Urkundenbuch zum österreichisch evangelischen Kirchenrecht, Nr. XX. , S. 45
Urkundenbuch zum österreichisch evangelischen Kirchenrecht, Nr. XX. , S. 45
Juli 1637.
Wir Ferdinand etc. — Liebe, Getreue. Es ist weit- und land kundig, dass Unser Erb-Königr. Böheim niemalen und zu keinen einzi gen andern Zeiten in besserem Wohlstande und Aufnehmen gewesen, als zu weiland Unsers Hochgechrten Vorfahrens Kaiser Karl des Vier ten Christmild, und Löbl. Gedächtniss Lebens- und Regierungs ' Zeiten; und dasselbe vornämlich darum, dass er aus sonderlicher, väterlicher Vorsorge und Liebe, so er gegen Euere Voreltern und liebes Vaterland gehabt, ganz vernünftig und wohl vorgesehen, dass der Unterschied und Ungleichheit in der Religion in einem Königreiche und Lande keinen rechten beständigen Frieden oder wahren aufrichtigen Gehorsam und Vertraulichkeit, sowohl gegen die Obrigkeit, als auch zwischen denen Unterthanen selbst aufrichten oder erhalten könnte. Dannenhero er dann auch im gedachtem Königr. Böheim gewisse Gesetze und Ordnungen ge macht, und darauf allen seinen, sowohl geistlichen als weltlichen Offi- cieren und Räthen mitgegeben und anbefohlen, in alle Wege und vor allen Dingen ein wachendes Auge zu haben, und höchstes Fleisses zu verhüten, damit ausser der heil, kathol. Apostol. und alleinseligmachen den christlichen Religion (dann von der Zeit an, dass das Königr. vom Heidenthum zum christlichen Glauben gebracht worden, in solchen bis auf Weil. König Wenceslaus diess Namens den Vierten, nur allein der Röm. Kath. Glaube gewesen) keine andere verführerische Ketzerei, ver- dammliche Irrthümer, Rotten und Secten in das Königr. eingeführt und verstauet würden. Da entgegen dann auch genugsam bekannt und am
46 Reiigions-Patent Kaiser Ferdinand II. für Böhm. v. 31. Juli 1627.
Tage, dass als nach vorgedachten Kaiser Karls seligem Absterben bei seinen, des Königs Wenceslai, Regierungs-Zeiten, vielleicht aus zuviel sicherer Fahrlässigkeit, allerlei Irrthümer und Ketzereien in Unser Erb- Königreich Böheim eingeschlichen; darauf allsbald allerlei Zerrüttungen, Zweispalt und Factionen unter den Unterthanen selbst, wie nicht weni ger hochschädlicher Aufstand und Rebellion wider die Obrigkeit sich angefangen und entstanden, so fast bei allen nachfolgenden Königen ge währet, sonderlich aber sich bei Wail. Kais. Rudolphi und Matthiae Christmildester Gedächtniss etc. Regierung wieder erneuert, und zu un- sern Zeiten gänzlich und dermassen überhand genommen, dass auch Unsere Unterthanen in gedachtem Königr. Böheim Uns, Unsere Erben, nachkommende Könige und das ganze Haus Oesterreich um das König reich sammt denen incorporirten Landen, wider die güldene Bulle wohl gemeldeten Kais. Karl des Vierten und also ganz um die Erb-Gerech tigkeit zu bringen, sich unterstehen dörfen.
Damit nun gedachtes Unser Erb-Königreich Böheim wiederum zu dem Wohlstande gelangen möge, darinnen es bei Zeiten wohlgedachten Unsers Vorfahren, Weil. Kais. Karls des Vierten gewesen, so haben Wir uns von der Zeit an, als uns Gott der Allmächtige durch seinen göttlichen Segen die siegreiche Victorie vor Prage wider unsere Rebel len, Feinde und Widerwärtige verliehen, nichts höher noch mehrer an gelegen sein lassen, als dem lob- und ruhm-würdigen Exempel wohl gemeldeten Kais. Karls des Vierten (welcher zu seiner Zeit vor einem Vater des Vaterlandes gehalten worden, auch solches im Werke erwie sen) mit Beschütz und Handhabung der heil, allein seligmachenden Kathol. Religion würklich nachzufolgen. Und wie nun derselbe keine Ketzereien und Irrthümer in gemeldetes Unser Erb-Königreich Böheim wissentlich einführen lassen, oder doch, da solches heimlicher Weise be sehenen, alle und jede der kathol. Religion widerwärtige Secten und Irrthümer mit ganz rühmlichen Eifer abzuschaffen, und ernstlich zu strafien verordnet. Also und dieweilWir mit höchstem Missfallen verneh men müssen, dass bei denen in Unserm Erb - Königreiche Böheim noch verbleibenden unkatholischen Inwohnern das gefährliche uns und allen Unsern gehorsamen und getreuen Unterthanen zu grossem Nachtheile und Schaden gereichende practiciren kein Ende nehmen will: So sind wir dannenhero, so wohltragenden Königl.-Amts und Schuldigkeit hal ber, als auch um unserer Unterthanen Heil und Seclen - Seligkeit wil len (welcher wegen wir dermahl einst Gott dem Allmächtigen Rechen schaft geben werden müssen) dann auch zu Stift und Fortpflanzung eines beständigen Friedens, Liebe und Einigkeit zwischen gemeldeten Unsern getreuen und lieben Unterthanen, wie nicht weniger zu sicherer Erhaltung Unserer und Unserer Erben, nachkommender Könige, an mehr gemeldetem Königreiche Böhmen habender Erbgerechtigkeit, gezwungen worden; solche Anstell- und Verordnung zu machen, damit gedachte un sere unkatholische in schädlichen Ketzereien verharrende Unterthanen die nach wohlgedachten Kaisers, Karls des Vierten Ableben eingeris sene Irrthümer und Secten verlassen, und sich hinwiederum zu der hei ligen allein seligmachenden kathol. Apostolischen Römischen Kirche und Religion wenden möchten,
fteligions-Patent Kaiser Ferdinand II. für Böhmen v. 31. Juli 1627. 47
Sintemal wir dannenhero, wie gemeldet, dann auch Gewissens halber, hinführo niemanden, so wohl aus denen höhern als niedern Stän den von Mann und Weibs - Personen in angeregtem Unserm Erb - König reiche Böheim bei den ergriffenen Ketzerischen Irrthümern und Secten verbleiben lassen können, sondern vielmehr für recht und billig auch göttlichem Willen und Gesetze gemäss zu seyn befinden, dass sich alle und jede Unsere gehorsame und getreue Uuterthanen mit Uns in der uralten röm. kathol. Religion, darinnen Unsere und Ihre Vor-Eltern recht und wohl gelebet, und vermittelst göttlicher Barmherzigkeit selig- lich von dieser Welt abgeschieden einhelliglich vergleichen: Als haben Wir noch vor dieser Zeit zu An und Fortstellung eines hochnothwendi- gen, heilsamen und Gott wohlgefälligen Reformationswerk gewisse Com- missarien verordnet, und denselben in kais. und königl. Gnaden an befohlen, sich sowohl vor sich selbst, als auch durch andere ihre subde- legirte Instructores äussersten Fleisses dahin zu bemühen, damit oftge sagte Unsere getreue und gehorsame Unterthanen in dem kathol. Glau ben gründlich und wohl informiret, von denen ergriffenen Ketzerischen Irrthümern ab, und wiederum auf den rechten Weg zur alleinseligma chenden Religion und also zum Gehorsam der heil. röm. Apostol. ka tholischen Kirche geleitet und gebracht werden möchten.
Diesem nach nun, und weil Wir bei gemeldeten Unsern verordne ten Commissarien unter andern auch vornehmlich diese Verfügung ge- than, dass sie die aus dem Herrn- und Ritterstande (auf welche dieses Unser gnädigstes Patent absonderlich gerichtet ist) nach Publication des selben anzurechnen innerhalb sechs Monathen, so wir ihnen zu einem genugsam geraumen Termine angesetzt, vor sich erfordern, und sie selbst oder durch andere darzu verordnete Personen, in mehr wohlgedachtem röm. kathol. Glauben informiren, auch nach Verfliessüng solches Ter mins, wie sich einer und der andere zu Bezeugung des schuldigen Ge horsams gegen Gott den allmächtigen und die heil, kathol. Kirche, auch Unsern zu ihrer selbst eigenen Seclen - Seligkeit gereichenden vä terlichen gnädigsten Befehl angelassen und erwiesen haben würde, ge wisse und gründliche Relation thun sollen: Hierum so haben Wir gnä digst vor gut angesehen alle und jede Unsere gehorsame und getreue Unterthanen des Herrn- und Ritterstandes hiermit gnädigst und väter lich zu ermahnen (dann was unsere Königl. und unserer geliebten Ge mahlin der Röm. Kaiserin Leib-Gedings-Städte sowohl die Unterthanen in unsern eigenthümlichen Herrschaften, wie nicht weniger aller anderer Inwohner des Königreichs Unterthanen belanget, wie nämlich dieselben zum kathol. Glauben gebracht werden sollen, da lassen wir es bei Un serer vorhin ergangenen Resolution allerdings bewenden) dass ein jed weder die von gemeldeten Unsern Commissarien oder ihren subdelegir- teri Instructoren teuherzig gemeinte Information mit eifriger Begierde und Herzen gutwillig annehme, auch sich selbst zu solchem seinem Heile Nutzen und Frommen bequeme, und in dem allein seligmachen den Heil, kathol. Glauben mit uns und der allgemeinen Christlichen Apostol. Kirche vergleiche. Dann im Widrigen, und da sich jemand in solchem angesetzten benennten Termine der 6 Monathen mit Uns in dem heil, kathol. Glauben nicht vergleichen würde, sind Wir gänzlich
48 Religions-Patent Kaiser Ferdinand II. für Böhmen vom 3 i. Juli 1627.
entschlossen, wollen Uns auch hiermit und in Kraft dieses Unsers Kai- serl. und Königl. Patents endlich erklärt haben, dass nach verlaufenem obgesetzten 6 monatlichem Termine keinem einzigen in viel bemelde- tem Unserm Erb-Königreiche Böheim länger zu wohnen, und seine Gü ter persönlich zu besitzen nicht verstattet und zugelassen, sondern die selben alsdann viel gemeldetes Unser Königreich Böheim zu räumen, ihre habende Güter aber ihren Befreundten oder andern katholischen Inwohnern zu verkaufen schuldig und verbunden sein sollen; Zu wel chem Ende dann und Verkaufung solcher Güter Wir denselben auch einen andern Termin von 6 Monathen lang angesetzt und gegeben haben wollen.
Damit aber Niemand vermeinen möchte, als wann hierdurch Geld oder Gut, und nicht Gottes des allmächtigen Ehre und Lob allein, dann auch gedachter Unserer Unterthanen Seclen - Seligkeit gesucht werde: So wollen Wir Uns hiemit und Kraft dieses in Kaiserl. Gnaden gegen männiglich weiter erklärt haben, dass woferne sich Einer oder der Andere diesem Unserm gnädigsten und endlichen Willen (dessen Wir Uns zwar keineswegs versehen) nicht gehorsamlich bequemen würde, dem oder denenselben die Emigration und Abzug ohne Abforderung einiger Nachsteuer bevor- und freistehen solle. Gestalt Wir dann auch hiermit zugelassen haben wollen, dass ein jedweder zu Bestell und Versilberung seiner Güter, wie nicht weniger Einmahnung seiner im Königreiche habenden Schulden (darzu ihnen dan schleunigst und aufs eheste mög lich Rechtens verholfen werden soll) jemand aus seinen Befreundten oder auch andere kathol. Personen zu vollmächtigen und zu hinterlassen befugt sein soll. Alldieweil Wir aber nichts lieber sehen noch wünschen wollten, als dass diejenigen alten und guten Geschlechter, deren Vor- Eltern sich in Unserm Erb-Königreiche Böheim so lange Zeit, ehe und bevor die Irrthümer und unterschiedliche Secten in das Königreich ein gerissen, in Einigkeit der kathol. Religion wohl und in gutem Aufneh men befunden, auch hinführo in gleichmässiger Einigkeit der Religion im Königreiche erhalten werden und verbleiben möchten: Als thun wir alle und jede Unsere gehorsame Unterthanen ganz väterlich und gnä digst vermahnen, es wolle diessfalls ein jeder seine selbst eigene Wohl fahrt bedenken, in sein Gewissen gehen und wohl beherzigen, damit er nicht aus gerechter Strafe und Verhängniss Gottes des allmächtigen neben dem Zeitlichen auch das Ewige, welches Wir niemanden gerne vergönnen wollten, liederlicher Weise verliere, sondern dieselben viel mehr ihre Irrthümer und Ketzerei (durch welche sie und ihre Vorfah ren verführt, und leider das ansehnliche Königreich und liebe Vaterland in das äusserste Verderben gesetzt) verlassen und zu dem alten kathol. Glauben wiederkehren, auch mit Uns in der Religion sich vergleichen ihnen angelegen sein lassen. Und es wird an dem allen vollbracht Un ser gnädigster, auch endlicher unwandelbarer Wille und Meinung. —
Religions-Patent Ferdinand II. vom 21. Juni 1628 für Böhmen. 49
Urkundenbuch zum österreichisch evangelischen Kirchenrecht, ed. Kuzmány, 1855 (Google data) XX. , in: Monasterium.net, URL </mom/Kirchenrecht/18fa6903-e985-4ba3-b4e2-44b568708a0b/charter>, accessed at 2024-12-29+01:00
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