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Charter: Urkunden (1285-1545) 1537 VIII 05
Signature: 1537 VIII 05
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(ca. 5. August 1537)
Gerwig Awer bittet die Nö. Regierung wegen schwerer Konflikte mit dem Prior von Wien und Prior Augustinus von Korneuburg um Enthebung von seinem Auftrag; gleichzeitig ersucht er um Weisung, was mit dem verschlossenen Kristallfläschchen geschehen solle, in dem der verstorbene Prior von Baden angeblich den Teufel aufbewahrt habe.
Source Regest: MAURER, Augustiner-Eremiten Baden (=FRA II/89, Wien 1998) S. 286, Nr. 113.
 

orig.Orig. verschollen.
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Baden OESA


    cop.
    Abschriften: Prot. A (1607) S. 737; Prot. B (1647) S. 389.

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      Romischer, Hungerischer und Bohaimischer küniglicher mayestät und diser Niderösterreichischen landen hochlobliche canzler unnd regenten. Wolgeborn, gestreng, hochgelerth, edl, vesst, sonders gebietende, gnedige, liebe herrn! Der herr prior augustiner ordens zu Wien hatt mir von ewer gnaden ainen küniglichen bevelch am ersten tag dits monats uberantworth, den ich mit gebür unnd gehorsamblich empfangen, mich gegen ime erbotten, nach laut ewer gnaden bevelch, wan es ime gelegen, gehorsamblich zu leben unnd das innig zu vollziehen, was der bevelch mag; damit er derselben zeit zufriden. Nachfolgenden freytag1 hatt mich vorgenanter herr prior besuecht umb einantworthung nach laut ewer gnaden bevelch. Also bin ich umb zwölff uhr mit sambt dem stattschreiber2 zu Baden in das closter kommen, mich gegen ime erbotten, ainen anfang zu machen unnd ime nach laut des inventari zu uberantworthen. Da er, prior von Wien, bey ime gehabt ainen seines ordens brueder mit namen herrn Augustin, priorn zu Cornneuburg. Derselb brueder hatt sich mit mir in viel disputation unnd protestation einlaßen wollen. Sie weren privilegiert von bapstlicher heiligkeit, daß niemand weltlicher mit inen oder den irigen umbzugehen haben solle; die künigliche mayestät soll ihr schuzherr sein; wan er zu Cornneuburg stürb, würd es der könig nimmermehr innen; hie zu Baden unnd Fürstenfeldt hetten die prior was verlaßen, muß der könig wißen etc., mit anndern viel bösen, unzüchtigen worthen, nemblich: Ich hett nichts zu schaffen mit inen; es were gnueg, wan sie mir nach laut des bevelchs anzaigten; wöll ich nicht darein bewilligen, wollten sie es dannoch thuen. Des ich widersprochen unnd inen zu verstehen geben, ich wolle solches ewer gnaden anzaigen; sie dorffen meiner person nichts zu gefallen oder gehorsamb thuen, sunder aus bevelch küniglicher mayestät unnd ewer gnaden. Unangesehen hab ich dem herrn prior zu Wien denselben freytag eingeantworthet, auch etliche gemach geöffnet laut des inventarii und ewer gnaden bevelchs. Da ichs ihm nit gar denselbigen tag uberantworthen hab mögen, zaiget ich dem herrn prior von Wien an, den andern tag zu morgen früe wollt ich nach laut des bevelchs ime gar einantworthen. Da kam aber derselb brueder herr Augustin herfür, er were von des ordens wegen darzue verordnet, er könte vor erichtags bey der einantworthung nit sein; derhalben soll ich dem herrn prior nichts einantworthen oder das sacrarium eröffnen, biß daß er wider komme. Wiewol ich ime geantworth, er hette wenig mit mir zu schaffen oder zu handlen, ich wolt dem herrn prior von Wien nach laut des bevelchs einantworthung thuen, ließ sich auch der prior von Wien gegen mir hören, er möchte ihn wol darbey leiden aus ursachen, daß er desto baß bey seiner ordentlichen obrigkheit unnd bey den brüedern verantworthen könt. Allso ist die einantworthung biß auf den nechst künfftigen erichtag gestellt worden. Nachdem, genedige herrn, ich den bruedern groß unnder den äugen unnd mich auch vielleicht kein weltliche person wol leiden mögen, bitt ich ewer gnaden undertheniglich, wollen sollchen bevelch von mir genediglich aufheben, dan sie tag unnd nacht gedenckhen, wie sie mir bey ewer gnaden unnd anderstwo ungunst machen könten oder ain bangget schenckhen möchten. Bitt ich ewer gnaden undertheniglich, sofer sie mich bey ewer gnaden verklagen wurden, wie sie sich dan merckhen laßen, ich will in warheit mit grundt der warheit bey ewer gnaden der halffter am barn nit vergeßen, dan ich mich bey diesen meinen conventbrüdern nit viel guts versehen kan. Sie laßen sich merckhen gegen mir unnd anndern viel selzamer red, derhalben ich des priorat unnd ewer gnaden bevelch ganz gnueg hab, dieweil ich nur ain schatt an der wandt sein soll, wie sie sich dan merckhen laßen. Bitt ich ewer gnaden undertheniglich, wollen mich des bevelchs gnediglich entlaßen unnd ainen anndern darzue verordnen. Darzue zaig ich ewer gnaden an, daß wir under annderm in der inventirung gefunden gar ain schöne cristallen oder parillen, darinnen soll der gestorbne prior den teuffel gehabt haben, dem ich doch kainen glauben glb. Bit ich, ewer gnaden wollen mir gnediglich vergönnen, daß ich in gegenwarth des priors von Wien dieselbe parillen in ain wand würff oder zerbrech, damit ich doch sehe, was mit wachs verstrichen in demselben glaß seye; oder ewer gnaden erfordern, sollch glaß zu besehen. Unnd warth weiter auf solch mein anzaigen gnedige antworth, der ich mich undertheniglich bevehlen thue, Ewer gnaden undertheniger Gerwickh Awer von Herrnkirchen.
      Source Fulltext: MAURER, Augustiner-Eremiten Baden (=FRA II/89, Wien 1998) S. 287-289.
      Secondary Literature
      • Lit.: Anzinger, Augustiner-Eremiten S. 43.

      Comment

      Nach seinem Inhalt muß das Schreiben zwischen 4. und 6. August entstanden sein; am wahrscheinlichsten scheint mir der 5. , weil sonst wohl der 3. als "gestern", bzw. der 7. als "morgen" bezeichnet worden wäre.-Während der Hauptteil des Berichtes über die bisherigen Ereignisse zwar lebendig gestaltet, aber in durchaus sachlichem Ton gehalten ist, stellt der Schluß des Schreibens geradezu ein Feuerwerk von Witz und Bosheit dar. Gleich die Überleitung ist als bissige Ironie zu werten: Als Begründung für die Bitte um Befreiung von dem lästigen Auftrag wird angegeben "Weil ich so ein unsympathischer Kerl bin, mit dem auf der ganzen Welt niemand in Frieden leben kann" - in Wirklichkeit war Auer, wie die Ereignisse zeigen, in Baden sehr beliebt und angesehen und genoß auch das volle Vertrauen der Regierung. Es folgt eine liebevoll zusammengestellte (und für die Humanistenzeit typische) Häufung von sprichwörtlichen Wendungen, in denen er seine von Nachstellungen umgarnte Schattenexistenz zelebriert. Den Gipfel der Ironie stellt dann sein Verzicht auf das Priorat unter solchen Brüdern dar. Insgesamt entsteht der Eindruck, daß Auer weniger an Vorgesetzte, als an gleichgesinnte (und stets zum Spotten aufgelegte) Freunde schreibt.
      Im Lichte dieser Analyse erhebt sich die Frage, ob nicht die abschließende Bitte um Weisung in der Causa "Geist in der Flasche" eher literarisch, als Höhepunkt der Spottlust, aufzufassen ist denn als wirkliches Ersuchen um Verhaltensmaßregeln.


      LanguageDeutsch

      Notes
      1 d.i. Freitag, 3. August.
      2 Sebastian Schweibermair, vgl. hier Nr. 109.
      Places
      • Baden, Augustiner-Eremitenkloster
      • Fürstenfeld (GB Fürstenfeld)
      • Fürstenfeld, Augustiner-Eremitenkloster
      • Korneuburg (GB KO)
      • Korneuburg, Augustiner-Eremitenkloster
      • Wien (GB W)
      • Wien, Augustiner-Eremitenkloster
      Persons
      • Augustinus, Prior des Augustiner-Eremitenklosters zu Korneuburg
      • Gerwig Auer von Herrenkirchen (gest.1551)
      • Sebastian Schweibermair, Stadtschreiber zu Baden
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