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FondUrkunden (1137-1857)
  1. Stiftsgeschichte
  2. Das Augustiner-Chorherren-Stift Reichersberg, über dessen Gründung keinerlei zeitgenössische Quellen vorliegen, wurde von Wernher von Reichersberg nach dem Tod seines einzigen Sohnes und seiner Frau wohl zwischen 1080 und 1084 gegründet. Über die Anfänge der Klerikergemeinschaft unterrichten uns nur die Reichersberger Annalen, die aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammen. Obwohl die neu gegründete Stiftung in der Diözese Passau lag, übergab Wernher sie seinem Schwager, dem Erzbischof Gebhard von Salzburg als Eigenkloster. Nach dem Tode des Stifters 1086 erlebte die junge Gründung in der Folge des Investiturstreits eine schwierige Phase; die Chorherren waren mehrmals zur Flucht gezwungen. Der erste namentlich bekannte Propst, Berwin (1110-1116) zog sich aufgrund dieser Umstände mit einem Teil des Konvents wieder in seine Heimat Sachsen zurück. Nach dem Wormser Konkordat 1122 konnte sich Reichersberg erst unter Propst Gerhoch (1132-1169) konsolidieren. In seiner Amtszeit erlebte die Kanonikergemeinschaft ihre erste große Blüte. Ihm gelang die innere Festigung des Konvents und die Errichtung eines Chorfrauenklosters in der Nähe des Stiftsgebäudes, dessen Kirche 1138 geweiht wurde. 1153 kam das Gut Münsteuer in den Besitz des Stiftes und wurde gleichzeitig zur Stiftspfarre. Seither entwickelte sich der Seelsorgsbereich von acht inkorporierten und zwölf Patronatspfarren.

    1142 erlangte Reichersberg ein Exemtionsprivileg von Papst Innozenz II., das 1146 von Papst Eugen III. erneuert wurde, und 1162 konnte Propst Gerhoch von Friedrich I. ein kaiserliches Schutzprivileg für Reichersberg erwirken.

    Nach Gerhochs Tod 1169 verschlechterte sich die Situation des Stifts zusehends wieder. Das lag einerseits am Verfall der Ordensdisziplin aber auch an kriegerischen Auseinandersetzungen in der Umgebung des Stifts. Überdies hatten die Regularkanoniker mit Untervögten zu kämpfen; ein Problem, das mit dem Aussterben der Salzburger Hauptvögte, der Grafen von Peilstein, 1218 akut wurde. Vermutlich aus diesem Grund entstanden in dieser Zeit Urkundenfälschungen, die die kaiserlichen Verfügungen die Vogtei betreffend auf eine Linie mit den päpstlichen und erzbischöflichen Urkunden brachten. Ab 1225 übten die Erzbischöfe von Salzburg die Vogtei über Reichersberg direkt aus.

    Nach einer kurzen Blütezeit unter Propst Walter (1268-1281), der als zweiter Gründer des Hauses bezeichnet wird, verschlechterte sich nicht nur die religiöse, sondern auch die wirtschaftliche Situation der Kanonikergemeinschaft. Zeitweise musste das Stift von außen administriert werden.

    Im 15. Jahrhundert ragt Paul Tellenpeck (1415-1468) aus der Reihe der Pröpste hervor. Es gelang ihm, die Besitzungen des Stifts zu erweitern und für die Ausbildung der Kleriker an der Universität Wien zu sorgen.

    Das Frauenkloster musste um 1440 seine Pforte endgültig schließen.

    1451 kam eine Reformkommission, die für die Visitation der Augustiner-Chorherren zusammengestellt worden war, nach Reichersberg. Der Konvent weigerte sich jedoch, die Statuten der Raudnitzer Reform anzunehmen und erreichte über die Fürsprache Friedrichs III. Dispens von Papst Nikolaus. Auch ein weiterer Reformversuch 1466 wurde von den Reichersbergern mehr oder weniger erfolgreich abgewehrt.

    Im 16. Jahrhundert kam es in Reichersberg - wie in so vielen anderen Konventen auch - in Folge des Eindringens protestantischen Gedankengutes zu einem Niedergang des Ordenslebens. Erst gegen Ende des Jahrhunderts besserte sich die Lage unter Propst Magnus Keller (1588-1612) langsam wieder.

    Im Mai 1624 vernichtete ein Brand die gesamte Klosteranlage - nur weniges konnte vor den Flammen gerettet werden; unter anderem die wichtigen Urkunden. 1628 konnten die Kleriker das neue Konventsgebäude beziehen, 1644 wurde die neue Kirche geweiht.

    Auch die Barockzeit war von reger Bautätigkeit geprägt und stellt eine durchaus friedliche Phase in der bewegten Geschichte der Kanonikergemeinschaft dar. 1779 fiel das bisher bayerische Innviertel durch den Frieden von Teschen an Österreich, was sich auch auf das Stift auswirkte. Es wurde zum Ziel der josephinischen Reformtätigkeit, aber konnte aufgrund seiner starken Ausrichtung auf seelsorgerliche Tätigkeit knapp einer Aufhebung entgehen.

    Während der Franzosenkriege litt der Konvent unter Plünderungen und Einquartierungen, überdies wurde ein Militärspital im Gebäude untergebracht. Erst 1816 konnte das reguläre Leben wieder aufgenommen werden.

    Die Pröpste Bernhard Appel (1876-1899) und Konrad Meindl (1900-1915), die sich beide auch als Haushistoriker betätigten, sorgten für ein stabiles Ordensleben und geordnete wirtschaftliche Verhältnisse.

    In der NS-Zeit waren Soldaten der deutschen Luftwaffe im Klostergebäude untergebracht, das Stift wurde jedoch nicht enteignet und das klösterliche Leben konnte in eingeschränkter Weise fortgesetzt werden.

    Der Konvent des heute noch bestehenden Augustiner-Chorherren-Stifts Reichersberg hatte im Jahr 2006 insgesamt 21 Mitglieder unter der Leitung des 73. Propstes Werner Thanecker. Das Stift betreut derzeit elf inkorporierte Pfarren, nämlich Reichersberg, Münsteuer, Ort und Lambrechten in Oberösterreich und Bromberg, Edlitz, Pitten, Hollenthon, Thernberg, Scheiblingkirchen und Walpersbach in Niederösterreich.

    Literatur:

    Gregor SCHAUBER, Reichersberg, in: Die bestehenden Stifte der Augustiner-Chorherren in Österreich, Südtirol und Polen, hrsg. von Floridus RÖHRIG (Klosterneuburg-Wien 1997) 261-335.

    900 Jahre Stift Reichersberg. Augustiner Chorherren zwischen Passau und Salzburg. (=Katalog zur Ausstellung des Landes Oberösterreich 26. April bis 28. Oktober 1984 im Stift Reichersberg am Inn, Linz 1984).

    Max HEUWIESER, Reichersberg, in: Alte Klöster in Passau und Umgebung. Geschichtliche und kunstgeschichtliche Aufsätze, hrsg. von Josef OSWALD (Passau 1954) 197-210.

    Reichersberg, in: Orden, Säkularinstitute und Geistliche Gemeinschaften in der Diözese Linz. Eine historisch-topographische Dokumentation, hrsg. von Monika WÜRTHINGER und Josef HÖRMANDINGER (Linz 2005) 37-40.

    Ignaz ZIBERMAYR, Das Oberösterreichische Landesarchiv in Linz. Im Bilde der Entwicklung des heimatlichen Schriftwesens und der Landesgeschichte (Linz 31950) 232.

    Friedrich HAUSMANN, Die Urkunden der Staufer für das Stift Reichersberg, in: MIÖG 68 (1960) 98-113.

  3. Bestandsgeschichte
  4. In älterer Zeit befanden sich die Archivalien des Stiftes je nach Inhalt auf verschiedene Räume verteilt, wobei die wichtigsten Urkunden immer in der Prälatur aufbewahrt worden waren. Von 1876 bis 1993 wurden die Archivalien in den Räumen der ehemaligen Stiftskanzlei gelagert, von wo das Archiv 1993 in den Nordtrakt verlegt wurde.

    Die Sammlung umfasst 2121 alte Urkunden; ab 1578 sind die Urkunden, Akten und Handschriften nach der Regierungszeit der Pröpste in Faszikeln zusammengefasst. Der Urkundenbestand wurde 1838-1841 von Jodok Stülz bearbeitet und chronologisch geordnet; 1940 legte Franz Linninger einen Urkundenkatalog an, in dem die Urkunden in Regestenform erfasst wurden.

    1857 publizierte Propst Bernhard Appel eine "Geschichte des regulirten lateranensischen Chorherrenstiftes des hl. Augustin zu Reichersberg in Oberösterreich"“ und 1884 gab Konrad Meindl einen "Catalogus omnium canonicorum regularium Reichersbergensium [...]" heraus.

    Zu den Zimelien des Stiftsarchivs zählen die Gerhoch-Codices aus dem 12. Jahrhundert und der "Codex traditionum", der, unter Propst Gerhoch angelegt, bis zum Ende des 13. Jahrhunderts weitergeführt wurde.

    Archivverzeichnisse von ca. 1580 und aus der Zeit nach 1624 sind erhalten. Als Findmittel stehen überdies ein Archivverzeichnis von Michael Hammer (1968) und eine Archivbeschreibung durch das Linzer Landesarchiv mit einer Aufzählung aller Urkunden, die nicht im Urkundenbuch des Landes Oberösterreich aufscheinen (1939) zur Verfügung.

  5. Benützte Editionen/Regestenwerke
  6. Oberösterreichisches Urkundenbuch 2 - 11

    Katalogus Codicum et Regestorum Archivi I Canoniae Reichersbergensis conscriptus a Conrado Meindl (1879).

    Stiftsarchiv Reichersberg Hs 127-129, Urkundenkatalog I-III, Regesten; Hs 130, Index.

  7. Editionskritik
  8. OÖUB

    In den Statuten des am 19.11.1833 gegründeten oberösterreichischen Musealvereines, der die Sammlung, Verzeichnung, Beschreibung und Erklärung der Denkmäler der oberösterreichischen Geschichte zur Aufgabe hatte, findet sich unter Punkt 2 folgende Aufgabe: "[...] eine Sammlung von Urkunden [anzulegen], welche die Geschichte dieser Provinz im allgemeinen oder einzelner Ortschaften oder denkwürdiger Personen insbesonders betreffen, vorzüglich aber jener, welche geeignet sind, das Andenken von Stiftern und Wohlthätern zu erhalten oder das Leben und die Verfassung längstverschwundener Jahrhunderte anschaulich zu machen". Um diesem Anspruch eines territorial ausgerichteten Urkundenbuchs gerecht zu werden, wurde 1836 eine eigene Sektion des historischen Fachs zur Sammlung und Bearbeitung urkundlicher Geschichtsquellen des Landes ob der Enns eingerichtet, deren erste Aufgabe die Anlage des so genannten "Diplomatariums", einer Sammlung von Abschriften aller das Land ob der Enns betreffenden Urkunden bis 1519, war. Dies sollte bereits hinsichtlich eines zukünftigen "Codex diplomaticus Austriae super Onasum" geschehen. Der dafür zuständige Referent war ab 1837 Jodok Stülz, Chorherr in St. Florian, seine unmittelbaren Mitarbeiter Georg Weishäupl, Ferdinand Wirmsberger und Mansuet Aust. Von 1837 bis 1862 wurde das Diplomatarium erstellt, das die Originale bis 1500 erfasst, die kopiale Überlieferung aber nicht systematisch berücksichtigt.

    Ab 1852 wurde das "Urkundenbuch des Landes ob der Enns" herausgegeben, wobei der erste Band die "Codices traditionum" enthält. Herausgeber war Andreas von Meiller, der für die endgültige Gestaltung verantwortlich war.

    Im Vorwort zum ersten Band des Urkundenbuches werden die Editionsrichtlinien folgendermassen definiert: "Bei dieser Sammlung wurde der Grundsatz festgehalten, dass es sich zuerst und vorzüglich darum handle, einen buchstäblich getreuen Text der Urkunden wiederzugeben. Zufolge desselben wurde jedes Original, welches aufgefunden werden konnte, mit sorgfältiger Genauigkeit abgeschrieben, und dann erst der Sammlung einverleibt, nachdem [...] die Abschrift mit der Urschrift war verglichen worden. [...] Wo kein Original mehr vorhanden war, musste man zu Copialbüchern oder anderen Abschriften seine Zuflucht nehmen. Nur von der genauen Copirung der urkundlichen Unterscheidungszeichen, und der Bezeichnung der Anfänge der Zeilen glaubte man Umgang nehmen zu müssen, da der daraus entfallende Gewinn in der That doch ziemlich gering anzuschlagen ist. Auch falsche oder verdächtige Urkunden, deren Anzahl indessen jedenfalls klein ist, glaubte man nicht ausschliessen zu dürfen. Oft ist nur die Form unecht, während der Inhalt Wahres bezeugt."

    Die Urkunden sind in chronologischer Reihenfolge in Volltext aufgenommen, Datum und Ort sind aufgelöst und sie verfügen über ein kurzes Kopfregest. Außerdem wird die wichtigste Literatur genannt.

    1869 wurde Stülz von Pius Schmieder als Referent abgelöst, dem 1875 Johann Nepomuk Faigl und 1899 Viktor Freiherr von Handel-Mazzetti nachfolgten. 1912 wurde das Unternehmen eingestellt und das gesamte Material des Diplomatars dem Oberösterreichischen Landesarchiv übergeben, das das Urkundenbuch ab 1929 fortführte.

    Im Vorwort von Erich Trinks zum zehnten Band des Urkundenbuchs (1938) geht dieser auf die Problematik des Diplomatars ein, dessen Abschriften teilweise nahezu hundert Jahre alt sind und in der Qualität naturgemäß unterschiedlich. "Eine Neuvergleichung der deutschsprachigen Urkunden, die in etwa 50 Archiven verstreut sind, wäre wegen des Aufwandes an Zeit und Kosten nicht ausführbar gewesen, hätte sich aber auch nicht gelohnt, [...] auch ist die genaue Berücksichtigung der Orthographie, besonders der Interpunktionen und phonetischen Zeichen, so wichtig sie für die sprachwissenschaftliche Forschung wäre, bei Urkundenveröffentlichungen für den allgemeinen Gebrauch nicht angebracht, weil die Fremdartigkeit des Schriftbildes [...] auf den Benützer überaus störend wirkt [...]." Nicht mehr alle Urkunden wurden volltextlich aufgenommen; bei denjenigen, die von den Herausgebern als stark formelhaft eingeschätzt wurden, "wurde [...] unter Hinweglassung aller Formeln der gegenständliche Inhalt der Urkunde mit deren eigenen Worten herausgelöst und in kurzer Form die Verbindung zwischen den einzelnen Teilen hergestellt [...]." Das führt dazu, dass ein Teil der Urkunden in einer Mischform zwischen Edition und Regest dargeboten wird, die sicher nicht allen Fragestellungen gerecht wird.

    1956 lagen mit dem 11. Band die Urkunden bis 1400 vor. Erst 2005 wurde vom Oberösterreichischen Landesarchiv gemeinsam mit der "Gesellschaft für Landeskunde" (früher Oberösterreichischer Musealverein) die Initiative ergriffen, um einerseits dieses Großprojekt über das Jahr 1400 hinaus weiter in die Neuzeit fortzusetzen und andererseits die bereits vorliegenden Bände kritisch zu überarbeiten und zu ergänzen. Die wesentlichen Ziele sind einerseits die Aufnahme aller urkundlichen Quellen im Bereich des heutigen Bundeslandes Oberösterreich bis in die Neuzeit in eine Datenbank und die Erstellung und Veröffentlichung zeitgemäßer Regesten und Transkriptionen, andererseits die Bereitstellung digitaler Abbildungen im Internet. Diese Zielsetzungen decken sich teilweise mit jenen des Projektes Monasterium.Net, weshalb eine intensive und für beide Seiten ertragreiche Kooperation vereinbart wurde.

    Literatur:

    Erich TRINKS, Das Urkundenbuch des Landes ob der Enns, in: JbOöMV 85 (= Festschrift zum hundertjährigen Bestand des oberösterreichischen Musealvereines und des Landesmuseums, Linz 1933) 587-636.

    Repertorien:

    Für den größten Teil der Urkunden bis zum Jahr 1399 wurden die Regesten und Transkriptionen der Bände 2-11 des Oberösterreichischen Urkundenbuchs (OÖUB) herangezogen. In den Fällen, in denen die jeweiligen Urkunden nicht anderweitig - durch Editionen oder Regestenwerke - erschlossen waren, wurde auf die Repertorien des Stiftes zurückgegriffen. Diese archivischen Findbehelfe, die im 19. Jahrhundert handschriftlich angefertigt wurden, dienten der Erschließung und leichteren Zugänglichkeit der Urkunden vor Ort und sind daher eigentlich nicht für eine Publikation vorgesehen. Die kurzen Regesten, die in den Repertorien enthalten sind, folgen dementsprechend auch nicht den allgemeinen Richtlinien, die für heutige Regestenwerke opportun sind. Der Informationsgehalt der Repertorien kann demnach sowohl qualitativ als auch quantitativ sehr unterschiedlich sein und geht im Normalfall über eine oberflächliche inhaltliche Zusammenfassung nicht hinaus - was für den Zweck der Anfertigung völlig ausreichend ist.

    Die Veröffentlichung der Regesten im Rahmen des MOnasteriuM-Projekts dient einer ersten Orientierungshilfe und soll ansonsten nicht erschlossenes Urkundenmaterial zumindest vorläufig und unter Berücksichtigung des Charakters der Repertorien leichter benützbar machen. Längerfristig soll die Bereitstellung der Urkunden im Netz aber zu einer tieferen und heutigen Standards entsprechenden Erschließung ihrer formalen und inhaltlichen Merkmale führen.

Kathrin Kininger