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Charter: Illuminierte Urkunden 1395-01-26_Herzogenburg
Signature: 1395-01-26_Herzogenburg
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1395-01-26, Dürnstein
Hans (III.) von Maissau vermehrt die Stiftung der Elisabeth von Kuenring die Kapelle Unserer Lieben Frau zu Dürnstein betreffend um eine vierte Kaplansstelle. Dafür wird der Besitz um Weingärten bei Dürnstein und den Hof Neudegg zu Loiben vermehrt. Täglich sind ein Choralamt zum Stiftergedenken sowie drei stille Messen abzuhalten sowie jeden Montag ein Seelenamt. Die kleinen kanonischen Horen sind täglich zu singen, an Festtagen auch eine Mette. Weitere Bestimmungen betreffen die Versorgung mit Wachs, Öl und Paramenten und die Erhaltung der Gebäude. Weiters übernimmt Johann von Maissau die Vogtei.
Andreas Zajic
Source Regest: 
FWF Projekt P 26706-G21 "Illuminierte Urkunden"
Bearbeitungsstand: HOCH
 

Original
Current repository
Herzogenburg, Stiftsarchiv, D.n. 104a


Material: Pergament


    Graphics: 
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    • Materielle Beschreibung: 
      In der ersten Zeile Zierschrift mit verlängerten Oberlängen. Links neben der vollen Höhe des Schriftblocks eine historisierte Initiale I(n dem namen) in Deckfarbenmalerei mit (technisch mangelhaft ausgeführtem) Goldgrund.
    • Das obere und untere Ende der Initiale mit floralen Motiven (Fruchtkolben). Im Buchstabenkörper eine zweiteilige Szene: Oben die auf einer bildparallelen Thronbank sitzende gekrönte Gottesmutter Maria mit dem auf ihrem Schenkel stehenden, bekleideten, sie liebkosenden Christuskind, das nach einem Apfel (?) greift. Von oben kommt eine Halbfigur eines Engels mit (leerem) Schriftband auf Maria zu. Unter dieser Gruppe eine kniende weibliche Figur mit Kruseler (modische Kopfbedeckung).
    • Stil und Einordnung: 
      Während die anbetende Frau eindeutig als Elisabeth von Kuenring, die eigentliche Stifterin der Kapelle (nicht jedoch Ausstellerin der Urkunde) zu identifizieren ist, ist die marianische Szene unklar. Sie wirkt gleichsam wie aus einer Skulptur einer thronenden Maria mit Kind und einem Verkündigungsengel zusammengesetzt.
    • Die Qualität der Malerei ist bescheiden, die Ornamentik jedoch für die Wiener (und niederösterreichische) Malerei ab den 1370er Jahren typisch. Offenbar handelt es sich bei dem Maler der Dürnsteiner Urkunde um einen bescheidenen Nachfolger, der einer um 1395 schon veralteten Stilstufe anhängt.
    • Illuminierte Privaturkunden sind von noch grösserer Seltenheit als mit gemaltem Schmuck versehene Urkunden überhaupt (bei denen es immerhin einzelne Gruppen mit reicher Überlieferung gibt: Bischofssammelablässe, Urkunden mit gemalten Wappen [Wappenbriefe], Prunksuppliken, Kardinalssammelablässe – Zajic, Roland, Illuminierte Urkunden, 2013, S. 397f., 410f.). Neben den Urkunden Kaiser Ludwigs des Bayern (1314–1347) und des französischen Königs Karl V. (1364–1380) und der reichen Tradition in England (Zajic, Roland, 2013, S. 398–407), stellen die vier illuminierten Urkunden, die den Gründungsvorgang des Chorherrenstiftes Dürnstein begleiten, die grösste bisher bekannte Gruppe dar (vgl. 1410 Februar 17, 1410 Juni 10, zwei Stücke: Original und zeitnahe „Fälschung“).
    • Nachtrag 2024:
      Kathrin Kininger (HHStA) konnte eine nahezu identisch ausgestattete Parallelausfertigung des Stiftbriefs in den Beständen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien ausfindig machen: https://www.monasterium.net/mom/IlluminierteUrkunden/1395-01-26_Wien/charter. Die ausfertigung in Wien übertrifft das hier vortliegende Stück durch eine aufwendige Flechtwerkcadelle für den zweiten Buchstaben: (I)n (dem namen). Die Schrift, die mit der Cadelle und mit den verlängerten Oberlängen in der ersten Zeile verbunden ist, stammt von derselbe Hand, die auch das hier vorliegende Stück mundiert hat. Andreas Zajic geht davon aus, dass Stephan von Haslach (siehe unten) als Schreiber tätig war.
    • Martin Roland
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    Comment

    In den Jahren um 1400 lassen sich im personalen Umfeld des österreichischen Herzogshofs mehrere parallele Pläne zur Einrichtung weltlicher Kollegiatkapitel an Wiener Kapellen und Kirchen nachweisen: am bekanntesten sind die Pläne der Installation eines solchen Stifts durch den mächtigen Hofmeister und Günstling Albrechts III., Hans von Liechtenstein-Nikolsburg, an der Wiener Kirche Maria am Gestade, Sitz des Passauer Offizialats unter der Enns, sowie die Existenz einer kleinen Gemeinschaft von Weltpriestern an der Dorotheakapelle, einem Sammelbecken für die am Hof angebundenen Kleriker.
    Einer von ihnen, Stephan von Haslach (wenigstens 1401-1403 Kammerschreiber Herzog Wilhelms) hatte seit spätestens 1388 auch die Position des „Oberkaplans“ einer Marienkapelle in Dürnstein inne, die in den 1370er Jahren zunächst als Kapelle eines Adelssitzes von Elisabeth von Kuenring-Wallsee eingerichtet worden war. Nicht von den adeligen Patronatsinhabern, sondern vom bereits genannten leitenden Kleriker einer durch mehrere Zustiftungen allmählich anwachsenden Priestergemeinschaft in Dürnstein ging die Initiative zur Umwandlung der Kapelle in ein weltliches Kollegiatkapitel aus. 1409 sollte die Gemeinschaft mit Billigung des Passauer Diözesans in ein Stift von zwölf Säkularkanonikern übergeführt werden, doch erfolgte schliesslich 1410 die Berufung eines Konvents von Augustiner-Chorherren nach den damals innovativen Raudnitzer Reformstatuten. Der Schwenk dürfte auf unmittelbare Konkurrenz zwischen Stephan von Haslach und seinem Wiener Hofkollegen Andreas Plank zurückzuführen sein, der schließlich 1414 die Wiener Dorotheakapelle in ein Augustiner-Chorherrenkloster umwandelte.
    Die Urkunde von 1395, ausgestellt vom Patronatsinhaber der Marienkapelle und Pfandinhaber der Stadt Dürnstein, Hans von Maissau, ist bereits der dritte Stiftbrief der Institution. Mit ihm wurde die Zahl der Priester an der Kapelle von drei auf vier erhöht. Mittelbares Indiz für die Bedeutung der geplanten Einrichtung ist die große Zahl der Siegelzeugen: neben dem Aussteller markieren dessen Vettern Konrad und Ulrich sowie des letzteren Sohn Otto und der Schwager des Ausstellers, Hans von Volkersdorf, die familiäre Dimension der Stiftung, während mit Hans‘ Diener Wolfhard von Au und dem Dürnsteiner Burggrafen Konrad Hochstetter auch Angehörige des Maissauer „Hofs“ einbezogen wurden.
    Dass die eigentliche Initiative zur Vergrösserung der Priestergemeinschaft jedoch bei Stephan von Haslach lag, macht dessen abschliessende Position in der Zeugenreihe klar: er hängte sein Siegel an, „zu zaihen, das das mit seinem willen und pet geschehen und gehandelt ist“. Auf Stephan ist wohl auch die Idee zur optisch eindrücklichen Gestaltung der Urkunde zurückzuführen: neben der historisierten Initiale (siehe die kunsthistorische Beschreibung) ist auch die Schrift bemerkenswert. Sie ist prinzipiell als routiniert stilisierte Bastarda anzusprechen, weist jedoch mit mehreren doppelten Brechungen runder Buchstabenkörper und dem konsequent zweistöckigen a deutliche Anleihen an buchschriftliche Textualis formata auf. Auch der Stiftbrief von 1410 Februar 2 zur Einrichtung des Chorherrenklosters zeigt eine Kombination von aufwändiger Initialgestaltung und Buchschrift.
    Andreas Zajic
    Nachtrag 2024:
    Kathrin Kininger (HHStA) konnte eine Parallelausfertigung des Stiftbriefs in den Beständen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien ausfindig machen: https://www.monasterium.net/mom/IlluminierteUrkunden/1395-01-26_Wien/charter.
    Places
    • Dürnstein
      • Type: Empfängerort
    • HRR
      • Type: Region
    • Niederösterreich
      • Type: Region
    • Österreich
      • Type: Region
     
    Keywords
    • Illuminated Charters: Niveaus:
      • N1: historiated
      • N1: with Additional Colours
      • N1: Initials
      • N1: painted
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