Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus, Nr. 217. , S. 252
217.
1443, März 27.
Die Landsgemeinde im Gaster erklärt ihre Neutralität bei einem Kriege zwischen Oesterreich und den Ländern Schwyz und Glarus.
(Aus der sogen. Hllngenberger Chronik).
(Henne, S. 299).
Nun hatt der Küng1) mer denn ainest2) geschriben denen von Wesen, in dem Gastren und den andren, die zuo Windegg gehortent, in dem Xliij jar, dass si sich kainer sachen söltint an- nemen, ob er stöss gewunn mit den aidtgenossen, und mant si da mit ir aiden und eren, und dass si die sinen wärint, die von alter her dem huss Oesterrich zuogehorten. Doch da ward uff mitt- wuchen vor mitterfasten8), da hatten si ain ganze gemaind, was
») Fridrich III. *) einmal. 5) 27. März.
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zuo Windegg gehort, ze Schennis, und hatten die von Glaris und Schwitz och ir bottschaft da, und baten und manten si, ob si inen hilfflich woltint sin, ob es ze schulden käm 4). Da antwurten si5) inen6), si getruwten inen wol, si liessent si da belieben, als si inen och versetzt und verpfendt wärint von der herrschaft von Oester- rich, dass si wider die nit tuon söltint. Si weltint inen gern ir land helffen beheben7) und da helffen lib und guot retten, und getruwtint inen wol, sie lissint si da beliben, und si inn8) das verhaissen und versprochen hettint.
Anmerkung.
Seitdem der Eidgenossen Boten zu Gonstanz in Uneinigkeit von König Fridrich geschieden waren, liessen sich die Dinge in der Schweiz immer mehr zum Kriege an, bei welchem Oesterreich und Zürich auf der einen, die Eid genossen auf der andern Seite stehen sollten. Den 16. Januar 1443 besetzte König Fridrich die Stadt Rapperswil mit 81 Bogenschützen unter dem Hauptmann Ludwig Meyer, welchem die Bürger Gehorsam schwören mussten. Ebenso setzte er den Zürchern auf ihr Verlangen einen Hauptmann Thüring von Hallwil, welchem die Bürgerschaft am 24. Januar den Eid der Treue leistete. Gleichzeitig nahmen die Zürcher als Feldzeichen das rothe Kreuz an, während sie früher das (eidgenössische) weisse Kreuz getragen hatten. Auf alle Ansinnen der Eidgenossen, dass sie den Bund mit König Fridrich wieder aufgeben und den österreichischen Hauptmann entlassen möchten, gaben die Zürcher eine ablehnende Antwort. (Klingenberger Chronik S. 295, 296).
Bei dieser Sachlage ist es begreiflich, dass die Herrschaft Windeck, welche von Alters her den Herzogen von Oesterreich eigenthümlich zugehörte, aber seit dem 2. März 1438 an Schwyz und Glarus verpfändet war, von beiden Seiten um ihren Beistand oder wenigstens um Nichteinmischung in den Krieg angegangen wurde. Nach dem Wortlaute des Verpfändungsactes, den wir oben (Nr. *14) mitgetheilt haben, sollte Windeck-Gaster in Kriegsfällen zwi schen Oesterreich und den beiden Ländern »stille sitzen«; die Antwort, welche die Landsgemeinde von Schännis den Boten von Schwyz und Glarus ertheilte, war daher eine ganz richtige. Zur Landesvertheidigung erklärte sie sich bereit, nicht aber zum Angriffe gegen die Herrschaft Oesterreich.
*) ob sie ihnen im Falle eines Krieges Hülfe leisten wollten. ») die Gasterer. 6) den Boten von Schwyz und Glarus. ') behaupten. ») ihnen.
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m.
1443, April u. Mai.
Die letzten Unterhandlungen zwischen Zürich und den Eidgenossen vor dem Kriege.
(Aus Hans Früiid'x Chronik).
(Ausgabe v. Kind, S. 115 ff).
Den fromen eidgnossen was der nüw pund1) unlidenlich, als vorstat, und beduocht sy ouch nit, das er den von Zürich weder erlich2) noch nutzlich noch trostlich wäre, als aber die von Zürich meintent und das vor inen hattent. Und ward ouch das uf tagen mit der von Zürich boten offenlrch gerett. Und fuorent zesamen und underrettent sich, wie sis mit tugenden8) von dem pund bringen möchtent; und wurdent ze rat, als die denen Med lieber denn krieg gewesen wäre, und schiktent ir botschaft gen Zürich, sy früntlich und ernstlich ze bitten, von dem nüwen pund ze stan und sich mit inen an den alten pünden ze benügen lassen. Also wurdent sy ouch gebeten, und ward ouch vor inen gerett und er zellt, warumb oder durch was; und daby, was die eidgnossen mit inen harumb ze reden notturftig sin beduocht, das ich zum teil durch der kürtzi willen nit alles schriben. Harinne nu die von Bern und von Soloturn ir gantz vermögen und bestes tatent, durch frid und ruwen willen der eidgnosschaft!
Do nu kein früntlich pett gegen den von Zürich nit enhalf noch verfieng, und die von Zürich rettent, und ouch vil und vast ir glimpf und recht darinn erzaltent4), wie recht und wie erlich sy damitte getan und gefaren hettint, und das sy des gewalt und macht hettint gehan nach der alten pünden sag, und das sy von pitt davon nit stan könden noch möchtent noch wöltent; da wollten sich die eidgnossen an eim rechten lassen vinden5), ob die von
1) Ziirich's mit Oesterreich. *) löblich, geziemend. 3) gütlich. *) ihr Recht darzustellen suchten. 5) sie wollten es auf eine Untersuchung nach Hecht ankommen lassen.
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Zürich den pund mit recht getan und ob sy des gewalt und macht gehept hettind, und ob der pund mit recht bestan söllt und möcht, oder ob die von Zürich von dem punt stan und laussen sölltent, nach dem und die geswornen puntbriefe zwüschent in und den eidgnossen, so in dem punt mit den von Zürich sint, wisent und sagent. Und also do stuondent die zwey örter, namlich Lucern und Swytz, zuosament und machtent ire offne manbriefe6) uf die besten form, und mantent und ervordrotent die von Zürich ze tagen und ze recht gen Einsidlen nach der geswornen bünden sag umb zwey stuck, das ein von des punt wegen, das ander von der brief7) wegen, so die von Zürich inne hattent, als der küng ze land kam, als sy dera gmeintent nottürftig sin, und die eidgnossen inen darumb geschriben hattent, und die sy8) von bett wegen inen ouch herus nit geben wolltent.
Als man nu gen Einsidlen ze tagen kam'), da hattent die eidgnossen ir botschaften ouch da von stetten und lendern, ouch was da der von Bern botschaft. Also hattend ouch die von Zürich schidlüte da, als dann die puntbriefe wysent, das man tuon sölle. Da man nu die sachen anhuob und die schidlüte von beiden teile zesament kament, da wurdent verlesen und verhört die buntbrief zwüschen den eidgnossen und den von Zürich, ouch daruf der von Zürich nüwen punt mit der herschaft gemacht, und darzuo gerett das dann ietwedren teil beduocht im ze reden notturftig sin. Und nach dem allem und es daran kam das die eidgnossen begerten, das der von Zürich schidlüte niedersässen zuo den iren schidlüten, und die sachen nach dem rechten fürnemen, darumb sy darkomen wärind nach der geswornen pünden sag, als vorstat, umb das den sachen end wurde, da viengent der von Zürich boten an reden und sprachen: als die eidgnossen sy gemant hettint ze tagen umb zwey stuck, namlich von des nüwen puntz und der briefen wegen,
6) Urkunde vom 26. April im Archiv Schwyz (Abschiede II. 167). ') Die Briefe, welche gemeine Eidgenossen berühren, die gemeinen Briefe, welche in Zürich lagen und die man ausgeliefert haben wollte (insbesondere über den Aargau, von 1415): vgl. Abschiede II. 166 u. 167. ») die Zürcher. 9) uff den meyen tag (1. Mai), Klingenberger Chronik bei Henne S. 301.
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also wärint sy ouch dar gevertiget10), das sy umb das stuck von der briefen wegen zuo der sach setzen welltint; das sy aber von des punts wegen zum rechten kumen und darzuo setzen wölltint11), als die bünde wysent, das köndent noch welltent sy nit tuon; denn es wäre inen ouch von iren herren und obren ze Zürich nit enpholhen und hettint ouch des ganz keinen gewalt; dann ir herren vnd obren von Zürich getruwtent, das sy des, als von des nüwen punts, weder gebunden noch pflichtig wärint; und huobent an und erzaltent ein lang red, wie sy an die eidgnossen unpillich näme, das sis harumb utzit versuochtent12); dann nachdem und die puntbrief wysdent, das sy sich fürbaser gen herren und stetten besorgen und verpünden möchtint, und das in den pünden in selber vorbehalten hetten, doch das dieselben pünt, eid und glüpt vor allen andren eiden und püntnissen vorgan18) sölltint; also hettint sy ouch in dem nüwen punde die alten pünt usgelassen und vor behalten, und hettint ouch ir pünde alwegen vollkomenlich ge- hallen, wölltent ouch die fürbaser halten und guot eidgnossen sin. Also hettint sy und die eidgnossen ouch ein artikel in den bünden als wol als den andern gesworn, und getrüwtent14) wol, die eid gnossen liessent sy nu fürbaser darumb unersucht; dann sy meintent, derselb nüw punt wäre inen und allen eidgnossen erlich nutzlich und trostlich, und köndent und wölltent je davon nit stan noch lassen; und erzaltent darinne iren glimpf15) mit gar vil worten, die gar lang ze schriben wurdent. Der eidgnossen boten die lies sent mit den boten von Zürich reden: das sy der nüw punt an sy unbillich näme; denn nachdem und sy den verstuondent und verstanden hettint, so duochte sy nit, das er weder inen noch den eidgnossen erlich nutzlich noch trostlich wäre oder sin könde oder möchte, ouch daby inen vor erlütretend die sachen, warumb oder durch was, und inen also vil redlicher Ursachen fürhuobend, die gar lang ze schribent wurdent. Und rettent also mit den boten von Zürich, das sy ie meintent, sy sölltent darumb zum rechten setzen, und welltent ouch ein wüssen von in haben16), ob sy dem
»*) abgesandt, instruirt. ") sich in's Recht einlassen. ") belangen. ") nämlich der alte Bund von 1351, dem neuen von 1442. ") hofften. ") stellten ihr Recht dar. ") von ihnen vernehmen.
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rechten nachgan wölltent oder nit, inmassen als sy harumb zum rechten gemant und ervordret wärint. Je nach vil Worten do blibent die boten von Zürich daruf, es wäre inen nit enpfolhen, und hetten darumb ganz keine gewalt, und begertent an die eid- gnossen, das sy inen ufschlag17) gäbint, so wölltent sy gern ir meinung heinbringen zuo die ieren. Die eidgnossen antwurtent inen uf sämlich meinung, inen wäre anders nüt enpholhen, denn dem rechten nachzegande, als vorstat. Doch batent sy als ernst lich, das inen ie die eidgnossen einen ufschlag gäbint bis an den dritten tag18), dann sölltent die boten von Zürich widerumb gen Einsidlen komen und da antwurten. Also lagend ouch die boten von den eidgnossen dazwüschen still ze den Einsidelen und warto- tend den sachen. Also am dritten tag fruo in der nacht so schri- bent die von Zürich gen Einsidlen der eidgnossen boten uf sämlich meinung, wie sy iren herren und obren in stetten und lender ge- antwurt bettend, sölich ir antwurt möchtent sy wol verstan, so sy hein kämind, und möchtind heim keren; und schluogend damit den tag und das recht also ab, das sy nit zuo rechten setzen wolltend. Und ee das die boten heimkerten, da warend der von Zürich brief vor inen da, und schribend also den eidgnossen iren glimpf von des nüwen puntz wegen, und ouch was sy in den alten pünden hettind vorbehalten, und was inen die eidgnossen gesworn hettind, ein artikel als wol als den andern, und mantend die eid gnossen in denselben briefen, das sys daby hanthabetend und schirmtent mit vil Worten; und schribent daby sovil mer, das daby mänglich verstuond, das sy harumb ganz nit zum rechten komen wolltent, noch darzuo setzen nach der geswornen buntbriefen lut und sag, als davor ouch geschriben stat. Also verachtotent die von Zürich die manungen und das recht, und giengent dem us und ab.
Also durch der von Zürich glimpfe wegen da tatent die von Zürich eins, und bottent den eidgnossen recht gen Bern und Solo- torn und uf bysonder lüte daselbs, ze einer erlüterung ze komen, ob sy von ir nüwen bundes wegen pflichtig wärind gegen den
") Aufschub. ") Schreiben vom 4. Mai im Staatsarchiv Zürich (Ab schiede II. 167).
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eidgnossen zum rechten ze kumen nach der geswornen bünden sag, oder nit. Aber die eidgnossen enwelltent sich daran nit keren, das inen iemand ir bünde sollte erlütren, sunder so wollten sy es den schlechten und rechten weg ushin gan als die geswornen brief wysdent und seitent. *
Anmerkung.
Da alle gütlichen Zureden der Eidgenossen nicht im Stande waren, die Zürcher zum Aufgeben ihres Sonderbundes mit Oesterreich zu bewegen, so entschlossen sich Luzern und Schwyz, dieselben vor das eidgenössische Recht zu rufen über folgende zwei Fragen: a) ob der neue Bund mit Oesterreich mit den alten ewigen Bünden der eidgenössischen Orte verträglich sei, b) ob Zürich nicht verpflichtet sei, die Urkunden König Sigmunds, welche sich auf die gemeinen Herrschaften im Aargau beziehen, den Eidgenossen heraus zugehen. Zu letzterer Forderung war, bei den Ansprüchen, welche König Fridrich auf diese Herrschaften erhob, und bei dem geheimen Einverständnisse, welches zwischen ihm und den Zürchern bestand, gewiss hinreichende Ver anlassung vorhanden. Zürich erklärte sich nun auf dem Tage zu Einsiedeln bereit, die Frage der Urkuudenherausgabe dem eidgenössischen Rechte zu unterstellen, nicht aber diejenige der Zulässigkeit des neuen Bundes mit Oesterreich, weil es sich in den Bünden mit den Eidgenossen die Befugniss, anderweitige Verbindungen einzugehen, vorbehalten habe. Wir sehen also auch hier wieder, wie schon früher (vergl. die Anm. zu Nr. *S8), dass Zürich gerade die politische Hauptfrage nicht durch das bundesgemässe Schiedsgericht, dessen Zusammensetzung ihm freilich nicht günstig war, entscheiden lassen wollte.
Da nun die Vorfrage, ob die Zulässigkeit des österreichischen Bundes dem eidgenössischen Rechte unterstellt werden müsse oder nicht, streitig war, so erklärte sich Zürich bereit, hinsichtlich dieser Vorfrage es auf eine »Er- läuterungt der Bünde durch Bern und Sololhurn ankommen zu lassen. Das überraschende Zutrauen, welches die Zürcher auf einmal diesen beiden Städten schenkten, während wir früher immer eher ein, nicht ganz ungerechtfertigtes Misstrauen Zürich1s gegen Bern wahrnehmen, erklärt sich aus folgendem Berichte der Klingenberger Chronik (Henne S. 298):
»Aber in den selben tagen (Januar 1443) kament die von Bern gen Zürich, und mit ineu die von Soloturn, und redten aber mit denen von Zürich, oh sie die pünd mit inen und den aidtgenossen halten weltint, oder was si sich zuo inen söltint versehen; denn die von Zürich hettint jetz hopt- lüt und soldner, das si doch unbillich hettint, denn si wistint nit, dass inen jemand begertint laid oder kain ungemoch ze tuon; denn den pund, den si und die aidgenossen mit denen von Zürich hettint, den wöltint si och getrü- lich an inen halten; si getrowtint denen von Zürich, si hieltint och dess gelich
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an inen, und bekannten die von Bern, dass die von Zürich den pund mit eren geton hettint und wol tuon möchtint, den si mit der herrschaft von Oesterrich gemacht hatten«.
Dazu bemerkt nun freilich Bullinger's Chronik (Archiv des histor. Vereins des K. Bern VII. 102) mit vollem Rechte:
»Und vermeidend der zytten vil, weger (besser) were es gewäsen, die, stett hätten minder gute wort Zürich geben, daruff Zürich sich etwas vertröst, da doch hernach kein hilff noch guts volget«.
Bemerkenswerth ist, dass nach beendigtem Kriege das Rechtsverfahren wieder gerade an dem Punkte aufgenommen wurde, wo es vor dem Kriege stehen geblieben war: der Augsburger Bürgermeister Peter von Argun ent schied am 11. März 1447 die oben bezeichnete Vorfrage dahin, dass die Zür cher vor dem eidgenössischen Rechte über alle Streitpunkte einzuantworten haben (Tschudi II. 494). Erst am 13. Juli 1450 erfolgte dann der Spruch Heinrich's von Bubenberg, durch welchen die Zürcher angehalten wurden den Bund mit Oesterreich wieder aufzugeben (Ebenda S. 543).
Blumer, Johann Jakob: Urkundensammlung des Kantons Glarus, 1865 (Google data) 217. , in: Monasterium.net, URL </mom/KantonGlarus/d8e1e5b7-0a0d-42bf-bc6d-58e31e808592/charter>, accessed at 2024-11-21+01:00
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