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Charter: Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg (1530), ed. Förstemann, 1833 (Google data) 110
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Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Nr. 110, S. 294
 

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Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Nr. 110, S. 294

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    Nr. 96. (16. Iun.)

    Bedenken des Markgraflich Brandenburgischen Canzlers

    Georg Vogler über die von dem Kaiser Karl V.

    verlangte Abstellung der Predigten.

    Aus der gleichzeitigen Abschrift in den Marlgräfl. Brandend. Acten (jetzt im Äömgl. Baienschen Archive zu Nürnberg Religions- Acten von 1530. Vol. XV.) Nr. 3. so!. 17 - 24. ?- Aeußere Auf schrift: „Georgen Voglers Marggfischen Canzlers bedcnckcn, wie kayr Mt Hegern, die Predig avzestellen, abgeleint werden mocht/

    Iun. 275

    Nngefarlich vedenncken, warvmb mein gnedigster vnnd gnedig l)errn der Churfurst zu S a ch s se n, Marggf I ^ r 3 zu Bran« denburg, Herzog lLrnnst vnnd Herzog Franciscus vonn Braunschweick vnd ^unnenburg, Her philipß, lanndt« graff zw Hessenn, vndHerrWolfganng, Fürst zu Anhalt, nic willigen khönnen, Irer thur vnd fürstlichen gnaden prcdi» ger Christlich predigen ab oder In ruhe zustellen.

    Zum ersten, das es zuuorderst wider gott vnnd Irer Chur vnnd fürstlichen gnaden gewissen, Dieweil gottes wort vnnd das heylig Euangelion Inn alle welt, Ja allen Creaturn frej zupre digen von Christo, vnnserm Hanland vnnd ainigen Herrn oder Ne- girer vnnsers glaubens, beuolhen ist, auch demnach an kein statt noch Zeit gepunoen, vnd noch vil weniger mit Ich« verpotten werden soll.

    Zum anndern, das es die ainig speiß der seien ist, vnnd dar vmb ein speiß genant, das die Christlich seel dardurch ernert vnnd erhallten wurdet, wie der naturlich leib von der Leiblichen speis, Ja ein solche speis, die sele vnnd leib erhellt, wie Chri< stus, vnser lieber Herr, selbst wider den Sathan Mathej am vierten auß Deut: am achten sagt: der mensch lebet nicht vom probt allein, Sonder von einem Iegclichen wort, das durch den Mund gottes geht. Also das kein rechter warer Christ deß heil» ligen Euangelion vnd wort gottes keinen tag entberen tan, vnd selig ist der mensch, der alle stund Hunger vnd dhurst darnach hat. Herwidervmb ist erschrockenlich zuhören, das vnns gott durch den Propheten trohet, das ex vnns nit am theurung oder mangel deß brots, sonnder seins gotlichen worts anrichten, zuschicken oder verhenngen wolle, wie Lannge Zeit gewesen vnnd Iezt weiter zw erhallten vnterstannden wurdet.

    Vnnd ob wollt gesagt werden, wir konnten vnns solchs man- gels »ut beclagen, Dann tayserliche Mayestet wollen selbst das wort gottes predigen lassen, Do mochten wirs alls ein speis vnnser seelen hören, So tonnen wir doch wol aus dem, das ta>/ M? vf des widerteils »»gleichen vericht vnnd vngesiumb anhallten vnnser Prediger Predig abzustellen begert, wol vermuten vnnd schliessen,

    18 «

    276 Iun.

    das Ir ta>/ M? dieselben für Irrig oder vngcrecht hellt vnnd ann.- der Prediger aufstellen wollen, die vnnser Prediger Leer vnnd pre- dig entgegen vnd zuwider leren vnnd predigen sollen. Dann wo es die Maynung nit were, So begerten Ir ta>/ M? nit, vnnser predicanten predigen abzuschaffen.

    Wie könnten wir nun solcher der anndern Prediger Leren vnd predigen mit gutem gewissen vnnd on schwer verdamblich ergemus aller frumen christen menschen hören? Wurd nit bej menigclich dafür verstannden vnnd gehallten werden, wir weren vonn vnnser Prediger leer vnd predig, die wir doch für das hey'lig lauter Rain Euangelion vnnd wort gotts hallten, gewichen vnnd hellen das« selbig, welchs gott selbst ist, aus menschlicher forcht oder schwächst verlaugnet? Dafür vnns gott Inn ewigkeit behüten wolle, wie er dann wol thun tan vnd wirdet.

    So sind wir auch nit allein vonn vnnser selbst, Sonnder aller der vnnsern wegen hie, sonderlich aber alls vnnsers hofge, sinds haußväter, den aus gotlichem beuelch geburt, Ir haußge» finde nit allein mit speisung des leibs, Sonnder auch der Seelen, das ist mit dem Rainen wort gottts fursehung zethon, vnnd solch« on vnderlaß, dieweil die Christlich sele Irer speiß alls wenig alls der leib entberen tan, vnd der teufel nit fey'rt, den menschen leg» lich von dem Selig machenden wort gottes abzureissen, wollen wir annderst vberig sein, das gott vnnser vnderthon plut nit vonn vnnsern hennden werd erfordern. Wir können vnns auch Inn solchem auf nyemand annders verlassen, noch entschuldigen, Dann do muß ein ycttlicher für sich selbst vor dem gerechten Richter steh« vnnd antwort geben.

    Zum dritten Ist das predigen vor auf keinem Reichstag mit ernnst nie verbottcnn. Dann ob wol die tonigclich Mt zu Hun gern vnnd BeHeim, auch ander Irer tay" M? Commissarien vff dem ersten Reichstag zu Speier dem Churfursten zu Sachsscn vnnd Lanndgrafen zu Hessen dafür bitten, haben sie es doch vf anzeigung vnnser Christlichen vrsachen dabej pleiben lassen. Ja es'ist vnnser Prediger Leer, ausserhalb deß Edicts zu Wormbs außganngen, vff keinem volgenden Reychstag nie verdambt. Aber

    Iun. 277

    wol auf dem negst darnach uolgenden Reichstag zu Nurmberg zugelassen, vnnd beuolhen, dieselben zu Examinlrn vnd das gut vom pösen zuschaiden.

    Das auch das hey'lig Euangelion gepredigt werden soll nach außlegung der schriften von« der Christlichen tirchen approbirt. Das vnd kein anders ist bisher durch vnnsere predicanten gescheen, vnnd geschicht noch also.

    Zum vierten, so gibt der abschied deß erst gehalten Reichs, tags zu Spei er niner Iegclichen Obrigkeit frej zw, das sich am Iegcliche Jim sachen, obgemelre Edict betreffen, mit den Iren bis vff ein frej gemein Concilion oder National uersamblung Christlich also hallten, leben vnd Negiren soll vnd möge, wie das ein yegc- liche Obrigkeit gegen« gott (.alls dem ainigen Herrn vnnsers glaubeus.) vnnd kcyserlicher Mauestat (.alls vnnser zeitlichen Obrigkeit.) getraiv vnd hoffe zuuerantwurten. Darvmb wir auch Jetzt hie vnnd alweg vrbutig gewesen sind, vnnser leer vnd lebens halben Christlich Rechenschaft vnd Confession zethun, Alls mit der turtz hernach volgen wurdet. ^) Vnnd ist solcher abschied durch aincn ainhelligen beschlus der kaystrlichen Mt Commissarien, Ora< toren, Churfursten, Fürsten vnd Stennde zum höchsten verpflicht, dabej zupleiben vnnd nichts dawider furzunchmen, noch ausgehn

    zelassen.

    Zum fünften, So verpeut vnns auch der abschied deß an- dem vnd Jüngsten Reichstags zu Spei er das predigen nit, Sonnder sezt, das wir weiter Neuerung bis zu künftigem Concilio souil möglich vnd menschlich verhueten sollen, welchs wir auch bis, her gethon, vnd wiewol wir von anndern beschwerungen, Inn sol< chem abschied begriffen, an vnnd für die Römischen tayserlichen Mayestat vnnd ein gcmein^frej Christlich Concilion appellirt, Alls wir auch solch vnnser Applon zu Irer Zeit zu prosequirn gedenw cken, So haben wir doch gemeltem abschied gemeß nichts neus furgenomen, noch bej den vnsern wissenlich gestattet.

    ') Vergleiche die Annmtuüg am Ende dieses Bedenkens S. 280.

    278 Iun.

    Zum sechsten were dises abschaffen des predigens nit allein wider alle obgemelte gotliche beuelch, gut gewissen vnd Reichs abschiede, Sonnder auch zum höchsten wider der kayserlichen Na- yestatt tayftrlich vnd gnedig ausschreiben zu disem Reychstag ge< thon. Dann DarInn werd Je gar lauter befunden, das Ir tm/ Mt mit des Heilligen Reichs Churfursten, surften vnd an« dern Stmnden hie furnemen, beratschlagen vnd beschliessen wolle, wie der Irrung vnd Zwispalt halben Inn dem Heyligen glauben vnd der Christlichen Religion gehandelt vnd beschlossen werden möge vnd solle, vnnd damit solchs dest besserer vnd hailsamer ge- scheen möge, die Zwitrachten hinzulegen, Widerwillen zulassen, verganngne Irrsal Christo, vnserm Seligmacher, zuergeben, vnd vleis anzuteren, alle «ins Iegclichen gutbeduncken, opinion vnd Maynung zwischen vnnsselbs Inn liebe vnnd gütlicheit zuhören, zuuerstehn vnd zuenvegen, die zu einer ainigen Christlichen war- hcit zubringen vnd zuuergleichen. Alles so zu bebenteiln nit recht ist außgelegt oder gehandelt abzethun, durch vnns alle ain einige vnd wäre Religion anzunemen vnnd zuhallten, vnnd wie wir alle vnter einem Christo sein vnd streiten, Also alle Inn einer gcmain- schaft, tirchen vnd aynigkeit zulebcn, vnd beschließlich also gute Ainigkeit vnd ftid :c, Inn disen vnd andern fachen zubesliessen, zu machen, aufzurichten vnd zu vnderhallten. So sollen wir dar- vmb gannz vnuerzogcnlich Hieher komm, wie wir dann vor anw dern gehorsamblich gethon vnnd mit grossen Costen lanng hie ge- wartt haben.

    Welch Irer tay" Mt ausschreiben Je Im buchstaben ain Christlich, tayserlich, gnedig vnd loblich ausschreiben ist, DarInn gestannden vnd bekannt wurdet, das vf bedenteiln geIrrt oder nit recht außgelegt vnd gehandelt sej, wicwol wir noch vnnsere Prediger der Irrung vom widertauff vnd Heilligen Sacrament des leibs vnd bluts christj nichts verwant, sonder mer oder alls vil alls Jemand ander dawider sein, wie aus vnser volgenden Eon» fession clerlich vermerckt wurdet, auch dcrhalbcn vnnsers teils kein Irrung oder unrecht auslegung wissen, vnnd mit dem obgemelten Christlichen kayserlichen erbitten, alle ains Iegclichen gutbedun

    Iun. 279

    cken, opinion vnd Maynung Inn lieb vnd gutlicheit zuhören, zuuerstehn vnd zuerwegen, auch die zu ainer christlichen warheit zubringen vnd zuuergleichm, das unrecht abzethun, vnd mit vnns allen ein ainige wäre Religion anzunehmen (.das ist vnd tan nit änderst verstannden werden, dann von neuem.) Sonnst bedo'rft man allererst nichts annemen, Sonnder geburt sich allein, das allt zuhallten.

    Soll dann nun vber solch Christlich tayserlich vnd gannz gnedig loblich ausschreiben, deß sich alle frume christen mit vnns gefteuet, on vorgehende versprochne vnnd zugeschribene verhöre Inn liebe vnnd gutlicheit alle ains Iegclichcn gulbeduncken, Opinion vnnd Mahnung, auch on vcrstannd vnd stattlich bewegung dersel- den vnnd sonderlich one vergleichung Christlicher warheit vnnser Cristlichen predicanten leer und predigen alls das Hauptstuck vnn- sers Christemhumbs vnd angezogen Zwispalts abgeschafft werden, wie tonnt das bej der tay" M? ausschreiben bestehn? wurd nit menigclich auch bej anndcrn Nationen sagen vnd Schliessen, tay- serliche M? soll nach vermögen Irs «igen ausschreibens vnnd aller volcker recht vor ains yegclichcn gulbeduncken Opinion vnnd May nung Inn lieb vnd gutlicheit notturfftigtlich gehört, verstannden vnnd crwegen, auch mit Christlicher warheit verglichen, vnnd nit die hanndlung mit Mandaten vnnd Arresten angefangen haben, wie der widerteil zuu:rtruckung der warheit gern sehe, vngeacht was vnlobs der tay" M? daraus volgen möcht? Alls auch der widerteil gestern vber der tay" Mt abschaffen Ire prediget Inn mcr dann ainer tirchen aufgestellt, Do wir dannocht Irer tay" M? zugefallen geruhet hellen.

    Es hat auch dawider gar nit statt, das tat/ M? Irs gewis- sens halben vnnser predicanten predig nit selten leiden tonnen. So doch dieselben, alls vorgemelt,, nichts anders, dann das pur, lau ter, Rain wort gottes predigen, auch darvmb still zustehn vnd Rechenschafft zugeben vrbutig sind. Ja obgemelte verhöre, rechten verstannd vnnd stattlich crwegung des hanndels auch vergleichung mit Christlicher warheit, welche allein gottes wort ist, zum we nigsten alls wol leiden mkgen vnd wollen, alls die vom gegenteil,

    280 Iun.

    sind auch darvmb hie. So waist sich die tayserlich May'estatt alls ein Cristlicher tay'ser, des gemut oder Mahnung onzweiuel nit steet, gott sein ere, die er auch keinem anndern geben will, zu» entziehen oder Inn sein gotlich regiment zugreiffen, gar Leichtlich selbst zu erInnern, das weder Ir tayserlich Mayestat, noch der< selben gewissen vber vnnser, noch teins menschen gewissen zurich, ten oder zu herschen hat, Dann das gehört allein gott zu, Der auch allein aller menschen herzen vnd gewissen erkennt vnnd die durch sein wort vnnd gaist gerecht, gut oder böß machen, weichstem mensch vfcrden lhun tan, wie mocht dann ein mensch vberdeßanw dem gewissen richten vnd herschen. Das er nit erkennt noch waiß, Ja nit erthenncn, auch weder gerecht, gut noch bos machen mag? Vnnd damit tm/. Mt vnnser Prediger leren vnd predigen, welche wir für das Lauter Euangelion vnnd wort gottes hallten, mit der turtz gruntlich bericht werden, So vbergebcn wir Irer tan? M? hiemit desselben ain lauter anzeigen Inn der eyl vfs kürzt gestellt *), Mitt dem erbieten, wo Ir km/ M? darInn ainichen Mangel hett, oder vnnser vnd vnnser predicanten gutbeduncken, Opinion vnd Maynung weiter hören, Alls wir vnns dann dar« Inn vnnser weiter notturfft furzubringen vorbehalten, Das wir

     
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