• Materielle Beschreibung: 
  Die Initiale S(acrosancta generalis synodus) ist, wie für Papsturkunden, die mit an einer Hanfschnur (cum filo canapis) befestigter Bulle besiegelt werden, üblich, in Tintenfarbe aber stark in den oberen Rand vergrössert. Im Binnenfeld blütenartig geformte vollfarbige Motive; Fadenausläufer, die in kleinen vollfarbigen Halbpalmetten enden.
  Weitere Initialen in der ersten Zeile (S[ynodus], B[asiliensis], D[ilecto] und S(ervacii]) mit Dekor, besonders aufwendig das Fleuronnée im Binnenfeld des "D". Weitere Fleuronnée-Initialen beim Skriptorenvermerk.
• Stil und Einordnung: 
  Das vorliegende Stück ist eine sehr sorgfältige und im Dekor qualitätvolle aber im Grunde ganz kanzleigemässe littera cum filo canapis.
• Der auf der Plica signierende Skriptor, Barthélemy Poignare, ist eine bekannte Persönlichkeit mit beeindruckender Karriere.
  Er ist als Sänger, Konponist, Schreiber von Urkunden und Handschriften sowie als Initialgestalter bekannt (zuletzt Roland, Konzil von Basel, 2019, S. 188-195):
  Nach dem Ausscheiden aus der päpstlischen Kapelle, der er ab 1425 angehörte, tritt er als Schreiber und Initialgestalter wohl erstmals 1433 August 8 auf. Neben der Initialgestaltung und der Cadelle und den Linienverschlingungen können auch paläographische Übereinstimmungen angeführt werden. Als 'Leitfossil' ist ein Majuskel-M zu nennen, das aus zwei unverbunden nebeneinandergesetzten Bögen besteht, sodass der Buchstabe über zwei Mittelschäfte verfügt. Bei der hier behandelten Urkunde tritt dies bei der Datierung (über dem Skriptorenvermerk) auf.
  Die erste derzeit bekannte Urkunde, die Poignare für das Konzil schrieb, ist ein Stück in Heiligenkreuz (1435 Februar 20). Hauptwerke sind die beiden Bestätigungsurkunden des Friedens von Arras, die das Konzil ausstellte (1435 November 5: Dijon und Paris). Anfang 1439 ist sein Nachfolger als Schreiber am Konzil belegt. Sein letztes Werk, eine literarische Handschrift, ist 1451 datiert.
• Die Handgleichheit belegt eine Zusammenstellung der jeweils kalligraphisch hervorgehobenen Namensnennungen, die Roland, S. 224, publiziert hat. In diese Zusammenstellung lässt sich der Skriptorenvermerk Poignares auf der hier erstmals ausführlich besprochene Urkunde perfekt einfügen.
• Martin Roland

• https://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=185=Vz_9c4cb1ee-26a1-4828-a863-3f792820b8a3

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