Collection: Aggsbach, Kartäuser (1281-1780)Aggsbach, Kartäuser (1281-1780)
1. Stiftsgeschichte
2. Bestandsgeschichte
3. Editionen/Regestenwerke
4. Vorwort von Adalbert Fuchs zum Urkundenbuch der Kartause Aggsbach
5. Vorwort von Josef Lampel zu seinen Ergänzungen zum Urkundenbuch der Kartause Aggsbach
Kartause Aggsbach, Homepage
Mit finanzieller Unterstützung der Marktgemeinde Schönbühel-Aggsbach.
Allgemeines
Vergleicht man die Gewohnheiten, nach welchen das Leben der Mönche in einer Kartause abläuft mit den Regeln anderer Orden, so stößt man auf eine Reihe von Besonderheiten.
Auffallend ist die - verglichen mit den anderen Orden - geringe Zahl an Mitgliedern. So lag die Sollstärke für die Besetzung einer Kartause bei 13 Mönchen. Dabei wurde streng auf die Beibehaltung des Ordensideals geachtet, das nicht eventuellen höheren Mitgliederzahlen geopfert werden sollte. Es galten sehr hohe Anforderungen an die Eintrittswilligen und die Ordensleitung war in Form von Administration und Visitationen fast allgegenwärtig. Dieses unveränderliche Festhalten an den ursprünglichen Gründungsvorgaben machte in den Augen der Zeitgenossen eine Reform des Ordens hinfällig, was in der Sentenz "Cartusia numquam reformata, quia numquam deformata" klar zum Ausdruck kommt.
Die einzelnen Kartausen wurden allesamt mit fast poetischer Benennung versehen. So schmückte sich die Kartause Aggsbach mit dem Titel "Porta Beatae Mariae" (Marienpforte).
Von ganz besonderer Wichtigkeit war die materielle Ausstattung einer Kartause. Dies gilt zwar grundsätzlich für alle geistlichen Stiftungen, für die Kartause aber im Speziellen, da die Ordensregel den Mönchen keinerlei Betätigung in den Bereichen Seelsorge, Landwirtschaft oder Almosen erlaubt wurde und auch keine Laienbrüder damit betraut werden konnten.
Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass der Person des Stifters in einer Kartause in einer Art und Weise Rechnung getragen wird, das über das normale Maß hinaus geht. Dies fügt sich nahtlos in die Hauptaufgabe vieler Kartausen, nämlich jene als Grablege der Stifterfamilie zu fungieren, wo der Name auch über den Tod hinaus in Ehren gehalten werden sollte. Alle österreichischen Kartausen - Mauerbach, Gaming und Aggsbach - dienten diesem Zweck, wobei die ersteren Habsburgerstiftungen waren.
Die Gründung
Als Gründerfamilie gelten im Falle von Aggsbach die Herren von Maissau, welche reich begütert und sozial hoch positioniert für sich eine adäquate Grablege zu gründen trachteten.
Heidenreich von Maissau, oberster Schenk und Marschall in Österreich, setzte zusammen mit seiner Gemahlin Anna, einer geborenen Kuenringerin, den ersten Gründungsschritt. Allerdings war die Gründung kein einfacher Akt, wie aus den klösterlichen Urkundenbeständen unzweifelhaft hervorgeht. 1373 legte Heidenreich von Maissau den Grundstein zum Klosterbau. Allerdings ist das Original dieser Stiftungsurkunde nicht erhalten. Lediglich ein Katalogvermerk verweist auf die ehemalige Existenz dieser Urkunde. Es ist wahrscheinlich, dass Heidenreich das Kloster bereits zu diesem Zeitpunkt dotiert hatte, wobei über das Ausmaß dieser Dotation aber nichts bekannt ist.
Die Schwierigkeit, mit welcher Heidenreich von Maissau bei der Ausstattung seiner Gründung zu kämpfen hatte, war wiederum eine Besonderheit des Kartäuserordens, wonach eine Kartause ausschließlich mit freieigenen Gütern dotiert werden konnte, also de facto keine weltliche Grundobrigkeit über sich duldete.
Dies führte dazu, dass die Bereitstellung der Grundausstattung lange nicht abgeschlossen werden konnte und gleichsam eine Gründung in Etappen erfolgen musste.
Die Bauarbeiten dürften aber bereits im Jahr 1373 begonnen und die entstehende Anlage mit Mönchen aus Mauerbach besiedelt worden sein.
Die ungefähr sieben Jahre dauernde Kernbauzeit wurde allerdings für vielfältige Verhandlungen genützt. Die Lage wurde zusätzlich noch dadurch verkompliziert, dass das Grundstück, auf dem die Kartause gebaut werden sollte, ein Teil der Herrschaft Wolfstein war, das ein Lehen der bayrischen Herzöge darstellte. Die Herzöge von Bayern stimmten aber der Gründung zunächst nicht zu. Dies geht aus einer Passage des päpstlichen Auftragsschreibens an den Propst von Allerheiligen in Wien vom 17. Juni 1388 hervor, worin er diesen beauftragt, die Stiftung zu bestätigen. Am 27. August 1376 verzichteten die Herzöge aber auf ihre Lehenshoheit über das Aggsbacher Gebiet und überließen Dorf und Gut Aggsbach der Kartause.
Die "Zweite Gründung" spiegelt sich in einem weiteren Stiftungsbrief vom 13. Jänner 1380 wieder, der den vorläufigen Abschluss des Stiftungsprozesses bildete. Die Güter und Rechte sind hier nunmehr detailliert angeführt und gehen mit Sicherheit über die Zuwendungen des Jahres 1373 hinaus.
Die Ausstattung bestand aus folgenden freieigenen Gütern: das Dorf Aggsbach samt Burgrecht und Nutzungsrechten, drei Höfe auf dem Aggstein, eine Au bei Aggsbach an der Donau mit einer Fischfangstelle. Weiters kamen das Dorf Seiterndorf, der große und kleine Zehent von Scheibelwies, der Zehent vom Weiler Meierhöfen, von zwei Einzelhöfen und vom Dorf Lerchfeld, ein Weingarten und ein Baumgarten in Aggstein, alle Maissauer Güter und Rechte in Hessendorf, die Käseabgabe in Schwaigbichl und Wiesen in der Palt (nördlicher Teil des Axwaldes) sowie ein größeres (Weytental, südlich von Aggsbach) und ein kleineres (Ertzperch) Waldstück im Aggswald hinzu. Daneben wurde die Kartause noch mit dem Maissauer Besitz in Kilb (Amt Kilb), also dem Besitz Hagenstein (nach der Schleifung der Burg), einem Weingarten bei Weißenkirchen und den Weinviertler Dörfern Großmugl und Ottendorf ausgestattet. Darüber hinaus verzichteten die Stifter auf ihre Vogteirechte. Es wurde festgehalten, dass insbesondere die Burgherren von Wolfstein sich die Vogtei nicht anmaßen durften und keine Dienste oder Abgaben zu fordern hätten.
Wie sehr diese Stiftung ein Familienunternehmen war, zeigt sich in der Aufstellung der Zeugen und Siegler. Ihr Siegel setzten zunächst der Stifter Heidenreich selbst sowie seine Söhne Leutold, Hans und Georg. Daneben scheinen noch der Bruder Heidenreichs Ulrich sowie seine Vettern Wernhard und Konrad von Maissau mit ihren Siegeln auf. Ulrich, Wernhard und Konrad werden darüber hinaus auch noch Zeugen der Stiftung genannt.
Daneben finanzierte Heidenreich auch den Klosterbau, welcher zur Zeit des zweiten Stiftsbriefs mit Ausnahme der Kirche schon so gut wie vollendet gewesen sein dürfte.
Es folgten weitere Privilegien von landesfürstlicher Seite. So befreite Herzog Albrecht III. die Kartause am 1. Mai 1380 von der herzoglichen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der hohen Gerichtsbarkeit. In Aggsbach Dorf amtierte in weiterer Folge ein vom Stift bestellter Hofrichter (Klosterrichter).
Die materielle Grundlage wurde erweitert, indem der Herzog der Kartause auch Seiterndorf mit allen Diensten und Abgaben übergab und ihr jährlich 60 Wagenladungen Salz aus Hallstatt schenkte. Weiters stattete der Herzog das Kloster mit einer allgemeinen Maut- und Zollfreiheit aus und gewährte das Asylrecht.
Erster Prior der Kartause Aggsbach wurde Johannes Fleischesser. Die erste vom neuen Prior und dem Konvent ausgestellte Urkunde datiert vom 5. März 1380. Dabei handelte es sich um die Beurkundung einer Seelgerätsstiftung des Seiz von Kuenring an das Stift, dessen Original aber verloren gegangen ist.
Die kirchenrechtliche Bestätigung der Stiftung erfolgte erst am 27. Jänner 1393, also viereinhalb Jahre nach dem ursprünglichen päpstlichen Bestätigungsauftrag vom 17. Juni 1388 an den Propst von St. Stephan/Allerheiligen durch Urban VI., was den endgültigen Abschluss des Gründungsprozesses bedeutete.
Bei der Gründung der Kartause Gaming war der Passauer Bischof der päpstliche Beauftragte in Sachen Stiftungs- und Gründungsbestätigung. Dieser kam jetzt aber wegen des gerade wütenden Bistumsstreites und der daraus resultierenden unklaren Verhältnisse nicht in Frage. Die Beauftragung des Propstes des Allerheiligen-Kapitels zu St. Stephan in Wien war kein geringer Achtungserfolg für das 1365 von Rudolf IV. gegründete Kollegiatskapitel, bei dessen Gründung Heidenreich von Maissau als Zeuge fungierte. Der Bestätigung ging eine persönliche Visitation der Baulichkeiten und der Dotationssituation voraus.
Die Entwicklung im Mittelalter
Die Kartause konnte schon sehr bald ihre durch den Gründer zugedachte Bestimmung erfüllen, da ihr Stifter Heidenreich von Maissau bereits 1381 und dessen ältester Sohn Leutold 1383 starben. Beide wurden in der Gruft der Kartause vor dem Hochaltar beigesetzt.
Inzwischen fand auch die Klosterkirche ihren baulichen Abschluss. Vom 28. Dezember 1384 existiert ein Schuldbrief für den Meister Ulrich, Maler in Passau für geleistete Verzierungsarbeiten an der Klosterkirche. Dieser bestätigte den Erhalt des Geldes am 29. April 1385. Am 12. Februar 1385 weihte der Passauer Weihbischof zwei Altäre in der Stiftskirche (Langhausweihe?). Die endgültige Weihe des Altars im oberen Chor wurde 1422 durch den Passauer Weihbischof vorgenommen.
Ein zentrales Element blieb auch nach Abschluss der Gründungsphase der Ausbau der materiellen Grundlage. Dies konnte wiederum durch Zuwendungen, aber nun auch bereits durch selbständige Aktivitäten erfolgen.
Im Jahr 1384 erwarben die Herren von Maissau Gerolding und die dazugehörige Vogtei vom Bischof von Passau, worauf die Brüder Hans und Georg von Maissau das Patronatsrecht und die Vogtei der Kartause übertrugen. 1387 erfolgte die päpstliche Schenkungsbestätigung und Inkorporierung der Pfarre Gerolding nach Aggsbach durch Papst Urban VI. Da die Kartause selbst keine Pfarrseelsorge durchführte, wurden Weltpriester als Vikare in Gerolding eingesetzt.
Stück für Stück erwarb die Kartause Aggsbach das Überfahrtsrecht (Urfar) über die Donau zu bestimmten Tagen im Monat. Dieser Punkt blieb aber zwischen dem Pfarrer von Spitz und der Kartause lange strittig. 1487 konnte der Zehent in der Ufersiedlung Aggsbach und in Aggstein vom Kloster Niederaltaich erworben werden.
Die Zuwendungen seitens der Herren von Maissau gingen auch in der nächsten Generation weiter. So widmete Hans von Maissau, der Sohn des Gründers Heidenreich, 1389 300 Pfund Pfennig als Seelgerät und weitere 100 Pfund für die Aufnahme von zwei weiteren Mönchen. Die Schenkungen setzten sich unter dem Titel einer "Vervollständigung" der Stiftung fort. Hans schenkte den Weinzehent zu Stiefern, wiederum dessen Sohn Leutold II. 1399 das ganze Dorf und die Feste Stiefern.
Die letzte Erweiterung der Basisbestiftung erfolgte am 13. August 1402 durch Lehensübertragungen im Aggswald durch den bayrischen Herzog Stephan III.
Unruhe brachte das seit 1378 bis 1417 bestehende abendländische Schisma in den Orden und in die einzelnen Kartausen, da man sich zwischen den in Rom und Avignon residierenden Päpsten zu entscheiden hatte. Das Generalkapitel war bemüht, ein neutrales Verhalten an den Tag zu legen. Beide Seiten versuchten durch Verleihung von Privilegien aber möglichst viele Ordensleute auf ihre Seite zu ziehen (Bestellung eines Generalvisitators, Verleihung der Exemption etc.). 1380 erfolgte die Entscheidung des Generalkapitels, dass sich jede Kartause der Meinung des jeweiligen Diözesanbischofs anschließen sollte. Der Bruch ging nun quer durch den Orden: die französischen und spanischen Kartausen entschieden sich für Avignon, während sich die deutschen, englischen, flämischen und italienischen Kartausen nach Rom ausgerichtet haben. Dieses Ordensschisma hielt sich bis 1410. Zwischen 1390 und 1410 war die Kartause Seitz im heutigen Slowenien der Sitz des Großpriors und Ort des Generalkapitels römischer Obödienz.
Aggsbach war wohl wie die Mutterkartause Mauerbach romtreu. Dies lässt sich nicht zuletzt dadurch belegen, dass es Papst Urban VI. war, der den Propst von St. Stephan mit der Anerkennung der Aggsbacher Stiftung beauftragte.
Nachdem 1409 Alexander V. in Pisa zum dritten Papst gewählt worden war, wurde in Strassburg ein Generalkonvent des Kartäuserordens beider Obödienzen abgehalten. Dabei traten beide Generalprioren zurück und ein neuer wurde gewählt, womit die Ordenseinheit wieder hergestellt war.
Damit begann auch für die Kartause Aggsbach eine Periode der relativen Prosperität und Blüte, die vom zweiten Viertel des 15. bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts währte. Das spiegelt sich auch deutlich im Urkundenbestand wieder, denn von den ca. 450 heute bekannten Urkunden (1373 - 1782) des Stiftsarchivs in Aggsbach datiert mehr als die Hälfte aus der Zeit zwischen 1420 und 1500.
Reformation und Türkenzeit
Nachdem nach der Schlacht von Mohács das Osmanische Reich unmittelbarer Nachbar des habsburgischen Machtbereichs geworden war, wurde die Möglichkeit von türkischen Einfällen auch in den Erblanden immer virulenter. Die Landesfürsten nutzten jede sich nur bietende Geldquelle, um dieser Gefahr entgegenzuwirken. So mussten auch die Stifte und Klöster ihren Beitrag leisten, indem Kirchenschätze abzuliefern waren. Dies führte auch in Aggsbach zu einem permanenten Aderlass .
Während der 1. Belagerung Wiens durch die Osmanen im Jahre 1529 drangen Streifscharen auch entlang der Donau vor. Die Kartause selbst kam dabei wahrscheinlich nicht zu Schaden, allerdings wurde das zur Klosterherrschaft gehörige Kilb vollkommen verwüstet und auch die Burg Aggstein niedergebrannt.
In dieser Zeit war der Konvent zusehends überaltert, die meisten Prioren des 16. Jahrhunderts starben bereits nach wenigen Jahren, oft schon nach Monaten. Im Jahr 1544 schrumpfte der Konvent auf den Prior, 3 Patres und 2 Konversen zusammen.
Die sich immer weiter ausbreitende Reformation zeitigte ebenfalls starke Auswirkungen auf den Bestand der Kartause. Die mächtigen Grundherren der Umgebung, wie die Starhemberg oder die Herren von Osterburg, waren alle ins protestantische Lager gewechselt und hielten sich entsprechende Prediger. Gerolding, Gansbach, Spitz und Wolfstein wurden protestantisch. An der Stiftspfarre Gerolding gab es ein Jahr lang keinen Pfarrer, da durch die ständigen Übergriffe der Herren von Wasserburg keine materielle Grundlage für den Pfarrer aufrecht gehalten werden konnte.
Erst um das Jahr 1600 zeigt sich eine langsame Konsolidierung, die sich nicht zuletzt auch in äußerlichen Restaurierungsbestrebungen manifestierte. Das Jahr 1609 zählte in der Kartause Aggsbach 5 Mönche.
Barockzeit
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zeigte sich der Aufschwung deutlich in der 1673 begonnenen Renovierung der Stiftskirche. Bei dieser Gelegenheit wurden ein neuer Hochaltar und Seitenaltäre angeschafft sowie ein neues Hochaltarbild mit der Darstellung Mariae Himmelfahrt von keinem geringeren als Tobias Pock bestellt, welcher auch für das Hochaltarbild in der Wiener Stephanskirche verantwortlich zeichnete. 1682 wurden auch die Gebetsbrüderschaften mit den Kartausen Gaming und Mauerbach erneuert.
1670 erlebte der Kartäuserorden eine gesellschaftspolitische Aufwertung, indem die Prioren aller drei Kartausen in den nö. Prälatenstand erhoben wurden und damit Sitz und Stimme im Landtag (Prälatenbank) errangen. Diese Erhebung wurde aber nicht nur mit Wohlwollen aufgenommen, hatte sie doch eine ganze Reihe von Konsequenzen. Die Proteste der Ordensleitung betonten, dass diese Erhebung gegen das Bescheidenheitsgebot des Ordens verstieß und die päpstlichen Rechte schmälerte.
Mit der Verleihung des Prälatenstandes wurde die bisher im Kartäuserorden übliche Priorenwahl auf Zeit (3 Jahre mit Möglichkeit der Wiederwahl) durch die Wahl auf Lebenszeit verdrängt.
Gleichzeitig bot die Erhebung eine ständige Möglichkeit zur kaiserlichen Mitbestimmung bei der Wahl, da die offizielle Einsetzung nur nach Bestätigung des Kaisers möglich war und die Wahl in Gegenwart kaiserlicher Kommissäre erfolgen musste.
Weiters wurde dem erstmals 1642 ausgesprochenen Verbot von ausländischen Visitatoren verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt. Die Gewohnheit, dass daraufhin Visitatoren aus dem Ausland den Behörden als "Gäste" vorgestellt wurden, führte zu vermehrten Mahnschreiben der Landesfürsten an die Kartausen. Ebenso gab es von staatlicher Seite die Bestrebung, die internen Ordensvisitationen nur auf die spiritualia zu beschränken. Unter Maria Theresia mussten die Prälaten regelmäßig um die Genehmigung für Reisen zum Generalkapitel bzw. für Geldüberweisungen an das Kapitel ansuchen.
Durch den erhöhten Repräsentationsbedarf bestand auch die Gefahr der wirtschaftlichen Erschöpfung (Bau der Prälatur und des Prälatensaals). Eine sehr bezeichnende Sequenz aus dieser Zeit ist die Absetzung von Prior Bruno Hadersbach durch den Gaminger Prior und Visitator Kristelli wegen Verschwendung. Kristelli sollte später wegen dem gleichen Vergehen selbst abgesetzt werden.
Das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts brachte wieder die Pest (1679), die in Aggsbach 12 Todesopfer forderte, und den Krieg gegen die Türken. Die Kartause war bereits 1663 zum Fluchtort für die Landbevölkerung bestimmt worden. Während der Belagerung Wiens im Jahr 1683 flüchteten die Mönche nach Regensburg, kehrten aber nach der für die kaiserliche Seite erfolgreichen Schlacht vor den Mauern Wiens in die unbeschädigt gebliebene Kartause zurück.
Im Zuge des nunmehr einsetzenden Offensivkrieges der Habsburger gegen die Osmanen mussten auch die Klöster wiederum ihren Beitrag in Form der Türkenkriegsteuer leisten, die im Jahr 1684 für die Kartause Aggsbach mit 600 Gulden festgesetzt wurde. Die ständigen Steuerforderungen führten letztendlich zur Verschuldung der Kartause Aggsbach, was zur Folge hatte, dass sie seit dem Jahr 1755 nicht mehr von Prioren sondern von eingesetzten Administratoren, die den Titel eines Rektors führten, geleitet worden ist.
Aufhebung
Die Welle der josephinischen Klosteraufhebungen erfasste alle jene Klöster, die sich "nicht zum Besten des Nächsten" verwenden lassen (Hofrat F.J. Heinke, Verantwortlicher für die josephinische Klosterpolitik). Am 12. Jänner 1782 wurde das kaiserliche Aufhebungsgesetz verabschiedet und die Aufhebungskommission traf bereits am 23. Jänner 1782 in aller Stille in der Kartause Aggsbach ein. Der Konvent bestand damals aus dem Rektor, 8 Mönchen, 1 Laienbruder und 1 Bruder ohne Gelübde, also aus insgesamt 11 Personen. Den Insassen wurde zur Wahl gestellt, entweder in eine andere Kartause ins Ausland zu übersiedeln, den Orden zu wechseln oder Weltgeistliche zu werden. Alle in Aggsbach befindlichen Priester entschieden sich für die Option Weltpriester. Die im Zuge der Auflösung erstellte Inventur brachte ein bescheidenes Ergebnis: den Aktiva von knapp 34.000 Gulden standen Passiva von 12.000 Gulden und Schulden von über 20.000 Gulden mit entsprechenden Zinszahlungen gegenüber.
Den Mönchen wurde eine Frist von 5 Monaten eingeräumt, um das Kloster zu verlassen, was auch eingehalten wurde, denn Ende Juni 1782 war das Kloster bereits leer. Unklarheit herrschte über das künftige Schicksal der Klosterkirche. Sie wurde letztlich für die Bevölkerung geöffnet und eine Lokalkaplanei eingerichtet. Dies machte zwangsläufig bauliche Veränderungen notwendig, wie den Abbruch des Lettners, den Ankauf einer Orgel (in den Kartäuserkirchen gab es keine), die Erwerbung einer Kanzel, den Ausbau der Sitzgelegenheiten und die Errichtung eines neuen Turmes mit einem großem Läutwerk. Ab 1789 wurde die Klosterherrschaft zum Verkauf angeboten und im 19. Jahrhundert nach der Erwerbung durch die Familie Coloredo mit der Herrschaft Walpersdorf vereinigt.
In der Kartause selbst war seit dem späten 19. Jahrhundert eine Waldbauschule untergebracht. Nach dem 1. Weltkrieg wurde sie als Jugendherberge, im 2. Weltkrieg als Feldpoststelle genutzt.
Literatur
Heribert Rossmann, Die Geschichte der Kartause Aggsbach bei Melk in Niederösterreich, Bde. 1-2, in: Analecta Cartusiana 29 (München 1976).
Wie für jedes Kloster war auch für die Kartause Aggsbach die sorgfältige und sichere Aufbewahrung ihrer Urkunden von allerhöchster Bedeutung, da ein geordnetes Archiv eine gewisse Rechtssicherheit bezüglich des Besitzstandes und der erhaltenen Privilegien gewährleisten konnte. Dabei war aber nicht nur eine größtmögliche Vollständigkeit wichtig, sondern auch die Erstellung von Behelfen, die das Auffinden von Einzelstücken in den immer mehr anschwellenden Archivbeständen ermöglichten. In diesem Zusammenhang entstanden in Aggsbach bereits im 15. Jahrhundert die ersten Kopialbücher. Ein erstes Buch (A) erfasste die Urkunden ab dem Jahr 1399 bis 1475. Daneben entstand noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine zweites Kopialbuch (B), das aber nur bis in das Jahr 1430 reicht.
Das 16. Jahrhundert markiert in der Klostergeschichte eine sehr unruhige und krisenhafte Zeit, sodass es im Archivbereich kaum zu Neuerungen gekommen ist. Eine erste Neuordnung vor allem der älteren Stücke wurde erst um das Jahr 1600 durchgeführt. Zu einer umfassenden Neuorganisation des Aggsbacher Archivbestandes kam es dann um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Das Ergebnis war ein drittes Kopialbuch (C, auch "rotes Buch" genannt) aus dem Jahr 1655. Nach klosterinternen Turbulenzen, die 1721 in der Amtsenthebung des Priors gipfelten, ging man daran, neuerlich eine Generalinventarisierung vorzunehmen. 1726 waren die vier Bände des "Archivum Cartusiae Aggspacensis" benannten Repertoriums vollendet. Dieses wurde in den folgenden Jahrzehnten bis zur Auflösung der Kartause immer wieder erweitert.
Im Gegensatz zu anderen Stiften und Klöstern, die während ihrer Jahrhunderte langen Geschichte in Folge von Bränden oder Kriegsereignissen immer wieder große Verluste an archivalischen Beständen hinnehmen mussten, hatte sich das Aggsbacher Archivmaterial fast lückenlos bis zur Aufhebung im Jahr 1782 erhalten. In der Folgezeit wurde der Bestand aber verstreut. Teile der Aggsbacher Archivalien sind heute auf das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, das NÖ Landesarchiv, das Diözesanarchiv St. Pölten und auf die Stiftsarchive von Göttweig und Melk aufgeteilt.
3. Benützte Editionen/Regestenwerke
Adalbert FUCHS, Urkunden und Regesten zur Geschichte der aufgehobenen Kartause Aggsbach VOWW (=FRA II/59, Wien 1906)Josef LAMPEL, Nachträge zum Aggsbacher Urkundenbuch. In: Jahrbuch des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich NF 6 (1907) 189-216.
Bearbeiter: Dr. Karl Heinz, Email: karl.heinz@monasterium.net
You are copying a text frominto your own collection. Please be aware that reusing it might infringe intellectual property rights, so please check individual licences and cite the source of your information when you publish your data