Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus, Nr. 206. , S. 92
206.
1437, April U.
Landrecht der toggenburgischen Erben mit Schwyz
und Glarus.
Wir nachbenempten Graff Wilhelm von Montfort, herr zuo
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Tettnang1), an statt vnd jn namen der wolgeborn frowen Kungungden von Werdenberg, miner lieben gemaheln, Volrich von Rodtzüns frye, Vogt Volrich von Metsch, Graf zuo Kilchberg, hoptman an der Etsch, für mich selb vnd an statt vnd jn namen der wolgebornen miner lieben muoter, frowen Margreten von Raren geboren von Rodtzüns, Wolffhart von Brandiss5) frye an statt vnd jn namen der wolgebornen frowen Verenen von Werdenberg miner lieben gemaheln, Graff Hainrich von Sax von Mosax3) an statt vnd jn namen der wol gebornen miner lieben muoter frowen Katherinen von Werdenberg, vnd Thüring von Arburg fry, herr zuo Schenkenberg*), an statt vnd jn namen der wolgebornen frowen Margreten von Werdenberg, miner lieben gemaheln, bekennen vnd tuon kunt offenlich aller, mengklich mit disem brieff. Als von des verlassen guotz vnd erbs wegen, so wylend der wolgeborn vnser lieber bruoder, vetter vnd schwager, Graff Fridrich von Togkenburg seliger gedächtnuss, dem Gott genädig sy, nach tod hinder jm verlassen hat, vnd das vns ze erb vnd sust6) von der wolgebornen frowen Eisbethen von Metsch, des obgenanten Graff Fridrichs von Togkenburg seliger wittwen) vnser lieben schwöster, mir obgenantem Graf Volrichen vnd andern von Metsch gegeben vnd zugefügt worden ist, Das vns mit dem selben guot allem, es sye lüt, schloss, stett, land, gericht, telr vnd gebiet, nichtz vsgenomen noch vorbehept, die ersamen wisen Amann vnd gemain lantlüt der lender Switz und Glarus zuo ewigen land- lüten angenomen vnd emphangen hand, vnd ist das beschechen mit sölichen fürworten vnd gedingen, als hienach geschriben vnd gar ayggenlich ist begriffen. (1) Item des ersten haben wir obgenanten Graf Wilhelm von Montfort, Volrich von Rodtzüns, Vogt Volrich von Metsch Graf zuo Kirchberg, Wolffhart von Rrandiss, Graff Hainrich von Sax von Mosax vnd Thüring von Arburg etc. für vns selbs, ouch an statt vnd jn namen der obgenanten vnsern lieben gemaheln vnd muotern all ainhellenclich vnd gemainlich mit guoten trüen ge- lopt vnd offenlich ze Gott vnd den hailigen geschworn, mit den selben lüten, sloss, stetten, landen, gerichten, telrn vnd gebieten, als vor gemeldet ist, den' obgenanten lantlüten zuo Schwyz6) vnd
1) in Schwaben. 2) im Emmenthal, Kant. Bern. 3) Misox. *) im Aargau. ») theils als Erbe, theils als Schenkung. 6) Wir geben die sehr verschieden artige Orthographie dieses Ortsnamens, welche in der Urkunde vorkommt, genau nach derselben.
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zuo Glarus zuo allen iren nöten vnd sachen ze helffen vnd ze warten, wie jn das nottürfftig vnd fügklich ist, jn sölicher mass, als ob ain jegklich sach vns selber angienge, vnd darzuo der selb Amman vnd genuiner lantlüten ze Swytz und ze Glarus nutz vnd ere ze fördern, jrn schaden ze warnen vnd ze wenden mit guoten trüwen, an alle geuerd. (2) Item jn sollen ouch die vorgenanten stett, sloss etc. offen vnd gewärtig sin als vns selber zuo allen iren sachen, als dik sy des notturfftig werdent., vngeuarlich vnd an widerred. (3) Item es sol ouch mit namen jnen die vesti Grinow etc. bestan gegen den obgenanten von Switz hinfür ewenclich in der mass, als sich der obgenant von Togkenburg des gegen den von Swytz verschriben hat nach jnhalt des brieffs, so die selben von Switz mit sinem jnsigel besigelt darumb jnnhand. (4) Es ist ouch hierinn luter bereit vnd bedingt worden, als die obgenanten Amman vnd lantlüt zuo Schwyz vnd zuo Glarus dise nachgeschriben lüt, stett, land vnd telr, mit namen Vtznang, Liechtenstaig, den Vtzner- berg, das Thurtal, das Nekkertal vnd ze der Wildenburg mit jr yegelichs zuogehörung vormals in aide genomen hand, das die selben lüt all by den selben ayden vnd gelübten beliben sond, won wir von ettlichen erbern lüten redlich erindert7) syen, das der obgenant von Togkenburg selig, als er dem obgenanten von Brandis die ob genanten sloss und lüt etc. zuogefügt wolt haben vnd jm das zuo- geseit, luter bedingt vnd berett hett, das die selben lüt, sloss etc. gen Swytz mit ainem ewigen lantrecht besorgt vnd dahin gefügt solt werden, vnd8) vns vnd vnser yegelichs erben mit allen herli- chaiten vnd als des obgenanten von Togkenburg nechsten erben ge- lüpt vnd ayd darumb tuon sollen an all jntrag vnd widersprechen. Welich aber das nit toun wolten, den oder die selben vngehorsamen sölten vns dann die obgenanten von Swytz vnd von Glarus beholffen vnd beraten sin vns die darinn gehorsam ze machen mit guoten trüwen, an all geuerd, doch das denn die selben lüt by den fry- haiten vnd gnaden, so sy von der herschaft von Togkenburg be gnadet sint, beliben söllen vngeuarlich. (5) Vnd ob sich gefügte, das wir oder vnser erben der obgenanten lüten, landen, stetten etc. über kurtz oder über lang zit ichtz verkouffen oder versetzen welten
') erinnert, unterrichtet. ») Es ist hier einzuschalten; dass die Toggen- burger und Utznacher.
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oder mössten gar') oder ain tail, so sollen wir es dien obgenanten von Switz" vnd von Glarus vor mengklichem anbieten vnd jn die vmb ain glich vnd besehaiden gelt ze verkouffen oder ze versetzen geuolgen lassen vnd niemand anderm än jr wissen vnd willen, es wer denn das ainer oder mer personen vnder vns den andern reehtung daran kouffen welten, daran söllen vns die dikgenanten von Switz vnd von Glarus nicht sumen1"), sunder vns das wol gunnen, doch jn anderm dem obgenanten lantrecht vnuergriffen vnd än schaden, jn sölicher mass vnd mit dem gedingd, als hie vor- geschriben stat. (6) Wer ouch, das die obgenanten von Swytz vnd von Glarus mit jrem volk oder mit jrn helffern zuo vns setzen oder zuo vns ziehen welten in jrn sachen, das söllen sy in jrem kosten tuon vnd süllen ouch wir vnd die vnsern jnen kouff vmb ire pfennig geben, doch das sy vnser vnd der vnsern darinn schonen vnd dehain vngewonlich wuostung noch schaden darinn tuon söllen vngeuärlich. (7) Wer ouch, das vns ze vnserm oder die von Schwitz vnd von Glarus an jrem tail, an welichem tail das were, von yemant sölich sachen angiengen, davon krieg vfferstünden, was dann lüt, stett, slösser, vestinen, land oder telr in den selben kriegen von vns baiden tailen gewunnen, erobert vnd behept11) wurden, da der obgenanten von Swytz oder von Glarus panner by weren, das selb alles, so also gewunnen wurd, solt den von Swytz vnd von Glarus volgen und beliben. Wer aber, das wir oder die vnsern jn den selben kriegen yemant viengen, die selben geuangen söllent vns volgen vnd beliben, von den von Schwyz vnd von Glarus vnbekümbert, doch also das wir vnd die vnsern die selben geuangen mit vruech12) nach der von Swytz vnd von Glarus rat von vns sollen lassen vnd nicht anders. (8) Eroberten oder gewunnen aber wir oder die vnsern in sölichen kriegen dehain stett, sloss, vestinen vnd lüt oder telr, da der lender von Schwyz oder Glarus paner nicht by were, dasselb alles sol ouch vns volgen, aber also das wir den von Swytz vnd von Glarus damit warten vnd beholffen sin sölten als mit andern vnsern lüten, stetten, slossen, landen, telrn vnd guoten, an widerred. (9) Es ist ouch hierinn aygenlich berett, das von dewederm tail nieman den andern hellten noch verbieten sol denn den rechten schuldner oder bürgen, der jm gelopt oder verhaissen hat, än geuerd.
») gänzlich. 10) hindern. ") behauptet. ") Urfehde.
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(10) Es sol ouch entweder tail1») dehain layg") den andern vmb dehain sach vff dehain frömd gericht, gaistlichs noch weltlichs, nit laden noch triben, sunder yederman sol von dem andern recht suochen vnd nemen an den stetten vnd in den gerichten, da die ansprüchigen1») sitzen vnd bingehörent, vnd sol man ouch da dem cleger vnuerzogenlich vnd beschaidenlich richten. Beschäch des nicht vnd das das kuntlich wurde, so mag denn der cleger sin recht wol fürbass suochen als jm füglich ist. Aber yederman mag vmb sin zins mit allen sachen werben, als vntzher gewonlich ist gewesen, an all geuerd. (11) So ist denn aber herinn luter berett, wie vnser gnädige herschafft von Oesterrich, die von Swytz vnd von Glarus nu oder hienach frid, sätz oder richtung vffnemen oder machen, jn den selben friden, sätzen vnd richtungen söllen wir ouch den von Swytz vnd von Glarus mit den obgeschribnen lüten, stetten, sloss, telern vnd guoten gehorsam sin. (12) Ouch haben wir 'vns in disem lantrecht vorbehept, das wir mit der egenanten von Schwyz und Glarus stüren noch brüchen nicht sollen ze schaffen haben, än geuerd. (13) Vnd haben vns ouch namlich herinn vorbehalten, das wir vns hinnenthin gen herren, fründen, stetten oder andern lüten mugen verbinden vnd dienen als vns dan füglich ist, doch disem lantrecht mit den obgenanten stetten, slossen, landen vnd lüten vn- schädlich, won das vor allen andern burgrechten vnd lantrechten vor- gan, bestan vnd mit den selben stetten, slossen, landen und lüten beliben sol vngeuärlich. (14) Es sol ouch yetweder tail vff baiden siten dem andern kost vnd allerlay kouff von vnd zuo lassen gar nach siner notturfft, vnd das vmb dehain sach abschlahen äne geuerd. (15) Wir haben jnn ouch die besunder früntschafft hierinn getan vnd tuond jnen die wissenclich mit dem brieff, das wir, vnser erben noch nachkomen in den obgenanten slössern, stetten, lendern vnd telrn dehain nüw zoll nicht vff die obgenanten von Swytz vnd von Glarus noch jr lantlüten setzen süllen noch wellen, än all widerred vnd geuerd. (16) Wer ouch, das die megenanten von Swytz vnd von Glarus vns zuo jrn eren, nutz vnd notturfft bedörfften vnd sy vns darumb mit jren brieffen manten in den ziten, so wir herren, fründen oder gesellen dientent, dann so süllen wir än verzug zuo
") Auf keinem von beiden Theilen. ") Laie, Weltlicher. ") Ange- sprochnen.
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jnn keren vnd jnen in jrn sachen helffen vnd raten in der mass, als vor ist beschaiden, än all widerred. Vnd vmb was sachen wir ouch dehainest vnsern herren, fründen oder gesellen beholffen weren, stuonden vns oder den vnsern dauor dehain schad oder gebrest vff, das sol die von Schwyz vnd von Glarus nichtz angan. Sy sollen ouch davon dehainen schaden noch gebresten haben,. si tügen es denn gern. (17) Wer ouch, das wir gemainlich oder sunderlich von der obgenanten lüten, stetten, schlossen, vestinen, telern etc. mit yeman kriegen welten vnd denn der oder die selben vns recht butten vff die obgenanten Amman rat ze Swytz vnd ze Glarus vnd vns da recht halten welten, des selben rechten sol vnd wil vns dann wol benügen än widerred. (18) Jtem es ist ouch herinn bereit, wenn sölieh herrschafft, stett, schloss, land etc. mit töden16) oder mit andern sachen verendert werden gar oder ain tail, das denn der vnd die selben, an die vnd zuo den17) handen vnd gewalt des jchtz'») käme, den obgeschriben von Swytz vnd Glarus, wenn sy es eruorderten, gelüpt vnd ayd damit tuon sölten, als wir das haben getan, än widerred vnd geverd. (19) Aber mit namen ist vns allen vnd jegklichen besunder herinn vorbehalten vnd vssgedinget das hailig Römisch rych, Römisch kayser vnd küng, vnser gnädige herrschafft von Oesterrich, was vnser yegklichs ayd, ere vnd gelüpt berürt, so wir mit vnsern liben vnd andern vnsern lüten vnd guoten anderstwa schuldig sin ze tuond, getrülich vnd vngeuärlich. Des alles ze warem vnd offem vrkund haben wir obgenanten Graf Wil helm von Montfort, Volrich von Rodtzüns, Vogt Volrich von Mätsch Graf zuo Kirchberg vnd hoptman an der Etsch, Wolffhart von Brandiss, Graf Hainrich von Sax vnd Thüring von Arburg all vnd yegklicher besunder sin aigen jnsigel für vns selber vnd die benempten vnser lieb gemaheln, vetteren vnd muotern vnd vnser aller, herren vnd frowen als wir hieuor genant sind, erben gehengkt an disen brief, der ze Veltkirch geben ist an dem nächsten donrstag vor dem sunnentag, als man in der hailigen kirchen singet Misericordia domini nach Ostern, do man zalt von der geburt Gristi Viertzehen hundert dryssig jar vnd darnach in dem sibenden jaren.
Nach dem Origiual auf Pergament im Archiv Schwyz, welches uns von dortiger Kantonskanzlei gefälligst mitgetheilt wurde; die sechs Siegel hängen,
16) Todesfällen. ") deren. l5) etwas.
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Es befindet sich daselbst auch ein gleichzeitiges Vidimus, welches vielleicht wie Nr. *Ol, für Glarus bestimmt war. Gedruckt ist die Urkunde bei Tschudi II. 247—2S0.
Anmerkung.
Was an der vorstehenden Urkunde besonders interessirt und auffällt: ist die grosse Veränderung in der Lage des Streitgeschäftes seit dem Spruche vom 9. März, von welcher sie Zeugniss gibt. Während früher die Gräfln- Wittwe von Toggenburg als die alleinige Erbin der von dem verstorbnen Grafen hinterlassnen Länder und Herrschaften sich benahm und mit Zürich gegen Schwyz und Glarus in's Recht trat, finden wir nun die Gräfin von allen ihren Ansprüchen zurückgetreten und die toggenburgischen Herrschaften durch die Vermittlung Ulrich's von Mätsch, welcher theils als Neffe und Vormund der Gräfin, theils als Miterbe des Grafen Friedrich handelte, in den Besitz der Verwandten dieses letztern übergegangen, welche mit ihren neu erworbnen Ländern das Landrecht von Schwyz und Glarus annahmen. Also auch hier wieder eine glänzende Niederlage Zürich's und seiner weitreichenden Pläne! Dass es so gekommen, erklärt sich aus der in der Zwischenzeit seit dem 9. März erfolgten Entscheidung des Erbsehaftsstreites. Leider ist der hierauf bezügliche Spruchbrief nicht mehr vorhanden und wir sind daher lediglich auf den nachfolgenden Bericht der Fründ'schen Chronik (Ausg. v. Kind S. H) angewiesen:
»Hie sol man merken, als die von Zürich meintent, das die von Toggen burg inen Vtznach zuo übergeben hette, das si des nit gewalt noch macht hatt, wan des von Toggenburg erben namend darumb die von Toggenburg für mitt dem rechten vnd clagtend sich von ier, dass sy inen ir guot den von Zürich übergeben hette, vnd kamen der sachen für recht alls vff die vier vnd den fünften; vnd waren vff der herren vnd erben teil schidlüt Hans von Ast vnd Hans von Nidegg, burger ze Ravenspurg, vnd vff der von Toggenburg teil Heinrich von Liechtenstein edelknecht vnd Cunrat Hör altburgermeister zuo Sant Gallen, vnd der gemein man der fürnäme Ital Reding der elter, landaman ze Swytz. Vor dem rechten wart bekent vnd wart die vrteil geben, das die von Toggenburg den gedachten land vnd lülen nitt erb wäre vnd des Übergebens, so sy getan hatt den von Zürich, keinen gewalt noch macht nitten hatt, vnd das sy den herren des von Toggenburg erben das erwidren vnd sy darumb entschädigen sölte nach glichen vnd billi gen dingen, nach lut der selbigen vrteile.«
Die Angabe der Chronik, dass gerade Ital Reding, welcher vor den Eidgenossen als Gegner der Gräfin auftrat, zur Entscheidung des Rechtsstreites zwischen ihr und den Erben des verstorbnen Grafen berufen worden sei, ist freilich etwas auffallend; Tschudi und Müller sind daher derselben nicht gefolgt, sondern nehmen an, dass auch in diesem Schiedsgerichte der Schult- heiss Rudolf Hofmeister von Bern Obmann gewesen sei. Indessen lautet die Angabe Fründ's, der die vollste Kenntniss der Sache haben musste, so be
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stimmt, dass wir doch beinahe genöthigt sind, derselben Glauben zu schenken. Sei dem übrigens wie ihm wolle, so geht aus unsrer Urkunde klar hervor, dass, wenn auch der Erbschaftsprozess für die Gräfin verloren ging, der Ueber- gang sämmtlicher toggenburgischer Herrschaften an die Erben des Grafen nicht auf dem Schiedsspruche allein, sondern zum Theil auch auf freiwilliger Verzichtleistung beruhte. Die betagte, kinderlose Wittwe war des Streitens und Hadems müde geworden und um ihren Lebensabend in Ruhe zubringen zu können, trat sie diejenigen toggenburgischen Besitzungen, welche ihr nach dem Schiedsspruche geblieben waren, oder wohl eher das ihr gesicherte Recht des Niessbrauches am gesammten Nachlasse, an ihre Verwandten aus der gräflichen Familie von Mätsch-Kirchberg ab, welche, wie es seheint, das auf diese Weise Empfangene mit den übrigen Erben des Grafen Friedrich theilten. Die sog. Klingenberger Chronik sagt darüber (Henne S. 243):
»Do was si (die Gräfin) — in dem selben zuo gfaren vnd gab Grai Volrichen von Mätsch vnd irem bruoder dem alten von Mätsch alles das si hatt, vssgenomen ir haimstür (Heirathsgut) vnd morgengab, vnd beschach das vor gericht ze Veltkilch, vnd bekant ouch die von Toggenburg desselben males vor gericht, dass diss nachgeschriben herren, von ir wiben und muotren wegen, dess von Toggenburg nechste erben wärint.«
(S. 233) »It. in disen dingen warent des von Toggenburg wib vnd die herren, die erben mainten sin, genzlich mit ainander verricht, vnd was die von Toggenburg genzlich von allen burgen, stetten, schlossen vnd lendren, so der von Toggenburg nach tod gelassen hat, vnd gabent ir die erben järlich ain genant guot diewil si lept, vnd liessent ir darzuo alle farende hab, vssge nomen harnäsch, armbrust, büchsen vnd sölichen züg.«
Gehen wir nun über zu den Personen der toggenburgischen Erben, welche in unsrer Urkunde genau aufgezählt sind, so müssen wir die Bemer kung vorausschicken, dass über den massgebenden verwandtschaftlichen und erbrechtlichen Verhältnissen noch manches Dunkel waltet. Nehmen wir auch an, es seyen von Friedrich's Schwester Ita (Nr. 18«), der Gräfin von Thier stein , keine Nachkommen mehr am Leben gewesen*), so ist doch auffallend, dass die Gräfin Kunigunde von Montfort-Bregenz, die Tochter des Vatersbruders Donat von Toggeuburg, nicht erwähnt wird; denn eine Verzichtleistung von Seite des letztern, wie Juvalt Forschungen über die Feudalzeit in Rhätien, II. 221, anmmmt, vermögen wir in der Urk. von 1394 (Tschudi I. 580) nicht zu erblicken. Kunigunde von Werdenberg, die Gemahlin des Grafen Wilhelm von Montfort-Tettnang, welcher an der Spitze unsrer Urkunde steht, war, wie Wegelin Geschichte der Landschaft Toggenburg I. 221 (vergl. S. 178) wohl mit Recht annimmt, eine Halbschwester des letzten Toggen- burgers, hervorgegangen aus der zweiten Ehe seiner Mutter, Katharina von Werdenberg-Heiligenberg, mit dem Grafen Heinrich von Werdenberg-Sargans.
*) Ein minderjähriger Sohn Bernhard's von Thierstein wird zwar in einer Urkunde von 1438 (Tschudi II. 263) erwähnt; doch war derselbe wohl aus einer zweiten Ehe entsprossen.
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Es muss diess theils daraus geschlossen werden, dass die Gräfin von Montfort keineswegs neben den andprn Frauen aus dem Hause Werdenberg genannt, sondern dem Freiherrn von Rhäzüns und seiner Schwester vorausgeschickt wird, theils noch entschiedner daraus, dass die Erben in unsrer Urkunde (vergl. auch unten Nr. 3O») den verstorbnen Grafen ihren lieben »Bruder, Vetter und Schwager» nennen. Ueber Ulrich von Rhäzüns vgl. Nr. 131, 15? u. 1«8; er war der jüngste und, wie es scheint, allein noch lebende Sohn des alten Freiherrn Ulrich Brun, welcher 1400 mit unserm Lande sich verbündet hatte, und, wie sich nachJuvalt u. a. 0. aus den neu entdeckten Regensburger Urkunden ergeben soll, der Elisabeth von Werdenberg, einer Muttersschwester des Grafen Friedrich. Neben ihm erscheint in unsrer Urkunde seine Schwester Margaretha von Rhäzüns, die Mutter des seit dem Tode des Toggenburgers oft genannten Grafen Ulrich von Mätsch, in zweiter Ehe verheirathet mit dem, aus dem Walliserhandei (Nr. 1BO) wohlbekannten Freiherrn Gitschart von Raron, welchem sie zwei Söhne: Hildebrand und Petermann, geboren hatte. Endlich werden noch in unsrer Urkunde als Erb innen des Grafen Friedrich bezeichnet die drei Töchtern seines Mutterbruders, des Grafen Albrecht von Werdenberg-Heiligenberg, nämlich: 1. Verena, die Gemahlin des Freiherrn Wolfhard von Brandis (vergl. über ihn Nr. 148, Anm., l»* Anm.); 2. Katharina, die Mutter des Grafen Heinrich von Sax- Misox (vergl. über seine Familie Nr. 181); 3. Margaretha, die Gemahlin des Freiherrn Thüriug von Aar burg-Schenkenberg.
Dass die toggenburgischen Erben, so bald sie sich im unbestrittnen Be sitze der ihnen zugefallenen Herrschaften befanden, für dieselben ein Land recht mit Schwyz und Glarus eingingen, begreift sich leicht. Hatte schon der verstorbne Graf Friedrich das Bedürfniss empfunden, sich an die Eidge nossen anzulehnen, um seine Unterthanen desto besser im Zaume halten zu können, so lag für seine zahlreichen Erben, welche die Herrschaften unter sich zu vertheilen im Begriffe standen, um so dringendere Veranlassung hiefür vor, zumal ja ihre Unterthanen in Toggenburg und Utznach bereits mit den beiden Ländern in einem Landrechte standen. Diesen letzteren aber musste sehr viel daran liegen, das von ihnen mit dem Volke von Utznach und Toggen burg abgeschlossene Landrecht durch die jetzigen Herren dieser Landschaften bestätigt zu sehen, wie der Spruch vom 9. März (Nr. SO5) es namentlich für Glarus ausdrücklich verlangte; ebenso mussten sie den grössten Werth darauf setzen, ein Vorkaufsrecht auf die beiden genannten Herrschaften zugesichert zu erhalten. Wir halten daher die beiden Bestimmungen, welche wir mit den Ziffern 4 und 5 bezeichnet haben, für die praktisch wichtigsten des Landrecht briefes. Zu beachten ist, dass Schwyz und Glarus sich wieder, wie gegenüber dem verstorbenen Grafen, verpflichten mussten, die Unterthanen nöthigenfalls ihren neuen Herren »gehorsam zu machen», wobei indessen immerhin die er worbenen Rechte und Freiheiten der Erstem ausdrücklich vorbehalten wurden. Die übrigen Bestimmungen unsrer Urkunde sind im Wesentlichen theils wört lich, theils dem Sinne nach gleichlautend mit dem Landrechte des Grafen Heinrich von Sargans, vergl. Nr. *Ol und dazu Anm. Wie Graf Heinrich sich vorbehalten hatte, in Kriegen zwischen Oesterreich und den Eidgenossen
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stille zu sitzen, so wird am Schlusse unsers Land rechtes zu Gunsten der Herrschaft Oesterreich, wie für das deutsche Reich, geradezu ein allgemeiner Vorbehalt gemacht und ferner in Ziff. 11 bestimmt, dass in allen Friedens schlüssen und Vereinbarungen zwischen ihr und den Ländern Sehwyz und Glarus die toggenburgischen Herrschaften auch inbegriffen sein sollen.
Blumer, Johann Jakob: Urkundensammlung des Kantons Glarus, 1865 (Google data) 206. , in: Monasterium.net, URL </mom/KantonGlarus/be363d76-737e-44df-a4f0-60cab29c43a6/charter>, accessed at 2024-11-24+01:00
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