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Charter: Illuminierte Urkunden - Cimelia 1506-02-24_Wien
Signature: 1506-02-24_Wien

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1506-02-24_Wien

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1506-02-24, Wien
Maximilian I. erteilt eine Fischereiordnung (Patent) für die Donau und ihre Nebenflüsse im Erzherzogtum Österreich ob und unter der Enns. Der Oberste Fischmeister Hannsen Wagner soll die Ordnung bekanntgeben.
Source Regest: FWF Projekt P 26706-G21 "Illuminierte Urkunden"
Bearbeitungsstand: HOCH
 

Original
Current repository
Wien, Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv, Urk. 5825

Das ehemals vorhandene Siegel fehlt. Die Plica ist, um alle Darstellungen sichtbar zu machen, heute aufgeklappt (vgl. Hoffmann, Sonnlechner, 2011, S. 84).
Dimensions: 50,9 x 44,4 cm

    Graphics: 
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    • Materielle Beschreibung: 
      Cadellenartige, stark vergrösserte Zierschrift in der ersten Zeile.
    • Die bewusst eingeplante Freifläche unterhalb des Textes ist mit der Darstellung von acht Fischen und eines Massbrettchens (Brittelmass) ausgefüllt; Ausführung als Aquarell mit Federzeichnung.
    • Stil und Einordnung: 
      Zu den dargestellten Fischen:
      Die naturalistisch widergegebenen Fische sind nicht bezeichnet, jedoch auf Grund der im Text genannten Namen (hechten, kärpfen, pärbmen, huechl, ruotten, schaiden und vörchen) und der damit weitgehend übereinstimmenden Wiedergabe mit grosser Sicherheit zu benennen: unter dem Text in der linken Spalte Hecht, Karpfen, Barbe und Huchen, rechts Aalrutte, Wels (Schaiden) und Bachforelle (Vörchen). Im Text nicht erwähnt der links seitlich um 90 Grad gedrehte Zingel.
    • Trotz des Massbrettchen, das zumindest Massstabtreue (wenn nicht sogar Originalgröße) suggeriert, sind die Fische alle etwa gleich gross; tatsächlich ist der Wels als grösster Süsswasserfisch Europas (durchschnittlich 100–150 cm) um ein Mehrfaches grösser als Bachforelle (durchschnittlich 20–40 cm) oder gar Zingel (durchschnittlich 15–20 cm).
    • Zur Naturstudie und deren Tradition im Mittelalter:
      Koreny 2003, vergleicht die Darstellungen in der Qualität der Widergabe mit den gleichzeitig entstandenen Aquarellen Albrecht Dürers von Naturdingen.
    • Tatsächlich vermitteln die graphisch durchaus effizient gestalteten Bilder ein erstaunlich hohes Mass an haptischer Wirkung, sowohl bei der Fischhaut als auch bei der Oberfläche des Holzstückes. Naturwiedergabe auf Grund von Beobachtung ist sicherlich nicht ein für das Mittelalter charakteristisches Phänomen, vereinzelte Beispiele gab es jedoch durchaus. Zu nennen sind – gleichsam als archetypische Vertreter – das Portrait und die Vedute (Stadt- bzw. Architekturportrait). In beiden Fällen beginnt die Entwicklung im 14. Jahrhundert mit Schwerpunkten in Italien und Frankreich. Für den österreichischen Raum ist auf das Portrait Herzog Rudolfs des Stifters (vor/um 1365; Wien, Dom- und Diözesanmuseum) und einer Ansicht der St. Pöltener Stiftskirche (New York, Pierpont Morgan Library, M 884, fol. 2r; um 1410) hinzuweisen. Tierstudien sind in Oberitalien bei Giovannino de Grassi Ende des 14. Jahrhunderts und bei Pisanello Anfang des 15. Jahrhunderts belegt (Darstellungen von Fischen scheinen sich jedoch nicht erhalten zu haben). Dabei handelt es sich um Skizzenbücher nicht um Endprodukte. Verwendung fanden diese Studien als Details in Tafelbildern (vgl. den Hinweis von F. Koreny, Albrecht Dürer und die Tier- und Pflanzenstudien der Renaissance. Ausstellung Wien, Albertina 1985, S. 14, auf naturalistische Pflanzendarstellungen in der altniederländischen Malerei) sowie als Randdekor illuminierter Handschriften. Hinzuweisen ist z. B. auf das Stundenbuch der Katharina von Cleve (New York, Pierpont Morgan Library, M 917 und 945; um 1430/40), in dem z. B. die Miniatur des hl. Laurentius von einer Bordüre aus Fischen umgeben ist (M 917, fol. 266r).
    • Auch in Wien gab es bereits in den 1430er Jahren einen Zeichner, der Tierkreiszeichen und andere Sternbilder in erstaunlich naturnahen Federzeichnungen darzustellen in der Lage war (Wien, ÖNB, Cod. 5415; vgl. MeSch 5, Kat.77: Martin Roland).
    • Zur Verwendung der naturalistisch widergegebenen Tiere (und Pflanzen):
      Während die Naturstudien Dürers autonome Kunstwerke darstellen, sind die Fische hier – den oben genannten mittelalterlichen Beispielen folgend – in einem funktionalen Zusammenhang. Dieser freilich ist ein in hohem Masse eigentümlicher. Sind illuminierte Urkunden (abgesehen von einzelnen Gattungen) schon grundsätzlich selten, sind illuminierte Herrscherurkunden im Reich nur bei Ludwig dem Bayern (1314–1347) und in Frankreich bei Karl V. (1364–1380) zu beobachten (hier eine mit einer erstaunlich naturnahen Portraitbüste).
    • Für Maximilian spielt sicher auch sein persönliches Interesse an Jagd und Fischerei eine Rolle. Die jeweiligen Fischmeister – hier wird Hannsen Wagner, jener für Österreich ob bzw. unter der Enns genannt – waren ja auch bei den berühmten Fischereibüchern beteiligt (Wien, ÖNB, Cod. 7962: Fischereibuch der Grafschaften Tirol und Görz: Jörg Kölderer, 1504), die gleichwertig neben den berühmteren Jagdbüchern stehen.
    • Zweck und Funktion:
      Welchen Zweck Maximilian als Aussteller der als Patent auftretenden Urkunde beimass, wissen wir nicht. Hoffmann, Sonnlechner, 2011, S. 87, belegen aber immerhin mit den diversen Vermerken, dass der Kaiser offenbar persönlich Anteil nahm. Jedenfalls ging es nicht um praktische Anleitungen, denn einem Fischer muss man nicht vormalen, wie ein Fisch aussieht, und zudem sind die Fische weder in Naturgrösse noch massstabsgetreu widergegeben; das Massnehmen an der Urkunde, ob ein Fisch die zur Bestandssicherung erforderliche Grösse erreicht hatte (davon handeln die Bestimmungen der Urkunde), war nicht Zweck dieses ungewöhnlichen und qualitativ herausragenden Kunstwerkes. Auch das öffentliche Herzeigen auf Fischmärkten, die Hoffmann, Sonnlechner, 2011, S. 95, annehmen, ist auf Grund der hervorragenden Erhaltung sicher nicht der Zweck dieses Kunstwerkees, das trotz seiner "Verkleidung als Mandat" eben ein Kunstwerk, ein ganz hervorragendes sogar, bleibt.
    • Der Text fand keine Verbreitung, keine praktische Umsetzung, und ist offenbar auch nicht konsistent. Erst das Fischerpatent Ferdinands I. für Oberösterreich (1537) sollte eine praktische Wirkung erzielen. Dort sind die Masse für die Weite der Netzemassstabgerecht im Druck wiedergegeben und die massenhafte Verbreitung war durch das Medium Druck sichergestellt. Es muss um Repräsentation gehen. Und offenbar war die täuschend lebensechte Darstellung durch einen Künstler eine Möglichkeit zu zeigen, dass man sich auf der Höhe der Zeit befand, dass man sich mit den bewunderten Leistungen eines Albrecht Dürer messen will.
    • Zu Schrift und Kanzlei:
      Während der obere, der besonders breite linke aber auch der rechte unbeschriebene Rand durch die ausgreifenden Schwünge der Zierschrift der ersten Zeile notwendig sind und das übliche Mass für aufwendig gestaltete Urkunden der Kanzlei Maximilians durchaus nicht sprengen – also nicht durch die Illuminierung erklärt werden müssen – liegt der Fall bei dem Abstand zwischen Textende und unterem Abschluss der Urkunde anders. Dieser nimmt mehr als die Hälfte der Gesamthöhe ein (bei aufgeklappter Plika). Und selbst bei zugeklappter Plika entspricht die Höhe der Freifläche etwa jener des Schriftblockes. Dies kann nicht ohne Absicht erfolgt sein. Die Verwendung dieser Fläche für die repräsentative Darstellung von Fischen entspricht dem Charakter der Textgestaltung und deutet darauf, dass die malerische Ausstattung Teil des ursprünglichen Konzeptes war. Freilich sind dem Maler gravierende Fehler unterlaufen. Ich meine damit weniger die optisch etwas unglückliche Plazierung der Zingel seitlich links und auch nicht so sehr die Tatsache, dass dieser Fisch im Text gar nicht erwähnt wurde (beides jeweils durchaus erhebliche Fehlleistungen), sondern die Tatsache, dass die Malereien bis zum unteren Ende des Blattes reichen. Ein Hochklappen der Plika – das zur Besiegelung unabdingbar ist – verdeckt den Huchen und das Brittelmass. Ob die Urkunde je besiegelt wurde, muss daher fraglich bleiben, obwohl die Einschnitte zum Durchziehen der Siegelschnur vorhanden sind.
    • Vollkommen identische Schrift- und Zierformen können nicht festgestellt werden. Bei der Schrift sind z. B. die Ansätze der g-Schlaufe (Unterlänge) bemerkenswert, die rechts über das Mittelband hinaus leicht in die Oberlänge reichen (ein Phänomen, das bei den unten genannten Beispielen nirgends auftritt), die deutlich geneigten und verdickten Schäfte von langem s und f, die Zurückhaltung bei Schlaufen bei Oberlängen (nicht bei d, wenig betont bei l, h Bogen von rechts aber keine Schlaufe). Den Übergang zu den Zierformen bilden jene Majuskeln im Text, die über einen längeren geschwungenen Ansatz von links verfügen und damit das Schriftbild prägen (ein Phänomen, das nur selten und in wesentlich weniger betontem Ausmass bei WStLA, H.A., Urk. 5834, vorkommt. Die Zierbögen der ersten Zeile greifen weit in den Rand aus, sind – abgesehen von der Initiale W – nur lose mit der Schrift verbunden und bestehen aus Schwüngen, deren Strichstärke auf Grund des Schnittes der Feder von Schaftbreite zur Breite von Haarstrichen wechselt; niemals wird (was sonst oft vorkommt) eine breite Linie von einer schmalen begleitet. Charakteristische Formen sind kurze freischwebende Zackenlinien und ein Fibrillenende. Ob nun Urkunden der Reichskanzlei wie Weitra, StA, 1505 XII 28; Kremsmünster, StA, 1505 XII 29; WStLA, H.A., Urk. 5827 (1506 IV 15), Urk. 5834 (1506 V 20); Wien, Hofkammerarchiv, 1506 XII 23; Schlierbach, StA, 1507 IV 18, von derselben Hand stammen, ob Zierformen und Schrift wirklich jeweils von einer Person ausgeführt wurden, das bedarf noch weiterer Prüfung.
    • Sicher ist aber der Text ein Produkt der Reichskanzlei Maximilians, sicher ist zudem auch, dass sich der Herrscher im Februar und März in Wien aufgehalten hat. Ob das Stück an den Obersten Fischmeister Hannsen Wagner ausgefolgt wurde, über dessen dann anzunehmenden Neigungen als Kunstliebhaber wir freilich nichts wissen, oder ob, wie Hoffmann, Sonnlechner, 2011, S. 91f., vermuten, die Stadt Wien von Anfang an im Besitz des Stückes war, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Sicher ist aber, dass das Stück vor 1539 in das Wiener Eisenbuch eingetragen wurde (im Detail Hoffmann, Sonnlechner, 2011, S. 97f.). Ohne dass die Ausstattung gewürdigt wurde, ist eine Rezeption durch den Empfänger jedenfalls nicht vorstellbar.
    • Martin Roland
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    Bibliography
    Kleines Handzeichen Maximilians unter dem Text links: per regem per se.
    Kanzleivermerk des Zyprian von Nordheim (auf der Plica rechts; durch die Aufbewahrung mit aufgeklapptem Umbug heute auf der Rückseite).
    Registrata-Vermerk: Marx Tr. (Treitzsaurwein). Eine Eintragung ins Register kann freilich nicht nachgewiesen werden.
    Zu diesen und weiteren Vermerken siehe Hoffmann, Sonnlechner, 2011, S. 84-87, 90 (zu den Registern).
    Zumindest eine weitere Fischereiordnung hat sich erhalten, eine Fischereiordnung für den Mondsee in Oberösterreich aus dem Jahre 1544. Das Libell enthält ebenfalls Fischdarstellungen, freilich auf deutlich bescheidenerem Niveau.
    Places
    • HRR
      • Type: Region
    • Niederösterreich
      • Type: Region
    • Oberösterreich
      • Type: Region
    • Wien
      • Type: Ausstellungsort
    • Österreich
      • Type: Region
    Persons
    • Maximilian I.
      Keywords
      • Illuminated Charters: Niveaus:
        • N1: with Additional Colours
        • N1: Borders
        • N1: historiated
        • N2: Display script (with decorative character)
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