- Archiv- und Bestandsgeschichte des Stadtarchivs Korneuburg
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Das Korneuburger Stadtarchiv verwahrt eine umfangreiche Sammlung an Urkunden, Handschriften und Akten. Nach dem Archivinventar von 1954 umfasst die Urkundenreihe 474 Urkunden für die Jahre 1300 bis 1823, wobei der Schwerpunkt mit über 300 Stück im Spätmittelalter liegt. Eine eigene Gruppe bildet der Bestand „Zunftarchivalien“ mit 64 Zunfturkunden aus der Neuzeit (17.-19. Jh.), Zunfthandschriften und -akten.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Stadtarchiv im restaurierten Stadtturm untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg waren die Archivbestände in Schloss Steinabrunn bei Großmugl ausgelagert und haben größere Verluste unbekannten Ausmaßes erlitten. Ende des 20. Jahrhunderts wurde das gesamte Archiv aus dem Stadtturm in den ersten Stock des Rathauses übersiedelt (1987-1995).
1953/54 erfolgte eine Neuordnung und Inventarisierung der Bestände durch den NÖ Landesarchivar Rudolf Steiner. Ein Archivalienverzeichnis aus früherer Zeit ist nicht vorhanden. Eine Orientierung über den im 19. Jahrhundert vorhandenen Bestand bieten ein um 1875/80 erstelltes Urkundenverzeichnis des Klein-Engersdorfer Pfarrers Ambros Zitterhofer, dann dessen Regesten zur Geschichte der Pfarre Klein-Engersdorf mit zahlreichen Korneuburger Urkunden (1887) sowie Albert Starzers Stadtgeschichte (1899). Zitterhofers Verzeichnis enthält mit 299 Urkunden etwa die Hälfte der damals vorhandenen Urkunden, da in den 1880er-Jahren noch zahlreiche Stücke gefunden wurden; Starzer berichtet von ca. 600 Pergamenturkunden.
Auf der Grundlage von Zitterhofers Urkundenverzeichnis wurde 1954 ein Verzeichnis von 82 als inzwischen „verloren“ geltenden Urkunden erstellt, tatsächlich ist die Zahl weitaus höher. So haben sich von den 102 landesfürstlichen Urkunden (Bestand Urkundenreihe) nur 44 Stück im Original erhalten, etwa die Hälfte ist nur abschriftlich überliefert, mehrheitlich in der großen Privilegienbestätigung (Pancarta) des Königs Matthias' von 1610 Dezember 1 (Sign. Urk 1/441). Die Pancarta ist daher eine der wertvollsten Urkunden des Stadtarchivs. Sie überliefert nicht nur 300 Jahre Stadtgeschichte (ab 1311), sondern repräsentiert auch das offizielle „Gedächtnis“ der Stadt Anfang des 17. Jahrhunderts.
Der Handschriftenbestand umfasst 1760 Handschriften mit Schwerpunkt in der Neuzeit. Eine fortlaufende Überlieferung an Verwaltungsschriftgut setzte um 1550 ein (Rat- und Gerichtsprotokolle, Inventur-, Verkaufs-, Vertrags- und Missivprotokolle); eine Ausnahme bildet nur der Bestand der „Testamentsprotokolle“, der geschlossen von 1405 bis 1790 erhalten ist. Über verlorene Handschriften ist aufgrund fehlender Verzeichnisse keine Aussage möglich.
Aus dem Mittelalter sind noch 21 Handschriften vorhanden, davon elf Stadtbücher und zehn theologische Codices. Eine weitere im 19. Jahrhundert im Stadtarchiv verwahrte Handschrift, ein Kopialbuch des Augustinerklosters aus dem 15. Jahrhunderts („Codex V“), war mehrere Jahrzehnte verschollen und wurde 1950 vom Niederösterreichischen Landesarchiv angekauft (Sign. NÖLA, Hs. 610).
Die Urkundenregesten wurden im Zuge der Inventarisierung 1953/54 als Archivbehelf erstellt und werden laufend von Dr. Kornelia Holzner-Tobisch (ÖAW) überarbeitet.
Stadtarchivarin Heidi Noelle, Tel.: 02262-770109, E-Mail: heidi.noelle@korneuburg.gv.at
MMag. Dr. Kornelia Holzner-Tobisch, MAS, Institut für Mittelalterforschung, ÖAW, E-Mail: kornelia.holzner-tobisch@oeaw.ac.at
K. Holzner-Tobisch, Das älteste Korneuburger Stadtbuch: „Geschafftpuech“ (1401-1444) (Studien und Forschungen aus dem NÖ Institut für Landeskunde 57, St. Pölten 2014), bes. S. 43-54.
F. Lackner (Bearb.), Katalog der Streubestände in Wien und Niederösterreich, Teil 1 (Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters II/5 = Denkschriften der ÖAW, phil.-hist. Kl. 272, Wien 2000).
A. Starzer, Geschichte der landesfürstlichen Stadt Korneuburg (1899), bes. S. 699-701.
P. Uiblein, Bücherverzeichnisse in Korneuburger, Tullner und Wiener Neustädte Testamenten (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs, Nachtrag zu Bd. 1, Wien-Köln-Graz 1969).
A. Zitterhofer, Die Pfarre Klein-Engersdorf. Ein Beitrag zur Landeskunde: Regesten, in: Blätter des Vereines für Landeskunde von NÖ N.F. 21 (1887) S. 311-355.