Philipp der Großmütige - Landgraf von Hessen, Nro. 21. , S. 93
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sey»n zwey Männer fähig zurRegierung der grlß» ten Staaten, war einer von den Neubekchrten, die sich in die neue Ordnung der Dinge noch nicht recht finden tonnten; Lu ther schrieb selbst damals an den Rath zu Ulm, der Satan wolle gern, daß der neue Most die alten Häute zerreiße. Während der Haupt-Prediger zu Ulm, Martin Frecht, ganz lutherisch der Bucerischen Konkordie lange hinderlich war, faßte auch der alte Bürgermeister, der um des Stadt-Regiments willen den Umgang mit den benachbarten katholischen Prälaten fortsetzen mußte, eine Abneigung besonders gegen die oberländischen ihm von Straßburg zugesandten Prediger, weil er glaubte, daß sie mit Büchern vertrauter als mit der Politik, zugleich Regierer der Seele und des Leibes seyn wollten, und trug dem Landgra« fen, den er auf mehreren Konventen lieb gewonnen, seine Be denklichkeiten gerade zu der Zeit vor, wo die Bucerische Konkor die auch mit der Schweiz befestigt werden sollte. Philipp, besorgend, daß Beßerer wieder zurückfallt« möchte, sandte ihm daher den hier abgedruckten Hirten - Brief. — Beßerer antwor» tete (Sonntag nach Trinitatis) „er habe zwar in seinem Gewis sen und Glauben einige Anfechtung gehabt, aber sich selbst mit „Hülfe des Landgrafen und seines reinen christlichen Eifers wie« „der belehrt. Auch sey er wieder nach den Antworten, welche „Bucer den Zürichern gegeben, für Bucer und die Konkordie ge wonnen. Von Selten, namentlich der Wiederkäufer, worüber „ihm der Landgraf ebenfalls geschrieben, habe er in Ulm nichts „zu besorgen. Er habe neulich ein Büchlein von Oslander über „Absolution und lezten Trost gelesen, dem er aber nicht ganz „beystimme, weil man früher anfangen müsse, rechtschaffen zu „handeln." Philipp schrieb ihm noch emmal (Kassel, Dien stag nach Kilian) um ihm die Furcht zu benehmen, wenn evan gelische Prediger von der Obrigkeck sprächen, daß daraus gleich Aufruhr entstünde, wobey er sich zuletzt der Worte bedient „Es „färet wol etwan ein Predicant etzwas scharf und geschwind her« „auser, und meinets doch nit eben also ernstlich, zudem so seint „sie eben wol Menschen als wir." Im folgenden Jahre (153g) verlangte Beßerer de« Landgrafen Meynung darüber „ob Christus „unser Seligmacher eine Kreatur sey" u. s. w. Philipp ließ sich darüber ein Gutachten Luthers geben, und sandte es nach Ulm. Beßerer bedankt sich, tadelt aber, daß Luther so hefftig gegen Schwenckfeld schreibe, und ihn dem aus Ulm vertriebenen Se bastian Franck gleich stelle. Schwenckfeld sey ein guter frommer Mann, werde aber nicht nach Ulm zurückkehren (Archiv. Nach lichten).
Philips U. s. w. Lieber Her Besserer, ich Hab ewer schreiben gelesen, und daraus verstanden ewere kranckheit, das mir warlich trewlich leidt ist, dartzu das Ir euch des Evangelii halben bekommert gefelt mir wol, das ich euch dermaßen spür, das Ir nit allein zeitlick fachen sonnbsrn auch dem ewigen nachdencket, dan war lich wenig sein di Inen dl fachen des glaubens anligen lassen.
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hoff aber Got werd euch noch lang gesunt widrumb machen, und zu seinem lob lang fristen,
Volgents Hab ich verstanden, was «wer besorgnus der Pre» dicanten halber ist, auch die persuasiones' mit vleis durchlesen, und ist nit weniger man etliche Prediger siendet, die wol zu weilen unförmlich und ungeschickt von fachen reden, Ich laßs mir auch gefallen das ein gut uffsehens geschee, Ich wil auch mit vleis der fachen warnemen.
Aber warlich meins ermeffens so man dannost In grundt sieht, und der Predicanten Predig nit eines allein sondern vil höret, so werdet befinden, das sie dem eusserlichen wort auch Sacrament das nit zugeben, wie etliche Inen schult geben, die euch solches bericht mögen haben, dan ob sie wol sagen, im wort werde der heilige geist mitgeteilet, item durchs nemen kommen wir zu dem glauben, so sagen sie doch daneben Pau lus pflanzet, Apollo begeußt, Got mus das gedeihen geben, und ich mus Inen das ZeugNus geben, das der mererteil hie ven sagen, das das eußerlich wort in dj oren gehe, der geist gottes aber müsse die herzen erleuchten, und sagen Gots ge meine weise sei alweg gewesen, den geist gots und glauben durch eußerliche wort antzubieten und zu geben, nit das solch eußerlich nemen den glauben gebe, sondern das eußerliche ne men durch würckung des heiligen geistes, und solches sei gots gemein brauch und weise di Welt zu bekeren,
Aber damit schneiden sie Gott seine macht nicht ab, son dern sagen> Got könne woll andere auch beruffen glaubig und selig machen, wie er Iohanni dem Teiisser und andern gethan Hab, dergleichen sagen sie von den Sacramenten das sie Ver sicherung unsers glaubens seien, nit das sie gnade geben, son dern das uns damit di gnade angepotten, und das zum Si- gel unsers glaubens haben und damit bezeugen das wir Chri stum angehören und seines todes ingedenck seien und zu seinem gedechtnus brauchen, Und was die Schlüßel und anders be trifft, nit dermaßen vornemen das sie unsre Herren wollen sein, Sondern alles zur forderung und Beßerung der Kirche.
Das sie auch di alten Lerer zuweilen anzihen thun si nit dermaßen das sie solch Scribenten als ... . text des Evan» gelii prauchen, Sondern das sie wollen anzeigen, was fyns di alte Kirche, dj am nechsten nach Christi und der Apostel Zeit ist gewesen, (und) mnnung sej.
Das auch der Buzer also übel bei euch angeben ist, hör ich nicht gern, Dan warlich Ich es Im nit zuvertrau«, dan
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Ich befunden, das er vil far seins leibs und lebens umb des glaubens willen duldet und umb der einiqkeit willen, das ein Parthey di andere in dem Zwispalt des Sacraments besser und freuntlich verstände, den one In het ich sorg es schwerlich zu» gang were.
Und warlich solch einigkeit vil guts gemacht, und di spal- tung des Sacraments vil Schadens, Abfals, und das vile nit zu diesem glauben getreten. Und solte dise spaltung wider wer den (was etliche unruige leut gern sehen mochten) würde nichts dan ein ganze trennung und Vertilgung der eußerlichen freien Lehre volgen, Ich wil euch drumb mit freuntlich trewer christ licher Meinung gewarnet und ermanet haben, wollet ein vlei- ßig und gut ufmercken, als ein weiser man, des Vernunft mir wol bekant, haben uff di euch solchs mögen einbilden, angeben, und persuadiren, dan ich sorg das sie villeicht zum tail dj ei nigkeit im Zwispalt des Sacraments nit gern sehen, und da» rumb di predigt allenthalben verdächtig machen, auch sonder lich das ich besorg, das Inen die Widenauffe oder ein solche gleiche Opinion im lopff umblauffe, und doch für euch als ei nen weisen nit heraus faren wellen, sondern einen andern List darzu prauchen, und di predig verdächtig machen, dan so sie das geendet so meinen Sie Sie haben gewonnen,
Und darum so ist sehr not, das Ir als ein gerechter rich- ter nicht ein Party allein höret, besonder di andern auch, dan ich zweivel nit wo Ir . . . . Dj euch solchs einpilden uff ein feiten und Vucerum oder andere fromme gclerce Prediger uff di andere feiten stellet, So werdet Ir dermassen gute Ant wort fienden, das ewer gewissen zufrieden sein würdet, Ir tont solches, wol zu wegen dringen, und ingeheim, das darumb nie- mants belestigt noch beschwert würdet, es ist warlich wol not das Ir und wir alle uns wol fürsehn für den leuten, di alle so in der nacht wi der Psalm sagt schleichen, und ins Licht nicht wollen, dan Ir habt erfaren, was für ein fem zu Münster durch solch Volck, desgleichen in Niderlanden angezündet wur. den, und wie eins mit dem andern zu Münster zu Grundt gangen, und nu leider nichts dann Papisten da sein, Dan in meinem gewissen und düncken nach kan ich in den Predi gern hienieden das nit spüren, wie sie euch angeben sein mö gen So tan ich ja den Vucerus nit verurteilen, dweil ich sehe das er dannost di von Augsspurg dahin geredt, das sie di papistische messe zu Augspurg gar hinweg gethan haben,
Ist drumb mein vleißig und getrew rath, biett, und er«
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manung, wolt euch nicht Irr machen lassen noch erschrecke« einjagen, und thun nach der Liebe art di alle dieng zum besten wendet, dan soll ein solch zwiespalt erwachsen dweil das Heuff» lein der Christen noch so clcin, würds warlich zu grossem ab» fall und ««stalten kommen, Wolt got das ich bei euch wer, ich wolt euch weither unterrichten mit Worten das nit müglich alles zu schreiben ist, Doch ist gut, das ein freuntlich uffse- hens uff di Prediger gehabt, denn Sie auch Menschen sein, aber alles mit Maß zu aufbawung unnd nit zu zerstotung der Kirchen.
Dan warlich soll Ir mich darfür gewiß halten, das mein gemut eben so wenig als das «wer dahin gericht, das ein neue Babstchum oder unchristliche Ceremonien sollen ufgericht werden.
Das sie aber Ceremonien haben di nit wider Gott und nit dermaßen, das mans eben umb der seligkeit und des ge« Wissens halben thun müsse, ist nic unbilllch, dan m.m mus in etzwas eine gleiche Ordnung haben, doch unverbunden; lvo an einem Ort ein besseres gehalten würdet, demselblgen zu volgen und dises nachzulassen.
Die papistische und deren kirche Ceremonien, ler, und sat- zung feint wider gott und sein wort, denen ist man zu gehor samen noch auch zu volgenl nit schuldig, unnd ist da ein gro- ßer unterscheit, und da mus weder leib oder gut angesehen werden, Wo aber hie bei etlichen noch'mangel wer, mus man als gedult haben, und einer den andern unterweisen und in gedult tragen, bis Got weicher verstand und gnad verleihet. Dieses alles zeig ich euch darumb an, dweil ich weis, das.Ir ein gut Vertrauens zu mir habt, und mir nit leichtlich was verarget, unnd zweivell nit, so Ir in euch selbst gehet unnd der fache weither nachtrachtet und diesen teil mit vleis höret, pro et onntr», Ir sollet Inn eurem gemut wol zufriden snn. Den andern Punct, das Ir schreibet, das man uff Gott se» hen solle und nit uff einen fleischern Arm ist billig, doch sol len wir auch di mittel di uns Gott schickt, nicht verachten. Dan wir sollen Gott auch nicht versuchen, wo nun ein Po tentat nit wider unns sei» wolle, unnd wir den ausschlügen und zu'einem feind machten, deucht mich wer uns allen nicht nuz noch gut, Das wir aber Inen sondere Hilff zuvoran in zeitlichen fachen thun solt, ist mein Meinung auch nit, aber sie gar vor den kopff zu stoßen, da sie nit wider uns sein wol- len, ist nit gut, Dan unser Widerpart sucht nur solche Po-
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tentaten gegen vnS zu bewegen, So sie dan das suchen, wa< rumb solt dann böse sein, das wir dieselbigen nit wider uns zu thun in gutem willen behalten, zuvoran so es mit gutem gewissen gescheen mag, und nit zu abbnich des lauffs des Evan- gelii, sondern das zu forderung und ausprcitung dienet. Acht darumb in mir so Ir den fachen recht nachdencket und es kays. M. und dem romischen reich nit zu wider, es mit mir für rat> sam und nutzlich aus angetzeigten Ursachen halten.
Es ist aber uff diesem tag von gemeinen Stenden davon nichts gehandelt, ausgescheiden was die Einung und Pundt ist, der mit dem König zu Dennemarck ufgerickt ist, und der ein loblich frommer Christlicher Konig ist. Dieses alles wolt ich euch guter Meinung anzeigen unnd wo Ich euch und eue rem Sohn und Fruncschafft auch der Stat Ulm gnad und guts erzeigen mag, fiendet Ir mich willig, seit dem Herrn un- serm Gott befholen, der mach euch gesunth, Ich Habs übell geschrieben mit meiner handt, schick euch hirumb ein abschrifft, uff das Irs desto besser lesen tontet, Datum Cassel, u. s. w.
Philipp der Großmütige - Landgraf von Hessen, ed. Rommel, 1830 (Google data) Nro. 21. , in: Monasterium.net, URL </mom/PhilippDerGrossmuethige/f165bef4-41c0-43ed-a570-b0366429aa15/charter>, accessed at 2024-12-26+01:00
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