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- Zur Person Hermann Pfeiffers
- Zur Person Maximilan Fischers
Im Jahr 1353 wird erstmals eine Kapelle zu Ehren der hll. Dorothea und Katharina in der Lederstraße, der heutigen Dorotheergasse, in Wien genannt. Das Patronat über die Kapelle hatten die Herzöge von Österreich inne, die diese mit reichen Schenkungen ausstatteten. Angeregt durch den Wunsch nach religiöser Erneuerung, der um 1400 in Klerus und Bevölkerung sehr stark vertreten war, beabsichtigte Herzog Albrecht IV. (1395–1404) bei St. Dorothea ein Kloster nach der Raudnitzer Reform zu gründen. Sein früher Tod verhinderte diesen Plan, der aber von seinem Kanzler, dem Weltpriester und Pfarrer in Gars, Andreas Plank, schließlich verwirklicht wurde. Andreas Plank wurde nach dem Tod des Herzogs unter anderem Rektor der Dorotheenkapelle und Erzieher des jungen Herzogs Albrecht V. Er verließ während der heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Herzögen Leopold und Ernst Wien um sich in Padua dem Universitätsstudium zu widmen. Nach seiner Rückkehr wurde er 1411 von Albrecht V. (1411–1439) zum Kanzler ernannt. Seine Einkünfte daraus verwendete er zur Gründung eines Augustiner-Chorherrenstiftes bei St. Dorothea und erfüllte damit den Wunsch des verstorbenen Herzogs Albrecht IV. Am 15. August 1414 beurkundete Albrecht V. die Gründung des Klosters und dessen umfangreichen Besitz, am 28. August 1414 schließlich bestätigte der Bischof von Passau die Stiftung.
Von den insgesamt fünf Gründungsmitglieder kamen vier aus Dürnstein und einer aus dem Chorherrenstift in St. Pölten. Das Stift war von Beginn an als Reformkloster bestimmt, ein Ansinnen, das auch vom Landesfürsten unterstützt wurde. Der Stifter selbst sah das Kloster als Ausgangspunkt für die Erneuerung der österreichischen Chorherrenstifte und verfügte zur Wahrung der monastischen Strenge ein gewisses Aufsichtsrecht über den Konvent durch die Prioren der Kartausen Gaming, Mauerbach und Aggsbach. Die 1421 durchgeführte Visitation stellte dem jungen Stift ein sehr gutes Zeugnis aus und übertrug zwei St. Dorotheer Chorherren zusammen mit Dürnsteiner Mitbrüdern die Erarbeitung der „Wiener Konstitutionen“, einer Anpassung der Raudnitzer Reform für die österreichischen Augustiner-Chorherrenstifte.
Die Förderung der Wissenschaft und die Möglichkeit sich den theologischen Studien zu widmen, standen in St. Dorothea an vorderer Stelle und entsprachen auch den Vorstellungen der Raudnitzer Reform. Das Stift brachte Universitätslehrer hervor, Gelehrte wie den späteren Propst Stephan von Landskron, Verfasser vieler theologischer Schriften, und entsandte Vertreter zum Konzil von Basel. Von Wien aus wurden die Stifte Rottenmann, St. Ulrich in Wiener Neustadt und das Magdalenen- und Mauritiusstift in Friesach neu gegründet. Die Chorherren wurden als Reformer in andere Stifte berufen, so etwa nach Vorau und nach Glatz in Schlesien. Propst Stephan von Landskron wurde als geistlicher Leiter der Wiener Chorfrauenstifte St. Jakob auf der Hülben, St. Laurenz und St. Magdalena eingesetzt. Andreas Plank blieb weiterhin im Stift und sorgte für dessen gute wirtschaftliche Versorgung, St. Dorothea wurde zum reichsten Kloster Wiens nach den Schotten. Dazu trug auch Bischof Ludwig Ebner von Chiemsee bei. Er war Propst des Chorherrenstiftes St. Zeno in Reichenhall und wurde 1495 zum Bischof von Chiemsee ernannt. Nach seiner Resignation im Amt 1502 trat er in das Stift St. Dorothea ein. Obwohl Konventmitglied, wurden im als Bischof gewisse Freiheiten und Rechte eingeräumt, unter anderem standen ihm auch die Einkünfte einiger Herrschaften des Bistums Chiemsee weiterhin zu. Diese kamen nun, ebenso wie sein großes privates Vermögen, St. Dorothea zugute.
Noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts herrschte in St. Dorothea ein so vorbildlicher Ordensgeist, dass Mitbrüder anderer Stifte nach Wien gesandt wurden, um hier die Ordensdisziplin zu lernen. Doch zu Beginn der Reformationszeit kamen – wie in anderen Klöstern auch – sowohl der wirtschaftliche als auch der spiritueller Niedergang. 1533 wurde Propst Hiernoymus Schmiedl wegen Vergeudung des Klostergutes abgesetzt, wenige Jahre später bestand der Konvent nur noch aus dem Propst und drei Konventualen. Bei einer Visitation 1563 zählte man fünf Chorherren, drei Konkubinen und sieben Kinder. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts gelang es unter Propst Christoph Thutt und vor allem unter seinen Nachfolgern Andreas Mosmiller und Hieronymus König, die wirtschaftliche Situation erheblich zu verbessern.
Die Verwüstungen der Türkenbelagerung 1683 brachten zwar große Schäden an den Besitzungen außerhalb Wiens, man bewältigte diese Rückschläge jedoch in erstaunlich kurzer Zeit und kam über die wirtschaftlichen Verluste hinweg. Die Anzahl der Konventmitglieder erhöhte sich und auch die finanzielle Situation wurde zusehends stabiler. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts konnte man sich schließlich der Erneuerung der Stiftsgebäude und der Erweiterung der Bibliothek widmen. Unter Propst Ferdinand Nolthaeus von Ottendorf wurde die Stiftskirche von Matthias Steinl umgebaut und mit Fresken von Johann Michael Rottmayr ausgestattet sowie ein neuer Bibliothekssaal errichtet. Seine Nachfolger setzten die Vergrößerung der Bibliothek fort, Propst Joseph Rosner widmete sich außerdem der Neuordnung des Archivs und legte eine Münzsammlung an.
1760 wurde mit Propst Ignaz Müller eine herausragende Persönlichkeit des geistigen Lebens in Wien gewählt. Er war Dekan der theologischen Fakultät der Wiener Universität, Mitglied der Studienhofkommission und galt als Wortführer der Jansenisten. Kaiserin Maria Theresia stand er bei ihrer schweren Blattern-Erkrankung zur Seite, war ab 1769 in ihrem Gefolge und später ihr ordentlicher Beichtvater. Mit seinem Tod im Jahr 1782 ging auch die Selbständigkeit des Stiftes zu Ende. Die Propstwahl wurde von Kaiser Joseph II. untersagt und St. Dorothea mit dem Stift Klosterneuburg vereinigt und unter dessen Verwaltung gestellt. Der Konvent sollte zunächst weiterhin im Wiener Kloster bleiben. Vier Jahre später jedoch wurde durch ein Regierungsdekret verfügt, dass alle Chorherren das Stift zu verlassen hatten, St. Dorothea wurde 1786 aufgelöst. Den Konventualen wurde nahe gelegt, in das Stift Klosterneuburg zu übersiedeln, dieser Aufforderung folgten jedoch nur zwei Chorherren, die anderen traten in den Weltpriesterstand. In den Klostergebäuden wurde zunächst ein Arbeitshaus eingerichtet. Da sich dieses nicht bewährte, verfügte Joseph II. 1787, das Versatzamt in St. Dorothea unterzubringen. Die Kirche wurde exsekriert, die Gruft geräumt und die Gebeine auf dem Matzleinsdorfer Friedhof beigesetzt. Nur die Gebeine des Gründers Andreas Plank konnten nach Klosterneuburg überführt werden. Joseph II. ließ die Kirchtürme abtragen, die Einrichtung verkaufen und alle Gegenstände aus Edelmetalle einschmelzen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde an Stelle von Kirche und Kloster das heutige „Dorotheum“ errichtet.
Nachdem das Stift aufgelöst worden war, ließ der Propst des Augustiner-Chorherrenstiftes Klosterneuburg, Floridus Leeb, das gesamte Archiv von Lastträgern aus St. Dorothea nach Klosterneuburg bringen. Der Bestand blieb dadurch vollständig erhalten – ein Umstand der kaum auf ein anderes aufgehobenes Kloster zutrifft – und bildet noch heute einen eigenen Archivkörper des Stiftsarchivs Klosterneuburg. Die Akten wurden in der alten Ordnung belassen, Handschriften und Grundbücher neu geordnet. Die Urkunden wurden in chronologische Reihenfolge gebracht. Der Urkundenbestand reicht von 1259, also bereits lange vor der Gründung des Stiftes, bis 1778, wenige Jahre vor der Aufhebung, und umfasst etwa 1.000 Originalurkunden, hinzu kommen mehrere Kopialbücher und Repertorien.
Hermann Pfeiffer, Regesten aus dem Archive des 1783 (resp. 1786) aufgehobenen Chorherrenstiftes St. Dorothea in Wien, in: Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, 1. Abteilung, Bd. 3 (Wien 1897), 1-88.
Maximilian Fischer, Diplomatarium San Dorotheense, in: Historische Darstellung des Stiftes der regulirten lateranensischen Chorherren St. Dorothea zu Wien, bis zu dessen Vereinigung mit dem Stifte Klosterneuburg (Topographie des Erzherzogthums Österreich 15, Wien 1836, 3-244) 131-240.
„Repertorium fürs Dorothea-Archiv vom J. 1740 nach Ladulis geordnet“ (Stiftsarchiv Klosterneuburg, Hs D 80)
Floridus Röhrig, Wien – St. Dorothea, in: Die ehemaligen Stifte der Augustiner-Chorherren in Österreich und Südtirol, hg. von Floridus Röhrig (Österreichisches Chorherrenbuch. Die Klöster der Augustiner-Chorherren in der ehemaligen Österreichisch-ungarischen Monarchie, [Bd. 3], hg. vom Propst-Gebhard-Koberger-Institut für die Erforschung der Geschichte der Augustiner Chorherren, Klosterneuburg 2005) 661-688.
Richard Perger/Walter Brauneis, Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wiener Geschichtsbücher 19/20 (Wien-Hamburg 1977) 169-176.
Siegfried Felix Wintermayr, Das Chorherrenstift St. Dorothea in Wien, zwei Jahrhunderte aus seiner Geschichte (masch. Diss., Univ. Wien 1934).
Ders., Die Aufhebung des Chorherrenstiftes St. Dorothea in Wien. Arbeit zur Erlangung der venia legendi an der theol. Lehranstalt des Stiftes Klosterneuburg (masch., Wien 1936), teilweise abgedruckt in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 17/1938, 52-87.
Maximilian Fischer, Historische Darstellung des Stiftes der regulirten lateranensischen Chorherren St. Dorothea zu Wien, bis zu dessen Vereinigung mit dem Stifte Klosterneuburg, in: Topographie des Erzherzogthums Österreich 15 (Wien 1836) 3-244.
Berthold Otto Cernik, Die Schriftsteller der noch bestehenden Augustiner Chorherrenstift Österreichs von 1600 bis auf den heutigen Tag (Wien 1905).
Die Regesten in den „Quellen zur Geschichte der Stadt Wien“ wurden von Hermann Pfeiffer 1897 publiziert. Diese Kurzregesten mit Siegler- und Zeugennennung bilden nach wie vor eine gute Grundlage für die Beschäftigung mit dem St. Dorotheer Urkundenbestand. Bedingt durch die Vorgaben dieses großen Unternehmens, wurden jedoch nur jene Urkunden aufgenommen, die einen direkten Bezug zur Stadt Wien aufweisen. Insgesamt ist darin etwa ein Drittel der erhaltenen Originalurkunden erfasst. Eine kleine Ergänzung bietet Maximilian Fischer, der im Anhang an seine Geschichte von St. Dorothea eine Sammlung von 67 Urkunden in Transkription wiedergibt. Das Werk erschien 1836 und stellte damals wohl eine moderne Form der Bearbeitung dar, im Anschluss an die Texte gibt Fischer zu jeder Urkunde eine Anmerkung zur Identifizierung der Personen und Orte. Textungenauigkeiten und vor allem die Namensauflösungen entsprechen dem Stand der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und schränken daher die Benutzbarkeit des Werkes ein. Eine weitere Ergänzung bietet das 1740 angelegte „Repertorium“, das sich heute im Stiftsarchiv Klosterneuburg befindet, jedoch bisher nicht publiziert wurde. Eine tiefer gehende Bearbeitung der Urkunden des Stiftes St. Dorothea ist sicher wünschenswert.
Hermann Pfeiffer wurde am 15.4.1868 in Wien geboren, er trat 1888 in das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg ein, wo er 1892 die feierliche Profess ablegte. Nach seiner Tätigkeit als Kooperator in Korneuburg (1896–1900) und in Hietzing (1900–1904) wurde er Bibliothekar des Stiftes Klosterneuburg und Professor für Pastoraltheologie an der hauseigenen Lehranstalt. Bereits vor dieser Berufung verfasst er sein erstes wissenschaftliches Werk, die Regesten der Urkunden des Stiftes St. Dorothea im Rahmen der „Quellen zur Geschichte der Stadt Wien“, es folgten eine Publikation zum Klosterneuburger Osterspiel und gemeinsam mit Berthold Cernik ein Katalog der Handschriften der Stiftsbibliothek. Pfeiffer wurden in Folge die Pfarren von Reinprechtspölla, Weidling und Donaufeld übertragen, er starb am 21. August 1934.
Maximilian Fischer wurde am 10. August 1782 in Wien geboren, 1801 trat er in das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg ein, wo er 1804 die Profess ablegte. Nach der provisorischen Verwaltung einiger Stiftspfarren wurde er 1812 zum Bibliothekar ernannt. 1814, nach dem Tod Willibald Leyrers, wurde ihm auch das Stiftsarchiv übertragen. Bereits ein Jahr später erschien seine zweibändige Geschichte des Stiftes und der Stadt Klosterneuburg, die auf Vorarbeiten Leyrers fußte. Als Bibliothekar verfasste er ein Bibliotheksverzeichnis sowie einen Katalog der Handschriften und Inkunabeln. Zwischen 1822 und 1837 legte er seine Ämter nieder um als Pfarrer in Höflein und als Direktor der stiftlichen Hauptschule zu wirken, 1829 übernahm er das Amt des Schatzmeister um schließlich acht Jahre später neuerdings als Stiftsarchivar tätig zu werden. Neben einigen weiteren Publikationen, widmete er sich auch der Geschichte des Stiftes St. Dorothea, die 1836 im Druck erschien. 1851 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften erhoben, er starb jedoch noch im gleichen Jahr, am 26. Dezember 1851.