Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus, Nr. 241. , S. 264
241.
1443, Juni 4. bis 19.
Der Eidgenossen Feldzug nach Eegensberg und
Grüningen.
(Aus der sog. Klingenberger Chronik).
(Henne S. 309 ff.)
Also zugent nun die aidtgenossen ze Baden durch die statt in das Wental und wuosten1) alles, das da denen von Zürich zuo gehort. Do si kament zuo der alten Regensperg2), do hiessen die puren die von Zürich ab der veste wichen, wan si weltind die veste den aidtgenossen in geben8), als si ouch taten, und schwuo- rent die puren all den aidtgenossen, und gabcnt inen die alten Regensperg in, und giengent die von Zürich, die daruff warent, wider hain4). Die aidtgenossen begiengent och desselben males
1) verwüsteten. ') zwischen Hegensdorf und dem Katzensee. ») über geben. *) nach Hause.
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grossen muotwillen und frevel in der kilchen, davon vil ze sagen war.
Also zugent nun die aidtgenossen daselbs umb und wuosten und brannten die dörfer Rümlang, Hasslen5) und was da umb was. Also hatten die von Zürich die nüwen Regensperg, das schloss, wol besetzt, als si wonden6), wan si hatten daruf gelait Hansen von Isna und lüt, denen si gar wol vertruwten, und damit si mainten das selb schloss gar wol besetzt han. Also gabent die puren die vorder statt ze Regensperg uff. Also erschrakent die uff der veste warent und gabetit das guot herrlich schloss uff on alle not, und an gnad gabent si es uff den aidtgenossen. Der vogt ze Regensperg ward erstochen, und wurdent die andern all gefangen, die uff Regensperg warent, und wurdent getailt und ge- schikt in alle ort der aidtgenossen. Also zuntten7) die aidtgenossen das guot vest schloss an, die nüwen Regensperg die vesti, uff mentag in den pfingsten8) des vorgenanten jares, und schwuorent die puren in dem stettli zuo den aidtgenossen, und besatzten och das.
It. do nun also die aidtgenossen die veste ze Regensperg ge brennt und gewuost hatten und die lüt, so die von Zürich dahin gelait hatten, gefangen und erstochen hatten; als vorstat, do zugent si aber mit aller ir macht, so si da hatten, von Bern, von Solo turn, von Lucern, von Ure, von Unterwaiden, von Schwitz und von Glaris mit ir panner, dass man sie all schatzt für Xij tusent man oder me, und zugent also all mit ainandem gen Grüeningen für die veste und das stettli uff zinstag in der pfingst virn9), und wuosten also nit vast mit brennen und sölichen sachen underwegen10), doch nament si was si funden. Si zugent den selben zug mech- tiger und sterker denn si vor oder nach nie geton hatten, wan si wissten, dass kain frembd volk im land was, und vorchten11) nit, dass si dahaim uberzogen oder geschadget wurden. Also hatten die von Zürich die selben burg ze Grüeningen gar wol besorgt mit allen dingen, so man in ainem schloss haben sol, kost gnuog, essen und trinken, zwo guot stain büchsen12), vier gross tarres
5) jetzt Nieder- und Oberhasli. 6) wähnten. ') zündeten, ") 10. Juni. ") in den Pflngstfeiertagen: 11. Juni. 10) auf dem Wege nach Grüningen. ") fürchteten. ") Geschütze, welche Steine schleuderten.
büchsen18), und etwa vil handbüchsen, und siben lägelen1*) mit büchsenpulver, und darzuo ain büchsenmaistor, ain lägelen mit für- pfilen15), und suss vil hüpscher und guoter pfil, und anders zügs, so man denn in ainem schloss bedorfft. Also besatzten si es och mit lüten, den si dann aller lest getruwten, wan denen von Zürich was vil an dem selben schloss gelegen.
It. der Yberger, ain schmid, der obrest zunftmaister ze Zürich und Peter Kilchmatter warent hoptlüt. Der Kilchmatter was vogt ze Grüeningen und hatten bi inen uff der veste, dass ir aller uff der burg vier und sechtzig man warent. Also warent ir och vil uss dem ampt ze Grüningen gewichen in das stettli daselbs, und mainten das och ze beheben.16) Als nun die aidtgenossen an dem zinstag da hin kament, als vor stat, da machtent die in dem stettli ze Grüningen ain täding17) mit den aidtgenossen, wenn si die burg gewonnint und erobretint, so sölt die statt ze Grüningen och ge- wunnen sin, und solten och die burg durch die statt nit schadgen. Diss täding machten die von Grüningen in dem stettli mit den aidtgenossen uff die nächsten mittwuchen darnach18), do die aidt genossen nit mer denn ain nacht da gelegen warent. Also richten die von Bern ir büchsen gen der veste und schussent etwa mengen schutz19) hinin, und si haruss, doch beschach da nit grosser schad. Es ward etwa menger vor der veste geletzt20) und erschossen, und getorsten21) doch nit frölich heruss schiessen. In der veste ward nie kain man geletzt noch erschossen, denn22) ainer ward in ainen arm geschossen; doch gieng er nie dester minder. Also huobent die in der veste an, och mit den aidtgenossen ze tädingen28), und gabent das herrlich kaiserlich schloss uff, on alle not, das doch so wol und so kostlich bezügt24) und gespist was, an dem nechsten sonnentag darnach, das was der achtent tag nach pfingsten25).
It. si gabent dem vogt ze Grüeningen ain gelait mit aller siner hab, so er uff die selben veste bracht hat, do jn die von Zürich da hin zuo ainem vogt satzten, und sin lib und alles das sin biss an sin gewarsami. — — — Also hielten si dem Kilch-
") Kanonen. ") Fässchen. »3) Brandgeschossen. ") behaupten. — ") Uebereinkunft. ") 12. Juni. ") Schuss. ") verwundet. ll) durften. ") aus genommen. ") unterhandeln. ") ausgerüstet. ") 16. Juni.
Hl
matter, der vogt uff der burg gesin was, das gelait nit lang, si schluogent jn ze tod, diss tät Erni Willis sun und ainer von Under- walden26). Also ward der selb vogt schantlich ermürt.
(S. 312.)
It. also muot27) nun die von Bern und ander, dass sie den vogt ze Grüeningen in dem gelait erstochen hatten, und zugent ze Grüeningen ab uff den mentag28) und vvolten kain tail an dem selben schloss und ampt han, und wolten es och nit besetzen, und ganz nüt damit ze tuon han. Also zugent die von Bern, Soloturn, Lucern mit ir züg den weg, den si och dahin komen warent, gen Baden und wider haim.
It. die von Ure, Underwalden, Zug, Schwitz und Glaris lagent dennocht ze Grüeningen bis uff den zinstag29). Also be- satzten si das selb schloss, die von Schwitz, Zug und Glaris, und liessent bi hundert und zwainzig knechten uff der veste, und gehiessent denselben wol, und liessent ain hoptman da, der was von Schwitz, und zugent och an demselben zinstag ab. Die von Glaris zugent den nächsten hain80), die von Schwitz, Zug, Ure und Unterwaiden fuorent ze Wormspach bi dem kloster uber den see in die March. Si branten och des selben tags etwa mangs huss ze Wagen81), als si dardurch zugent, und morndes, an der mittwuchen82) brannten die von Bapperswil das dorf ze Ermest- wil88) darwider.
Anmerkung.
Mit der vorstehenden Erzählung ist zu vergleichen Fründ (Ausgabe von Kind, S. 143 ff.). Hier wird (S. 145 u. 146) die Ermordung des Vogts Peter Kilchmatter zugegeben, jedoch als Frevelthat eines Einzelnen (Heinrich Amstein, Erni Willi's Sohn aus Unterwalden), die den Eidgenossen leid ge wesen sei, dargestellt. Die Motive des Rückzuges der Berner giebt Fründ, hierin sehr abweichend von der Klingenberger Chronik, folgendermassen an:
") Nach Edlibach a. a. 0. S. 40 wurde Kilchmatter »von eim von Underwalden mortlich ermürtt und erstochen mit einer hallenbarten an alle Warnung«. ") verdross. ") 17. Juni. ") 18. Juni. 30) den nächsten Weg (also über Rüli und Utznach) nach Hause. 3l) zwischen Jona und Eschen bach. ") 19. Juni. 33) Ermetschwil, Weiler zwischen Jona und Rüti.
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»Die von Swytz hettend gern geseheü, das man eins zogs wäre gezogen gen Raperswyl, die3*) inen und den iren vil Unwillens hatten zuogezogen und täglichs tatent, also ir hievor ouch gehört hant. Also wolltent ein teil der eidgnossen darzuo nit willig35) sin; wan da was nit zügs36) so warent sy ouch nit zuogerüst gen Raperswyl, als aber die eidgnossen beduocht, das inen dar zuo nottürftig gesin wäre, von büxsen, büxsensteinen, bulver und von andern) gezüg. Darzno so warent sy ouch ein guot zyt usgesin3'), das ein teil nit übriger zerung hattent; ouch hattent sy ze guotem teil dazwüschen not und arbeit erlitten; so wundret ouch jederman umb den sinen33), die an der letze33) oder anderswo warent wund worden und krank lagent, und etwe manig ander sach, die sy irt, das sy dozemal ein vart heim wolltent. Aber es ward gar früntlich gerett von den eidgnossen, und sunder von den von Bern und von Lucern, so sy nu ze mal heim kämind, wenn dann die eidgnossen woll- tind und inen gevellig wäre, so sy geruowetent40), so welltent sy dann gern ein andren zug gemeinlich mit inen helfen ordnen und anlegen zum fürder- lichosten, und sich zuorüsten mit andrem züg, büxsen und bulver, steinen, mit lüt und mit guot, und mit allen notturftigen dingen, das sy die sachen möchtind erharren") und wa dann die eidgnossen dran weltind das sy inen trostlich und vervanklich wärind. Und also bestuond es daby güotlich und früntlich zwischen den lieben eidgnossen«.
Tschudi II. 377—378 hat die beiden abweichenden Erzählungen auf sehr geschickte Weise mit einander zu combiniren verstanden.
Beachtung verdient die Bemerkung unsrer Chronikstelle: die Eidge nossen hätten diesen Feldzug mit grösserer Macht als je vorher unternommen, weil sie nicht zu besorgen hatten, dass sie zu Hause angegriffen würden. Es ist in der That merkwürdig, wie wenig das Bündniss mit Oesterreich den Zürchern in ihrer Bedrängniss nütztet Die Klingenberger Chronik selbst (S. 313) sagt darüber:
»Also trost") der marggraff (von Hochberg-Röteln, österreichischer Landvogt) in disen ziten die von Zürich und ander fast, und maint, jm sölt hilff koraen, dass er den aidtgenossen wol widerston möcht mit gewalt, und schraib") fürsten und herren, und mante si von des Küngs wegen umb hilff. Aber do der Küng nit selb zuo den sachen tät, do giengent sin och die cur- fürsten und ander fürsten und herren müessig"). Also was nun in den ziten der Küng und die hertzogen von Oesterrich ze Oesterrich, und hatten ander gross, treffenlich sachen usszetragen, dass si also zuo disen sachen nie nünts getaten».
3*) d. h. die österreichische Besatzung daselbst. 55) entgegengesetzter Ansicht. ") für Belagerungswerkzeug. 3') von Hause weg. »») jeder wünschte zu wissen, wie es den Seinigen gehe. ") am Hirzel, wo die Zürcher eine Letzimauer (oder Schanze) errichtet hatten. 4°) nachdem sie ausgeruht hätten. ") erwarten. ") tröstete. *3) schrieb. ") halfen ihm nicht.
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Die »grossen Sachen« welche König Fridrich in Oesterreich zu ordnen hatte, bestanden in nichts Geringerem, als in einer Auflehnung seines jungem Bruders Herzog Albrecht, welcher im Bunde mit dem Grafen von Cilly die Waffen gegen ihn ergriffen hatte (Lichnowsky VI. 40). »Zugleich», bemerkt Joh. v. Müller, »war die Lage des jungen Ladislafs (des Sohnes König Albrechts), die Gewalt der Hussiten, die Gährung in Ungarn und die Macht des Sultans zu furchtbar, um zu erlauben, dass das unregelmässige, schwache Heer, das etwa zusammenzubringen war, in die vordem Lande ge schickt würde». Daher wandte sich Fridrich, der sich in der Unmöglichkeit befand, den Zürchern wirksame Hülfe zu leisten, zu diesem Zwecke schon unterm 22. August 1443 an König Karl VII. von Frankreich (Lichnowsky Beg. Nr. 644).
Blumer, Johann Jakob: Urkundensammlung des Kantons Glarus, 1865 (Google data) 241. , in: Monasterium.net, URL </mom/KantonGlarus/062c62fd-71b4-4dbd-87f0-6368b9073edc/charter>, accessed at 2024-11-21+01:00
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