useridguestuseridguestuseridguestERRORuseridguestuseridguestuseridguestuseridguestuseridguest
Charter: Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen - Appenzeller Landbuch (SSRQ AR/AI 1, Nr. 1) 3
Signature: 3
Zoom image:
Add bookmark
1540
  

orig.
Current repository
SchweizAppenzell InnerrhodenAppenzell, Landesarchiv Appenzell Innerrhoden, Bücher, Nr. 10, Landbuch, sog. "Älteres Landbuch"





    Graphics: 
    x

    1[1] Was ain valtscher aid uff im traitta

    Hie nach volgett ain ernnstliche unnd erschrekennliche bedüttung aines unrechtenn faltschenn aidtz nach ußwißunng der hailgenn lerer unnd doctoribus gezogenn uß der hailgenn gschrifftt, drumb sich ain jegklich cristenn menntsch huͤtten sol bin siner sel sailykaitt.1

    Sprich recht onn argennlist, das gott dir dinn leben frist. ||Wann, wer unnrecht zuͦ rechtem sprichtt, der wirtt von gott schwairlich gericht; gestannd dess onnrechtenn niemand by, wie lieb dir ouch din frünnd sy; unnd biß fuͤrsprech rechtz halbenn unnd red nichtz umm hannd salbenn.2

    In der hailgenn unngethailtenn dryfaltikait namen, ammenn. Merk mit fliß ain jegklich menntsch, der ainen aid schwerenn wil, der sol uff hebenn dry finnger. Bin dem erstenn finnger, das ist der dum, ist zuͦ verston gott der vatter, bin dem anderenn gott der son, bin dem dritten gott der hailig gaist. Die annderenn zwenn finger, die letstenn inn der hannd unnder sich genaigtt, der ain beduͤtt die || costlichenn sel, alß sy verborgenn ist unnder der menntschaitt, unnd der fünftt klinst finger beduͤtt denn lib, alß der lib klain ist zuͦ schaitzenn gegenn der sel. Und bin der ganntzen hannd wirdt bedütt ain gott und ain schopfer, der menntschen unnd allenn creatturenn in und uff erdenn erschaffenn hatt. Nun welcher menntsch so verlassenn unnd sin selbs so finnd ist, das er ainenn valtschenn aid schwertt, der schwert inn soͤlicher maß, alß ob er spraich: «Alß ich hütt faltsch schwere, also bitt ich gott denn vatter, gott den son und gott denn hailgenn gaist unnd die gannzenn hailgenn dryfaltikaitt, das ich ußgeschlossenn unnd ußgesetztt werde uß der gemain unnd guͦttthatt der hailgenn cristenhait, das mir die selbig guͦttthaitt sye ain fluͦch mines lebenns, libs unnd der sel.»3

    ||Zum annderenn mal der mainaidig menntsch schwert, als ob er spraich: «Alß ich huͤtt faltsch schwer, also hellff mir huͤtt gott der vatter, gott der sonn unnd gott der hailig gaist unnd die barmherzig muͦter unnsers herenn Jeßu Cristi und alles himelisch her, das die mir niemer zehilf nach zuͦthrost komen an der zitt, so sich lib unnd sel vonn ain anderen schaidtt.»4

    Zum drittenn, welcher faltsch schwertt, der rett, alß ob er spraich: «Als ich huͤtt faltsch schwer, also bitt ich gott den vatter unnd denn son unnd den hailgenn gaist unnd den costbarlichen fronlichnam Jeßu Cristy unnd sin grundlose barmherzikait unnd sin onscholdikaitt, sin hailger schwaiß und sin bitterkaitt unnd angst unnd nott unnd sin hertter strenger thott unnd onscholdige marter an mir armer sünnder ganntz enzogenn unnd verlorenn werde.»4

    Zum vierttenn der faltsch schwertt, der rett, alß ob er spraͤch: «Alß ich huͤtt faltsch schwer, also sol min sel, die bedütt wirt bin dem vierttenn finnger, unnd min lib, der beduͤtt wirtt bin dem fünftenn finnger, mittainannderen verdamptt werdenn an dem jüngstenn tag, so ich mainaider elender mennsch stonn wird vor dem strennger richter, und sol abgedilgett unnd geschaidenn werdenn von aller gmainsame aller hailgenn, unnd ich sol ouch beroptt werden der ||begirlichenn annschowung desß angesichtz unnsers herenn Jeßu Criste unnd simerc wirdigenn muͦtter Maria unnd aller sinner hailgenn jemer unnd ewennklich.»4

    Da by mag wol ain jegklichs fromm cristennlichs herz wol merkenn, was der faltsch aid uff im thragtt umdd, wie der menntsch gott desß allmechtigenn unnd der jungkfrowen Maria unnd aller hailgenn durch denn faltschen aid verlognen ist, davor sich ain jegklich mennsch billich huͤtten sol bin siner sel sailikaitty, darvor unnß gott alle behuͤtt, ammen.4

    Menntsch, huͤtt dich vor faltschem aid, wann er ist gott gar laid, unnd verker bald dinn boͤsenn sinn, wann zitt unnd wil gatt da hinn.5



    Languagedeutsch

    Notes

    a Vor dem Titel auf der derselben Zeilenhöhe die Ziffer 1; Titel von Hand T1.

    b Unsichere Lesung; in LB 1585, fol. 7r, als davor wiedergegeben.

    c So in der Vorlage, gemeint sinner.

    d So in der Vorlage, gemeint unnd.

    1 Es folgt auf fol. 1r–2v eine Belehrung über den Meineid. – Dieser Abschnitt fand grösstenteils
    wortgetreu Eingang ins LB 1585, fol. 7r. – Druck: Rusch, Landbuch, S. 66.

    2 Der Eidspruch fand Eingang ins LB 1585, fol. 8r, wo er vom Schreiber nicht als fortlaufender
    Text, sondern in Versform dargestellt und durch zusätzliche Zeilen ergänzt wurde. – Druck: Rusch, Landbuch, S. 66.

    3 Der Eid, dem man übernatürliche Kräfte zuschrieb, verschränkte die Rechts- mit der Heilsord‐
    nung. Die Eidesermahnung greift in Abs. 2 die Trinitätssymbolik auf: Die drei Schwurfinger ver‐
    körpern die göttliche Dreifaltigkeit, und die zwei gekrümmten Finger stehen für die Seele und
    den Leib des Schwörenden. Der Eid erscheint hier als eine bedingte Selbstverfluchung. Als Folgen
    eines unrechtenn faltschenn aidtz drohen laut LB der Ausschluss aus der Christenheit, kein göttli‐
    cher Trost in der Sterbestunde, keine göttliche Barmherzigkeit sowie ewige Verdammnis beim
    Jüngsten Gericht. Nach Griesshammer, S. 92, erscheint die Erklärung zur Bedeutung der einzelnen
    Finger der Schwurhand in den Landbüchern anderer Orte nicht.
    Als zentrales Mittel der frühneuzeitlichen Obrigkeiten im Kampf um das Gewaltmonopol waren
    Inhalt und Leistung des Eids ein ständiger Konfliktgegenstand. Vgl. zur Schwurpraxis z. B. LAA ||
    Bücher, Nr. 100 (AMB 1547–1567), S. 6: Thrinken und schweren. Nach Christus geburt gezellt 1548 jar am sonntag vorm erstenn Mayenn tag hatt die selbig gehabne lanntzgmaind uff unnd
    angnomen von wegen der grossen gozlesterung desß schwerenns und thrinkens halb. Erstlich vom
    schwerenn, namlich welcher der ist, der also unnserem gott unnd schopfer sin hailigs lidenn uff
    heptt, es sye bim hailgenn krütz, bin siner marter, wundenn, lidenn, krafft, macht, schwaisß, bin
    sim hailgenn bluͦta, bin sinem sitz desß hailgenn h[imels] und eren ouch bin dem hailgenn sacra‐
    mennt, was also sin hailigs lidenn bethreffenn mag, unnd der das thuͦt, so sol jegklicher bin sinem
    aid ainn ermanen unnd redenn: «Hoͤr uff unnd huͤt dich older thu muͦst buͦß thon.» Unnd ob dann
    ainer nüt hörenn wellte und witter schwuͤre, so sol dann je der nechs[t] sagenn: «Thuͦ buͦß.» Der selb
    sol dann niderknüwen und dz ertrich küssenn, unnd ob es ainer nütt thon wellte, den sol man [zu
    ergänzen wäre: von] stund an minen herenn anzoͤgenn, jegklicher bin sinem aid. Dannothin muͦß
    der selb buͦß thuͦn vor minen herenn older was sy ainem darumm erkennen, dz er verdiennt habe.
    Unnd ob sach waire, dz ainer denn anderenn nütt wellte haissenn buͦß thuͦn, ouch ain annderenn nütt
    welltinnd angebenn, so soͤllinnd die amptlüt nachfrag han unnd dann die straffenn, dz sy welltinnd
    dz gehorsam erfunden wairenn worden. Es moͤcht ouch ainer so unzimlich schweren, min herenn
    wurdenn ainn straffenn am leben, lib, eer unnd guͦtt. – Am 6. Mai 1551 bestätigten Rusch, Landbuch
    sowie Alt-Alt- und Neu-RätNeu-Rät den Landsgemeindebeschluss von 1548 betreffend schwerenn und gots
    lesterunng: ebd., S. 32. Ferner dazu: ebd., S. 82, 84.
    Der Text von Art. 1 ist von Abs. 2, S. 48, bis zu Abs. 7, S. 50, weitgehend identisch mit der
    Eidesbeschreibung von Mellingen (AG), um 1500, SSRQ AG I/6, S. 341; vgl. auch Lehmann, S. 72.
    Weitere mit dem Älteren LB übereinstimmende Textpassagen (z. B. Art. 1, Abs. 5) auch im LB Nid‐
    walden
    , vgl. Stockmann S. 88. – Lit.: Bischofberger, Rechtsarchäologie, S. 82; ders., Eid, S. 50–
    52; Dubach, S. 101; Griesshammer, S. 90–92; HLS 4, S. 111–113; Lehmann, S. 70–74; Stockmann,
    S. 88–94. – Dieser Abs. fand fast wortgetreu Eingang ins LB 1585, fol. 7r–v. – Druck: Rusch, Land‐buch, S. 66 f.

    4 Dieser Abs. fand fast wortgetreu Eingang ins LB 1585, fol. 7v–8r. – Druck: Rusch, Landbuch,
    S. 67 f.

    5 Diese Verse fanden Eingang ins LB 1585, fol. 8r, wo sie vom Schreiber mit zwei weiteren,
    neuen Zeilen und sowie den Versen auf fol. 1r–v im Älteren LB zu einem Gedicht ergänzt wurden.
    – Druck: Rusch, Landbuch, S. 68.
    Places
    • Mellingen, CH
    • Nidwalden, CH
    Persons
    • Jesus Christus
    • Maria, Mutter Gottes
    Keywords
      x
      There are no annotations available for this image!
      The annotation you selected is not linked to a markup element!
      Related to:
      Content:
      Additional Description:
      A click on the button »Show annotation« displays all annotations on the selected charter image. Afterwards you are able to click on single annotations to display their metadata. A click on »Open Image Editor« opens the paleographical editor of the Image Tool.