Philipp der Großmütige - Landgraf von Hessen, IVl-h, 1. / ,' , S. 360
Philipps von gottes gnaden Landtgrave zu Hessen Graue ^ , . , > zu Catzenelnbogen :c.j
Lieber besonder. Wir wünschen euch des einigen Gottes Erlenntnus durch und in Christo Jesu. Wir haben Ewer Schrifft sambt den buchern groß und klein durchlesen, und so» viel uns gott gnad gegeben verstanden. Haben nun allerlei bedencken, uns mit euch in Schafften «intzulasfen, auß einer ursach, daß wir mochten verdacht werden, wir weren ewerer «z»imon, der andern ursach halb, daß wir besorgen, daß wir als ein Lay uns liederlich verschreiben möchten, welches man uns für eine thorheit oder für ein Ketzeren achten mochte, nach» demWir^doch ohne das ehe übel dan ein anderer thuen mögen. ..Hitweil wir euch aber dennost für keinen bösen Mann ach» t«n,. sondern für den, der einem Jeden . sein Unwissenheit und Thorheit zu gut halten tan, auch gentzlich glauben, so ir irret
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(als wirs bei unS dafür achten) baß denn solches nitt auß boA heit, sondern auß einem eiffer, den ir In chrjsto habt, kom me, seine glorj und Ehr groß zu machen, So haben wir unß fürgesetzt, euch zuschreiben auffs kürzest, was uns an eue» rer «pinioi» irret, und warumb wir des glaubens, des ir seit, nicht sein mögen.
Man wir nun Euer groß buch ansehen, so lassen wir uns darinn düncken, daß ir die Menschheit Christi ganz zur gott. heit machen wolet, und nicht allein umb Einigkeit der Person willen. Sondern sprechet, das fleisch, so christus von Maria a)l sich genommen habe, sei auch numahls gantz gottheit und doch wahrer mensch «.
Ir wollet auch das Leiden christi der gottheit zugeben, wie wir euch verstehen, deßgleichen viel sprüch, die Christus nach der Menschheit geredet, dahin ziehen, daß sie auch auff die Gottheit Christi verstanden sollen werden, welches, so es umb Einigkeit der person willen also geredt wurde, nicht übel geredt wer«, so aber es auff die Gottheit Christi verstanden soll we» den, so will es grosse irrung bringen.
Und sonderlich besorgen wir auffs höchste, daß durch Ewer «pininn die einige Gottheit, die uns Uo8e8 «leut. 32 (mit diesen Worten: Sehet ir nun, daß ichs allein bin und ist kein Gott neben mir) alle Propheten, Christus und die apostel> lehren, zertrennt und zweyerlei Gottheit oder gotter gemacht würde, welches die grosse irrung were, so auff die welt immer kommen kondt oder mocht. Dorumb müssen ir des Spruchs Mr. 12. wol warnemen, da Christus zum Schriftgelehrten spricht.' das fürnembst Gebott ist, höre Israel, gott unser Herr ist ein einiger gott^ und du solt gott deinen Heren lieben von gantzem Hertzen :c. da nun der Schrifftgelert Sprach: du hast warlich recht geredt, dan es ist ein einiger gott, und ist kein ander ausser ihme, und denselben lieben von gantzem Hertzen :c. ist mehr dan brandopffer und alle opfer, sprach Christus zu ihme, dä er so weißlich antwortet, du bist nicht ferr vom reich GotteS.
Item sotten wir den spruch, der vatter ist grosser dan ich, der gottheit Christi nach verstehen, so hetten wir einen grossen und einen kleinen Gott, daraus muß der spruch allein auf sein Menschheit verstanden werden.
Sotten wir den spruch, da Christus spricht im garten «. Vater ists dein Wille, so nim den lelch von mir, ists aber nit möglich, so geschehe dein wille, dahin verstehen, daß ein
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gottheit die andere gebetten hette, den Kelch von Ir zu n«, men, was wolle darnach änderst folgen, dann zween götter, da einer beere, und der ander angebetet würde?
Item Christus spricht im Hlure« vom "Jüngsten Tag, da wisse kein Engel von, auch der Sohn nicht, fondern allein der Vatter. sollte nun dieses auff die gottliche Natur, wie Christus Gott ist, verstanden werden, daß er unwissend wer«, was wölt« da änderst ausfolgen, dann daß zwen gotter weren, ein un> wissender und ein wissender.
Item spricht Christus: ach gott, ach gott, warumb hast« mich verlassen? selte das der gottheit nach verstanden werden, wie Ir sprecht, die gottheit hat gelitten, so würden abermalen zwen Gotter werden, ein leidender und ein unleidender, und müsste Ewerer Meinung nach folgen, daß ein Stück der gottheit des Sohnes gelitten hette, und dieweil vom vatter und H. Geist abgetrent gewest were. dann es stehet ja »ä ltebr. 2. c»p. Er hat Ihne ein kleine Zeit der Engeln mangeln lassen, und darnach mit den Eeren und Preis) gecronet.
Nun hat ie die gottheit nieh der Engeldienst gemangelt, wir gleuben auch kaum, daß ir sagen werdet, das; ein Stück der gottheit der Engel gemangelt hette, denn unsers Verstands kan sich die einige Gottheit nit trennen, noch sondern, sondern bleibt in einem wesen ein eiliger gott. da sehet ir nun aber» mal, was hierauß folgen wolle.
Daß man aber spricht, gott hat gelitten, umb Einigkeit der Person willen, doch wie ?»ulu« sagt, «evunäum c«rmen, solches were zu leiden, und recht geredt.
Item spricht Christus ie: Vatter in deine Hände bevelch« ich meinen geist oder seele, daß nun ein gottheit oder gott der oder dem andern die seele beoelchen solle, solches were seltzam zu hören, und tonte die einige gottheit nicht bestehen, sondern die geringere beuelche der grosseren ire seele oder geiste, was »olle daraus aber änderst folgen, denn daß zwen gotter oder zweierlei gottheit were?
Dorumb müssen diese Spruch ohnzweiffel auf die Mensch-, heit verstanden werden, wie es auch ketru» bezeuget, daß er gelitten habe, nach dem fleisch.
Ja lieber Schwenckfeld, ir sehet allenthalb, daß uns Chri» stus und die avostel weisen, gott den Vatter anzubeeten, wie «ns dail. Christus das Vatter unser leeret, auch an andern or> ten spricht: was ir werdet den V»tt« bitten in meinem namen «.
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und weiset uns allß auf den Vatter, durch sein verbinst und sterben.
Die warhafftigen anbeeter werden den Vatter im geist und warheit anbeeten. hierauß düncket uns, wo ir euch recht erin nert, und allen Unwillen hindansetzet:c. so sollet' ir euch zu berichten haben.
Ob ir aber sprechen wollet, dise Spruch seien nun alle in der dienstbarkeit Christi geredt, und Christus sei nun auffer« standen, Hab einen andern leib angezogen:c. so besorgen wir doch sehr, Es wolte kein argument sein, dann Christus hat Je keinen, anderen leib auß dem grabe genommen, dann den leib, der hinein gelegt was, so ist ja sein leib, wie der Psalm sagt, nicht in die Verwesung kommen, noch die gesehen. Ob er aber nunmehr nicht tödtlich oder leidenlich ist, so ists doch eben der Christus und der leib, der von Marien geboren ist, dan wo hat er sonstet den leib in den dreien Nachten hinlegen mo, gen noch wollen, sonder er hat eben den leib, der am Creutz gelitten hat, der gestorben, im grabe gelegen,' wieder durch gott auffcrweckt, aufferstanden und gen Himmel gefürt ist, und daß solches wahr sei, so müst ir des Spruchs I<uo. 24. wol warnemen, da Christus nach der urstende spricht, was seit ir so erschrocken, und warumb kommen solche gedancken in ewere hertzen, sehet meine Hände und fueß, ich bms selbst, fület mich und sehet, dan ein geist hat weder fleisch noch bei«, was ir sehet, daß ich Hab, und zeiget ihnen Hände und fuesse, und da sie noch nicht gleubten, aß er mit ihnen Honig und fisch:c.
Hierauß habt ir abermal zu sehen, daß ewer opiniun nit stat haben will, sondern daß eben der leib, den »r dinstbar nennet, ist der leib, der am Creutz gestorben, und auß Maria geboren ist.
Weiter stehet im ^lolianne 2N. daß christus spricht: rühr» mich nicht an, gehe aber hin zu meinen bruedern, und sage ihnen, ich fare auff zu meinem Vatter und zu ewerm Vatter, zu meinem Gott und euerem Gott, hie will euch aberma» len, mein lieber Schwenckfeld, auffmercken und still zuhalten sein, und wol zu bedencken stehen, warumb christus spricht: zu meinem gott und ewerem gott. Sollte dieser Spruch nach der gottheit Christi verstanden werden, so wers unsers anse» hens selzam, dan ie Christus nach der gottheit in eini» ger einigleit eins gottes war, darumb er nicht sagen mocht nach göttlicher Natur (zu meinem gott) dan ers je selbst was, und wan er solches nach göttlicher Natur geredt hette,
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s« müsse barauß folgen, daß der Vatter grlsser wer«, bann Er, den er seinen gott nennet, und darumb muß es nach sei» ner Menschheit verstanden werden.
Und wir besorgen, alhie lige ewer argument gantz darni» nlder, so vil die dinstbarkeit betrifft, dann diesen spruch redet Christus nicht mehr im leidenden cilrper, sondern im aufferstan» denen und unsterblichen wahren leib.
Od ir aber sagen wollet, daas were noch in der dinstbar» keit gewesen. Er were noch nicht auffgefahren gen Himmel, so sorgen wir, es werde euch doch nit helffen mögen, . denn es stehet im ^«t. 2. ir manner von galilea, was stehet ir hie, und sehet in Himmel, dieser ^«8U8 der von euch ist genommen gen Himmel, wirt kommen, wie ir ihnen gesehen habt gen him» »nel faren.
Wann ir dieses Spruchs wol warnemet, so wirt er euch gentzlich berichten, nemlich, daß der ^e««8, wie sie, die apo. stel, ihnen haben sehen gen Himmel faren, also werde wider» kommen.
Wie ist er nun gen Himmel gefaren? allß Gott dLrffte er nicht gen Himmel faren, dan er was allso fürhin dorinnen.
Er ist aber allso ein wahrer Mensch, mit dem leib, der am Creutz gelobtet, und nun aufferstanden ist, den auch seine Jünger betastet und befüelet» haben, und er sie mit seinem Athem angehauchet, gen Himmel gefüert gefaren, durch dl« wolcke bedeckt, allso will er auch wiederkommen.
Und allso ist er auch unser Mitler zwischen Gott und den Menschen, wie ?»ul!u8 sagt »6 '1'imotl,. 2. es ist ein Gott «nd ein Mitler zwischen Gott und den Menschen, nemlich der Mensch Jesus Christus.
Im ^olianne stehet, Meine liebe Kindlein, ir sollet nicht sündigen, ob ir aber sündiget, so haben wir einen Vorsprecher, ^e»um Christum den gerechten, wie wollet ir doch einen clä» leren Spruch haben, dann daß ?»ulu8 spricht: es ist ein Gott und Mitler zwischen Gott und den Menschen, Jesus thristus?
Er spricht da, der Mensch Jesus Christus, und nicht der gott Jesus christus. Johannes spricht: ob wir sündigen, so haben wir einen Vorsprecher, nemlich Iesum chnstum den gerechten, und spricht nicht gott, fondern Iesum christum de» gerechten.
So kan s« eine gottheit bei der andern nit mitten oder, fursprechen, sonften wolt darauf) folgen, wie
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vorgemelt, daß «in gottheit grlsser wer«, welch die Mittelung von der anderen Gottheit oder (Hott anneme, und daß di« andere, nemlich Hie geringere, mittelte.
Desgleichen der vorspruch oder gnadenstul, wie es Paulus »ä It,om. nennet, kan je auch nicht, wo man anders die einige Gottheit oder einigen Gott behalten will, unsers dünckens, vorsprechen, sonst wer« ein geringer gott, der den grösseren an» spreche und beete.
Und müssen darumb alle diese Spruch auf die Menschheit thristi verstanden werden, da doch die gottheit inwohnet, und Christus warer gott ist, und doch wahrer Mensch auch bleibt, dann er hat, wie Paulus spricht »ä Nedr. 2. nicht der En» gelsamen an sich genommen, sondern den samen Abrahe, da» her musste er den brüedern in allen dingen gleich werden, auff daß er barmhertzig würde und ein trewer Hoherpriester für gott, zu versüenen die sünd-des volcks, denn darinnen er ge» litten hat und versucht ist, kan er helffen denen, die versucht werden :c. dann eines, solchen hohen Priesters thete not«, der da. selbst mit allerlei versucht was, auff daß er mit anderen mitleiden haben kondte, allß »<l Nebr. 5. stehet, dieweil wir den einigen Hohenpriester haben, Iesum den söhn gottes, der gen Himmel gefaren ist, so laßt uns halten an dem bekentnus, dann wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht kondt mit» leiden haben mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalb, wie wir, doch ohne sünden «.
So ir nun dise Spruch allsambt wol Merckt, sambt d«r ursach, daß di« einige Gottheit und gott, nicht in zweierlei gottheit gezogen werde, und was dar» auß folgen wolte, so hoffen wir, ir würdet zu der einigkeit tretten, und nicht unnothige Spaltung in der Kirchen machen und anrichten, dann gottlob wir alle Christum einen wahr» hafftigen gott und waarhafftigen menschen glauben und beten» nen und doch nicht einer Natur zulegen das der andern gebüret, oder abbrechen, das ir eignet, und lassen es bei der einfalt bleiben, steigen nicht zu hoch in jedes geheimniß, glau» ben der Schrifft einfeltig, und besehen das übri» ge Gott.
So vil aber das wort creatur angehet (das diesen zanck erregt) wan es bei uns wollen wir wol, es blibe vermittln, daß man christum kein creatur nente, dann wir ihnen nicht für «in creatur halten, sondern was an ihm« ist auß dem Hl.
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Geist geboren, miß dem fleisch und bluet Marien der jungt» frawen, und über aller Menschen verstand, doch also daß in einem waren menschen unser bruder, des weibs zuesamen, der der Schlang den Kopf zertretten soll sei, doch lassen wir einem jeden der creatur halben sein urtheil.
Auß diesem hoffen wir, solt ir berichts genug haben, euch zu der Einigkeit zu geben, uns mißfellet aber eins gantz sehr von Euch, daß ir Lucero schuld gebet, alß solt er geschrieben haben, daß kein sünde verdamme, dann die sünd im H.Geist, und ziehet ihn hart an, darauß wir mercken ein bitter Wur. tzel, die ir zu ihn und Frechten habt, welches ewere und an, derer opiniun verdacht macht, daß etliche dinge den Predigern zuwider geschehen mochten, doch wollen wir euch nicht urthei« len, sondern allein ermanen gott zu bitten, jdiese Wurtzell, so sie an euch angefangen hette, außzureutten.
Wir mögen dieses aber mit warheit sagen, daß Lueeru» bei uns und anderen vil anders geprediget hat, und haben kaum einen Prediger geHort, der so ernstlich zu züchtigem le- den, von sünden abzustehen, und guts zu thun geleeret hat, allst er gethan, wie wir dan vilmalen von Ihme geHort, daß er gepredigt, die geitzige, Volseuffer, hurer, Eheblecher «. wie Paulus sagt, das reich gottes nicht erben würden.
Ob wol er schon geschriben hette, wie auch Johannes, baß nur ein sünd zum tod wer, dafür man nicht bitten solt, und wie christus sagt, daß alle Missethat vergeben wurde, ohne die sünde in h. Geist, so wüsten wir nicht, was er daran ver. brechen, oder wider göttliche Schrifft gesagt hette, und darumb wer gut, daß ir nicht mehr so liderlich einen verunglimpsset, es möcht sonst Ewer opinion verdechtig machen»
Dises wollen wir euch allso getrewer guter Meinung anfü» gen, mit höchster bitt, umb des ewigen gottes und Mittlers willen, wollet, euch zur Einigkeit geben, und die Kürchen christi Mit mehreren zenckischen opinioneu nicht befestigen, und wir mögen auch einer antwort hierauf wol leiden, äutum Cassel den 7. Febr. Anno 1542.
Auch lieber besonder, diesen brieff haben wir auß unserm oignen Kopf und ohnesonstet jemandts anders hilff concipirt begriffen, und hetten auch den mit unseren aignen henden an euch geschrieben, dieweil wir aber ein unlesentlich handschrifft ha ben, so trügen wir fürsorge, ir köndtet die nicht lesen, dar»
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umb haben wirs durch einen andern an euch mundiren und umbschreiben laffen. «Iztuin ut «upi».
Philipps 3. zu Hessen fsß.
Nachdem auch wir auß ewerem Buch under anderen ver» nommen, dqß ir auß den Propheten darthun wollet, daß Christus der wahre Messias feie, möchten wir wol leiden, daß solches geschehe, und öffentlich außgieng, dann es solt« unsers erachtens nit unfruchtbar, sondern viel guts bei den juden und denen, so wenig auff christum achten, würcken. <l»tulu ut ßUvril,
Philipp der Großmütige - Landgraf von Hessen, ed. Rommel, 1830 (Google data) IVl-h, 1. / ,' , in: Monasterium.net, URL <https://www.monasterium.net/mom/PhilippDerGrossmuethige/b4a82c1e-e5f4-4e74-a427-a6cbbc886417/charter>, accessed 2025-04-20+02:00
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