Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus, Nr. 245. , S. 283
245.
1443, Juli 29. bis August 10. Die Eidgenossen belagern Bapperswil.
(Aus der sogen. Hilngenberger Chronik).
(Henne, S. 323 ff.). Also nun ward des selben mentags (nach sant Jacobstag) umb den mittentag, kament die Aidtgenossen gen Rapperswil und belagent1) die statt, und zugent also die sechs panner mit ain- andren, von Glaris, von Schwitz, von Zug, von Lucern, von Ure, von Underwalden, und vil ander die denselben zuo gehorten. Also
1) belagerten.
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maintent nun die Aidtgenossen, die von Rapperswil und die bi inen warent2), wärint ab der tat ze Zürich8) erschrocken, als si och warent, und kain entschüttung4) wissten, so söltin si die statt uffgeben, und hatten och die von Schwitz und Glaris sölichs den Aidtgenossen fürgeben und in si getragen5), wan die selben zwai ort besonder denen von Rapperswil gehass und vigent warent8), und schuoff es das7), dass si inen wol gelegen warent. Also wonden8) nun die Aidtgenossen, man sölt inen die statt Rappers wil uffgeben on not und on wer9). Also schluogent si feld10) ver von der statt. Die von Ure, von Zug und Glaris lagent usswendig der kilchen ze Kempraten1'), hinder dem büchel, bi dem Mayen berg; so lagent die von Schwitz under der kilchen ze Jonen, und in der kilchen, und daselbs um; die von Lucern und von Under- walden lagent bi der Jonen, das wasser uff, also ver, dass man si mit kainer büchsen von der statt nit wol geraichen noch erlangen mocht. Also hatten si nun in der statt ain Ordnung gemachet und verbotten bi lib und guot, dass niemant ain wort sölt hinuss reden mit den Aidtgenossen, und schwaig12) man in der statt tag und nacht, als ob niemant in der statt war. Die wachten ge- torsten18) nit geschrygen noch gerüeffen noch blassen, als si vor getan hatten. Des nachtes klopfet ain wachter dem andern, so er lieset kond, und hielt man sich also gar still; denn15) etwa in dem tag liess man pfiffen und prasunen15a), und gesellen die singen konden, liess man beschaidenlich singen. Also gefiel diss schwigen inen nit allen wol vor der statt. Also behuobent si fast an bur- dinen von riss10) ze machen, und truogent die zesamen, und hatten also ain gross gewerb, doch ver von der statt, wan si burgen17) sich vast; also luffent je etwa vil knecht uss der statt, und schal mutzten mit denen vor der statt, und nament inen die ross in den waiden, und trybent si in die statt. Das taten si also etwa dick18). Also nun die Aidtgenossen dry oder vier tag vor der statt ge-
') d. h. die österreichische Besatzung. 3) der Schlacht bei St. Jakob an der Sihl. ') Entsatz. 5) die Meinung beigebracht. 6) die von R. hassten und ihnen feindlich gesinnt waren. 7) es kam daher. ») wähnten. 9) ohne Vertheidigung. 10) schlugen ein Lager auf. ") ausserhalb der Capelle Kera- praten. ") verhielt sich stille. 13) durften. ") so leise er nur konnte. ") ausser. posaunen. ") Reiswellen. »') verbargen. ") oft.
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lagent, do hatt si fast frömd und unbillich, dass die in der statt kain täding19) noch nüts an si suochten, und inen och kainer red noch täding lossen wolten. Also ward am donstag20) nach dem nachtmal, schikten si ir pfiffer und trurnmeter21) gen der statt, und pfiffen und bliessen da. Also maint man in der statt, es sölt ain nachtfryd sin, als denn ritter und knecht pflegent ze tuon, so si ze feld ligen. Aber da am frytag22) fruo ward, hatten si der selben nacht ein tarris28) vor der statt gemacht, und hatten der von Schwitz büchsen, die si denen von Zürich ze Wallenstatt hattent angewonnen, und hatten zwo büchsen in dem selben tarris, und schussen am frytag vast in die statt. Also an dem frytag ze nacht schluogent si aber24) ain tarris noch näher der statt, denn der vorder was, und am sampstag25) fruo hatten die von Lucern och zwo büchsen in dem selben tarris, und schussent also genk- lich mit vier stainbüchsen in die statt und an die muren, und trybent das also bi acht tagen bis an dem frytag, was sant Lau renzen aubent26). Also benüegt si nit des tages ze schiessen, si schussen och nachtes. Also beschachent in die statt drü hundert und zwaintzig schütz von stainbüchsen, on tarris büchsen, und ward kain mentsch in der statt nie geletzt27). Wol schussent si die muren nider witter denn zwai hüsser begriffen hand, und wol ain gemach hoch von dem herd28) oder höcher.
Also warent nun die von Rapperswil in der statt und darum fast wol zuo gerüst. Si hatten lüt, kost und anders züges genuog, si hatten zwen büchsenmaister, die och fast hinuss schussent; si hatten och sunst etwa mangen in der statt, der wol mit büchsen kond29), si hatten ir bollwerk vor der statt gemacht, da si tag und nacht inn lagent; si hatten vor der mur ain zun und wer ge macht, das si gen dem selben weder tag noch nacht nümer be- schlussen. Si lagent och in dem selben zun und in bollwerchen, die si vor der statt gemacht hatten, all nacht vor der statt bi zwai hundert oder me. Sie hatten och um die statt geschlagen ain igel80) scharpff von aichin stecken, und vor den igel vil guoter
") Unterhandlung. ") 1. August. ") Trompeter. ") 2. August. ") Batterie, Brustwehr für Geschütze. ") wieder. ") 3. August. ") 9. August. ") verwundet. ") der Erde. ") umzugehen wusste. 3») Ver- pallisadirung.
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kegel geschlagen. Si hatten och je fuossyssen mit andrem züg ganz zuo dem sturm gericht, und all ir büchsen. Also schussen nun die Aidtgenossen fast an die statt, als vor stat, und was si nider schussen, das macht man glich81) wider mit mist und mit holtz, und achtet man nicht wie fast sie schussen, man machet nüt dester minder, und bcschach doch niemant nüt, weder frowen noch man.
Also enbutten nun die uss der statt den Aidtgenossen uff das feld, si hettint grossen kosten mit schiessen, si wöltint hundert guldin nemen und weltint inen die mur als wit abbrechen, als si die abgeschossen hettint, und wissten wol dass si das schiessen me denn tusent guldin kostet hett. So weiten si des kosten uber heben, dass si darzuo kämint, und durch die löcher in die statt giengend. Also hettint nun die Aidtgenossen das hertz und den willen wol gehept, dass si die statt gestürmt hettint, könden si die lüt han funden, die vor daran gangen wären. Des selben wolt niemant lustig sin82), wan si ducht, die in der statt weltint sich weren. Und warent die von Lucern und Ure und ander unwillig, und mainten, die von Schwitz und G1 a r i s bettint es inen nit also fürgeben, und warent och unwillig und unlustig da ze liggen.
(S. 325—326).
Also warent bi inen88) in dem feld vor Rapperswil der appt von Ainsidlen84), Fridrich von He wen des bischoff von Gonstentz85) bruoder, und ander des bischoffs rät, und redten darunder, und machtent ain fryd —, und macht der Marggraff86) und die von Zürich disen frid mit den Aidtgenossen, als si vor der statt Rapperswil lagent, dass die in der statt, klain noch gross rät, nie darum gewissten. Als nun ward an dem frytag ze nacht, das was an sant Laurentzen aubent87), kament der abbt von Ain sidlen, Fridrich von Hewen und die den fryd gemacht hatten, ze Rapperswil an das tor, und begerten also, dass man si in die statt
") sogleich. ") dazu hatte Niemand Lust. ") den Eidgenossen. ") Rudolf Graf von Mosax. 33) Heinrich von Hewen. ") von Hochberg, österreichischer Landvogt. 3') 9. August.
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liess; si heltint mit inen ze reden, das inen der Marggraff en- pfollet88) hett. Also saiten si inen von dem fryd, dass si den ge macht hettint bis zu sant Jörgen tag89). Also erschrak jederman in der statt, jung und alt, frowen und man, und fluochet man inen, und schalckt si40), wer si des fryds gebetten hett. — —
Also nun ward am sampstag, das was an sant Laurentzen tag41) fruo vor tag, da huoben si an ze Rapperswil das feld schlissen42) und abziehen, und fuoreut uber den see und tribent es unz umb vesper zitt.
Obschon die vorstehende Chrouikstelle gegen die Eidgenossen offenbar parteiisch gehalten ist und deutlich genug auf einen Rapperswiler als Verfasser des die Beschreibung des Zürcberkrieges enthaltenden Theiles der sogen. Klingenberger Chronik hinweist, so glaubten wir doch diese lebens volle Schilderung, welche uns die Belagerungskuust bei uusern Vorfahren noch sehr wenig entwickelt zeigt, um so weniger weglassen zu dürfen, als Glarus im Vereine mit Schwyz die Belagerung veranlasst hatte. Dass übrigens die Eidgenossen bei letzterer sich keine Lorbeeren errungen, das beweist auch die auffallende Kürze, mit welcher Fründ (Ausg. von Kind, S. 162 ff.) diesen Vorgang behandelt. Immerhin ist anzunehmen, dass Rapperswil bei längerer Belagerung doch wohl für Oesterreich verloren gegangen wäre, und daher ist es wohl möglich, dass, wie Tschudi (II. 389) behauptet, der Mark graf von Hochberg es war, welcher den Bischof von Constanz veranlasste, die Eidgenossen zu einem Anstandsfrieden zu bereden.
3») aufgetragen. 39) 23. April 1444. ") schimpfte sie aus. ") 10. Au gust. ") das Lager abbrechen.
Anmerkung.
Blumer, Johann Jakob: Urkundensammlung des Kantons Glarus, 1865 (Google data) 245. , in: Monasterium.net, URL </mom/KantonGlarus/f725901b-358d-4420-adb1-a27ed9e75b12/charter>, accessed at 2024-11-21+01:00
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