) kämint si in der von Zürich hand, dass si niemer mer in der herrschaft hand von Oesterrich kämint.
It. als nun der Hertzog sach, dass si sich so früntlich gegen m erzoigten. vnd die sachen so ernstlichen an jn wurbent, die er billichen an si geworben hett, do ward er mit den sinen ze rat, vnd schikt sin erber bottschaft heruss gen Veldkilch,23) den sachen nachzegan, vnd och ze erfaren, wieviel die herrschaften vnd die lender stiiendint. 24)
Vnder disen dingen hatten die von Zürich gar dik ir bott- schafft bi denen im Sanganserland vnd vss dem Gastren, dass si all zesamen kamen vff die Hohenwisen,2») was vnder dem Wallensew vnd darob war, dass si allweg an si truogent,16) ob si zuo inen weltint schweren, das och ain tail nit vbel ze sinn wäre gesin; doch wolt der mertail nit zuo inen schweren, si weltint bi ir herrschaft von Oesterrich beliben.
Also ward nun der Hertzog ze rat, dass er sin land vnd lüt lössen wölt, vnd alle herrschaften, die da stuondent, vnd muotet denen von Veldkilch an, ob27) si jm schweren weltint, so weit er si zu sinen handen lössen. Da sich aber die von Veldkilch wider satzten vnd mainten, si wölten nit, dass si der Hertzog aber 2S) des nechsten tages versatzte, si hettint jetz ze hindrost29) an dem von Toggenburg ain herren gehan, der si an lib vnd an guot geschadgot hett vnd si gestraft hett wider Gott vnd das recht, darzuo so hett er inen abbrochen ir frihaiten vnd recht vnd alle ir guoten gewon- haiten, die si von den Hertzogen von Oesterrich vnd von anderen herren gehept habint, vnd hab inen der kains gehalten; also hatten si etwa mengen artikel, das si je vorkomen wolten, oder si wolten dem Hertzogen aber nit schweren.
It. also nach vil täding30) vberkam31) der Hertzog von Oester rich mit denen von Veldkilch, dass si jm schwuorent anno dni
") fürchteten. ") Es geschah diess ira Monat Juni, wie sich aus dem Geleitsbriefe ergibt, den die Gräfin von Toggenburg den Gesandten des Her. zogs ausstellte: Lichnnwsky V. Regesten Nr. 3583. ") d. h. welche Summe die Gräfin für die Einlösung verlange. 25) Unterhalb Sargans, an der Strasse nach Walenstad. ") ihnen vortrugen. ") schlug vor, wenn. wieder. ") zu letzt. 30) Unterhandlungen. 31) kam überein.
21
MCCCCXXXVj, vmb sant Michels tag, 32) vnd gab inen vil frihait, vnd bestätiget inen och ir alten recht vnd guoten gewonhaiten, die si von sinen vordren gehept, vnd losst33) also die graffschaft ze Veldkilch vnd was darzuo gehort, vmb sin bar gelt. Also schwuor jm die statt vnd das land.
Also losst nun der Hertzog von Oesterrich alle die herrschaften, die vorgeschriben stand, vnd alt sin Kit vnd land, was dem von Toggenburg je versetzt was, vmb sin bar gelt, vnd nam och die schloss in, vnd schikt sin erber botten in die lender zuo den lüten, dass si jm schwüerint vnd hultint, S4) wan er si erlösst35) hett. Die von Toggenburg erliess si och ir gelüpt vnd aiden, die si ir getan hettint, vnd was si ir pflichtig waren.
It. die botter, warent Graf Volrich von Mätsch, hoptman an der Etsch, Isenhoffer vogt ze Veldkilch, der Spiess vogt ze Frödenberg vnd ander der herrschaft rät.
It. Also warent si in Sarganserland all bi ainandern vnd ant- wurten dem hoptman vnd den andren botten, dass si dem Hertzogen nit schweren weltint, es wäre denn dass er inen schirm geb vnd inen och sölichs gunti, dass si sich zuo den aidtgenossen bundin 3S) vnd zuo denen ain schirm suochtint, doch der herrschaft von Oester rich rechten on schaden; och dass inen der Hertzog kain vogt geb denn mit irem willen vnd vss ir land, vnd dass er bestätigoti alle ihre frihaiten, recht vnd guoten gewonhaiten, so si von alter har gehept hettint, vnd inen och die wider vffrichte, wan inen der von Toggenburg die all abgebrochen vnd nit gehalten hab. Vnd noch etwa mengen artikel hatten si, dess si vberkomen wären, dass si dem Hertzogen nit hulden wölten, er gönte vnd versprech inen das ze tuon. Also mainten die botten, sölichs wider an jren herren ze bringen, wan si dess kain gewalt hatten, vnd jm och sölichs nit künden geraten, wan vergunsti inen der Hertzog solichs als si be- gert hettint, so wärint si herren vnd ir herr der Hertzog nit; doch weltint si es gern an jn bringen.
32) 29. September. Die Lösung der verpfändeten Herrschaften erfolgte den 19. September, siehe Anm.; am gleichen Tage huldigte die Stadt Feldkirch dem Herzoge: Lichnowsky, Regesten Nr.,3639. 33) löste. 3') huldigten. ") ausgelöst. 36) mit den Eidgenossen verbündeten.
22
Als nun dem Hertzogen die mär für kament,»7) dass si sölich vngewonlich muotung 3») an jn tätin, vnd so vnwillig waren jm ze hulden, vnd si aber vor so ernstlich an jn geworben vnd getragen hatten, vnd in ze guoter mass hinder die lossung bracht 39) hatten, vnd er ain besunder getruwen 40) zu inen hatt, do ward er vast41) vn willig vnd zornig vnd row *>) jn sin gelt, das er so bar vmb si vss- geben hatt, wan er wond *») besonder, die in Sanganserland vnd in den Gastren söltin sölicher lossung willig sin. Dennocht bestätiget er inen alle ir frihaiten vnd recht, so si von alter har gehept hatten von der herrschaft von Oesterrich, vnd bessret inen och die, vnd lopt") och die getrüwlich ze halten; er hat och nach ir muotung alle vögt entsetzt ze Sangans, ze Frödenberg vnd ze Nidberg, vnd ander vögt, die bi des von Toggenburgs ziten den gewalt gehept hatten, vnd von denen si sich klagten. Also schikt er aber die vor genant bottschaft mit sölicher frihait besigelt zuo denen in San ganserland vnd vss dem Gastren, ob si jm noch schweren vnd hul den weltint.
It. als nun die bottschafft aber von dem Hertzogen in San ganserland kam. vnd inen aber anmuotent, ob si dem Hertzogen wröltint schweren, vnd zeigten inen die frihaiten, die er inen bestät vnd besiglet vnd gebessret hatt, vnd wie er ir gnediger herr sin wölt, vnd si in sinen gnaden getrüwlich haben wölt, doch so wölt er besonder nüt, dass si kain schirm oder püntnuss suochten denn in, wan er zuo der zit kain widersatz *3) noch krieg hette, der inen üts geschaden möcht; so hett er ain guoten frid mit den aidtge- nossen, der noch mer denn zwainzig jar wärti, vnd getruwte si wol in frid vnd gnaden zuo haben, dass si kains andern schirms be- dörftint. Also woltent sie dennocht nit schweren, vnd mainten je ain schirm von den aidtgenossen ze suochon vnd zuo inen ze haben, wan si sunst nit beliben möchtint. Vnd zugent also etwa manig sachen darin, dass si dem Hertzogen nit schweren wolten.
It. also was nun der selb hertzog Fridrich von Oesterrich ain lamer herr vnd ain vnkricghafter, karger herr, dess sinn .vnd ge denk nun 46) vff bar gelt stuond, dess er och viel hatt, vnd hat nit
3') die Nachricht zukam. 3») Begehren. 3S) zur Lösung veranlasst. 4Ü) Zutrauen. 41) sehr. ") reute. ") wähnte, glaubte. «») gelobte. ") Feind schaft. 16) nur.
23
als gross not nach lüt vnd land als er hatt nach gold vnd silber vnd nach grossem guot, vnd stalt*') sich och vnweriich. wan er hatt herren, ritter vnd knecht nit nach dem lieb, als er sin wol statt vnd macht gehept hett,*) wan er mocht guot nit vssgeben. Also row jn das gelt, das er vssgeben hat vnd jm do die lüt nit gehor sam sin noch schweren wolten; do forcht er och den kosten vnd wolt nit kriegen, vnd gont also denen in Sanganserland vnd vss Gastren. dass si ain landtsrecht ze Schwitz vnd ze Glaris näment •drissig jar vnd nit lenger, doch jm vnd der herrschaft von Oester- rich an allen rechten, nützen, stüren vnd zinsen on schaden. Doch so hatt man das haimlich, ob si sunst ain sölich landtrecht vnd schirm schweren woltint.
Vnder disen dingen hatten die von Zürich etwa dik ir bott- schaft bi denen vss Sanganserland vnd in dem Gastren, vnd truogen mit ainandern an, dass die von Zürich gern gesechen hettint, dass si zuo inen hettint geschworen, das doch allweg etwa mit gewendt ward, dass es der mertail nit tuon wolt, vnd wantent das der mer- tail die vnderm Wallensew warent, wan denen in Sarganserland, von Wallenstatt vnd von Mailis4») stuond ir hertz vnd sinn fast gen Zürich. Do nun die von Zürich sachent, dass si si mit guoten Worten vnd mit güeti nit darhinder kondent bringen, da wurfen si denen vss Gastren kouff ab, vnd wolten inen kain korn, win noch anders vss ir statt Zürich lassen noch vss allem jrem gebiet. Vnd darnach wurfent si denen von Wesen vnd vss Sanganserland och kouif ab.
It. diss bestuond nun also ain kurze zit, do kam aber denen vss dem Gastren Warnung, wie sich die von Zürich rüstin vnd mit gewalt in den Gastren wöltin ziechen, vnd si da weltind wüesten vnd darzuo zwingen, dass si zuo inen müestint schweren. Also manten die in dem Gastren die in Sanganserland, die och zuo inen kament, vnd zugent mit ainander gen Kaltbrunnen, vnd wollten da der von Zürich warten vnd ir land behüeten, Also lagent si me denn acht tag mit zwölf hundert mannen da, vnd do niemant kam, do zugent si wider haim.
It. die von Sangans vss dem stettlin hatten inen och bi xxx wol bezügter 49) mannen ze hilf geschikt; der wolten die vss San-
") stellte. *) d. h. er verwendete nicht so viel für kriegerische Zwecke als er zu thun vermocht hätte. **) Mels. 49) ausgerüsteter. .
24
ganserland nit vnd schikten si wider haim, wan die vss dem land warent denen von Sangans vigent, ,0) dass sie es nit mit inen hielten, was si anfiengent, wan si wolten kain besonder püntnuss mit dem land han, denn was die herrschaft mit inen schuof, dess wolten si .gehorsam sin; darumb hatt das land vil stöss mit inen, vnd zugent och etwa dik inen für die stat vnd wolten si darzuo zwingen.
In disen dingen ritten des Hertzogen diener vnd rät, junkher Wolf von Brandis, der Yssenhoffer, der Spiess, die von Veltkilch zuo denen von Zürich vnd manten si des fridens, so si mit der herrschaft von Oesterrich hatten, dass si den an jm 61) hielten, als er inen das wol getruwte, vnd si jm die sinen vngeschadgot liessint, wan er die selben land wider zuo sinen handen gelöst hett, Windegg vnd das selb ampt, Sanganserland vnd das ander; wiewol si jm den- nocht nit geschworen hettint, so maint er doch, si wärint die sinen. Also mocht den selben botten kain vol antwurt werden, doch liessent si dte sachen also anston, dass si nit über si zugent.
It. aber vnder disen dingen gab der Hertzog von Oesterrich Graff Hainrichen von Sangans die graffschaft ze Sangans widerumb zuo Jössen, 32) wan es sin väterlich erb was vnd vor ziten der herr schaft von Oesterrich versetzt was. Darzuo was er och des Her tzogen diener.63) Also nam Graf Hainrich die vesti vnd die statt ze Sangans jn; aber die lüt vssrent, »*) die och darzuo gehörtent, woltent im nit schweren noch gehorsam sin, wan si den mertail55) zuo dem land geschworen.
It. die von Mails, von Flums, von Walenstatt vnd das land wolten dem selben Graff Hainrichen weren, dass er sin veterlich erb nit jnnäm, das er doch erlösst hett von der herrschaft von Oesterrich, der 56) will vnd gunst es was, er weit es denn mit dem land halten vnd schweren, vnd tuon als si mit ainander vberkomen waren, das doch Graff Hainrich nit tuon wolt, vnd kam mit not vnd on ir wissen, dass jm die herrschaft inn ward, ") wan si hettint es gern gewendt.
It. diss gestuond nun also, dass si fast stössig vnder ainander warent, vnd ainer hin wolt, der ander her, vnd Graff Volrich von
50) feindlich. ") d. h. dem Herzog. ") Vergl. die nachfolgende Urkunde vom 22. September. ") Vasall. u) ausserhalb, auf dem Lande. ") in ihrer Mehrheit. 56) deren. 57) es kam dazu, dass er in den Besitz der Herrschaft gelangte.
28
Mätsch inen etwa dik anmuotet, dass si dem Hertzogen schwüerint, vnd si ermant was er si kond oder mocht, das si doch allweg ver- zugent vnd abschluogent mit worten von ainem tag zuo dem andern, also dass er allwen zuo wond, »») si weltint dem Hertzogen schweren. In disen dingen truogent si aber an 5») mit denen von Zürich, dass si ir erber bottschaft zuo inen hinuff schiktint, so woltent si ain burgrecht vnd ain püntnuss mit inen machen. Also schikten die von Zürich ir burgermeister, herr Ruodolf Stüssin vnd ander botten hinuff zuo inen, wan der Stüssi och die sachen zuo guoter mass vor geworben vnd angetragen hatt. Also schwuorent die von Wallen- statt, von Mails vnd ander in Sarganserland zuo denen von Zürich, ewengklich ir burger ze sin, vnd beschach das on wüssen vnd willen der herrschaft von Oesterrich; doch so behuobent60) si dem Her tzogen alle sin recht vss vnd jm on schaden. Also schwuorent si dennocht nit all des selben mals, aber ir schwuor der mertail vnd die richsten vnd gewaltigen. Diss beschach in der nechsten wuchen vor wienecht »») anno dni MCCCCXXXVj.
II. Aus der Chronik des Hanns Frfind, Landschrelner
zu Schwyz.
(Ausgabe von Kind S. 2 ff. Wir verdanken dem Herausgeber die uns ge währte Benutzung der Aushängebogen.)
Des ersten sol man wyssen, dass ain grave leppte, hies Graf Fridrich von Toggenburg, herre ze Tafas, ze Vtznach vnd in Bret- tengow; derselb grave Fridrich von Toggenburg war ze Zürich burger vnd ze Swytz lantman. vnd wyst sin burkrecht vnd sin lant- recht allso, das er nach sinem tode mit sampt sinen erben fünf yare die nächsten nach sinem abgang burger ze Zürich vnd lantman ze Swytz sin sollte. Alls nu derselb grave von Toggenburg begond6l) krank werden an sinem libe, da gedacht er sin armen lütt63) allent-
5S) immer glaubte. ") verabredeten sie sich. 60) behielten — vor. 61) Die Bundesurkunde bei Tschudi II. 221 datiru vom Freitag vor "Weihnacht: 21- Dezember. In's Zürcher Burgerrecht wurden aufgenommen: der Hauptmann, die Bäthe gross und klein und die ganze Gemeinde zu Walenstad, zu Flums, zu Mels, zu Bagaz und zu Gretschins. ") begann, anfing. ") Unterthanen.
26
halben ze versorgen, das si wüssdtend ein schirm vnd einen ruggen ze haben, wenn er nit mer wäre, vnd schikt nach der von Swytz bottschafft, die och mer denn einmal, sonder vil vnd dick6*) by im was vor sinem tode, vnd vcrschuff ") da, das alle sine lüte nitt dem Walensew, namlich der graffschafft lüt von Toggenburg, als ze Liechtensteig, im Nekertal, ze Lütispurg, in dem Turtal, ze Sant Johannertal, ze der Wildenburg, 66) in der graffschafft Vtznach, in der statt vnd am Vtznacherberg mit einem ewigen lantrecht nach sinem tode gen Swytz kommen vnd versorgt söltind werden, vnd das was ouch gantz sin meinung Die von Zürich vordrettent an den von Toggenburg vil vnd dick, das er inen sin erben nampte vnd zögte die fünf yar vss nach sinem tode. Vnd alls sy nitt erwinden 67) sonder ein wüssen darumb von im haben wolltend, da zeigt vnd nampt er inen die fünf yar vss für sinen erben sin elichen gemahel6») frow Ellsbethen, geborn grävin von Mätsch, vnd doch nit also, das sy sin erb über sin land vnd lüt sin söllt, denn allein, do die von Zürich einen erben haben welltend die fünf yar, do zeigt er inen sin wyb ze einem erben vnd nit fürer. 69) Dann alle, so bi jm warend vor sinem tod vnd in sinem todbette vnd vss mänigen sachen mit im redtend, verstuond 70) nie nieman von ime, das sin meinung je wäre, das die egenant sin frow sin erb sin söllte über sin land vnd lüt; denn das er rett, ob sach wäre, das er doch nitt meinte ze tuon, das er sy zuo sinem erben über land vnd lüt vnd erbschafft machete. so bekante er doch wol, das er sy anders vnd bas ") vnd an sölichen enden besorgen müssde, dass sy habend wäre "), denn er tate old getan hätte. Jedoch rett er daby, das sin meinung wäre, das sy wol besorgt werden söllt vmb ir vätterlich vnd müterlich erb vnd dazuo vmb ein erlich lipding '3) von sinem verlaussnen guot, vnd bestuond daby vnd schied daruff von diser zyt. '*)
Do man zalt von Gottes geburt MCCCCXXXVj jar, an dem mayenabend da starb grave Fridrich von Toggenburg ze Veltkilch, da gedacht jederman siner sach nach, beide die von Zürich vnd von Swytz. Die von Zürich die gedachten vnd wurbend, das die
»») oft. »») traf die letztwillige Verfügung. 66) Feste bei Wildhaus. ") da von ablassen. 6") seine Ehegattin. 69) weiter. 70) vernahm. ») besser- ") in den rechtlichen Besitz gelangte. ") Leibgedinge, lebenslänglicher Niess- brauch. '*) aus diesem Leben.
27
von Toggenburg in ir statt gen Zürich kam, si gabend ir die sachen guot in mund, meintend daby, sy wäre des von Toggenburg iera") gemacheis säligen erbe über land vnd lüte, vnd vordrottend an sy, inen vmb die dienste, so si dem von Toggenburg vnd ouch iera getan hettind vnd noch tuon vnd iera hillflich sin welltend, zuo al len landen vnd lüten voruss geben vnd zuofügen wollt Vtznang statt vnd vesti, den Vtznangerberg vnd das dorf Schmäriken vnd was darzuo gehörte, Des nu die von Toggenburg nitt willig was; je doch die von Zürich überretten si, das si sich bevogtet mit junkher Fridrichen von Höwen, fryherren, der iera doch von sipschafft we gen nitt so nach was, das er iera voggt mit recht sin söllte oder möchte. Vnd mitt demselben ierem voggte übergab sy do den von • Zürich Vtznach als vorstat, verschreib vnd verbriefett inen das, vnd darinne ouch vff welche zit die von Vtznang denen von Zürich ge- hult vnd gesworen haben söltend. Aber des von Toggenburg lüte allenthalben, als da vorstat, entsassent76) die von Toggenburg vnd die von Zürich iren gewalt vnd ir straf, vnd gedachtend aber dem nach, wie ir gnädiger her von Toggenburg by sinem leben sy be dacht hatte ze versorgen, das si vnrehtz gewaltz mochten vertra gen") sin, vnd wurbend an die von Swytz ernstlich, daz sis in eide vnd zuo ieren ewigen landlüten annemen welltend. Allso verzu- gend sich nun die sachen von dem mayen hin, als der von Tog genburg abgangen was, vntz ze der nechsten wyenächt. Hierzwü- schend verluff sich vil red vnd werbens. Da nun wienächt kam, do schjckten die von Zürich ir botten vss über den Walensew in Sanganserland vnd nament da etliche dess von Toggenburg pfand- lüt in eide vnd ze burgeren. Sie namend ouch in eide vnd ze bur gern ettlich in Sanganserland vnd ze Walenstatt, die graf Heinrich von Sangans, der ze Swytz lantman was, eigen warend, vnd wyder desselben graf Heinrichs willen, vnd über das daz er inen verbot vnd si bat, das si im die sinen nit annemind, ze lantlüten. Sie wurben ouch an die von Wesen, das si inen swuoren vnd dess glich. Da nu die von Swytz inna wurdend, wie die von Zürich vmbfuorend") vnd wolldrottend'9) im Oberland, do gedachtend si
") ihres. ,6) fürchteten. ") überhoben, befreit. ") herumreisten. ") Tschachtlan übersetzt: »ihren Gewalt trieben.«
28
iren sachen vnd dem verschaffen' nach, alls dess von Toggenburg meinung gesin was, ouch der Werbung, so dann dieselben lüte an si bracht hattend, ouch was inen an den landen vnd lüten gelegen was, ouch was inen daran gelegen gewesen war strassen vnd köffen halb, ob die landen vnd lüte nitt zuo iren handen kommen wärind; vnd schiktend ouch daruff jr hotten vss, beide»0) gen Vtznach vnd allenthalben in die örter für die gemeinden vnd nament die lüte in eid, vnd swuorend inen die Kit allenthalben ein ewig lantrecht, als dess von Toggenburg irs herren säligen meinung gesin was.
Anmerkung.
Graf Friedrich von Toggenburg, der letzte seines Stammes, dem wir in unsern Urkunden häufig begegnet sind, hatte während seiner langjährigen Regierung die zahlreichen und ausgedehnten Gebiete, welche . er beherrschte, mit fester und gewandter Hand zusammengehalten, aber er hatte — wir wis sen, nicht recht, aus welchem Grunde— es versäumt, die vielen Fragen, welche nach seinem Tode auftauchen mussten, in einer Weise zu ordnen, die jedem Widerspruche ein Ende machte. Kaum hatte er daher am 30. April 1436 sein Auge geschlossen, so entstand in der östlichen Schweiz und dem benach barten Vorarlberg eine allgemeine Verwirrung, welche die Klingenberger Chro nik mit so lebendigen Zügen uns schildert. Aus den sich entgegenstehenden An sprüchen, welche die Stadt Zürich einerseits und das Land Schwyz anderseits auf die toggenburgische Erbschaft erhoben, entwickelte sich der erste Bürger krieg unter den Eidgenossen, der sogen, alte Zürcherkrieg, in welchem Glarus an der Seite von Schwyz eine Hauptrolle spielte. Wenn auch im An fange der Verwicklungen, welche die vorstehenden zwei Chronikstellen uns erzählen, Glarus noch nicht in den Vordergrund tritt, so durften wir doch nicht unterlassen dieselben mitzutheilen, weil ohne klare Einsicht in die Ur sachen des Confliktes die nachfolgenden Begebenheiten unverständlich sind. Die beiden Darstellungen gehen zwar von verschiedenen Gesichtspunkten aus, indem die Klingenberger Chronik ihre österreichischen, Fründ aber seine schwyzerischen Sympathien nicht verläugnen kann; aber sie ergänzen sich gegenseitig und daher hat auch Tschudi II. 214 ff. offenbar beide Quellen benutzt.
Wollen wir nun die Vorgänge, welche nach Graf Friedrich's Tode in den von ihm beherrscht gewesenen Landschaften stattfanden, uns klar ma chen, so müssen wir die zwei grossen Gruppen, in welche seine Besitzungen zerfielen, auseinanderhalten: die österreichischen Pfandschaften einerseits und
»0) sowohl — als auch.
29
die eigenen Lande anderseits. Doch können wir in der ersten Gruppe Vor arlberg und Rheinthal, in der zweiten die graubündner'schen Herrschaften bei Seite lassen; es interessiren uns bloss Sargans und Gaster unter den ver pfändeten, Ulznach und Toggenburg unter den eigenen Ländern.
I.
Was nun vorerst Sarg ans und Gaster betrifft, so kam es hier we niger darauf an, wer als der gesetzliche oder testamentarische Erbe des Gra fen Friedrich erscheine, als vielmehr darauf, ob der in Innsbruck residirende Herzog Friedrich von Oesterreich (vergl. über ihn Nr. 135, Anm., 13«, Anm., 14O, 154) die Pfandschaften zurücklösen werde. In der Bevölkerung der beiden Länder gaben sich verschiedene Sympathien kund: die Einen wollten an Zürich, die Andern an Schwyz und Glarus sich anschliessen, noch Andere bei dem »angestammten« österreichischen Herrscherhause verbleiben. Alle aber schienen darüber einig geworden zu sein, dass man den günstigen Au genblick benutzen müsse, um für die beiden Landschaften selbst mehr Rechte und Freiheiten zu erwerben. Zu diesem Behufe wurden sowohl im Sargan serlande als im Gaster Hauptleute und Räthe gewählt und die beiden Län der traten' in enge Verbindung mit einander. Sie verständigten sich dann auch zur Abordnung einer gemeinsamen Gesandtschaft nach Innsbruck, um den Herzog zur Lösung der Pfandschaft zu veranlassen; es geschah diess, wie die nachfolgenden Ereignisse zeigen, nicht sowohl aus Anhänglichkeit an das Haus Oesterreich als vielmehr aus kluger Berechnung, indem man annahm, der entfernte und damals nicht sehr mächtige Herrscher werde diese Land schaften nicht behaupten können, ohne dieselben in irgend einer Weise dem Schutze der Eidgenossen anzuvertrauen, und es werde sich dann aus dem Doppel Verhältnisse zu diesen beiden Gewalten die Freiheit der Länder von selbst entwickeln. Der Herzog aber Hess sich durch die Versicherung ihrer »an gestammten« Unterthanentreue täuschen und vielleicht noch grössern Eindruck machte auf ihn die Kunde von dem Diplom König Sigmund's (Nr. 1II), wel ches den Zürchern erlaubte, die Herrschaft Windeck-Gaster in des Reiches Namen zu lösen. Nach der Klingenberger Chronik sollte man glauben, es wäre eine ähnliche Ermächtigung auch für das Sarganserland vorgelegen; allein es ist diess wenigstens für den grössern Theil desselben, welcher ur sprünglich dem gräflichen Hause Werdenberg-Sargans zugehörte und auch an Oesterreich nur versetzt war, nicht wahrscheinlich. Herzog Friedrich unterhan delte also mit der Gräfin-Wittwe von Toggenburg über die ihr zu bezahlende Auslösungssumme und es erfolgte am 19. September zu Delfs im Innthale die Uebereinkunft, nach welcher die Uebergabe sämmtlicher verpfändeter Herr, schatten an den Herzog um die Summe von 22,000 Gulden geschehen sollte- Es lag hierin ein etwelcher Nachlass an der Pfandsumme, welche Graf Fried rich seiner Zeit dafür bezahlt hatte. Am gleichen Tage leistete Gräfin Els- beth förmlich Verzicht auf die von ihr gelösten Herrschaften, Festen, Städte, Schlösser, Lande und Leute, worunter Sargans, die Burg und Stadt, Freu denberg, Nidberg, Walenstad, Weesen, Windeck und das Gaster
30
angeführt werden. Den 28. September befahl die Gräfin ihrem Vogte zu Sar gans, Peter von Greifensee, dem Schultheissen, den Räthen, Bürgern und Al len, welche zur Feste und Stadt Sargans gehören, ferner den zur Feste Freu denberg gehörigen Leuten, sowie den Räthen zu Walenstad, zu Weesen, zu Windeek, im Gaster, auf dem Amden und Allen, die in die Pfandschaft zu Windeck gehören, diese Herrschaften dem Herzoge Friedrich von Oesterreich zu übergeben, ihm zu schwören und zu huldigen. (Bergmann, Urkunden der vier vorarlbergischen Herrschaften S. 132,—142). So hatte Oesterreich bei der Gräfin von Toggenburg die Zürcher aus dem Felde geschlagen; denn letztere hatten schon vorher den Ritter Rudolf Slüssi, Hanns Brunner den al tern und den Stadtschreiber als Boten zu ihr geschickt, um das i>Pfand Windeck«, auf welches sie grossen «Kosten gelegt« hätten, von ihr zu »erfordern«. (Schreiben vom 29. September im Archiv für schweiz. Gesch. X. 254).
Als nun der Herzog einige seiner Bäthe nach Sargans schickte, um die Huldigung dieser Grafschaft entgegenzunehmen, verlangten die Unter- thanen, neben der Bestätigung ihrer Freiheiten, nichts Geringeres als dass er ihnen gestatte, sich mit den Eidgenossen zu verbinden, und dass er ihnen nur mit ihrem Willen und aus ihrem Lande Vögte gebe. Begreiflicher Weise wollte der Herzog auf diese Forderungen nicht eingehen, worauf die Sargan serländer die Huldigung hartnäckig verweigerten. Der Herzog hatte indessen, wie wir aus der nachstehenden Urkunde ersehen, schon am 22. September, also unmittelbar nach den Verhandlungen mit der Gräfin von Toggenbur^ dem Grafen Heinrich von Werdenberg die Wiederlösung der Grafschaft Sar gans, welche sein Vater vor 40 Jahren (Anm. zu Nr. 13*) an Oesterreich verpfändet hatte, gestattet; jedoch scheint derselbe erst längere Zeit nachher davon Besitz genommen zu haben. Den Angehörigen der Herrschaften Windeck, Freudenberg und Nidberg aber, welche hei Oesterreich verblieben, erlaubte der Herzog, auf dreissig Jahre ein Landrecht mit Schwyz und Glarus einzugehen, was indessen einstweilen noch geheim blieb.
In der Zwischenzeit hatte das unermüdlich thätige Zürich nicht bloss an den Grafen nach Feldkirch, sondern auch nach Gaster und Sargans häu fige Botschaften gesandt, um diese Länder für sich zu gewinnen. Es waren indessen namentlich die Gasterer einer Verbindung mit Zürich entschieden ab geneigt, wesshalb diese Stadt zuerst ihnen, dann auch den Sarganserländern den «Kauf abschlug«, d. h. gegen sie sperrte. Die Gasterer fürchteten so gar einen bewaffneten Ueberfall von Seite der Zürcher und mahnten desshalb die Oberländer zur Hülfe; von beiden Landschaften lagen 1200 Mann mehr als 8 tage lang bei Kaltbrunn, aber es zeigte sich kein Feind. Auch Her zog Friedrich verwendete sich unter'm 13. November (Archiv für schweiz. Gesch. X. 263) bei Zürich für seine Angehörigen in den von ihm eingelösten Landschaften, erhielt aber keine genügende Antwort. Die Zürcher verlangten vielmehr auch von ihm unter'm 8. Dezember Anerkennung ihres Lösungsrech tes auf die Herrschaft Windeck (Ebenda S. 269).
Im Sarganserlande hielt indessen nur das Städchen Sargans unentwegt zur Herrschaft: zuerst zu Oesterreich, dann zum Grafen Heinrich. Die Land
34
leute hingegen wollten auch letztem wieder nicht huldigen, soferne er nicht ebenfalls dem Lande schwöre und die neue Ordnung der Dinge sich gefallen lasse, welche die Landsgemeinde auf der Hohenwiese eingeführt hatte. Die zürcherische Parthei, die oberhalb dem Walensee immer ziemlich stark gewe sen war, erlangte endlich unter der Leitung des entschlossenen Volksführers Peter Weibel die Mehrheit und die Gemeinden Waleustad, Flums, Mels, Ragaz und Gretschins schlossen am 21. Dezember ein ewiges Burgrecht mit der Stadt Zürich (Urk. bei Tschudi II. 221). Es scheint indessen eine ansehnliche Minderheil, namentlich in Ragaz gegeben zu haben, welche das selbe nicht beschwören wollte (Archiv X. 271).
II«
Gehen wir nun über zu den eignen Landen Utznach und Toggen- burg, so ist zunächst die Frage zu erörtern, wer nat;h der Willensmeiuung des Grafen Friedrich ihn beerben sollte. In dieser Beziehung nun widerspre chen sich unsre beiden Quellen. Die Klingenberger Chronik sagt ganz be stimmt: Der Graf hatte sein Weib zum Erben gemacht über all' sein Gut und über Land und Leute, weil er keine nähern Erben hatte, und hatte hie für Erlaubniss und Bestätigung vom römischen Kaiser. Ebenso sagt die Chro nik Gerold Edlibach's (Mittheil, der antiquar. Gesellsch. in Zürich IV. 1): Graf Friedrich und seine Gemahlin nahmen einander zu »rechten Gemeindern und Erben« an und er vermachte ihr Alles, was er hatte, nichts ausgenom men. Gegenüber solchen kurzen und klaren Worten erscheint die Darstellung beiFründ als sehr gewunden und schwer verständlich. Nach ihm hätte zwar der Graf den Zürchern auf ihr vielfaches Andringen seine Gemahlin als Erbin genannt für die fünf Jahre, während deren das Burgrecht nach seinem Tode noch währen sollte, »doch nicht also, dass sie sein Erbe über Land und Leute seyn sollte,« sondern nur insoweit als die Zürcher den Erben zu kennen verlangten. Zu den Personen, welche vor seinem Tode bei ihm waren, hätte der Graf sich immer' in dem Sinne ausgesprochen, mau solle seine Gemahlin für ihr väterliches und mütterliches Erbe wohl versorgen und ausrichten und dazu ihr von seinem hinterlassenen Gute ein »ehrliches Leibding« geben. — Man darf wohl unbedenklich annehmen, dass die Erzäh lung der unbefangenen Klingenberger Chronik der Wahrheit näher kömmt, in dem Sinne nämlich, dass nach der Willensmeinung dos Grafen seine Wittwe, so lange sie lebte, Herrin über alle seine hinterlassenen Gebiete seyn sollte, wie auch Tschudi II. 214, der sich hier keineswegs unbedingt an Fründ anschliesst, die Sache auffasst. In einer Urkunde, welche Zürich schon am 31. Dezember 1433 in Folge einer zu Rapperswyl getroffenen Vereinba rung dem Grafen ausstellte, heisst es ausdrücklich: »mit guoter zitlicher vor- betrahtung vnd rechter wissend — hat — Graff Friedrich von Toggenburg die
edelc wolerboren frow Eisbethen Gräffin zuo Toggenburg geboren von
Mätsch, sin lieb elich gemachel, zuo einem rechten erben über alles sin guot gesetzt, geordnet vnd gemacht.« (Archiv für schweiz Gesch. X 249,) Und dass mit diesen Worten die allgemeine Anschauung der Zeitgenossen
32
übereinstimmte, geht auch daraus hervor, dass Herzog Friedrich von Oester reich, als er die Pfandschaften lösen wollte, sofort an Niemanden anders als an die Gräfin-Wittwe sich wandte und ihr die Lösungssumme ausrichtete. Allerdings aber scheint es, beim Mangel eines förmlichen, urkundlichen Testamentes, für Dritte an der wünschenswerthen Klarheit darüber gefehlt zu haben, ob Graf Fried rich seine Gemahlin bloss zur leibdingsweisen Inhaberin und Nutzniesserin oder aber zur wirklichen Eigenthümerin seines Vermögens einsetzen wollte; im erstem Falle war sie natürlich nicht befugt, einzelne Theile der Erbschaft zu verschenken, wie die Zürcher es von ihr verlangten. Es kam dann noch hinzu, dass die Verwandten des Grafen bald nach seinem Tode einen Erbschaftsstreit ge gen die Gräfin anhängig machten und daher auch schon aus diesem Grunde die Schenkung als eine unzulässige erschien.
Wie Graf Friedrich hinsichtlich seiner Beerbung seinen letzten Willen nicht verbrieft hatte, so war diess auch nicht geschehen mit der, kurze Zeit vor seinem Tode erlassnen Verfügung, dass die Landschaften Utznach und Toggenburg zu ihrem Schutze ein ewiges Landrecht mit Schwyz einge hen sollten. Man kann sich diese Verfügung in der That nicht anders erklä ren als durch eine Missstimmung gegen Zürich, dessen Vergrösserungspläne dadurch auf das empfindlichste durchkreuzt wurden. Natürlich bestritten da her auch die Zürcher die Richtigkeit der von den Schwyzern behaupteten Thatsache, allein sie wurde, wie wir unten sehen werden, bewiesen durch drei Zeugen, welche die mündliche Erklärung des Grafen vernommen hatten, nämlich durch Junker Wolfhard von Brandis (einen Verwandten des Grafen und Erbsprätendenten), Petermann von Greifensee (Vogt zu Sargans) und Nik iaus von Wattenwyl (Venner in Bern). Freilich darf hier nicht verschwiegen werden, dass der Graf von dem Landrechte nur in Verbindung mit einem be absichtigten Verkauf der Herrschaft an Wolfhard von Brandis, welcher sich wieder zerschlug, gesprochen hatte.
Die Zürcher verhielten sich indessen mit Bezug auf die ihnen so wohl gelegene Landschaft Utznach ebensowenig unthätig, als es hinsichtlich der Landschaften Gaster und Sargans der Fall war. Sie brachten es vielmehr durch das Versprechen ihres Schutzes gegen die Verwandten des Grafen, welche auf die reiche Erbschaft Ansprüche erhoben, bei der verwittweten Gräfin dahin, dass sie am 31. Oktober 1436 nicht bloss das Burgrecht ihres verstorbenen Gemahls für ihre Lebensdauer erneuerte, sondern auch als Lohn für den verheissenen Schirm ihnen die Stadt und Feste Utznach, das Dorf Schmerikon und den Utznacherberg mit aller Hoheit und Gerichtsbarkeit als Eigenthum abtrat, mit blossem Vorbehalte der Nutzniessung während ihrer Lebenszeit. (Urk. im Archiv für schweiz. Gesch. X. 260). Es war dabei ver abredet, dass die Utznacher Herrschaftsleute bis zum 13. Januar 1437 den Zür- chern den Huldigungseid leisten sollten; dieselben zeigten aber hiezu wenig Lust, wahrscheinlich weil, wie Tschudi II. 217 berichtet, Bürgermeister Stüssi durch sein hochfahrendes Wesen es mit ihnen verdorben hatte. Die Utznacher schickten vielmehr nach Schwyz, um daselbst gegen Zürich Schutz zu suchen, und als die Schwyzer vernahmen, dass Boten von Zürich über den
33
Walensee hinaufgefahren seien, um das Sarganserland in Eidespflicht zu neh men, so zauderten sie auch ihrerseits nicht länger und schickten gemeinschaft lich mit Glarus, welches sie mit in ihr Interesse zogen, eine Gesandtschaft , nach Toggenburg, Utznach und Gaster, um sich ebenfalls von diesen Land schaften Landrecht schwören zu lassen. Hievon das Nähere in Nr. 199.
Zu bemerken ist hier noch, dass nach dem Tode des Grafen Friedrich auch die Landschaften Toggeuburg und Utznach sich unter einander verbün det und Hauptleute und Räthe eingesetzt hatten.
Blumer, Johann Jakob: Urkundensammlung des Kantons Glarus, 1865 (Google data) 197. , in: Monasterium.net, URL </mom/KantonGlarus/acee3d1a-1085-4b14-9915-7388ec3ac3fb/charter>, accessed at 2024-11-21+01:00
The Charter already exists in the choosen Collection
Please wait copying Charter, dialog will close at success